Autor Thema: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise  (Gelesen 3203 mal)

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Bei meinen Bestrebungen, die Hausregeln für mein anderes Werewolf-Projekt (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,128863.msg135237385.html#msg135237385) weiter zu playtesten, ist gerade dieser Spielbericht hier entstanden. Der ist jetzt quasi ein Nebenprodukt für dieselbe Kampagnenwelt, und gefällt mir für sich genommen auch ziemlich gut! Während die andere Story in der Wikinger-Ära spielt, nimmt diese Geschichte hier den Faden wieder auf in der modernen Ära. Ich stelle das einfach mal mit hier rein, mal gucken, was da draus wird! 'Wyldreise' nenne ich diese Chronik mal (nach einer Story von früher, die ich mit meiner damaligen Spielergruppe angefangen hatte, wo es auch um die halbe, wylde Welt gehen sollte)!

Die Grundideen und Hausregeln sind weitestgehend dieselben wie bei dem anderen Werewolf-Spielbericht (für die Garou ist mit anderen Worten vieles gleich gelieben seit der legendären Zeit der Wikinger!).

Diese Bücher hier sind hauptsächlich am Start für den Setting-Hintergrund und als Ideengeber:


Werewolf: The Apocalypse Revised Edition, und Ironsworn RPG.


Hausregeln
Wir spielen nach den Regeln von Werewolf: The Apocalypse, dritte Edition. Aber die oWoD-Regeln, so elegant sie auch sind, laden ein, mit ihnen ein bißchen herumzutüfteln. Es kommen also folgende Hausregeln zum Einsatz:

Brutale Resultate: Ich bin kein Fan der fünften Edition von W:tA, aber habe die Regeln für Brutale Rage aufgeschnappt und finde sie bestechend. Hier will ich sie mal in leicht abgewandelter Form playtesten: Werwölfe können permanente Rage-Werte von 1-10 haben wie im Regelwerk der dritten Edition erklärt. Ihre temporären Rage-Punkte ersetzen jedoch als andersfarbige Würfel ihre regulären Würfel bei all ihren Fertigkeits-Würfen (bis in Höhe des jeweiligen Würfelpools)! Hierfür werden rote Würfel verwendet. Diese roten Rage-Würfel funktionieren wie normale Würfel, außer bei Einser-Paschen. Alle Einser-Pasche bei roten Rage-Würfeln sind Brutale Resultate. Sollte der Charakter eine destruktive Aktion versuchen, z.B. Kampf, zählt ein Einser-Pasch (zwei rote Rage-Würfel oder mehr zeigen eine eins) als drei zusätzliche Erfolge, anstatt jeweils Erfolge abzuziehen! Sollte der Charakter allerdings gerade etwas nicht-destruktives versuchen, scheitert der Wurf durch ein Brutales Resultat automatisch komplett, und er wird ungewollt Schaden anrichten, tierhaft agieren (knurren, zähnefletschen, wittern), und dadurch seine Deckung auffliegen lassen, auf möglicherweise spektakuläre Weise. Dies kostet einen temporären Weisheit-Punkt, wenn es von Sterblichen beobachtet wird (wird aber wahrscheinlich natürlich dafür einen weiteren temporären Rage-Punkt einbringen).
Diese Regel kommt nur bei Fertigkeits-Würfen zum Einsatz, nicht bei anderen Würfen (wie Schaden, Absorbieren, Hintergründe, Gnosis, Willenskraft, etc.).
Obwohl rote Rage-Würfel mitgerollt werden bei solchen regulären Würfen, zählen diese nicht als Rage-Würfe! Charaktere können daher nicht in Raserei verfallen dadurch. Rage-Würfe werden nur gemacht wie vom Grundregelwerk (Revised Edition) beschrieben.

Extra-Wundlevel: Garou in Crinos-Form bekommen hier ein zusätzliches Wundlevel (mit -0). Diese Wundkapazität gilt, so lange der Charakter in Crinos-Form ist.

Erfahrungspunkte: Charaktere bekommen nach jeder Session, an der sie beteiligt waren, EXP wie im Grundregelwerk beschrieben. Nach Abschluss von Moves (wie Undertake a Journey) bekommen sie einen zusätzlichen EXP. Nach Abschluss von Questen bekommen sie ebenfalls zusätzliche EXP, und zwar in Höhe der gewählten Schwierigkeitsstufe der jeweiligen Queste (Unannehmlich = 2, Gefährlich = 3, Formidabel = 4, Extrem = 5, Episch = 6).
Charaktere dürfen in dieser Chronik auch Punkte in Hintergründen für EXP kaufen (basierend auf der Regel im Tribebook: Bone Gnawers Revised); Hintergründe kosten ihr derzeitigen Punktwert x2, um sie um ein Level zu erweitern, und je drei EXP, um das erste Level darin zu erhalten. Manche Hintergründe kommen wie üblich gratis ins Spiel, als Belohnung für die Taten der SCs.

Heilkunde: Blutsgeschwister und andere Sterbliche können nach Verwundungen mit der Medizin-Fertigkeit zusammengeflickt werden binnen einer Stunde. Die Schwierigkeit für Intelligenz+Medizin ist dabei sechs, plus der Wert des derzeitigen Wundabzugs des Verwundeten. Ein Erfolg senkt eine Wundstufe, mehrere Erfolge senken zwei. Dies geht bei Schlagschaden und Tödlichem Schaden (nicht aber bei Verheerendem Schaden).

Moves: Wo inhaltlich passend machen Charaktere in dieser Chronik Moves aus dem Ironsworn-Regelwerk, allen voran sind die Mechaniken der Eide nützlich (der Move namens Swear an Iron Vow, und die Moves die damit zusammenhängen), sowie für Reisen (der Move namens Undertake a Journey, und die damit zusammenhängenden Moves). Statt einen Eigenschafts-Wurf nach Ironsworn-Regeln zu machen (W6+Boni), machen die SCs hier natürlich Fertigkeits-Würfe wie im regulären Werewolf-Regelwerk beschrieben für den jeweiligen Move. Ein einzelner SC muss eine passenden Fertigkeit würfeln; dies darf normalerweise aber auch ein Teamwork-Wurf sein. Die Anzahl der erzielten Erfolge wird verwendet, um sie mit den Challenge Dice zu vergleichen.

Rage-Würfe und Raserei: Die Regeln für Rage und Raserei gelten wie in der dritten Edition beschrieben. Bei nicht gelungenen Rage-Würfen werden allerdings alle Würfel abgelegt, die Einser zeigen. Bei gelungenen Rage-Würfen generieren alle Zehner-Resultate dem Charakter einen weiteren Rage-Punkt (bis in Höhe seines Festwerts, wie üblich). In Berserker-Raserei erhält ein Charakter zusätzlich zu Beginn jeder Runde einen Rage-Punkt, und muss zu Beginn jeder Kampfrunde mindestens eine Rage-Aktion kaufen.
Um die temporären Rage-Punkte von Charakteren darzustellen, verwende ich (statt Kreuzchen auf den Charakterbögen zu machen) rote Rage-Würfel.

Schadenswürfe: Überschüssige Erfolge beim Trefferwurf sind normalerweise laut Regelwerk Bonus-Schadenswürfel für den darauffolgenden Schadenswurf. Das führt in meiner Erfahrung mit dem Regelsystem leider oft zu der absurden Situation, dass ein offensichtlich meisterlicher Angriff mit sehr vielen Erfolgen dennoch zu einem sehr schlechten Schadenswurf führt (die dann womöglich auch noch alle absorbiert werden). Das scheint mir seit langem bereits etwas frustrierend, und außerdem narrativ schwer erklärbar. Die Hausregel, die ich hier playtesten möchte, ist die folgende: Alle Erfolge beim Angriffswurf nach dem ersten (der benötigt wird, um überhaupt zu treffen), werden beiseite gelegt. Diese werden beim Schadenswurf nicht mehr mitgewürfelt — sie gelten bereits als Erfolge für diesen Schadenswurf!

Spezialisierungen: Die Regel aus der vierten Edition soll hier gelten, nach der Zehner nicht neu gewürfelt werden, sondern als gleich zwei Erfolge zählen, wann immer bei einem Wurf eine Spezialisierung zum Tragen kommt.

Willenskraft: Wie im Grundregelwerk beschrieben darf normalerweise ein Punkt Willenskraft ausgegeben werden, bevor ein Wurf gemacht wird, um im Voraus einen zusätzlichen Erfolg zu generieren. In dieser Chronik können außerdem zusätzlich nach einem Wurf für zwei Punkte Willenskraft so viele Resultate neu gewürfelt werden wie der Spieler möchte. Einser dürfen auf diese Weise allerdings nicht neu gerollt werden. Nach einem Patzer (Einser, aber keine Erfolge) besteht diese Option gar nicht, der Wurf muss ein Misserfolg oder Erfolg sein dafür.

Setting-Anpassungen
Um die Modern-Fantasy-Elemente des Settings noch ein wenig zurückzuschrauben, gibt’s in dieser Chronik als einzige Änderungen die Folgenden:

Gaben und Riten: Gaben und Riten funktionieren wie üblich, aber die Gaben Persuasion, Mother's Touch, und Grandmother's Touch sind mir etwas ‚zu bequem‘ für SCs, und außerdem auch nicht besonders Werwolf-mäßig. Die lasse ich weg. Ersatzweise dürfen Charaktere Gaben aus der vierten Edition von W:TA bekommen (‚W20‘), da sind ein paar schöne dabei (wie City Running). Der Ritus der Talisman-Zueignung schließlich soll in dieser Story nicht allumfassend funktionieren, und Zugeeignete Gegenstände werden auch nicht in Wolfsform zu praktischen, magischen Tattoos oder so ein Quatsch. Alles was Zugeeignet sein soll, muss also an der jeweiligen Gestalt zu befestigen sein, Klamotten und Waffengurte verändern höchstens minimal ihre Weite dadurch dass sie rituell dem Träger Zugeeignet sind, und können mit in die Umbra genommen werden.

Metis: Es gibt keine Metis (wie in den Nachfolge-Settings Werewolf: The Forsaken und Werewolf 5. Edition), und damit auch kein Litanei-Gesetz diesbezüglich.

Stammes-Totems: Zwei Stämme bekommen statt ihren eigentlichen Stammes-Totems welche verpasst, die mir naheliegender erscheinen: Die Schwarzen Furien bekommen (statt dem holden Pegasus) jemand anderen aus ihrer altgriechischen Mythologie, nämlich schlicht die Furien, eine Reihe aus Rachegeistern, welche vielleicht ursprünglich die ersten Vorfahrinnen dieses Stammes waren. Die Stillen Streicher bekommen (statt Eule) Anubis, der sich auch in die Mythologie der alten Ägypter verirrt hat, aber ursprünglich einer der Begründer des Stammes ist.


Ich bin wie sonst stubenhocker-mäßig drauf, also ist das Ganze ein Solo-Play-Projekt. Ich würfel' also introvertiert vor mich hin und schreibe mit dem Tablet nebenher alles mit. Ich mache das wie bei meinen Solo-Kampagnen bei beispielsweise Deadlands, Ghostbusters, und Fading Suns.

Im Spielbericht sind Textpassagen, wo's um die Solo-Play-Spielmechaniken geht, kursiv geschrieben, um das besser vom restlichen Text trennen zu können.
Abstraktere Spielbegriffe aus Ironsworn lass' ich Englisch, die werden immer in kursiv angegeben, um sie vom Rest des Textes abzuheben.

Abgesehen davon gilt, liebe Leute: Werewolf ist ein Grusel-Rollenspiel und es geht in der World of Darkness entsprechend zur Sache! Also nicht erschrecken, wenn derbe Sprache verwendet wird oder auch mal jemandem der Kopf abgebissen wird oder so! (Ich sag' ja nur!)


Startcharakter
Diesmal entwickele ich zu Spielbeginn nur einen einzelnen Charakter (statt sechs auf einmal wie in der Wikinger-Chronik), und dessen unterstützende NSCs. Ich fange vor dem Ersten Wandel an, unsere Heldin weiß also noch nicht, dass sie das Werwolf-Blut hat und ihr Erbe sich demnächst auf spektakuläre Weise manifestieren wird. Ich erschaffe sie trotzdem wie einen normalen Garou auf dem ersten Rang, lasse aber Ansehen, Rang und Gaben bisher weg. Die Regeln für Rage und Regeneration werden sporadisch schon mal verwendet, denn das Erwachen steht unmittelbar bevor.




J. Zoe Matherson
Alter: 18; Stamm: -; Vorzeichen: Ahroun (Vollmond); Blut: Garou; Aufzucht: Homid
Attribute: Geschick 3, Konstitution 3, Stärke 2, Charisma 4 (Enthusiasmus), Erscheinungsbild 4 (80er-Style), Manipulation 2, Geistesschärfe 3, Intelligenz 2, Wahrnehmung 2
Fertigkeiten: Athletik 2, Aufmerksamkeit 3, Ausdruck 1, Einschüchtern 1, Empathie 2, Handgemenge 2, Straßenwissen 1, Überzeugen 1, Ur-Instinkt 1; Auftritt 1, Etikette 1, Fahren 1, Handwerk 2, Heimlichkeit 3, Überleben 1; Computer 1, Gesetz 1, Nachforschung 1, Wissenschaft 1, Zurechtfinden 1.
Hintergründe: Blutsgeschwister (Kylah Kirby) 1, Reinblütig 3, Ressourcen 1, Vorfahren 4.
Gnosis: 3
Rage: 5
Willenskraft: 4
Gaben: -
Ausrüstung: Portemonnaie, Smartphone, Schlüssel und Chipkarten für Videothek, Armband mit gravierten Knöchelchen, von Großvaters einstiger Weltreise


Laut den Regeln in Ironsworn, die ich ja unterstützend hier teilweise verwenden will, muss ein Charakter auch zu Spielbeginn einen Eid schwören. In Zoes Fall ist das natürlich kein pathetischer Wikinger-Schwur, wie in meiner anderen Chronik, sondern ein tief empfundenes, halbbewußtes Sehnen, das eins ihrer Lebensziele werden wird. Ich definiere das so:

Queste (Formidabel): Die letzte Reise ihres mysteriösen Großvaters nachvollziehen, und herausfinden, wer er war und was ihn zu dieser Reise gebracht hat.

Sobald Zoe in Kontakt mit ihrem Stamm steht, wird diese Recherche schlagartig leichter werden, denn Großvater war natürlich zeitlebens ein Garou. (Dies ist dann später vielleicht der Anlass für die namensgebende Wyldreise!) Bis dahin muss Zoe ziemlich in die Röhre gucken, denn für die Menschen ist das Leben ihres Großvaters weitgehend unbekannt. Ihre Eltern haben sich jahrelang daran versucht, es aufzudecken, und sind nicht weit gekommen. Vorerst hat unsere Protagonistin aber ganz andere Probleme ...
« Letzte Änderung: 13.12.2024 | 21:13 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #1 am: 18.11.2024 | 00:25 »


Nach der Schule hat Zoe heute wieder Spätschicht im Videoverleih. Der große, behäbige Mister Lennings ist heute auch in seinem Laden, und Kylah und Mitch. Mitch will eigentlich hier weg, er braucht nur Zoes Schulheft, um die Hausaufgaben abzuschreiben, und er guckt bedröppelt, während er abwartet, dass sich endlich jemand Zeit für ihn nimmt.

Soundtrack: Men Without Hats, I Like
https://www.youtube.com/watch?v=-YHBQyj5geg

Zoe hat diese eine Playlist wieder angeschmissen, die den Videoverleih mit 80er- und 90er-Mucke beschallt, jetzt gerade läuft I Like. Sie wippt glücklich mit dem Kopf mit im Takt, während sie am Computer sitzt.
„Am besten wird hier nicht die ganze Nacht über diese komische Mucke gespielt!“, sagt Mister Lennings vorwurfsvoll, während er einen Stapel oller DVDs aus einem Karton hebt und auf den Tresen vor sich knallt.
„I Like!“, sagt Zoe mit einem Grinsen.
„Das is' mir scheißegal, ob Ihr Kids das gut findet, die Kunden müssen das gut finden, wenn hier welche reinkommen! Das ist doch Trash.“
„Nein, der Song heißt I Like. Der ist von den Men Without Hats!“
„Das ist mir egal, Mädchen. Kann ja sein, dass Eure Generation das nochmal wieder gut findet. Aber das is' Scheiße, das is' doch total aus der Zeit gefallen“, und Lennings beginnt seine neuen Gebraucht-DVDs durchzusehen, „Die Leute kommen ja hier rein und glauben, das is' hier ein reiner Nostalgietrip-Laden!“
Zoe schaut schweigend vom Computer auf und mustert durch ihr dickes Pony hindurch ihren Chef bei seinem Sortieren. Er selber sieht aus wie aus der Zeit gefallen. Aber das darf man ihm nicht sagen.
„Demokratische Abstimmung, okay? Was findest Du, was wir spielen sollen, Kylah?“, fragt Zoe die blässliche Punk-Göre, die wie meistens auf der anderen Seite des Verleihtresens herumhängt.



