Ein bißchen spät, aber nochmal was von mir.
Bei
Murder in Baldurs Gate hat mich nicht vorrangig das Railroading gestört, sondern der absolut unmögliche Aufbau des Abenteuers, die nicht nachvollziehbaren Motivationen der NSC und die absurde und extrem stümperhafte Einführung der SCs.
Es wird einfach vom Schreiber vorausgesetzt, dass die SCs von ausserhalb der Stadt kommen und keinen Plan von den Strukturen und Personnagen der Stadt haben. Wieso? Was soll der DM machen, wenn die Spieler sich begeistert Bewohner der Stadt bauen?
Die drei Haupt-NSC suchen nach Verbündeten, sind aber nur zu EINEM Termin bereit, überhaupt mit den SC zu reden, sodass die Gruppe as written höchstens mit zwei von ihnen reden kann. Warum? Was haben sie davon? Und hat der Schreiber schon mal was davon gehört, dass TTRPGs keine Computerspiele sind, in denen die Gruppe zwangsweise immer zusammenklebt? Es ist halt gar kein Problem, dass sich die Gruppe aufteilt und doch mit allen redet, nur das der DM jetzt mehr Arbeit an der Backe hat.
Die NSCs sollen auch unbekannte Faktoren darstellen, da die SCs ja von außen kommen. Was macht man mit SC, die laut Background schon jahrelang in der Stadt leben und von den Dreien nicht nur gehört haben, sondern möglicherweise schon mit ihnen zusammengetroffen sind (Stichwort: Rogue und Diebesgilde)?
Und dann sind die Aktionen der drei "Anwärter" nur am Anfang so beschrieben, als würden die SCs für einen von ihnen arbeiten. Mit fortschreitender Eskalation wird kaum noch darauf eingegangen, wie die SC den Scheiss verhindern könnten. Dass die eventuell beim Verursacher der Katastrophen in Diensten stehen, scheint dem Verfasser des Abenteuers irgendwann komplett entfallen zu sein, ausser beim Gefängnisausbruch, den die SCs tatsächlich noch selbst initiieren können.
Dazu wird es im Lauf des Abenteuers immer schwerer bis hin zu unmöglich,
irgendetwas am Ausgang
irgendeiner der Aktionen zu verhindern, was, wenn man das Abenteuer tatsächlich so spielt, dass die SCs direkt involviert sind, zu jeder Menge Frustration bei den Spielern führt. Charaktere von "aussen" haben spätestens ab Stage 7 jede Menge guter Gründe, die Stadt weit hinter sich zu lassen und nahezu keinen, in dem Chaos zu bleiben, das sie sowieso nicht beeinflussen können. Der Smokepowderplot ist hart an der Lächerlichkeit. Ohne harte Einflussnahme des DM haben die SCs nicht mal die Chance, von dem ganzen Ding überhaupt Wind zu kriegen, bevor alles in die Luft fliegt. Der erste Hinweis ist ein Keramiktopf, der innen nach Spuren von Schwefel riecht und in einer Stadt, in der seit geraumer Zeit die Müllabfuhr streikt, in irgendeiner Straße auf einem der stetig wachsenden stinkenden Müllberge liegt. Was zur Hölle? Da hat der Schreiber doch im Kopf gehabt, dass der (Einzahl) Spieler sich in der Iso-Perspektive durch die Stadt klickt und jeden Müllhaufen untersucht, der bei Mauszeigerkontakt blau aufleuchtet. Alle anderen Hinweise sind ähnlich "direkt". In dem gigantischen Chaos in Baldurs Gate sollen die Spieler diese Flüsterhinweise korrekt einem "Fall" zuordnen? Naja, wenn man ein automatisch geschriebenes Questlog mit korrekter Zuweisung der Hinweise hat, geht das sicher leicht. In der Realität ... eher nicht.
Das Railroading war dann nur noch die Schlagsahne auf dem Eisbecher. Wobei man davor fast schon den Hut ziehen muss. Ein Abenteuer als Sandbox zu bewerben und präsentieren und dann doch alles auf Schienen dem vorgesehenen Ende
(Silvershield wird Avatar von Baal und wird dann von den SCs erschlagen)
zuzuführen, verdient in seiner Absurdität und Dreistigkeit fast schon Applaus.
Der Autor von MiBG hätte daraus einfach einen Roman machen sollen. Als Abenteuer mit echten Spielern am Tisch ist das Ding für den DM mehr Arbeit, als es wert ist.
Der Stadtbeschreibungsband ist dagegen gut nutzbar.