Kylah, die unsichere Punk-Göre von derselben Schule


Unschlüssig antwortet die, „Ich hätte hier auch eine Playlist mit Rise Against. Können wir auch anmachen.“
Zoe schüttelt die blonden Zottelhaare, „Nee, die machen mich aggressiv!“
Kylah macht unwillkürlich eine Halsbewegung, als wolle sie ein kleines Stück von Zoe zurückweichen, und sagt nichts.
„… Dass Ihr mir nicht die ganze Nacht diese Trash-Mucke spielt, ja?“, legt derweil Lennings nach, an seiner Tresenbucht weiter hinten, „Der letzte Videoverleih der Stadt ist das hier, und wenn man da rein geht, schallt einem auch noch so Retro-Mucke entgegen, oder was? Geht gar nicht. Da glaubt die Kundschaft ja, wir nehmen hier Drogen oder so. Ich bin in einer Stunde weg, dann seid Ihr hier in charge, bis dahin läuft hier was anderes, okay?“
Plötzlich ist Zoe ärgerlich, sie weiß selber nicht, warum. Sie zieht ein biestiges Gesicht und beißt sich auf die Unterlippe. Stur hackt sie weiter Bestandszahlen in die Tastatur.
„… Was ist denn jetzt mit Geografie? … Äh? Könnte ich mal Dein Heft haben?“, sagt Mitch kleinlaut in die Stille.



Mitch, aus Zoes Schulklasse


„Klar! Sobald wir drei hier fertig sind!“, knurrt Zoe, und baut einen Stapel Verleih-VHS-Kassetten auf ihrem Tresen auf, auch vor Mitchs Nase.
„Wir …? Ich, äh, ich arbeite hier doch gar nicht …!“
„Die sind alle letztlich zurück gekommen. Alle Hüllen aufmachen, und gucken, ob die auch zurückgespult sind!“, und Zoe beginnt mit routinierten Handgriffen.
Ich arbeite hier auch nicht …“, murrt Kylah, aber wie üblich macht sie trotzdem mit.
„‚Zurückgespult’? Ey, Mädels … ich kann mich hier nicht stundenlang aufhalten. Ich muss doch in 'ner Stunde zu Hause sein, und online sein! Ich bin doch verabredet.“
Zoe guckt Mitch an, und sagt scherzhaft, mit einem kleinen Kopfschütteln, „Ich fress' Dich!“
Mitch macht große Augen, und Kylah schaut auch von ihren Kassettenhüllen auf. Irgendwas hat die beiden verstört, vielleicht etwas in Zoes Blick.
„Was guckt Ihr denn so?“, fragt sie, „Los, los! Je eher der Stapel hier durchgecheckt ist, desto eher kriegst Du mein Geo-Heft, Mitch, und kannst nach Hause! … Das Band muss auf der linken Seite sein bei einer VHS-Kassette, dann ist es richtig gespult.“
„Keine Ahnung, was das soll … kommt doch eh keiner in den Laden hier …“, nölt Mitch leise, aber defätistisch beginnt er ebenfalls, Videobänder durchzusehen.
„Kannst ja auch einfach nach Hause gehen! Musst uns ja nicht hinterher dackeln!“, rügt ihn Kylah.
„Ja, nee Du, ich brauch' doch die Hausaufgabe! Ich krieg' Geo einfach nicht in meinen Schädel! Wenn ich nicht von Zoe abschreibe, ist Alarm!“
„Und die demokratische Abstimmung?“, nimmt Zoe ihren Faden wieder auf, als wäre nichts gewesen, „Wofür stimmst Du, Mitch?“
„Hä?“, fragt er hilflos.
„Was für Musik!“
„Ach so!“, beeilt er sich zu sagen, „Ist mir egal! Ich hör keine Musik! Ich will ja auch überhaupt nicht die ganze Nacht hier rumsumpfen. Ihr Mädels müsst irgendwie verrückt sein, dass Ihr das macht.“
„Job ist Job“, sagt Zoe schulterzuckend, während sie eine der Videokassetten auf den Nicht-Zurückgespult-Stapel wirft.
„Na ja, äh, für Dich …!“, sagt Mitch.
„Und ich, ich bin nur Verstärkung für später“, sagt Kylah, „Was glaubst Du, was im Verlauf der Nacht hier manchmal für Hackfressen reinkommen?“
„Hier kommt überhaupt wer vorbei?“, fragt Mitch ungläubig, und sieht sich um, wie zur Kontrolle. Es stimmt, außer einem einzelnen Typen mit Baseballcap in der Porno-Ecke ist die riesige, schummerig beleuchtete Videothek derzeit leer.
„Wenn hier Asoziale reinkommen, will ich, dass Ihr diesmal die Polizei ruft, und zwar zackig!“, sagt Mister Lennings, während er ein weiteres Postpaket an den drei Schülern vorbei trägt.
„Brauchen wir nicht. Gucken Sie mal, ich hab' das Arsenal hinterm Tresen erweitert!“, grinst Zoe, und holt einen Polizei-Schlagstock hervor.
Lennings zögert, und mustert mit hochgezogenen Brauen das schwarze Plastik, dann aber muffelt er, „Na, prügeln kannst Du Dich auf Eurem Schulhof!“, er klingt wenig beeindruckt.
„Da braucht sich niemand zu prügeln“, sagt Zoe forsch, „Wer auch immer gerade Tresenschicht hat, braucht damit nur zu drohen. Das beeindruckt genug!“
„Du hast hier einen Schlagstock?!“, fragt Mitch, und macht wieder große Augen.
Kylah lacht, „Ja, und außerdem drei Dosen Pfefferspray, einen Alarmgeber, und eine Seenot-Signalleuchte! Die hab' nämlich ich für sie aufgetrieben, die Signalleuchte.“
„Alles nur, um Penner loszuwerden?!“, fragt Mitch.
„Und Besoffene, und Kleinkriminelle!“, sagt Zoe.
„Und Steine-Schmeißer“, ergänzt Kylah, „wie die vor drei Wochen!“
„Das ist hier immerhin Detroit, und Delray ist nicht weit weg!“, erinnert Zoe, teilnahmslos, „wir sind die kriminellste Stadt der USA, hab' ich grade gelesen.“
Mitch schaut sie befremdet an. Sie scheint keine Angst zu haben, oder sich sonderlich an dem ganzen zu stören. Mitch wird ein bisschen nachdenklich. Ein paar Schulkameraden haben ihm mal erzählt, Zoe sei als Kind ständig in Schulhof-Schlägereien verwickelt gewesen; sogar die Jungs hätten damals Angst vor ihr gehabt. Aber das hat er bisher nicht geglaubt, denn nüchtern betrachtet sieht sie aus, als könnten diese Geschichten gar nicht stimmen, oder zumindest, als lägen sie wirklich lange zurück. Und doch, irgendwas an ihr ist manchmal etwas unheimlich. Trotz dem freundlichen, aufgeschlossenen Gesicht.
„Ich kapier‘ nicht mal so richtig, warum der Laden sich überhaupt noch trägt“, sagt Mitch tonlos, während er Videobänder überprüft.
„Du meinst, weil keiner mehr Filme ausleihen geht?“, sagt Mister Lennings, der wieder am Tresen vorbei schlurft, einen lebensgroßen Pappaufsteller des Predator unter dem Arm, „ich finanziere mich auch hauptsächlich über die Popcorn-Maschine, das Schnapsregal, und die Eistruhe! Ja, ja …! Versuch' das alles mal als Download zu kriegen, wenn Filmnacht ist!“
Mitch guckt Mister Lennings an, als hätte der nicht so ganz alle Tassen im Schrank.
„Hier, zum Abschreiben“, erklingt Zoes Stimme plötzlich von der anderen Seite her neben Mitch, und sie hält ihm ihr Schulheft hin.
Er erschrickt, sagt eifrig „Danke!“, und greift danach.
„Aber dafür lässt Du mich nächste Woche Mathe abschreiben. Und Chemie! Fairer Deal?“
„Ja, ja. … Halt, Moment! Dafür hab' ich doch jetzt schon eine halbe Ewigkeit alte Videobänder überprüft! Was denn noch alles?“
„Ja, stimmt. Aber Mathe muss ich trotzdem von Dir abschreiben, Mitch. Meine Noten gehen gerade maximal in den Keller!“
„Das ist deswegen, weil Ihr Euch hier die Nächte um die Ohren schlagt!“, vermutet Mitch, während seine kleinen dicken Hände das Schulheft in seinen Rucksack packen.
„Ich kann eh nachts nicht schlafen“, tut Zoe ab, „da kann ich auch arbeiten gehen in der Zeit.“
„Dafür gibt’s aber auch so Seelenklempner und so“, sagt Mitch, „und so Pillen und so.“
„Igitt, Pillen! Mach's mal gut, Mitch! Bis morgen in der Schule.“

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #2 am: 18.11.2024 | 00:34 »


Als der Mitschüler abgerauscht ist, geht kurz darauf auch Mister Lennings. Die beiden Mädchen verabschieden ihn draußen, weil Kylah bei der Gelegenheit eine rauchen will. Sie frösteln in der Novemberkälte und sehen Lennings Karre von dem weiten, menschenleeren Parkplatz wegfahren, er fährt im Slalom zwischen den vielen anderen Autos hindurch Richtung Autobahnzubringer. Mindestens ein halbes Dutzend Autos parkt hier immer, die haben auch keine Nummernschilder mehr, die einstigen Besitzer müssen die hier abgestellt haben im Glauben, dass der große Betonklotz der Videothek leersteht, und sie die Kosten für die Verschrottung sparen können. Kylah ist auf einen Stapel aus kaputten Spanplatten, Motorteilen, und Computergehäusen geklettert, um in Richtung des Autobahnzubringers zu gucken, Mister Lennings Schlusslichtern hinterher, die gerade in der gelben Nachtbeleuchtung dort oben verschwinden. Kylah sieht meistens aus, als hätte sie Muffensausen, aus dem einen Grund oder dem anderen.
Als würde sie das Gewicht der Welt mittragen müssen, denkt Zoe, und fühlt Mitleid.
„Ich wünschte, wir hätten auch ein Auto“, sagt Kylah halblaut, und hustet von ihrem Zigarettenrauch.
„Wozu?“
„Um morgens um zwei hier wegzukommen! Das würde uns jedes Mal eine halbe Stunde sparen, wenn wir nicht mit dem scheiß Nachtbus fahren müssten. Hab' ich neulich mal durchgerechnet.“
„Ich sag' ja immer, Du brauchst nicht immer bis Schichtende hier mit mir abzuwarten“, sagt Zoe schulterzuckend, „nebenan sind doch Dave und Carrey von der Tanke, die arbeiten die ganze Nacht über, die kann ich immer dazu rufen, wenn ich mit wem nicht fertig werden sollte.“
Kylah unterdrückt ein weiteres Husten, und schüttelt stur den Kopf, „Nee nee, das ist schon in Ordnung so. Ich lass' Dich hier nicht hängen.“
Zoe lächelt Kylah an. Sie hat sich mittlerweile zusammengereimt, dass ihre Mitschülerin ihre Gesellschaft und die Videothek in Wirklichkeit deswegen vorzieht, weil bei ihr zuhause die Heizung nicht läuft. In Lennings' Schuppen mag es noch so öde sein, aber immerhin ist es schön warm. Zoe traut sich aber nicht, das Gespräch darauf zu bringen, so gut kennt sie die Mitschülerin eigentlich noch nicht, und sie geht stark davon aus, dass Kylah ihre Armut peinlich ist. Sie spricht jedenfalls nur selten davon, wie es bei ihr zuhause so ist.
„Schau' mal, da kommt der Kartoffelmann“, sagt sie, während sie auf ihrem Sperrmüll-Stapel steht.
Der Kartoffelmann ist tatsächlich im Anmarsch über den weiten Parkplatz, eigentlich hat der einen richtigen Namen, Mister Holston, aber ausgehend von seiner Körperform haben die Mädchen ihm hinter seinem Rücken diesen Spitznamen verpasst. Der Kartoffelmann kommt jedenfalls fast jeden Abend kurz vor Primetime vorbei, von Donnerstags bis Sonntags. Er gehört zu der Stammkundschaft, die bisher dafür sorgt, dass Mister Lennings nicht pleite geht.
Der kleine, dicke Mann lacht meckernd, als er an den beiden draußen stehenden Mädchen vorbei geht, und sagt, „Rauchen ist aber ungesund! Eine junge Dame aus der Bürgerschaft Detroits sollte über Luftverschmutzung Bescheid wissen!“
„Hauen Sie mir bloss ab mit Ihrer Bürgerschaft!“, sagt Kylah, so ruppig sie kann, „die stecken Sie sich besser, äh, sonstwohin, Ihre Bürgerschaft.“
Der Kartoffelmann lacht erneut, und geht durch die Automatiktüren in die fast leere Videothek. Dieser Umgangston ist zwischen den beiden seit Wochen normal, sie amüsieren sich beide darüber, wie bei einer stillschweigenden Übereinkunft, sich gegenseitig anzupflaumen.
Drinnen im Laden läuft mittlerweile ein anderer Track der Playlist, The Stakeout von Harold Faltermeyer.

Soundtrack (entsprechend)
https://www.youtube.com/watch?v=srBAo9ZgBKo

„Welches Genre soll es heute Abend denn sein, Mister Holston?“, schleimt Zoe fröhlich, als sie dem Kartoffelmann nachgeht.
„Bloss keine Empfehlungen von Dir, Missy“, muffelt dieser, und umrundet die Pappaufsteller vom Predator und von Captain Picard, „Du kommst immer nur mit Deinen Gruselfilmen und Psychothrillern.“
„Ich kann halt nicht davon lassen!“
„Die reinsten Teenager-Allüren“, sagt er abfällig.
„Also vielleicht heute Abend was Leichtes? Wir haben vorhin einen Batzen Comedy-DVDs reinbekommen!“
Der Kartoffelmann verzieht überheblich die Miene, „Pah, DVDs. Blueray, mein Arsch. Ich finde, dieser Laden sollte nichts vermieten, das nicht auf Videoband ist.“

An dieser Stelle würde ein wenig Dramatik ganz gut passen, wir befragen vielleicht mal das Orakel. Dieses sagt, Create Weapon. Nanu, und dass in unserer friedlichen Videothek? Aber es wurde ja bereits angedeutet, dass der Gewerbepark hier von allen möglichen Krawallbrüdern heimgesucht wird. Jemand scheint eine improvisierte Waffe zu suchen, um sich gegen solche Aggressoren zu verteidigen!

Zoe will gerade den Kartoffelmann weiter beraten, da rennt eine Gestalt in einem Trenchcoat durch die Automatiktüren nach drinnen, wirft fast ein Kartoffelchips-Regal um, und grabscht sich dann einen der Feuerlöscher, erhebt ihn als stumpfe Hiebwaffe in Richtung der Glastüren! Kylah schreit heiser auf, Zoe und der Kartoffelmann fahren herum, der Typ mit Basecap in der Porno-Ecke kauert sich zusammen, um Deckung zu nehmen.
Der Kerl mit Trenchcoat will mit dem Feuerlöscher aber gar nicht hier drin randalieren, er scheint einen Angriff vom Parkplatz her zu erwarten! Sein Atem geht rasselnd, er scheint ganz außer sich zu sein! Dort heult auch ein Automotor, und Bewegungen sind im gelben Straßenlaternenlicht zu sehen!

Aber mit was für Aggressoren haben wir es zu tun? Ui, da fallen mir gleich eine ganze Menge ein, immerhin ist dies die World of Darkness! Ich lasse das Orakel entscheiden: Trader who wants to prove worthiness, das klingt vielversprechend. Was immer die Handelsgeschäfte sind, denen diese Gestalten nachgehen, Gebrauchtwagen oder ähnlich mondäne Dinge werden es jedenfalls nicht sein!

Die Automatiktüren öffnen sich erneut, und drei in Lederkluften gekleidete Typen kommen herein. Der Kerl mit der Einbrechermütze und dem Trenchcoat hebt den schweren Feuerlöscher noch etwas, und keucht ihnen entgegen, „Macht bloss keine Dummheiten, Jungs! Hier drin sind Zeugen, und überall Kameras!“
Die drei halten inne, angesichts des erhobenen Feuerlöschers.



„Wir können es auch einfach hinter uns bringen, Lousy Five Bucks. Komm' mit raus auf den Parkplatz. Wir nehmen nur eine Niere! Dann bist Du uns los!“
„Wir machen das ja nicht, weil wir was gegen Dich haben. Wir müssen halt eben nur abliefern! Du verstehst!“, ergänzt ein anderer.
Sie kommen vorsichtig näher, einer hält ein gebogenes Schlachtermesser in der Hand. Der Trenchcoat weicht mit gefletschten Zähnen zurück, bereit, mit dem Feuerlöscher zuzuschlagen.



Zoe starrt die Kerle fassungslos an. Eine Eskalation scheint unmittelbar bevor zu stehen!
„Raus, alle verlassen den Laden!“, drängt sie halblaut, und läuft zur Seitentür, die normalerweise abgeschlossen bleibt.
Zumindest der Kartoffelmann und das Basecap reagieren prompt, mit eingezogenen Köpfen folgen sie Zoe. Diese fummelt den richtigen Schlüssel aus ihrem Schlüsselbund, verliert ihn vor Nervosität, sammelt ihn fluchend wieder auf, öffnet die Seitentür. Die Kunden rennen raus in die Novembernacht.
„Kylah!“, ruft Zoe zitterig.
Da sieht sie die Punkerin zwischen den Regalen auftauchen, sie ist kreidebleich.
„Mach' schon, alle raus!“, zischt Zoe, sie will diesmal wirklich die Cops anrufen.

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #3 am: 18.11.2024 | 00:48 »
Irgendwas scheppert ganz gewaltig hinter ihnen, ein Regal wird umgerissen.
Widerwillig lässt sich Kylah nach draußen bugsieren. Zoe folgt ihr, versucht, die 110 zu wählen (911 in den USA), aber hat einen solchen Blackout, dass ihr die simple Zahlenfolge nicht einfällt!

Ganz in der Nähe läuft ein Automotor, sie riecht Abgas.
Zoe drückt Mister Holston ihr Telefon in die Hand, und sagt, „Rufen Sie die Polizei!“, dann rennt sie hinaus in die Dunkelheit des Parkplatzes, auf den Abgasgeruch zu. Kylah schreit ihr irgendwas nach.
Zoe wirft sich hinter eins der Schrottautos und späht: Tatsächlich haben die drei Finsterlinge mit dem Tranchiermesser einen ihrer Spießgesellen zurückgelassen, Nummer vier, der Motor des Fluchtwagens läuft noch abfahrbereit!
„So nicht, ich kriege Euch am Arsch!“, flüstert Zoe, und versucht, die Autonummer zu entziffern, „Ihr entkommt mir nicht!“

Ihr Herz hämmert, sie fühlt sich ganz und gar komisch. Sie würfelt Wahrnehmung+Aufmerksamkeit, um das Kennzeichnen zu entziffern, und hat einen Erfolg.

Dabei sieht sie den Fahrer, der sitzt gar nicht am Steuer, sondern steht hier neben dem Auto rum, schaut aufgeregt zum Eingang des Betongebäudes! Halb mit dem Rücken zu ihr …
Ein Instinkt bemächtigt sich Zoe, und sie springt aus ihrer Deckung auf, um den Fahrer von hinten zu tackeln!

Runde 1: Sie würfelt jedoch schlecht, und verfehlt ihn, rempelt den Kerl nur an und prallt gegen die Flanke von dessen Fluchtwagen! Der Typ wirbelt herum, verpasst ihr einen schnellen Kinnhaken, der fünf Schaden macht, von denen sie aber satte drei absorbiert! Kurz sieht sie Sterne.

Runde 2: Mit gefletschten Zähnen versucht Zoe das Ganze nochmal, der Schmerz von ihrem Kiefer und ihrer Schläfe verleiht ihr plötzlich ungeahnte Kräfte. Obwohl sie noch nicht Erwacht ist, verwende ich schon mal die Regel für Brutale Resultate, und bei diesem Wurf fällt eine Doppeleins bei den roten Rage-Würfeln! Da dies eine Kampfhandlung ist, addiert der Einser-Pasch drei Erfolge, das macht dann sechs! Ohne Kontrolle über ihre eigenen Bewegungen zu haben, schnellt Zoe auf den Fremden zu, in reinem Affekt, packt ihn, und kullert mit ihm die abgeschrägte Böschung hinab, in den eiskalten Schlamm des Abwassergrabens am Rande des Geländes!

Eisern hat sie ihre Beute im Klammergriff, gluckert ihn unter, wann immer er sich verzweifelt zu befreien versucht. Sieht die Schlagader an seinem Hals pulsieren, unter dem Kragen seiner Motorradjacke, ganz deutlich, und einen Moment lang ist es um sie her scheinbar taghell. Nur ein gezielter Biss, und die Beute hört auf zu zappeln …!
Scheinwerfer blenden sie in dem Moment, oben, von der Kante der Betonböschung.
„Zoe! Da ist sie!“, hört man Kylahs entsetzte Stimme.
Von Schlamm bedeckt sieht sie hinauf zu den Neuankömmlingen, ihre Augen verengen sich in deren Scheinwerferlicht, und sie fletscht zornig ihre Zähne (die sich viel zu groß und viel zu massig anfühlen in ihrem Mund).
„Rauskommen aus dem Graben! Sofort!“, ruft einer der Cops.

Die Orakelwürfel entscheiden, was mit den drei schurkischen Handelsmännern oben geschehen ist:

Die drei aus der Videothek sind unverrichteter Dinge getürmt. Zu Fuß natürlich, denn der Fluchtwagen-Fahrer war ja außer Gefecht! Dieser wird jetzt von den Cops festgenommen. Die bibbernde Zoe ist plötzlich wieder ganz sie selbst, als sie ebenfalls rausgekrochen ist aus dem Schlamm, und lässt alle Fragen der Polizisten über sich ergehen.
„… Verstehe ich das richtig, gehören Sie denn hier zu einem Sicherheitsdienst, Miss?“, hakt der eine nach.
„Nee, ich bin Tresenkraft! Ich bin die, die unsere Leihvideos scannt!“
„Ja, was wollten Sie denn dann hier draußen?!“
„Ursprünglich nur denen ihre Autonummer! Und dann hat es mich irgendwie gepackt …“, krächzt sie hilflos.
Kylah steht neben der schlammigen Mitschülerin, und sieht so aus, als wolle sie ihr die Hand halten, ganz teilnahmsvoll, und wie immer ängstlich.
„… Das war Lousy Five Bucks …“, sagt Kylah leise zu sich selbst, als die Polizei schließlich abfährt.


Zoe muss nun doch rüber zur Tanke nebenan, und Dave und Carrey um Hilfe bitten. Sie muss nämlich dringend deren Dusche benutzen, nach ihrem Abstecher in den Graben!

Schließlich hocken Zoe und Kylah wieder am Tresen in der Videothek, Zoe mit nassen Haaren und in ollen Wechselklamotten, die das Tankwart-Ehepaar ihr geliehen haben. Sie drückt sich ein Coolpack gegen die Gesichtshälfte, die mittlerweile geschwollen ist und sich rötlich und bläulich gefärbt hat.
„… Und was ist jetzt mit diesem Typen passiert, der unseren Feuerlöscher hatte?“, will Zoe schließlich wissen, „Wie hast Du den genannt … Lousy Five Bucks?“

Die Orakelwürfel müssen entscheiden, was daraus geworden ist! Entsprechend sagt Kylah:

„Der hat eine Messerwunde abbekommen, haben die Cops vorhin gesagt … die haben ihn mitgenommen. Wahrscheinlich erstmal in ein Krankenhaus.“
„Wie war gleich sein Name?“, bohrt Zoe nach.
„Weiß ich doch nicht! Irgendein Penner vermutlich!“, lügt Kylah schnell.
Zoe bemerkt die Ausflucht durchaus, aber ist etwas zu runter mit den Nerven, um weiter zu fragen … zumindest jetzt.


Um halb zwei Uhr früh machen sie den Laden dicht, und gehen fröstelnd zur Bushaltestelle beim Autobahnzubringer. Beide sehen sich paranoid um, als sie den leeren Parkplatz überqueren. Kylah sieht Zoe mehrmals von der Seite an, und scheint etwas sagen oder fragen zu wollen, aber sie wagt es nicht, und schweigt.

Nebeneinander sitzen sie im warmen Nachtbus, der unter den zahllosen Fabrikschloten und glitzernden Hochhäusern Detroits hinweg rumpelt. Ein schwer beschreibliches Triumphgefühl beginnt dabei, sich in Zoe auszubreiten, als habe sie heute erstmals einen Sprung vom Elfmeterbrett im Schwimmbad gewagt, oder sowas. Gedankenverloren betastet sie mit der Zungenspitze ihre Eckzähne, die fühlen sich komisch an. Und der Innenraum des Busses stinkt ungewöhnlich intensiv, findet sie. Fast, als wäre ihr Geruchssinn schärfer als sonst.

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #4 am: 18.11.2024 | 02:30 »


Am nächsten Tag ist Zoe mal wieder unausgeschlafen in der Schule, und alle möglichen Leute wollen wissen, was mit ihrem Gesicht passiert ist, die Schläfe ist immer noch ordentlich geschwollen von dem Kinnhaken gestern.
„… Würde wahrscheinlich ziemlich weh tun … wenn ich die Prügelei nicht gewonnen hätte!“, kommentiert Zoe nonchalant ihre Blessur.
Überhaupt fühlt sie sich unverwüstlich; die beginnende Erkältung, die sie beim Zubettgehen gestern befürchtet hatte, nach ihrem unfreiwilligen Herumplantschen im nassen Schlamm, ist bereits wieder völlig verschwunden! Auch der Schlafentzug macht ihr nichts aus.

Was geschieht als nächstes? Die Orakelwürfel sagen, Hide Fame. Interessant, aber um Zoes eigenen Ruhm (als die heroische Straßenkämpferin vom Videotheks-Parkplatz) geht’s dabei wahrscheinlich nicht, da passieren im Detroit der World of Darkness jeden Tag noch ganz andere Dinge …! Also wer ist es, der hier an der Schule seinen Ruhm zu verstecken versucht? Hier sagen uns die Orakelwürfel Leader who wants to Find a Home. Das passt hervorragend mit dem zusammen, was ich mir zu Kylah zurechtgelegt habe. Also dann:

Am Ende dieses Schultags läuft Kylah wieder Zoe über den Weg. Ihre Klasse hat offensichtlich gerade Schulschluss, und die Sechzehnjährigen wuseln durcheinander auf ihrem Weg nach draußen.
„Zoe!“, sagt die Punkerin, und sieht erschrocken aus, wie meistens, „Wie geht’s Deinem Gesicht?“
„Halb so schlimm, siehste ja. Erinnert mich daran, dass ich vielleicht mal wieder einen Selbstverteidigungs-Kurs machen sollte irgendwo!“, grinst sie. Dann schaut sie ernst, und macht eine kleine Kopfbewegung zu einer dunklen Ecke des Gangs, „Lass' uns kurz nochmal reden, ja?“

Sie würfelt drei Erfolge bei Charisma+Überzeugen, und obwohl es Kylah sichtlich widerstrebt, senkt sie gehorsam den Kopf und folgt ihrer Freundin.

„Wer war das gestern?“, raunt Zoe.
„Wer?!“
„Lousy Five Bucks! Ist das irgend so eine Art Ghetto-Spitzname?“
„I-ich kannte den doch auch nicht!“
„Quatsch, Kylah! Ich seh' Dir das an der Nasenspitze an!“
Die Punk-Göre schweigt ratlos.
Zoe macht weiter, „Hör' mal, der ist beinahe abgestochen worden gestern in unserem Laden! … Ich meine, mich zu erinnern, dass einer von den Kerlen gesagt hat, die wollten sich eine Niere von dem holen! Das ist doch entsetzlich, das ist ja wie in einem von unseren Gruselfilmen!“
„Aber ich hab' doch auch nichts mit dem allen zu tun, ebensowenig wie Du!“, jammert Kylah leise, und sieht sich immer wieder zu ihren Klassenkameraden um.
„Wir müssen dem irgendwie helfen. Wie heißt der wirklich, und in welchem Krankenhaus liegt der?“
„Weiß ich nicht!“
„Kylah. Du lügst!“, zischt Zoe ungeduldig.
Ihre Freundin sieht sich hektisch erneut um. Zoe folgt ihrem Blick diesmal, und sieht einen Typen in ihrem Alter, der seinerseits zu ihnen rüber schaut, auch der wirkt irgendwie nervös. Er trägt schlabberige Second-Hand-Klamotten.
„Hast Du’s wohl eilig?“, fragt Zoe genervt.
„Das da hinten ist Simon. Ich muss mich noch da drum kümmern, dass der heute was zum Übernachten findet.“
Zoe und Simon sehen sich in die Augen, der Junge wirkt hier fehl am Platz auf dem wimmeligen Gang. Er hat auch überhaupt keine Schulsachen dabei.



Simon


„Ich hab' den noch nie gesehen in Deiner Klasse. Geht der überhaupt auf diese Schule?“
„Nee, der ist raus aus dem Schulsystem. Der ist nur hergekommen, um mich zu treffen. Weil ich was zum Pennen für den finden muss, sage ich doch.“
„Ich kapier‘ das alles nicht, Kylah. Das sind alles Leute, die nicht zu Deiner Familie gehören. Was für eine Crowd ist das, mit der Du da abhängst?“
„Niemand! Hal-lo? Ich hänge ja wohl mit Dir ab, fast die ganze Zeit! Simon ist nur ein Bekannter, und über Lousy Five Bucks weiß ich nichts!“

Zoe lässt die zappelige Kylah also wieder laufen. Sie sieht ihr und Simon nach. Jasmine und Ellen aus Zoes Klasse schließen zu ihr auf, und verwickeln sie in ein Gespräch. Zoe kann aber nur halb zuhören, sie fühlt plötzlich einen unwiderstehlichen Impuls, entschuldigt sich bei den anderen beiden, und läuft nach draußen. Am Ausgang des Schulgeländes holt sie zu Kylah und Simon auf.
Mit Wahrnehmung+Aufmerksamkeit hört sie noch, was die beiden gerade miteinander reden:
„… Du kannst nicht einfach in die Schule kommen, die machen voll Stress, wenn sie schulfremde Personen im Gebäude finden!“
„Wir haben grade andere Probleme, Kylah!“, sagt Simon gedämpft, „Ich hab' mich um meine Leute zu kümmern! Das ist wichtiger als alles andere!“
„Ja, ja. Nur, dass die Menschen-Regeln für Dich nicht mehr gelten, heißt aber nicht, dass die mir auch egal sein können! Ich kann richtig Schwierigkeiten kriegen wegen sowas!“
„Hey Ihr beiden!“, tönt Zoe fröhlich, als sie die beiden Redenden endgültig einholt.
Die wirbeln erschrocken herum, in Simons Gesicht blitzt plötzlich etwas Arglistiges auf, so sehr, dass Zoe davor zurückschreckt. Seine Augen funkeln einen Moment ganz seltsam.
„Zoe …!“, haucht Kylah.
„Guckt doch nicht so böse! Ich wollte nur mal hallo sagen!“, sagt Zoe schnell, „Und mal gucken, mit was für Jungs meine kleine Kylah so rumläuft! Hi, ich bin Zoe Matherson!“
Simon hat ziemlich dichte Augenbrauen, und dunkel umschattete Augen, das war Zoe bisher gar nicht an ihm aufgefallen. Er sieht kurz so aus, als würde er die Fremde anknurren wollen. Dann aber sagt er, überraschend höflich, „Ich bin Simon. Kylah hat mir schon von Dir erzählt. Dir hat man ja ganz schön eine verpasst!“
„Ja, aber ich hab' den dafür im Schlamm untergegluckert. War der Kampf der Giganten, hätteste mal sehen sollen. … Du bist also nicht aus Detroit?“
„Nee, ich bin ein Couch Surfer. Ich reise grade rum in ganz Michigan.“

Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit, aber es klingt triftig genug. Zoes Wahrnehmung+Empathie-Wurf ist auch nicht hoch genug um daran zu zweifeln.

„Äh, na gut. Dann beeilt Euch mal! Kylah, ich ruf' Dich nachher an, wenn ich auch Schulschluss habe. Ich will wirklich den Typen da im Krankenhaus besuchen. So viele kommen da gar nicht in Frage, wo die Cops den hingebracht haben könnten. Bist Du dabei?“
„Äh, ja, klar.“
„Prima! Bis dahin ist bestimmt irgendwas für Simon gefunden, nicht wahr! Da gibt’s übrigens auch Telefon-Apps für, so für Couchsurfing-Gelegenheiten, das muss nicht immer alles Kylah machen, die hat auch noch andere Sachen zu tun in ihrem Leben!“
„Ja, ja“, sagt Simon, „Tschüss, neh?“
„Wenn alle Stricke reißen, kann er übrigens auf dem Bettvorleger bei meiner Mom pennen, die hat ja ihren Samariter-Komplex.“
Zoe und Simon wechseln noch einmal einen vorsichtigen Blick. Irgendwie ist er ihr gar nicht so unsympathisch, sein Gesicht kommt ihr sogar vage bekannt vor, aber sie kommt nicht darauf, von wo. Etwa irgendein Internet-Jung-Promi, der in Detroit auf Durchreise ist, als Couch-Surfer? Schnell machen die beiden sich davon, und Zoe geht in die Schule zurück.


Finden sie aber an diesem Abend Lousy Five Bucks? Die Orakelwürfel sagen, nein.

Zoe erreicht einen mageren Erfolg bei Charisma+Nachforschung, und fragt hartnäckig in beiden der naheliegenden Krankenhäuser herum.
„… Was glauben denn Sie, wieviele Obdachlose mit Stichwunden wir von der Polizei hier abgeliefert bekommen, jede Woche?“, poltert eine mexikanische Krankenschwester, „Da ist ihrer aber weiß Gott nicht der einzige! Da müssen Sie schon früher aufstehen, Schätzchen!“

Schließlich erfahren die beiden immerhin, dass ein Kerl auf den die Beschreibung passt, mit Schnauzbart und schwarzer Wollmütze, mittlerweile wieder entlassen wurde, nachdem seine Stichwunde genäht wurde. Wohin er ist, weiß aber keiner, und bei abgerissenen Gestalten wie dem ist das Krankenhauspersonal auch froh, wenn sie die wieder los sind. Einen bürgerlichen Namen verrät man den Mädchen nicht.

Als sie aus dem Krankenhaus rauskommen, ist es schon schwarze Nacht. Zoe mustert Kylah von der Seite.
„Siehst ja ganz schön erleichtert aus! Bist Du froh, dass er außer Gefahr ist?“
„Hä? Ja klar, bin ja kein Unmensch! … Und hör' auf, da drauf rumzuhacken, Zoe. Ich weiß auch nicht mehr über den als Du!“

Drei Erfolge bei Geistesschärfe+Empathie sagen Zoe jedoch deutlich, oh doch!

„Warum willst Du nicht über den sprechen? Du hast Dich letzte Nacht verplappert. Du hast den Lousy Five Bucks genannt, und ich glaube, so haben die drei Mistkerle gestern Nacht ihn auch angesprochen.“
„Das ist einer aus meiner Nachbarschaft, okay? Ich kenne wirklich nur den Spitznamen von dem. Weiß nicht mal, wo genau der wohnt, wenn der nicht wirklich obdachlos ist. Was weiß ich denn!“
Ja, was weißt Du denn, das ist hier die Frage, denkt Zoe, und wirft Kylah einen eindringlichen Seitenblick zu, während sie zur Bushaltestelle gehen.
« Letzte Änderung: 18.11.2024 | 02:38 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #5 am: 18.11.2024 | 12:31 »
Dann befragen wir das Orakel nach einem Stichwort, wie es weitergeht. Die Orakelwürfel sagen, Overwhelm Mysticism. Soso! Na, da man Mystizismus schlecht überwältigen kann, machen wir doch stattdessen mal ‚überwältigenden Mystizismus‘ daraus, in Form einer Traumsequenz, wie ich sie bei Werewolf so liebe! Entsprechend:

Vielleicht waren die letzten zwei Tage doch ein bisschen viel für Zoes Nerven. Am nächsten Abend fällt sie nach der Schule auf ihre zerschlissene Couch, und beginnt vor dem Flackerlicht der Glotze dahin zu dämmern. Sie wollte eigentlich noch raus und was unternehmen, aber plötzlich ist ihr schwummerig. Ihre Innenorgane fühlen sich an, als wären sie größer als sonst, als wäre die äußere Hülle ihrer Haut zu eng für ihr Innenleben. Paradox eigentlich. Sie bildet sich ein, durch die Wohnungswand hindurch den Körpergeruch ihrer Nachbarn zu riechen, den unsichtbaren Schimmel hinter ihren Tapeten. Ihre Eingeweide grummeln. Die bläulichen Adern an ihren Unterarmen sind deutlich hervorgetreten.
Stunden scheinen zu vergehen in diesem Dämmerzustand, das Apartment ist dunkel, abgesehen vom gelben Licht der Straßenlaternen, das von unten hier herauf dringt. Zoes Kehle entringt sich eine Art tiefer Klagelaut. Die Erinnerung an das grausige, gebogene Schlachtermesser funkelt vor ihrem geistigen Auge, mit dem die drei Verrückten Lousy Five Bucks abstechen wollten. Die überdeutliche Erinnerung an die Halsschlagader des Fluchtwagenfahrers, und die Sekunde, in der sie hinein beißen wollte …

Plötzlich springt sie von der Couch auf, und ist mit drei Schritten im winzigen Bad. Kotzt ins Waschbecken. Sie schmeckt Galle, ihre Augen sind tränenblind.
Dann muss sie wohl hintenübergekippt sein, denn sie spürt plötzlich den Kachelboden und Badezimmerteppich in ihrem Nacken und an ihren Schultern …



Vor ihrem inneren Blick dehnt sich eine unendlich weite, surreale Graslandschaft aus, in Grün- und Gelbtönen. Majestätische Wolkenformationen ziehen darüber hinweg, und werfen schnell dahin huschende Schattenflächen auf die endlosen Hügel. Es ist schwülwarm, ein Sommertag. Dabei ist es draußen vor ihrem Apartmentfenster doch November …

Und wenn die angekündigte überwältigende Mystik jetzt eingetreten ist, was passiert in der Vision? Die Orakelwürfel sagen, Inspect Resources. Das ist einfach:

Der Wind spielt in Zoes Zottelhaaren, gedankenverloren streicht sie über ihre Ellenbogen, hellgraue Tonerde bröckelt davon ab. Sie ist mit dem Zeugs bedeckt, es mischt sich mit ihrem Schweiß zu einer schmierigen, halb erdigen Schicht. In ihrer Nähe stehen menschliche Gestalten, die komplett mit derartiger Tonfarbe angemalt sind, sie sind dünn und athletisch, ihre Bewegungen sind phlegmatisch aber höchst präzise, sie machen keinen überflüssigen Schritt oder Fingerzeig. Ein paar von ihnen schauen Zoe an, ihr Anblick scheint ihr fremd und zugleich vertraut. Zoe vermutet, dass sie hier mit diesen Menschen zusammen auf der Suche ist. In ihrem Traum akzeptiert sie ihrer aller Erscheinungsbild ohne große Schwierigkeiten.



Sie glaubt zu wissen, sie alle sind zum ersten Mal in ihrem Leben in diese Graslandschaft gekommen, um Kräuter und Wurzeln zu finden. Dies ist natürlich ein Wagnis: Aufgestellte Holzstöcker, über und über behängt mit Totenschädeln und Gebeinknochen, markieren die Grenze des Territoriums. Sie sind hergekommen, obwohl es heißt, dass die Gewitterwolken, die sich hier manchmal zusammenballen, gelegentlich hinab steigen, und als brodelnde Körper über die Hügel marschieren und schreien. Es heißt, dass das schreckliche, gefiederte Qu'min-Coru hier irgendwo seine Jagdgründe hat, denn aus diesem Land stammen die Legenden über es. Und doch sind sie hier, um Nahrung zu suchen, die ersten Menschen, die jemals Fuß auf dieses Land gesetzt haben. Sie setzen sich nach und nach in Bewegung, gemessenen Schrittes, und völlig geräuschlos.

Dabei fällt Zoe ein, woran die neue Landschaft sie erinnert: An die Buchillustrationen vom Paläozoikum, die sie als Grundschülerin so gemocht hat. Das Paläozoikum … oder ist dies noch ein völlig anderes Zeitalter, eines, das von der Weltgeschichte völlig vergessen wurde …?

Zwei Erfolge bei Geistesschärfe+Überleben lassen die schlammbedeckte Zoe nach kurzer Zeit einen klaren Bach finden, und essbare Wurzeln ganz in der Nähe. Sie winkt die anderen Wanderer wortlos zu sich, denn sie meint, ihre Sprache nicht zu verstehen.
Geschickte Hände raffen so viel zusammen wie sie brauchen können, dann klettern sie allesamt in die Zweige einer Gruppe aus riesigen, kahlen Bäumen. Zoe hat einen unerträglichen Hunger bekommen, und kann beim Klettern nur noch an ihre Beute denken.

Statt die Orakelwürfel zu befragen, entscheide ich mich, dass in jedem Fall mal Zeit für eine Actionsequenz ist:

Dann jedoch sitzen sie allesamt wie Affen in den dichten Zweigen, und die anderen lauschen unbewegt, gebannt geradezu, und auch Zoe verharrt und lauscht unwillkürlich mit: Schwere Schritte sind plötzlich zu hören. Das Qu'min-Coru ist ein erstaunlich guter Schleicher für eine Kreatur von zwölf Metern Höhe. Aber jetzt schleicht es nicht mehr, jetzt ist es bereits nahe genug heran, um zuzuschnappen! Vielleicht hat es auch nur mit einem starken Wunsch seine eigene Existenz herbeigeführt, und war bis eben tatsächlich gar nicht da, wer weiß.



Das Qu'min-Coru, urzeitlicher Herrscher dieser Gefielde, und leider gerade echt sauer!


Alle gleichzeitig beginnen sie zu flüchten, springen von Ast zu Ast, mit tierhafter Leichtigkeit. Zoe gelingt es irgendwie, mit den anderen mitzuhalten, aber sie fällt deutlich zurück. Unmittelbar hinter ihr splittert trockenes Holz, während der gewaltige, von Hauern gefüllte Schnabel des grellgrünen Laufvogels sich seinen Weg durch das Astwerk bahnt!
Mit zwei Erfolgen bei Geschick+Athletik hält Zoe sich ganz gut, ohne abzustürzen … aber die massige Schimäre setzt bei ihrem eigenen Wurf vier Stärke-Erfolge dagegen! Zoe spürt trockene Zweige unter sich nachgeben — und findet sich panisch schreiend auf dem gefiederten Kopf des Verfolgers wieder!
Mit vier Erfolgen krallt sie sich mit Fingern (und äußert geschickten Zehen) in den Federn fest! Das stampfende Etwas bemerkt sie kaum, während es den anderen Fliehenden nachsetzt!
Sie verlassen die Baumgruppe, und die Jagd führt weiter hinaus in die offene Landschaft. Ein Ast peitscht Zoe schmerzhaft ins Gesicht, und ihre Schläfe und ihr Kiefer brennen von der Wucht des Treffers. Der Hunger macht sie zitterig. Ihre Hände verlieren ihren Halt.

Summon Fame sagen an dieser Stelle die Orakelwürfel:

Die Ureinwohner schreien in ihrer panischen Flucht einen Namen, ‚Maju-Kha’! vielleicht den eines Götzen oder eines ihrer Helden. Verehrungsvoll klingen ihre Stimmen. Zoe hört ihre eigene heisere Kehle dasselbe Wort hinaus rufen, ‚Maju-Kha’. Mit einem Erfolg hält sie sich verbissen festgeklammert, während das Qu'min-Coru durch die auseinander stiebende Gruppe hindurch donnert. Es stampft und schnappt beim Versuch, die rennenden Leckerbissen zu erwischen mehrmals ins Leere. Abgelenkt von Zoes Gewicht dreht es dann unverhofft ab, und verschwindet mit hallendem Schrei zwischen den Hügeln. Als es den Kopf anlegt, gelingt es Zoe, abzuspringen, und sie rollt sich im hohen Gras ab.
Sie liegt verdattert auf dem nackten Rücken im Gras, und sieht den blauen Himmel und die Wolken über ihr, wie sie sich hypnotisch zu drehen scheinen. Sie fühlt nur noch Schwindel und Hunger.
Sie tastet mit zitterigen Fingern nach ihrem Umhängebeutel. Gierig beißt sie in die erste ausgegrabene Wurzel, und schmeckt ein überwältigendes Aroma von feuchter Erde, und darunter den Saft des Gewächses, und sie bildet sich ein, das sei das Beste, was sie je in ihrem Leben gegessen hat …

Vom eigenen Magenknurren erwacht sie plötzlich, findet sich wieder auf ihrem Sofa, im künstlichen Fernseherlicht, das die Düsternis ihres Apartment durchdringt. Ihr Körper ist wie betäubt. Sie muss sich unbemerkt aus dem Badezimmer zurück auf die Couch geschleppt haben, noch während sie weggetreten war. Sie muss sofort irgendwas essen. Sie angelt eine Cracker-Packung vom Boden, stopft eine Handvoll davon in ihren Mund, und spuckt sie sofort wieder aus, schüttelt sich, weil der Geschmack plötzlich unerträglich ist. Sie winselt hündisch, und fährt sich durch die Haare. Ihre geschwollene Gesichtshälfte pocht entsetzlich, und fühlt sich siedend heiß an. Im Traum ist dieselbe Stelle von dem Ast getroffen worden. Als sie mit den Fingerspitzen vorsichtig darüber fährt, bemerkt sie verblüfft, dass die Schwellung aber gar nicht mehr da ist.

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #6 am: 18.11.2024 | 12:57 »
Am nächsten Tag hat Zoe versprochen, zum Einkaufen zu fahren mit ihrem Dad. In seinem Auto hören sie 90er-Mucke, jetzt gerade läuft Take That. Zoes Dad sagt gerade irgendwas Abfälliges darüber, aber Zoe weiß, dass Robbie Williams auch einen gewissen Einfluss auf seine Musik hatte, als ihr Dad damals in seiner Band war.
Sie bemerkt plötzlich, dass sie geistesabwesend auf ihrer Unterlippe herumkaut und ins Nichts guckt, während sie versucht hat, sich an Details des unglaublichen Traumes gestern am Spätabend zu erinnern. Der Traum, den sie nach dem Kotzen hatte, es war wie so eine Art Fiebervision ...



Errol Matherson, Zoes Dad


„Hast Du etwa doch ein bisschen was abgekriegt, Zoe? Ich rede mit Dir!“, will Errol wissen.
„Abgekriegt?“, fragt sie, plötzlich wieder ganz im Hier und Jetzt.
„Von dem Veilchen da! Sieht total scheiße aus, total schlimm.“
„Ist aber gar nicht mehr schlimm, Dad. Ist auch schon komplett abgeschwollen, nur noch ein bisschen blau.“
„Tu' doch nicht so! Das reinste Ghetto ist das da, wo Du da arbeitest. Das ist ja praktisch schon Delray, wo das liegt. Alles Geisterstadt.“
„Ach Dad, hör' mal auf. Das ist der beste Job, den ich je hatte. Die Bezahlung ist ganz gut, die Arbeit ist leicht, und ich kann die ganze Nacht lang über Filme reden. … Und ich mag diese ganzen Nostalgiker eigentlich ziemlich gerne, da kommen ein paar originelle Fressen zusammen.“
„Das mag ja sein, aber Deine Fresse, entschuldige, Deine Schnute ist es, die mir Sorgen macht! Unvorstellbar, dass da sowas passieren kann. Dass Du Dich da mit Randalierern prügeln musst! Genau solche Sachen waren das, die Deine Mom und mich dazu gebracht haben, raus aus Detroit zu ziehen! Genau diese Scheiße.“
„Quatsch, Ihr musstet vor allem Eure Ehe retten!“, nuschelt Zoe trotzig.
„Ja, auch. Aber draußen auf dem Land ist es halt auch nicht so kriminell. … Sieh' bloß zu, dass Du nächstes Jahr Deinen Abschluss schaffst. Dann kannst Du da weg.“
Zoe sieht ihren Dad an, und fühlt einen Schwall aus Ärger: Er spielt darauf an, dass sie mal kleben geblieben ist und das Schuljahr wiederholen musste. Sie hasst es, wenn er das alte Argument hervor holt.
„Meine Noten sind ganz okay!“, sagt sie gepresst, aber das ist gelogen.
Ihr Vater redet weiter, als hätte er sie nicht gehört, „Dann kannst Du in einem Jahr eine Lehre machen oder studieren, woanders als in Detroit.“

Errol parkt vor dem Supermarkt, und sie steigen aus, Zoe bläst genervt die Backen auf beim Aussteigen, sie ist froh, dass das Thema erstmal durch ist.
Ein draußen angeleinter Boxerhund fletscht die Lefzen und bellt sie lautstark an, als sie zum Eingang gehen.
„Dreckstöle“, knurrt Zoes Dad angepisst, und sieht sich nach dem Besitzer um. Er verabscheut bellende Hunde, das ist wahrscheinlich der Grund, warum Zoe nie was mit Haustieren anfangen konnte. Und das Gefühl scheint gegenseitig zu sein, denn Hunde bellen oft in ihrer Gegenwart.
Als sie durch den Markt laufen, nimmt Errol das Thema von eben auch schon wieder auf: „Wie läuft es denn jetzt an der Schule?“
„Wieso fragst Du? Da gerate ich nie in Schwierigkeiten!“
„Kleiner Scherzkeks. So insgesamt, meine ich. Deine Mom macht sich ganz ehrlich gesagt immer noch Sorgen, dass Du jetzt ganz alleine wohnst, alleine zur Schule gehst, und überhaupt.“
„Ist ganz okay. Na ja, eigentlich habe ich keine richtigen Freunde in meiner Klasse.“
„Nanu? Ist doch schon das zweite Jahr mit der neuen Klasse! Und Du hast denen allen ein Jahr Lebenserfahrung voraus! Da bist Du doch wohl die Coolste!“
Zoe hievt Sojamilch-Kartons in den Einkaufswagen, „Weiß auch nicht, ich werd' mit denen immer noch nicht richtig warm. Lohnt sich vielleicht auch gar nicht mehr. Diesen Sommer ist das schon wieder vorbei, nach dem Abschluss gehen eh alle auseinander!“
„Und keine Verehrer?! Was ist denn mit dem ungarischen Jungen aus der Metalband geworden? Wie hieß der noch gleich?“
„Keith heißt der. Schnee von gestern. Ich glaube, der hat jetzt 'ne Neue an der einen Parallelschule, eine, die alles macht, was er sagt!“, antwortet sie, etwas schnippisch.
„Schade. Keith fand ich nett! Vielleicht wird das ja nochmal was mit Euch!“
Zoe lacht, „Du fandst doch nur gut, dass Du mit wem über Deine Gitarren-Riffs reden konntest! Überhaupt klang das damals noch etwas anders. Hast ganz schön die Augen gerollt, wenn der was gesagt hat, das Du doof fandest.“
„Ehrlich?! Nöö. Stimmt doch gar nicht!“
„Ist ja auch egal. Den schleppe ich nicht nochmal bei Euch an.“
„Ja, und sonst? Das ist doch 'ne große Schule, und halbwegs zentral! So wie Du aussiehst, meine liebe Tochter, müssten sich die Jungs um Dich reißen. Die müssten die blauen Flecken in den Gesichtern haben, weil sie sich um Dich kloppen!“
Zoe sieht Errol an, er wirkt plötzlich ganz zufrieden mit sich selbst, und sie malt sich aus, wie er morgen vor seinen Kollegen diesen tollen Satz wiederholt, ganz die pfundige Vaterfigur: ‚‚Die müssten die blauen Flecken in den Gesichtern haben, weil sie sich um Dich kloppen!‘, das hab' ich zu ihr gesagt!‘, und seine Kollegen würden daraufhin beifällig nicken.
„Die Leute mögen mich irgendwie alle nicht. Ich bin zu bockig und so! … Nur die kleine Punkerin einen Jahrgang unter mir, die hat einen Narren an mir gefressen. Die begleitet mich mittlerweile immer auf die Arbeit, um da mit abzuhängen. Wir sind grade voll das Gespann, die schrägen Mädels mit den schrägen Namen.
Diese Kylah, Du erinnerst Dich.“
„Hm! Punk ist auch ganz gut. Sex Pistols und so.“
„Kein Punk hört heutzutage noch die Sex Pistols, Errol!“
„Wieso nicht? Das war voll wichtige Musik damals, und ziemlich gut! Punk, das ist doch so zeitlos, und so nonkommerziell und so.“
„Ich bin viel lieber unter Lennings und seiner absurden Kundschaft als in der Schule, die gehen mir wenigstens nicht auf den Senkel“, sagt Zoe, „Irgendwie ist das knuffig, wie die ihrer Vergangenheit nachhängen.“

Als sie wieder im Auto sind, sagt Errol im Ausparken, „Tja, weißt Du, vielleicht ist das so eine Phase, die Du durchmachen musst.“
„Was denn bitte für 'ne Phase? Ich bin so!“
„Ja, nee. Mit diesem Lennings und seinen Nostalgikern, meine ich. … Hast Du vielleicht gewissermaßen von mir!“
„Von Dir und Mom habe ich eine Vorliebe für schlechte Musik!“
„Na ja, aber ich habe meinerseits ja auch jahrelang wem nachgehangen. Deinem Großvater! Vielleicht hat das auf Dich abgefärbt.“
Zoe sieht ihren Dad zögerlich an. Das Gespräch kommt heutzutage selten auf ihren Großvater, Errol hat meistens keinen Bock, über den zu reden. Das Kapitel hat sich immerhin geschlossen.
Ich hab' nie versucht, über Großvaters Leben zu recherchieren.“
Ihr Dad lacht, „Ja, stimmt. Ist wahrscheinlich ein alberner Gedanke gewesen.“


Für die nächste Szene befragen wir wieder das Orakel, und das gibt vor, Focus Health. Daraus machen wir das Folgende:

Am nächsten Tag winkt Zoes Englischlehrer sie beim ersehnten Schrillen der Pausenglocke zu sich heran.
„Wie ist diese Gesichtsverletzung entstanden, Zoe?“, fragt er halblaut.
„Prügelei bei der Arbeit, Mister Nathan. Ich war im Recht!“, sagt Zoe genervt, sie hat es mittlerweile gehörig satt, über die Sache Rechenschaft abzulegen.
„Ich habe Dich gestern schon so auf dem Gang herumlaufen sehen, Zoe. Ich wäre ehrlich gesagt fast vom Glauben abgefallen. Du bist doch in der Abschlussklasse!“
„Nein, Sie verstehen nicht. Das war ja nicht aus Spaß oder so. Ich hab' doch Verantwortung für den Laden während meiner Schicht! Und ich wollte einem helfen, der von so Schlägertypen bedroht worden ist!“
„Was für einem?“
„Einem Penner, na und?“
„Zoe. Geh' bitte heute in Eurer Freistunde zu unserer Schulpsychologin. Du weißt, wo Du Ihr Büro findest? Ich habe Euch einen Termin arrangiert.“

Die Schulpsychologin Mrs. Squarebrook ist bereits bestens informiert, sie weiß, dass es einen Polizeieinsatz gab auf Zoes Arbeit, und einen Unbekannten mit Messerwunde. In irgendwelchen Nachrichten war die ganze Geschichte nicht zu finden, aber ein paar Schüler immerhin zerreißen sich die Mäuler darüber, und die Squarebrook ist klasse vernetzt, die scheint immer alles genau zu wissen, was die Schüler gerade unter sich reden. Zoe kann sie nicht besonders leiden, seit einem Routine-Gesprächstermin, der ihr vor ein paar Jahren aufgezwungen wurde, als es damals gerade zwischen ihren Eltern gekriselt hatte. Die Squarebrook sieht ein wenig karrikaturenhaft aus, mit ihrem knochigen Körperbau und dem sehr breiten Mund, und ihr Blick scheint immerzu etwas vorwurfsvoll.



Schulpsychologin Squarebrook


Was ist das Stichwort des Würfelorakels für Mrs. Squarebrook? Capture Mysticism! Oho, sie will das verirrte Lamm auf den Boden der Tatsachen zurück holen! Also:

„…Und was hat Sie dazu gebracht, Miss Matherson, diesen Nebenjob anzunehmen?“
„Äh, ich mag halt Filme.“
„Was ist Ihr bevorzugtes Filmgenre?“
„Na ja, so Gruselfilme, und Thriller und sowas.“
„Ja, soso. Trivial Entertainment. Fast so schlimm wie Fantasy und Science Fiction.“
„Was soll daran schlimm sein?“, fragt Zoe, jetzt richtig genervt.
„Miss Matherson! Geschichten über Obsession, Halluzinationen, und Wahnsinn!“
„Quatsch. Ehrlich gesagt, Miss Squarebrook, was Sie sagen, ist Quatsch! Die sind doch nicht alle gleich.“
„Sie müsste man mal auf den Boden der Tatsachen zurück holen, Miss Matherson! Schluss mit den Nachtschichten, Schluss mit den Horrorfilmen. Keine Prügeleien mehr! Dann haben Sie auch mehr Zeit für Ihren Schulstoff, und versagen nicht bei Ihrem Schulabschluss. Wenn ich könnte, würde ich Ihnen das verpflichtend auferlegen.“
„Ja, toll, sehr witzig! Hören Sie mal, ich muss eine Wohnung in Detroit finanziert kriegen, Monat für Monat! Meine Eltern können mir eben nicht so viel Unterhalt zahlen, da brauche ich meinen Job!“
„Schnickschnack, es gibt auch Förderungen für sowas. Habe ich das richtig verstanden, Sie wohnen schon nicht mehr bei Ihren Eltern?“
„Ja, und?“, ruft Zoe sauer.
„Sie sind doch erst 18! Ein Schulkind!“
„Sie können mich mal! Ich kann wohl kaum in die Provinz pendeln, und jeden Tag vier Stunden Bahn fahren!“
„Ausfällig zu werden hilft Ihnen da auch keinen Deut weiter, Miss Matherson! In der Bahn könnten Sie ganz großartig Ihren Schulstoff vor- und nachbereiten, denken Sie nicht?“
„Ich weiß nicht mal, was ich hier in Ihrem Büro mache! Ich muss mir doch von keiner Schulpsychologin erzählen lassen, wie ich mein Leben zu gestalten habe“, knurrt Zoe.
„Dann sind wir für diese Woche wohl fertig. Sie scheinen nicht mehr ausreichend aufnahmefähig für meine Beratung. Kommen Sie nächste Woche wieder, zur selben Zeit. Und denken Sie bis dahin über all das gründlich nach, das ist quasi meine Hausaufgabe für Sie.“
Innerlich brodelnd sieht sie, wie Miss Squarebrook sich Notizen macht, ohne noch einmal aufzuschauen. Sehr viele Notizen. Mit einem wütenden Zähnefletschen verlässt Zoe das Büro.

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #7 am: 18.11.2024 | 13:08 »
An dem Abend sitzen sie spät alle in Zoes Wohnung, zusammengequetscht auf der schrabbeligen Couch, Zoe, Kylah, und Mitch, und gucken ‚Conan der Barbar‘. (Natürlich per Streaming, Zoe käme im Traum nicht darauf, einen von Lennings' ollen Leihfilmen mitzunehmen, sie hat auch überhaupt keinen DVD-Player, oder gar Videorecorder.) Das Fernseherlicht lässt die Wände der kleinen Wohnung grünlich flackern. Mitch mosert die ganze Zeit ordentlich an Conan rum, und betont immer wieder, dass es in den 2010ern eine Neuverfilmung gab, die viel besser war. Zoe stopft die ganze Zeit Schinken-Chips in sich rein. Was auch immer gestern los war mit den Crackern, das ist wieder vorüber. Das Zeug hier schmeckt zwar nicht besonders, aber es ist ordentlich davon da, und sie hat einen Hunger, der nicht weggeht, richtiggehend Fressgier ist das!
„Wenn Du so weitermachst, siehst Du in kürzester Zeit so aus wie Mitch!“, kommentiert Kylah, als Zoe die vierte Tüte aufreißt.
„Quatsch, ich brauche jede Menge Kalorien für den Sportunterricht! Ich verbrenn' das wie nix. Und meine Sport-Note muss meinen Abschluss retten.“
„Vielleicht biste schwanger!“, schlägt Kylah munter vor. Zoe hat ihr heute das mit dem Kotzen erzählt, und dem Fiebertraum hinterher.
„Dann müsste das aber unbefleckte Empfängnis gewesen sein! Seit Keith ging da nix mehr“, sagt Zoe mit einem Naserümpfen, „Ach so, passend zum Thema! Fresse jetzt, jetzt kommt die heiße Szene mit Conan und der Hexe!“
„Das findest Du gut?“, fragt Mitch pikiert, „Die ist ja eher ältlich, die sie da gecastet haben. Mehr so Softporno.“
„Ja, aber Arnie sieht gut aus. Und gleich kriegt sie spitze Zähne und versucht ihn abzumurksen!“, sagt Zoe mit leuchtenden Augen.
„Sehr romantisch alles!“, nickt Kylah, sie kann manchmal klasse ironisch tun.
„Igitt, Arnold Schwarzenegger“, mosert Mitch, „ist das nicht die Gelegenheit, nochmal auf das Remake zu verweisen aus den —“
„Das wird alles noch epischer. Die Story muss sich ja erst warm laufen“, sagt Zoe, Schinken-Chips kauend, „Hier, gleich verwandelt sie sich! Voll klasse!“
Sie lauschen auf das Geschrei der Hexe, das immer verzerrter wird.
„Ihr beide habt‘s echt mit diesen Horrorfilmen, was?“, sagt Mitch trocken.
„Ich nicht, sie“, sagt Kylah, „ich gucke nur mit.“
„Kein Wunder, dass Du das gut findest“, sagt Mitch, „das passt zu Deiner einen Gesichtshälfte. Wenn Du wüsstest, was für Blicke die sich in der Klasse gegenseitig zuwerfen, wann immer Du uns den Rücken kehrst!“
„Was denn für Blicke?“, fragt Zoe kauend, mit düsterem Gesicht.
„Lasst die doch in Ruhe! Das ist total asozial, hinterher auch noch über die zu lästern!“, braust Kylah auf.
„Nee, da lästert gar keiner. Mehr so von wegen fasziniertes Grauen“, sagt Mitch, „Das Weibchen ist die gefährlichere Variante bei der Spezies.“
„Na klasse“, sagt Zoe düster.
„Jasmine und Ellen haben doch vorhin angeboten, Dir das zu überschminken“, sagt Mitch, „Mach' das doch!“
„Ach, Blödsinn. Das ist nur noch ein bisschen blau, das ist so gut wie weg. … Wir müssen gleich mal runter zum Laden und nochmal Knabberkram kaufen.“

In den frühen Morgenstunden ist Mitch bereits eingenickt, während dem Anfang von ‚Dark City‘. Monochrome Töne flackern durch das Zimmer. Zoe und Kylah sind mittlerweile auch etwas wischi-waschi vor Müdigkeit, aber haben eisern vor, bis Ende des Films durchzuhalten.
„Weißt Du, wie das Genre heißt?“, sagt Zoe, „Film Noir. Manchmal glaube ich, wir leben in einem. Die ganze Welt ist sowas wie ein Film Noir.“
„Über Filmgenres reden kannste mit dem Kartoffelmann. Ich will nur noch wissen, wer gewinnt, und dann ins Bett.“
„Was is'n eigentlich mit Dir? Mit Deinem Simon da?“
„Wieso, was soll sein?“, fragt Kylah defensiv.
„Na, hast Du den wo unterbringen können? Und überhaupt, geht da was mit dem?“
„Hä? Nee. … Vielleicht irgendwann mal …“
„Oho! Kylah, Dich hätte ich nun wirklich nicht für den Typ gehalten, der seine Romanzen lange im Voraus plant!“
„Ach, Quatsch! Gar nix geht da.“
„Der ist so richtig Total-Aussteiger, oder? So von wegen, raus aus dem Schulsystem, und ‚die Menschen-Regeln gelten nicht mehr für den‘?“
Kylah sieht Zoe ins Gesicht. Sie sieht erschrocken aus. Fernseherlicht tastet bläulich über sie beide.
„Na, irgend sowas habt Ihr doch geredet im Weggehen, oder? Der ist sowas wie'n Total-Aussteiger, kein Ausweis, Bundesflaggen verbrennen und das ganze Zeug! Landstreicher aus Leidenschaft! Der zieht's durch mit dem Punkrock, im Gegensatz zu so Schlaffies wie uns, die trotz allem artig die Schulbank drücken.“
„Äh, ja, so einer ist das wohl“, sagt Kylah, und richtet den Blick wieder auf den Film.
„Ja …“, sagt Zoe leise, und schaut das andere Mädchen unverwandt von der Seite an.


Bei Zoes nächster Schicht kommen zwei Cops in die Videothek, und steuern zielstrebig auf den Tresen zu.
„Ach ja, Zoe, ich hab' denen gestern gesagt, dass Deine nächste Schicht heute ist“, sagt Mister Lennings halbarschig, als er die beiden Polizisten nahen sieht.
Kylah guckt die Fremden alarmiert an, und macht sich unwillkürlich klein.
„Hä, wieso, was wollen die denn?!“, fragt Zoe verwirrt.
Lennings zuckt die Schultern.
„Sind Sie Miss Matherson?“, fragt einer der beiden, als sie am Counter Halt machen.
„Ja, schon“, sagt Zoe defensiv, „aber wir haben doch letzte Woche schon geplaudert! Ich hab' Ihren Kollegen an dem Abend schon alles gesagt, was ich weiß.“
„Es sind noch ein paar weitere Fragen aufgekommen, Miss Matherson“, sagt der andere streng.

Die Cops gehen mit Zoe nochmal raus auf den dämmerigen Parkplatz, und lassen sich die Stelle zeigen, wo ihre Rangelei stattgefunden hat. Eigentlich wollen sie aber nur im Vertrauen reden (wie Zoe mit drei Erfolgen bei Wahrnehmung+Empathie begreift).
Schließlich senkt der eine die Stimme, und sagt, „... Der Typ wird sehr wahrscheinlich dem Gesetz durch die Maschen gehen, Miss! Der beharrt darauf, nichts zu wissen, und da nur zufällig reingeraten zu sein. Die Namen der anderen sind nicht rauszubekommen.“
„Blödsinn, der war doch ganz klar denen ihr Fluchtwagenfahrer! Das war offensichtlich alles ganz genau eingeübt!“, braust Zoe auf.
Der Polizist spricht weiterhin gedämpft, und sagt, „Die Bande hat auch immer nur Obdachlose angegriffen. Sehen Sie zu, dass hier künftig keine auf das Gelände kommen, dann kriegen Sie solche Schwierigkeiten nicht nochmal.“
„Und das soll jetzt die Lösung sein?! Das sind richtig gestörte Kriminelle, wie im Fernsehen oder so!“
„Nein, das ist keine Lösung, Miss! Aber wir und unsere Kollegen werden Ihnen da nicht groß helfen können, der Fall wird wahrscheinlich jetzt so lange aufgeschoben werden, bis der verjährt. So lange da keiner zu Schaden kommt, der kein Obdachloser ist, läuft das unter dem Radar. Schlimme Zustände sind das! Aber das Department hat noch ganz andere Dinge zu lösen, verstehen Sie?“
„Vielleicht hat Ihr Chef da drin ja neben Ihnen noch ein paar andere kräftige Mitarbeiter, irgendwelche Jungs, die da aushelfen können. Und Sie wissen ja noch, wie die Kerle aussehen, Sie könnten die wiedererkennen“, sagt der andere rätselhaft, und reicht Zoe einen zusammengefalteten Zettel von einem Notizblock, „Ach ja, den hier haben Sie im Rausgehen verloren.“
Zoe will protestieren, dann macht es bei ihr klick. Sie schaut auf den Zettel, da steht ein Name und eine Adresse, sonst nichts.
Sie begleitet die Cops zurück, und die verabschieden sich, wünschen ihr und Mister Lennings viel Glück.

Da sind offensichtlich korrupte Cops am Werke, die Bürgern wie Zoe ermöglichen wollen, das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen. Glücklich sind die mit Fällen wie diesem offensichtlich auch nicht, aber angesichts der Auftragslage des Detroit Police Department glauben sie, eine Art Lynchjustiz ist für Zoe und Mister Lennings die einzige Möglichkeit, so sie das Ganze nicht auf sich beruhen lassen wollen.

Als Zoe sprachlos den beiden Polizisten nachguckt, wie sie über den leeren Parkplatz zu ihrem Streifenwagen zurück gehen, hört sie sie noch leise untereinander reden.
„Haste gesehen, wie Blondi guckt? Auf ersten Blick eine zum Anknabbern, aber bei näherem Hingucken — der reinste Killerblick!“
„Jau. Könnte einem Angst und Bange werden bei der! Die hat ganz alleine diesen Wilco in den Graben getackelt, sagst Du?“
„Und fast ersäuft!“
Zoe schüttelt ungläubig den Kopf, und sagt sich, dass sie unmöglich hätte hören können, wie die beiden miteinander reden, so weit weg, wie die mittlerweile sind, und noch dazu mit dem Lärm der Autobahn in der Nähe ...!
Sie guckt nochmal auf den Adresszettel: Shawn Wilco ist der Name, der über der Adresse steht.

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #8 am: 18.11.2024 | 14:04 »
Zoe ist sich unsicher, ob sie Kylah dazu nach ihrer Meinung befragen will. Irgendwas stimmt nicht mit der Kleinen! Die hat selber irgendwelche Geheimnisse!

Die Orakelwürfel sagen jedoch sehr deutlich, dass Kylah den Zettel in Zoes Hand bemerkt hat!

„... Gucken wir noch einen Film nach der Schicht?“, fragt die Punkerin zwischendurch, „Meinetwegen können wir auch wieder Mitch fragen, ob er mitgucken will.“
„Ich will nach der Schicht nochmal zum Eastern Market …“, sagt Zoe, „Immerhin ist Freitagnacht.“
„Bäh, bei dem Wetter?“, fragt Kylah, „Aber gut. Eastern Market ist immer gut.“
Sie wird sich nicht abschütteln lassen, vermutet Zoe. Also holt sie den Zettel von dem Cop aus der Hosentasche, und fragt, „Was hältst Du hiervon? ‚Addingson-Gebäude, Keller‘. Ist da irgend ein Shop oder irgendeine Bar, die man kennen sollte?“
„Sagt mir überhaupt nichts. Was ist denn überhaupt die ganze Zeit mit diesem komischen Zettel da?“
Zoe lehnt sich mit den Ellenbogen auf den blauen Plastiktresen, wodurch sie genau Kylah gegenüber steht, wie diese so auf der anderen Seite auf ihrem Tresenhocker herum lümmelt. Kylah guckt überrumpelt wegen der Intensität in Zoes Augen.
Zoe flüstert, sehr eindringlich: „Da ist wahrscheinlich der Fluchtwagenfahrer von neulich zu finden! Die Cops finden die Sache zweitrangig. Wenn der und seine drei Psycho-Kumpels nochmal einen Denkzettel kriegen sollen, dann müssen wir das selber machen! Die haben mir die Adresse vorhin zugespielt.“
Als sie das ausspricht, bemerkt Zoe erst, wie dringend sie das machen will. Gar nicht mal um Gerechtigkeit zu erkämpfen, oder als persönliche Mutprobe … sondern einfach nur wegen des Nervenkitzels der Jagd, den sie empfindet, wenn sie davon spricht.
„Das dürfen die überhaupt nicht …!“, flüstert Kylah zögerlich, „Und außerdem ist das bestimmt eine Falle! Die Arschlöcher wollen Dich hops nehmen, wenn sie Dich dabei erwischen!“
„Gedacht wie ein richtiger Punk, Kylah!“, grinst Zoe, „Aber mal ehrlich, die haben nichts gegen mich. Wenn die Cops diesen Irren schon nicht hinterher fahnden können, dann verschwenden die auf mich schon mal erst recht keine Zeit.“
„Fall' da bloß nicht drauf rein!“
„Du bist paranoid. Kommst Du jetzt mit oder nicht?“
„… Klar. Klar komm' ich mit.“
„Tapferes Mädchen! Kannst zumindest irgendwo Schmiere stehen oder so. Wir wollen ja nur wissen, was hinter dieser Adresse steckt.“
„Aber doch nicht gleich heute Nacht!“
„Warum nicht? Es ist Freitag, da ist ordentlich was los im Eastern Market!“
„Aber Du hast ja den Zettel grade erst gekriegt!“
„Worauf sollten wir warten?!“
„Na, und wenn das doch ein Setup ist? Und ich muss da erst Leute zu fragen. Äh, so Punk-Bekannte, von früher und so. Die kennen den Eastern Market. Vielleicht fällt denen was dazu ein.“
„Nee nee, diesmal ist nix mit Deinen ganzen komischen Punk-Kumpels, Kylah. Wir gehen da direkt nach der Arbeit hin, so lange die Scheiß-Fährte noch frisch ist. Ich will wissen was dahinter steckt!“
„Und Du glaubst, das haben diese zwei Cops vorhin gewollt?!“
„Nee, die haben gewollt, dass Lennings einen Trupp aus schweren Jungs zusammentrommelt, der das macht! Aber wir wollen ja gar keine Keilerei, diesmal! Wir wollen nur wissen, was dieser Shawn Wilco für einer ist, und was das für ein Laden ist da beim Eastern Market! Dann hinterher kannst Du meinetwegen Deine ach so schlauen Punks dazu befragen. Und dann sehen wir weiter!“


Also fahren sie morgens um zwei nach Schichtende zum Eastern Market im Zentrum von Detroit, der sich über diverse Ladenzeilen und Lagerhäuser erstreckt. Aus kleinen Tanzschuppen und Nachtcafés kommen Beats und bunter Lichtschein, beim Novemberwetter sind die Straßen leer, dafür sind einige der Läden gerammelt voll.
Das Addingson-Gebäude liegt abseits des Eastern Market, da, wo das Stadtbild zwischen den Containerburgen und Schrotthalden schon merklich abgefackter wird. Es sieht aber nicht aus wie eine Disco oder Markthalle, eher wie ein altes Lagergebäude mit Büros drin.
„Bist Du sicher, dass es das ist?“, fragt Kylah unsicher, als beide Mädchen an der Fassade hinauf schauen.
„Die Adresse stimmt jedenfalls!“, raunt Zoe.

Erscheinungsbild+Überzeugen liefert drei Erfolge, als die beiden beim Eingangstor des Gebäudes versuchen, an den fetten Türstehern vorbei zu kommen.
„Ey, wir sind da unten verabredet!“, flunkert Zoe, und zwinkert kumpelhaft. Dreistigkeit gewinnt.
Im Addingson-Haus kann man sich locker verirren, auch jetzt in den frühen Morgenstunden scheint es da auf mehreren Stockwerken und Hinterhöfen irgendwelche kleinen Veranstaltungen zu geben, teilweise vielleicht Privatparties, alles wirkt auf die Teenies reichlich undurchsichtig auf ihrem Weg in den Keller. Sie fahren mit einem scheppernden Industrie-Fahrstuhl runter, zusammen mit einer Traube Gothics und zwei Bierlieferanten, die allesamt recht düster dreinblicken.

Zwei Erfolge bei Geistesschärfe+Straßenwissen lassen die beiden einen schmucklosen Seitenkorridor finden, der zu dem Adresszettel passt. Hier ist so richtig Gesichtskontrolle, noch gründlicher als oben am Haupteingang. Die Türsteher sehen diesmal anders aus, abgerissen und vernarbt, wie richtige Hooligans. Mit dem guten Wurfresultat gelingt es Zoe, den perfekten Moment abzupassen, um sich und Kylah mit in den Korridor zu drücken, während die Kerle gerade mit einer anderen Gruppe beschäftigt sind. Der Gang führt sie durch mehrere Feuerschutztüren und Gittertore hindurch, der Teil der Unterkellerung, der dahinter liegt, kann schwerstens verbarrikadiert werden, wann immer die Betreiber es wollen …

An den langen Gang schließt eine schummerig beleuchtete Markthalle an, die sich vollgestopft und lärmend vor den beiden staunenden Schülerinnen eröffnet. Hunderte Menschen strömen zwischen zahllosen, winzigen Marktständen hindurch. Die Stahlträger-Konstruktionen sind rostig, und die Wände und der Betonboden karg und rissig, aber die Stände sind ähnlich fantasievoll wie die in den besseren Marktstraßen oberirdisch. Es erklingt exotische Musik von manchen, und es gibt Nahrungsmittel aller Art, Flohmarkt-Plunder, Antiquitäten, und Fabrikware zum Schleuderpreis.
„Das is' ein Schwarzmarkt“, flüstert Kylah mit ängstlicher Faszination.



Die weite Markthalle unter dem Addingson-Gebäude


Dunkelhäutige Omas mit klingelndem Ohrschmuck versuchen sie heran zu winken, um ihnen die Zukunft zu weissagen, Rapper in Gang-Outfits werfen ihnen arrogante Blicke zu, und tätowierte Preisboxer mit imposanten Muskelbergen drängeln sich an ihnen vorbei durch die dichte Menge. Mit offenen Mündern sehen die Mädchen sich um. Der Begriff ‚Undersalt Market‘ taucht immer wieder auf, auf gemalten Banderolen und in Gesprächsfetzen.
„Salz, warum eigentlich immer Salz!“, flüstert Zoe ihrer Begleiterin zu.
„Wir sind hier doch unter Detroit, und das sieht hier ziemlich weitläufig aus“, sagt Kylah, „vielleicht zieht sich das ja bis rüber in die stillgelegten Salzminen!“
Zoe erschaudert bei dieser Vorstellung, die Zugänge zu den alten Salzminen sind ein ganzes Stück weiter südlich von hier. Wenn sich das Gelände unter der Stadt ganz bis dorthin zieht, wäre das aber ein großer Schwarzmarkt!
« Letzte Änderung: 18.11.2024 | 14:09 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #9 am: 18.11.2024 | 14:45 »
Bei der Adresse auf dem Notizzettel ist am Schluss eine Art Haus- oder Schuppennummer angegeben. Die beiden suchen eine halbe Stunde orientierungslos in der Markthalle umher, bis sie entdecken, dass es in der einen Hallenwand noch Eingänge zu alten Wohnungseinheiten oder Werkstätten gibt. Die Gerüche und das Gewimmel machen Zoe sichtlich zu schaffen, sie ist mittlerweile völlig überreizt (und soll einen weiteren Rage-Punkt deswegen bekommen, damit ist sie jetzt bei vier).

Der Wohnungsnummer folgend, durchqueren die beiden ein paar Korridore und ein kleines Eishaus, und gucken dann direkt in einen kleinen Verkaufsraum voller angelaufener Einmachgläser und Kühltruhen, wo eine Handvoll Leute gerade angespannt miteinander redet. Zoe schreckt zurück, als sie glaubt, die Visagen der Kerle wiederzukennen, die letzte Woche in der Videothek waren! Der durchdringende Geruch in dem Hinterzimmer nach Schweiß, Öl, und Fett macht sie noch nervöser. Sie packt Kylah am Arm, und zieht sie zurück. An die Wand gedrückt lauschen sie vom dunklen Gang aus, was geredet wird.
„… Unser Wort darauf wird Dir genügen, dass das alles Frischware von Wolfsblütigen ist! Das ist hier nicht irgendein Scheiß, okay? Das ist alles unter Todesgefahr erbeutet.“
„Ihr halbe Hemden habt keine Wolfsblütigen gekillt“, sagt der Kunde abfällig.
„Unser Wort darauf, Mann! Hier, kannst unser Arsenal da hinten bestaunen. Alles hier ist Frischware. Natürlich nur von welchen, die hier in der Stadt herumstreunen. Wir packen zu, wenn die alleine sind. Blut, Nieren, Lebern, Herzen. Oder Haare, oder Eckzähne, was immer Du brauchst. Wenn Du was Spezielles brauchst, nehmen wir auch Bestellungen. Alles von Wolfsblütigen, kein Beschiss.“
„Hmm, sieht echt aus …“, räumt der Kunde ein, als er eins der Einmachgläser unter die Nase gehalten bekommt.
„Das ist auch alles echt, feinste Frischware. Mindestens von Blutsgeschwistern. Wir haben auch ein paar Stücke von richtig schweren Exemplaren, wenn Du verstehst.“
„Ach, daher weht der Wind. Alles nur von Blutsgeschwistern!“
„Wolfsblut ist Wolfsblut! Das weiß jeder, der sich mit solchen Dingen auskennt!“
„Aber hier aus der Stadt? Dann ist das ja nur von verdammten Knochenbeißern!“
„Ja, klar, Mann! Was heißt hier, ‚nur‘? Das sind die zähesten Bastarde unter den Wolfsblütern! Versuch' ruhig mal, in ganz Michigan was Besseres zu kriegen. Das ist absolute Top-Ware!“
„Wir müssen sofort hier weg!“, zischt Kylahs Stimme angsterfüllt an Zoes Ohr.
Die nickt, aber kann sich nicht vom Fleck bewegen. Sie ist von Schrecken wie gelähmt. In diesem Moment hat sie nämlich durch die Türöffnung auch entdeckt, wie sich in einem der Einmachgläser in der trüben Flüssigkeit eine menschliche Hand abzeichnet.



Zoe bekommt einen fünften Rage-Punkt, und dann werden die Orakelwürfel befragt: Evade Tool, sagen diese. Welcher Art Werkzeug soll denn da ausgewichen werden? Vielleicht ist es auch ein menschliches Werkzeug, um das es geht — jemand ist (passend zu dieser Umgebung) ein Werkzeug des Bösen? Au ja, das machen wir, und zwar folgendermaßen:

Von der anderen Seite tritt eine andere Gruppe Interessierter in den Verkaufsraum. Durch den Türspalt sehen Zoe und Kylah zwei von denen genauer, hagere junge Männer in schwarzen Ledermänteln, und mit neonrot gefärbten Haaren, sie tragen sie als sowas wie Crew Cuts. Beide haben so richtige Verbrechervisagen. Wer in diesem diabolischen Hinterzimmer einkauft, der muss auch gestört sein!

Wir würfeln Geschick+Heimlichkeit, um unauffällig zurück in die Haupthalle zu entkommen. (Jetzt darf Zoe mit ihren fünf Rage-Würfeln kein Brutales Resultat würfeln, dann fliegt ihre Deckung spektakulär auf!) Ein einzelner Erfolg fällt dabei. Mit hämmernden Herzen verschwinden sie in der Menge des Schwarzmarktes, gerade, als einer der neonroten Crew Cuts argwöhnisch seinen Kopf aus der Gangöffnung steckt, und sich lauernd umsieht!



Die Orakelwürfel gestatten, dass die beiden terrorisierten Protagonistinnen unbehelligt wieder oben auf der nächtlichen Straße ankommen!

„Ich muss weg“, sagt Kylah tonlos, „war eine lange Nacht! Äh, heute komme ich jedenfalls nicht mehr in Tanzlaune!“
Zoe sieht das Punk-Mädchen an, und nickt abgelenkt.
„Wir können die vielleicht richtig drankriegen!“, keucht sie.
„Schwachsinn, wir haben doch nix gegen die in der Hand! Wir haben nichts gefilmt, oder so!“
Stimmt, die kleine Kratzbürste hat leider Recht, fällt Zoe auf; sie hätten das Gesagte geistesgegenwärtig mitschneiden müssen, auf ihrem alten Smartfon oder so, im Film machen die Protagonisten das immer!
„Was sind denn bloß Wolfsblütige?!“, fragt sie, „oder Knochenhauer? Was haben die gesagt? … Knochenbeißer! Klingt total widerlich.“
„Lass' uns bloß abhauen.“
„Da unten ist ein Raum voller menschlicher Organe, ja, Schwarzmarkt-Organe! Da rollen sich einem ja die Zehennägel auf! Wenn das die Polizei erfährt, dann gehen die Ermittlungen aber wieder los, das glaub' mal!“, raunt Zoe.
„Einen Scheißdreck glaub' ich! Denkst Du etwa, ein Polizeitrupp kommt da unten rein, um da durchzugreifen, oder was? Du hast doch die Wegbeschreibung zu dem Laden da von einem Cop! Das ist denen doch alles halbwegs bekannt, die trauen sich da doch selber nicht rein! Eher hoffen die, dass so einer wie Mister Lennings einen Schlägertrupp schickt, und für sie die Drecksarbeit macht!“
„Äh …“, sagt Zoe überfordert.

Während der Rückfahrt mit dem Bus textet Kylah wie besessen auf ihrem gammeligen, alten Telefon herum. Zoe will sie bitten, noch mit in ihr Apartment zu kommen, damit sie dort nicht alleine ist, bis es hell wird. Aber sie traut sich nicht, Kylah ist ganz offensichtlich mit dem Kopf ganz woanders.

In ihrer Wohnung angekommen spielt Zoe mit dem Gedanken, tatsächlich die Polizei zu rufen, und auf den Keller des Addingson-Gebäudes im Eastern Market anzusetzen. Zumindest als anonymer Tipp! Aber auch das lässt sie schließlich bleiben: Was ist, wenn die sie einfach für durchgeknallt halten? Was ist, wenn Kylah Recht hatte, und die Ladenadresse weithin bekannt ist beim Detroit Police Department, und die entweder so überlastet sind oder selber so korrupt, dass sie einfach wegschauen?
« Letzte Änderung: 1.12.2024 | 21:03 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #10 am: 18.11.2024 | 17:24 »
Am nächsten Tag ist Samstag, und Zoe kommt erst um 14 Uhr aus dem Bett. Macht nichts, ihre heutige Schicht beginnt erst am späten Nachmittag. Sie schaut sich im Spiegel an, in ihrem winzigen Badezimmerchen, zerwühlt sieht sie aus. Dunkle Schatten unter den Augen. Hatte sie bis eben schon wieder so einen komischen Traum, wie neulich? Sie erinnert sich aber nicht; nur ein deutlicher Eindruck bleibt ihr, von urzeitlichen Dingen und fernländischen Gegenden ...


Während ihrer Videothek-Schicht heute Nacht textet Zoe mit ihren Schulkameradinnen Jasmine und Ellen. Die wollen in einen Club fahren, und da Pamela abgesprungen ist, brauchen sie eine dritte Person, und sie fragen halbherzig deshalb Zoe. Die sagt ebenso halbherzig zu, das ist immerhin eine Gelegenheit, mal von Kylah wegzukommen. In einen Mainstream-Tanzclub wird die nicht wollen! Als Zoe ihren Plan angelegentlich erwähnt, als die beiden gerade VHS-Kassetten in Regale einsortieren, wirkt Kylah etwas vor den Kopf gestoßen: „Und ich? Was mache ich heute Nacht?!“
„Ich weiß nicht, Kylah!“, sagt Zoe plötzlich, in lautem, scharfen Ton, und sieht sich selber ungeplant mit der Handfläche auf das Regal hauen, dass die Filmhüllen nur so wackeln, „Vielleicht mal etwas mit diesem Simon und Deinen heimlichen Punk-Freunden! Oder Du suchst Dir jemanden von Deiner eigenen Größe, es gibt genügend Sechzehnjährige in dieser Stadt!“
Kylah guckt sie wortlos an, und sofort tut es Zoe wieder Leid, dass sie sie so angeblafft hat.
„Entschuldige, ich weiß gar nicht, was letztlich mit mir los ist“, sagt sie schnell.
„Schon gut“, sagt die andere, aber Zoe glaubt, nix ist gut, sie hat ihre Gefühle verletzt. Sie will das Ganze wieder gerade rücken, aber Kylah geht erstmal nach draußen, eine rauchen. Zoe geht hinterher, aber der Zigarettenqualm von der Kippe sticht ihr in die Nase, so unerträglich, dass sie sich abwenden muss, was ist letztlich mit ihrem Geruchssinn los, irgendwie ist sie hypersensibel. Kylah guckt Zoe an, hüllt sich schweigend in ihre Wolke aus blauem Dunst. Zoe geht zurück zum Tresen, wo ausgerechnet jetzt eine Handvoll Kunden stehen, die bedient werden wollen.

Kylah ist auch im Verlauf der Schicht nicht mehr davon zu überzeugen, vielleicht doch mit in den Club zu fahren, sie vermutet (wahrscheinlich zurecht), dass Jasmine und Ellen keinen Bock auf sie haben werden. Die haben ja nicht mal richtig Bock auf Zoe, die ist nur die Notlösung, das ist mal klar.



Jasmine und Ellen, aus Zoes Schulklasse


Was sagen denn die Orakelwürfel dazu, wie die Samstagnacht weitergeht? Hunt Strategy, sagen die. Daraus machen wir nicht ‚die Jagd nach einer Strategie‘, sondern ‚Jagd-Strategie‘:

„... Die Sache ist nämlich die“, sagt Ellen am Steuer des Angeber-Autos ihres Vaters, „Jasmine ist verknallt, und zwar so richtig!“
„Ach so?“, fragt Zoe neugierig vom Rücksitz, „In einen von unserer Schule?“
„In einen von der Uni!“, erklärt Ellen, „Richaaard!“, während Jasmine die Augen rollt, die wirkt — unter ihrer sichtlichen Genervtheit — vor allem furchtbar nervös.
„Wir wissen aus sicheren Quellen, dass Richard heute nach seinem Klassentreffen in den Cubic Club geht! Da wird er zufällig auf uns treffen. Wir müssen natürlich mindestens zu dritt sein, sonst wirkt das komisch. Du bist die Dritte im Bunde!“
„Klingt ganz lustig“, sagt Zoe, „ich war bisher nur einmal im Cubic Club!“
Jasmine ermahnt, „Aber quatsch' Dich trotzdem bitte da nicht fest, Zoe! Wir müssen flexibel bleiben.“
Ellen kichert, „Genau, alles Teil der Jagd-Strategie! Einer von Richards Jungs ist nämlich großer Fan von Quazoo, und der hat heute früh einen DJ-Auftritt im Parque Theater!“
„Ist spontan eingesprungen, und spielt irgendein kurzes Set“, fügt Jasmine nervös hinzu.
„Haben wir alles im Vorfeld ausrecherchiert“, nickt Ellen, „Wenn die Truppe also deswegen ins Parque Theater umziehen sollte, ziehen wir unmittelbar auch dorthin um! Wir müssen also zusammenbleiben. Klar soweit?“
„Ganz schön ausgefuchst!“, sagt Zoe anerkennend, „Alles nur, damit Jasmine und dieser Richard sich zufällig immer wieder über den Weg laufen können?“
„Der hat gerade mit seiner Freundin Schluss gemacht in Chicago!“, sagt Jasmine, „Das ist die beste Gelegenheit, zuzuschlagen!“
Gut sieht sie aus in ihrem Discokleid und mit den goldenen Ohrringen, nicht zu aufgedonnert, aber auch schwer zu übersehen, findet Zoe. Sie nickt.


Im Cubic Club ist es rappelvoll, grellblaue Discobeleuchtung streicht über die Menge, es laufen meistens Elektro-Remixes von aktuellen Popsongs. Der Eintritt war sauteuer, und natürlich zahlen alle drei Mädels nur für sich selber. Die vielen Leute, ihre Dunstwolke, und die Bässe machen Zoe etwas zu schaffen. Jasmine hat Richard schon erspäht, und sie sind seiner Gruppe schon ‚zufällig’ über den Weg gelaufen. Ellen will Zoe an ihrer Tüte ziehen lassen, aber sie schüttelt entschieden den Kopf. Sie fühlt eine Mischung aus Reizüberflutung und Positiv-Stress.



Was ist das Stichwort der Orakelwürfel für den Club? Avoid Power, sagen die. Zoe muss sich wohl hier daran versuchen, die eigene schreckliche Macht zu meiden, welche sie in ein Monster verwandeln könnte.

Auf der Tanzfläche läuft eine Weile alles ziemlich gut, dieser Richard scheint sich von Jasmine um den Finger wickeln zu lassen, auf jeden Fall tanzen die beiden ziemlich ausgelassen miteinander; Zoe und Ellen haben auch Spaß, und obwohl Zoe die Musik nicht besonders gut findet, ist sie immerhin schön schnell, und sie kann sich körperlich mal abreagieren beim Tanzen. Währenddessen fühlt sie aber eine rauschhafte Energie in sich aufsteigen, die sie noch nie gefühlt hat. ... Wenn sie dieser Energie gestatten würde, sich weiter aufzubauen, würde sie die Nacht taghell machen und das Gebäude zum Beben bringen, bildet Zoe sich ein ...

Ich mache einen Willenskraft-Wurf für sie, und sie erreicht drei Erfolge; mitten im Lied entzieht sie sich also der Menge, und wartet am Rand der Tanzfläche, versucht mit großer Selbstbeherrschung, ihren Atem und Puls wieder zu verlangsamen. Der Schweiß läuft in Strömen an ihr herab. Erstaunlicherweise gelingt es ihr. Sie wird von kribbeligen Endorphinen durchströmt. Sie beobachtet eine Weile Ellen und Jasmine, und Richard und seine Freunde, und fühlt eine unerklärliche Zufriedenheit. Schön, wie die alle tanzen, überhaupt schön, hier zu sein. Das Leben ist toll.



Soundtrack: DollsHead, It's Over, It's Under
https://www.youtube.com/watch?v=78kTp65PXNU

Kurz darauf sind sie wieder auf der Autobahn, die durch die Stadt führt, auf dem Weg ins Parque Theater. Ellen gibt ordentlich Stoff. Jasmine hat eine Art Laberflash, sie ist offensichtlich wie high von ihrem Erfolg bei ihrem neuen Fang und bei der Vorstellung, noch heute Nacht endgültig bei dem landen zu können. Sie muss nur noch ihre Karten weiterhin richtig ausspielen. Ellen hätte weder ihren kleinen Joint rauchen sollen noch den Schnaps trinken, da sie ja jetzt wieder Auto fährt, aber Zoe vertraut ihren Fahrkünsten halbwegs. Sie klappen übermütig das automatische Faltdach weg und fahren Cabrio-style durch den Novembermorgen, der Wind braust über Zoe hinweg, und verstärkt ihre rauschhafte Wahrnehmungsveränderung.
It's Over, It's Under von DollsHead läuft in der Anlage, laut genug, um das Windbrausen zu übertönen, Jasmines und Ellens fröhliche Stimmen, das Motorgeräusch, den Lärm der Stadtautobahn. Zoe breitet die Arme aus auf der Rückbank und spürt den Luftzug auf ihrem Gesicht und in ihren Haaren. Die Morgendämmerung ist bereits am Horizont zu erahnen.

An diesem Punkt rückt das Erwachen nahe — gefährlich nahe, denn Zoe ist umgeben von einer neuerlichen Menschenmenge, als die drei beim kleineren aber gut besuchten Parque Theater ankommen. Schon auf dem Parkplatz davor stehen Menschengrüppchen dicht an dicht. Ellen drückt Zoe den Autoschlüssel vom Wagen ihres Vaters in die Hand: „Hast Du nicht vorhin gesagt, Du könntest fahren? Hier, nimm' den schon mal. Für die Rückfahrt nachher. Ich will sofort einen Cocktail!“

Wir holen uns ein neues Stichwort vom Orakel, und die Würfel sagen, Summon Home. Beim Drübernachdenken fällt mir dazu was ein:

DJ Quazoo hat sein Set noch nicht begonnen, noch dringen reguläre Tracks aus den Tiefen des Clubs herauf. Jetzt gerade spielt Toxicity von System Of A Down. Zoe muss schlagartig an früher denken, an die frühere Wohnung ihrer Eltern hier in der Stadt, als sie noch mit denen gelebt hat. System haben ihre Eltern ziemlich oft gehört damals, da waren sie beide noch etwas wilder ... Zoe schaut gedankenverloren in die Richtung, in der die damalige Wohnung liegt, sie kann im Lichtsmog über der Stadt das Gebäude erahnen. Sie hat ein überwältigendes Gefühl von Heimat, nicht mal wirklich im Bezug auf die frühere Wohnung, eher eine schwer beschreibbare Verbindung zu einer noch älteren, noch ursprünglicheren Heimat …
„Komm' schon, die anderen sind schon im Club, das geht auch gleich los!“, sagt Ellen an ihr Ohr.
„Ich … ja, ich komme gleich nach! Nur eine Minute“, sagt Zoe.
„Ist alles okay mit Dir?“, fragt Ellen skeptisch, ihr Gesicht kommt näher, „Du bist auch schon wieder ganz verschwitzt!“
Zoe sieht sie an, und Ellen schreckt unwillkürlich zurück. Sie scheint selber nicht zu wissen, warum. Es muss schon wieder etwas in Zoes Blick sein, was ungewohnt wirkt, erschreckend.
„Nee, alles bestens, ich hab' grade einen Erinnerungs-Flash, glaub' ich“, lächelt Zoe beschwichtigend, „Alles prima. Geht schon mal rein, ich komme gleich.“

An der Stelle nehmen wir mal den Faden von neulich wieder auf:

Während Zoe da so verträumt und ein bisschen weggetreten auf dem Parkplatz steht, sieht sie zwei Gestalten, die sie hier absolut nicht erwartet hätte, und nun ist es an ihr, erschrocken zusammenzuzucken: Eine Handvoll Twens in dunklen Lederkluften, zwei davon haben signalrot gefärbte Crew Cuts! Sie gucken direkt zu ihr rüber!
Und Zoe steht hier alleine rum wie eine Schlafwandlerin, wie ihr auffällt. Sie macht, dass sie wegkommt, ins Parque Theater, ihren Leuten hinterher ...!

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #11 am: 18.11.2024 | 19:32 »
Folgen die Dudes in den Ledermänteln ihr? Wir fragen die Orakelwürfel, und die bestätigen die Vermutung! Jetzt gibt's richtig Stress!

Zoe drängelt sich in die Menge bei der Kasse, und versucht darin Deckung zu finden. Sie hatte auch gestern schon den Eindruck, diese Gang hätte Kylah und ihr persönlich nachgespäht! Kann natürlich überhaupt nicht sein — nach allem, was diese Typen wissen können, konnten Zoe und Kylah gestern nur zufällige Gesichter in der Menge des Undersalt Market gewesen sein. Nichts weiter ...

Das DJ-Set hat gerade begonnen, und die Rockmusik ist jetzt sphärischen Elektro-Tönen gewichen. Nervös sieht Zoe sich um, und entdeckt endlich Ellen und Jasmine, die in dem Moment wieder ‚zufällig‘ Richards Freundeskreis über den Weg laufen. Zoe beeilt sich, zu denen zu kommen.
„Ellen, weißt Du, wer da draußen ist?“, fragt sie halblaut, aber die Schulkameradin ist gerade zu abgelenkt im Geschehen, und Zoe beißt sich auf die Zunge, wie hätte ihr Satz überhaupt weitergehen sollen? Es bringt nicht viel, die anderen zu warnen, sie kann selber ja nicht mal erklären, wovor!
Zoe fühlt ihren Puls hämmern. Sie hält sich bei der Gruppe am Rand der Tanzfläche, und starrt befremdet zur Treppe nach oben, von wo jeden Moment die Kerle vom Undersalt Market kommen könnten. Sie wählt Kylahs Nummer.
„Hmfzoe?“, fragt nach mehrmaligem Klingeln eine schlaftrunkene Stimme.
„Kylah, die Typen von gestern sind hier im Parque Theater! Wie kann das sein, was soll ich machen? … Hast Du irgendwas über die rausbekommen?“
„Was?! Über wen!“
„Die mit den rot gefärbten Haaren! Die, vor denen wir abgehauen sind!“
Schweigen am anderen Ende.
„Kylah, werd' bitte schnell mal wach, okay? Ich weiß nicht, was ich machen soll! Was ist mit Deinen Punk-Freunden, wussten die irgendwas über das Addingson-Gebäude?“
„Wir hätten da nicht reingehen dürfen …“, sagt Kylah, immer noch desorientiert.
„Das weiß ich selber! Ich glaube, die sind hinter mir im Speziellen her!“
„Hau' da sofort ab, Zoe! Wir treffen uns bei Deiner Wohnung. Nein, halt, vielleicht lockst Du die dadurch dorthin, das wär scheiße. Wir treffen uns woanders. Die gehören zu einem, äh, einer Gruppe aus der Unterwelt.“

Liefert Kylah eine Bezeichnung für diese Gruppierung? Ich würfle Charisma+Blutsgeschwister, um an diese Info zu kommen, und ein knapper Misserfolg fällt. Möglicherweise kennt die Punkerin den Namen der Bande, aber sie wagt es  zumindest nicht, ihn Zoe offenzulegen ...

Die Orakelwürfel sagen, in diesem Moment erscheinen die fünf in ihren Ledermänteln auf der Treppe, und sehen sich mit Habichtaugen im Club um!
Zoe weicht zurück, ihr geht ordentlich die Muffe. Laut der Orakelwürfel fangen die Schlägertypen Streit mit jemand anderem an:

Einer der Verfolger bahnt sich seinen Weg auf die Tanzfläche, packt eine Teenagerin mit wilden, blonden Haaren beim Schopf, und dreht sie zu sich um; die sieht von hinten aus wie Zoe mit ihrem 80er-Look. Das findet der Freund von der aber gar nicht witzig, und dessen Kumpels auch nicht, und die schubsen den Crew Cut rückwärts. Sofort bricht eine Keilerei dort aus! Leute ziehen sich hastig von dort zurück, ein Ring aus Gaffern bildet sich um die Raufenden.

Die allgemeine Aggro-Stimmung hier drin bringt Zoe einen Rage-Punkt ein, jetzt ist sie in dieser Szene bei vier, das wird schon brenzlig. Ich lasse sie die Gelegenheit nutzen, um sich heimlich davon zu machen. Das geht mit Geschick+Heimlichkeit. Nach der Hausregel mit den Brutalen Resultaten muss sie vier reguläre Würfel gegen die roten Rage-Würfel tauschen bei all ihren Fertigkeitswürfen. Wenn die wieder einen Einser-Pasch zeigen, ist das ein Brutales Resultat, und ihre Deckung fliegt auf, was beim Schleichen natürlich besonders ärgerlich ist! Ui, aufregend! Nur ein einzelner roter Würfel zeigt jedoch eine Eins, und drei Erfolge bleiben.
Zoe kommt unbehelligt oben auf dem Parkplatz an, und sieht sich um. Hinter ihr entwickelt sich die Klopperei gerade zur Massenschlägerei, wie es klingt, die Musik verstummt, und Leute rennen an Zoe vorbei ins Freie!

Die Orakelwürfel entscheiden: Auf dem Parkplatz warten einige der Gangster, sie sind natürlich nicht alle nach unten in den Club gelatscht!

„Da, das ist sie!“, hört Zoe gedämpft einen Schwarzgekleideten zwischen den parkenden Autos rufen, seine Stimme klingt heiser, berechnend, „Hinterher!“
Zoe fährt zusammen, fletscht wütend die Zähne, all ihre Nervenenden scheinen zu beben. Sie rennt planlos weg, die Straße hinunter.

Kommt es zur Verfolgung zu Fuß? Die Orakelwürfel sagen, Refuse Weapon. So? Da würde folgendes Sinn machen:

„Schieß' sie nieder!“, hört sie einen der Gangster keuchen, die ihr nachrennen, seine Stimme klingt merkwürdiger Weise nicht hämisch, sondern ebenfalls ängstlich. Als wäre das Geballer ihre einzige Chance, fast so, als wären sie hier die Schwächeren …! Für was halten die Zoe?!
„Nein, keine Waffen!“, lehnt ein anderer Rennender ab, „Zu auffällig! Carface soll das machen!“

Ich würfle Geistesschärfe+Zurechtfinden für Zoe, mit zwei Würfeln Abzug, denn dies ist nicht ihr Stadtteil, und sie hat keine Zeit zum Überlegen. Es kommt auch kein Erfolg dabei heraus. Sie biegt falsch ab, rennt eine Betontreppe hinab, biegt wieder falsch ab, findet sich in einem Hinterhof wieder. Alle Hauseingänge sind verbarrikadiert. Sackgasse!
Die drei Verfolger erscheinen, jetzt gemessenen Schrittes. Alle haben dieselbe schwarze Kluft und Ledermäntel an wie die beiden Dudes mit ihren rotgefärbten Haaren, aber die sind hier nicht dabei, die waren ja unten in der Disco. Stattdessen schiebt sich ein Typ an die Spitze, der besonders drahtig ist, komplett haarlos, das muss Carface sein, seine Fresse sieht aus, als hätte er mal den Kühlergrill eines Autos damit gestoppt. Aber bei näherem Hinsehen sind das Messernarben.



Carface


„Mach' schnell, so lange sie noch normal ist!“, zischt einer der anderen beiden, auch in seiner Stimme klingt höchste Nervosität, „Bevor noch der Mond rauskommt!“
Sie haben ihrerseits Angst vor Zoe, sie glauben, in letzter Sekunde irgendwas aufhalten zu können ...
„Was wollt Ihr?! Habt Ihr irgendein Problem?“, keucht Zoe.
Carface wirft seine Lederjacke weg, ballt seine Fäuste, sein Gesicht ist nicht ängstlich, er wirkt eher wie eine Maschine, völlig stumpf. Psychopathisch.
Zoe fletscht die Zähne, die sich auch jetzt wieder zu dick anfühlen in ihrem Mund, zu lang.

Runde 1: Sie ist in der Initiative-Reihenfolge kurz vor Carface dran, macht einen Schritt auf ihn zu, und versucht ihm mit aller Kraft eins auf die Nase zu hauen. Sie kommt auf drei Erfolge; Carface hat fette vier Würfel zum Absorbieren, der zähe Hund, aber erzielt keine Erfolge! Zoes Faust bricht mit lautem Knacken sein Nasenbein, Blut läuft über sein Gesicht. Jeder Gegner hätte sofort Kleinbei gegeben nach so einem fiesen Treffer, Carface aber scheint davon nicht einmal irritiert zu sein! Er verpasst Zoe sofort einen Rippenschlag, mit vier Schlagschaden, von denen sie nur ein Level absorbieren kann. Sie keucht und taumelt. Das gibt ihr einen weiteren Rage-Punkt. Ich habe ihr zu Beginn der Runde mal vorsichtig eine einzelne Rage-Aktion gekauft, immerhin balanciert sie heute auf dem dünnen Grat zum Ersten Wandel. Sie greift mit dieser Zusatz-Aktion blitzschnell erneut an, verpasst Carface einen Pferdekuss mit ihrem Knie, trifft ihn trotz ihrem Wundabzug in die Seite. Der Schlägertyp absorbiert allen Schaden diesmal locker. Er scheint überhaupt kein Schmerzempfinden zu haben!

Runde 2: Erneut ist Zoe zuerst am Zug, sie verpasst ihrem Gegner einen Kinnhaken, dass es nur so kracht, aber auch den absorbiert Carface wortlos. Seine trägen Augen heften sich wieder auf Zoe. Er packt sie im Genick, rammt ihre Stirn gegen die Mauerwand, sie nimmt vier Level Schlagschaden und sieht Sterne. Jetzt ist ihr Wundabzug -5, das war's wohl! Dann hat sie noch ihre Rage-Aktion für diese Runde, sie gibt einen Rage-Punkt aus um ihren Wundabzug kurzzeitig von -5 auf -2 zu senken, krallt tränenblind nach Carface's Gesicht, und verpasst ihm immerhin noch ein viertes Wundlevel. Die Platzwunde an ihrer Stirn pulsiert heftig, sie spürt, wie sie das Gleichgewicht verliert.

Das sieht so aus als wäre es das gewesen! Was sagen die Orakelwürfel denn zu Zoes Schicksal? Control Spirit. Oho, interessant. Bedeutet das, ein anderer Wolfsblütiger greift ein? Nein, sagt das Orakel leider. Ein Geist aus der Umbra ist es auch nicht. Die Widersacher versuchen auch nicht psychologisch auf die Gegnerin einzuwirken. Na, was denn nun? Die Orakelwürfel lehnen noch drei weitere Ideen ab, also frage ich erneut das Orakel nach Spezifikation. Uncover Destiny, sagen die Würfel, wow, dramatisch! Die Würfel bestätigen daraufhin meine neue Vermutung: Kann Zoe den Geist ihrer Widersacher kontrollieren, indem sie ihre schicksalhafte, wahre Natur entdeckt? Das ist diesmal ein klares Ja! Also dann:

Eine Pistole wird entsichert, und Stiefelsohlen nähern sich, der Beton knirscht unter drei Paar Füßen. Zoes Blick ist undeutlich wie durch ein Aquarium, sie ist tränenblind. Jetzt werden die Gangster ihren Job zu Ende bringen. Gegen die Mauerwand gesunken, das Gesicht blutüberströmt, die Fingernägel der einen Hand ebenfalls blutig von dem Angriff eben, sieht Zoe schlagartig wieder auf zu den drei Schlägertypen. Ihre Sicht ist wieder völlig klar, als wäre es kein düsteres Morgen-Zwielicht, das sie hier umgibt, sondern hellichter Tag. Sie fletscht ihre Zähne, und spürt, dass dies kein Missempfinden ist, das sind keine Menschenzähne mehr, sondern die Fänge eines Raubtiers.
„Zu spät“, krächzt einer der Kerle, und alle drei schrecken zurück vor dem Blick der Nachtaugen.



Die drei sind leider komplett traumatisiert, und der Anblick eines Menschen mit Tiermerkmalen löst ihre Angststörung aus! Zoe tappt zähnefletschend und geifernd auf sie zu. Sie weiß, dass sie nicht mehr kämpfen kann, sie kann sich ja kaum auf den Beinen halten, sie röchelt. Aber der geradezu hypnotische Anblick ihrer Tieraugen, mit denen sie die drei fixiert, raubt den Widersachern einen Wimpernschlag lang den Kampfeswillen, sie weichen zurück. Als ihre Angstausdünstungen in Zoes überempfindliche Nase steigen, will sie nur noch ihre Fänge im Fleisch eines von ihnen versenken!

Die Orakelwürfel geben an, dass in dem Moment am Eingang des Hinterhofs Stimmen ertönen, und man sieht die Scheinwerfer eines haltenden Autos! Das machen wir dann so:

„Was ist da los? Rauskommen!“, ruft ein Passant von der Straße her.
Die Sekunden, in denen die Schläger irritiert gezögert haben, haben gereicht, um Zoe die Haut zu retten, denn jetzt sind Leute auf sie aufmerksam geworden! Die Pistole wird hastig wieder weggesteckt, „Weg hier, wir müssen Carface weg bringen!“, zischt einer, und sie bugsieren das Narbengesicht eilig weg.
Zoe widersteht dem Instinkt, hinterher zu rennen und jemandem in den Nacken zu beißen, oder die Waden ... Stattdessen taumelt sie wieder rückwärts. Befühlt ihre hervorgetretenen Fangzähne, jetzt erst realisiert sie durch den Schleier aus Schmerz und Verwirrung, was damit los ist, das kann gar nicht sein. Ihre Finger tasten jedoch deutlich über zentimeterlange Eckzähne. Der bleiche Mond über den Hochhäusern glänzt hinter den violetten Wolkenschleiern. Ein eiskalter Schauder läuft Zoe über den Rücken. Niemand darf sie so sehen!
Sie wendet sich um, rennt hilflos in den Hinterhof, rüttelt an den Wohnungstüren. Manche sind mit Möbeln verbarrikadiert, andere mit morschem Holz vernagelt. Nicht unüblich für die Randgegenden Detroits! Jetzt sitzt sie in der Falle, wie ein Tier im Käfig! Sie bekommt einen weiteren Rage-Punkt, und ist nun wieder auf drei!

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #12 am: 18.11.2024 | 20:24 »
Die Orakelwürfel entscheiden, was nun geschieht:

Zwischen zwei Haufen aus Schrott und Unrat verkriecht Zoe sich, kauert sich ganz klein zusammen, und atmet schwer. Ihre Restlichtsicht ist immer noch da, ebenso das vergrößerte Gebiss, sie ist nicht einmal in der Lage, ihre Lippen ganz zu schließen. Ihre Rippen schmerzen und die Stirnwunde pocht und blutet vor sich hin. Vielleicht muss sie aber nur abwarten, bis das Aufsehen draußen aufhört! Nur eine halbe Stunde oder so … Sie hat das unerklärliche Verlangen, in den dämmerigen Morgenhimmel zu sehen, und hinter den Wolken den Mond zu erblicken, alles in ihr zieht sich zusammen bei diesem Gedanken; angstvoll behält sie den Blick gesenkt.

„Zoe!“, hört sie irgendwann jemanden flüstern. Irgendwo vom halbdunklen Hinterhof.
„… Zoe, bist Du hier?“
Es ist Kylah.
„Komm' nicht näher!“, krächzt Zoe, und beginnt gegen ihren Willen zu flennen.
Sofort rennt die andere zu ihr, geht vor ihr in die Knie, das Gesicht käseweiß. Zoe wendet den Blick ab.
„Lass' mich Dein Gesicht sehen, Zoe! Was ist los? Was ist hier passiert?“, zischt die Punkerin.
„Schau' mich nicht an … geh' zurück, Kylah …“
„Da ist Blut! Bist Du verletzt? … Scheiße! Ich hätte Dich nie alleine losfahren lassen dürfen! Es ist heute Vollmond! Das ist alles meine Schuld!“
Bei Erwähnung des Mondes geht ein neues Zittern durch Zoes Leib. Sie schafft es, weiterhin dem Drang zu widerstehen und das Gesicht verborgen zu halten.
Kylahs Stimme bebt, „Wir müssen hier weg, Zoe. Ich hab' einen Fahrer organisiert gekriegt, aber noch keine Karre! Wir müssen also mit der Bahn weg!“
„Ich steige in keine Bahn, ich kann ja nicht mal auf die Straße!“, flennt Zoe, heiße Tränen laufen ihr über die Wangen, mischen sich mit dem Blut von der Platzwunde.
Dann fällt ihr der Schlüssel in ihrer Hosentasche ein, den Ellen ihr gegeben hatte: „Wir klauen das Auto von Ellens Dad! Damit kommen wir weg … das steht auf dem Parkplatz vor dem Club um die Ecke …!“
„Gib' her“, sagt Kylah, irgendwie klingt sie plötzlich bossy, wie eine herrische Krankenschwester oder so. Sie duldet keine Widerrede.
Zoe fummelt gehorsam den Autoschlüssel aus ihrer Jeans, und gibt ihn Kylah.
„Ih, Du hast auch Blut an den Händen!“, flüstert diese.
„Entschuldige, ich …“
„Still jetzt! Du gehst jetzt genau hinter mir her, okay? Du hältst Dich genau hinter mir! Hier …“, und sie schält sich aus ihrem ollen, lila Hoodie und bringt Zoe dazu, es anzuziehen, zieht ihr die Kapuze über den Kopf.
„Wird Dich schon keiner sehen! Halt' ja den Kopf unten!“, wispert sie aufgeregt.
Zoe hält sich die Hände vor den Mund, damit Kylah die gräßlichen Fangzähne nicht sehen kann. Wagt nicht, die Punkerin überhaupt anzugucken.
„Los jetzt, schnell!“, sagt Kylah, hilft Zoe beim Aufstehen.
Im Eingang des Hinterhofs steht ein anderer Punk in Straßenklamotten, er scheint nervös hier auf Kylah gewartet zu haben. Zoe hört auf zu heulen, hält den Kopf gesenkt, und dirigiert die beiden zum Parkplatz des Parque Theater. Vor dem Club stehen mittlerweile Polizeiautos, die Schlägerei da drin ist offensichtlich mittlerweile aufgelöst. Kylah gibt ihrem Fahrer den Schlüssel, der sieht aus als wäre er auch nur wenig älter als sie, vielleicht siebzehn, aber er scheint halbwegs zu wissen was er zu tun hat.
„Fetzige Karre!“, sagt er zu dem mintgrünen Geschoss, als Kylah hastig Zoe auf die Rückbank bugsiert.
Glücklicherweise steigt Kylah selber nicht auf den Beifahrersitz vorn, sondern setzt sich neben die liegende Zoe, was der Gelegenheit gibt, sofort ihre Hände in deren Klamotten zu verkrallen. Das Gesicht behält sie auf das weiße Lederpolster gedrückt, versucht, die Lippen über ihren Zähnen zu schließen. Der Wagen fährt an. Die Punkerin streicht Zoe über die zerwühlten Haare, wie einem Haustier.


Soundtrack: Blue Man Group, Dispatches 2
https://www.youtube.com/watch?v=R93GdGuEQaQ

Sie fahren schweigend durch den Morgen, ein Stück über die Autobahn, und über die Ortsgrenze nach Highland Park. Die Stadt innerhalb der eigenen Grenzen Detroits, einer der Orte, die Zoes Dad ‚Geisterstadt‘ nennt. Zoe versucht den Gedanken zu verdrängen, dass sie streng genommen gerade das Auto von Ellens Vater klauen. Na ja, es ist nur geborgt.
Die Umgebung wird zu einer heruntergekommenen Vorstadt, ein Wohngebiet, mit mehrheitlich verlassenen und verfallenden Einfamilienhäusern. Viele kahle Bäume recken dazwischen ihre Zweige in den Novemberhimmel.



Highland Park, innerhalb den Stadtgrenzen Detroits, total runtergekommen


In der Bruchbude, vor der das mintgrüne Auto abgeparkt wird, scheint irgendeine Art von WG zu leben, vielleicht auch Hausbesetzer. Nicht, dass sowas in Highland Park jemanden jucken würde. Die Leute wirken allesamt sehr verhalten, Zoe kriegt kaum welche zu Gesicht auf dem dunklen Hausflur. Es scheint auch keinen Strom zu geben. Es gibt aber eine funktionierende Dusche im Badezimmer, saukalt, von einer Regenwasser-Zysterne versorgt. Alles Marke Eigenbau. Zoe schließt sich ein, zieht sich die Klamotten aus, und bibbert unter der Dusche, während sie sich Blut und Schweiß runter wäscht. Ihre Augen scheinen wieder einigermaßen normal zu sein, aber an ihrem Gebiss hat sich verdammt nochmal überhaupt nichts verändert! Sie wagt es nicht, beim Anziehen einen Blick in den Badezimmerspiegel zu werfen. Sie weiß genau, dass es nicht ihr vertrautes Gesicht wäre, das ihr von dort entgegen blicken würde ...


Sie verbringt den Tag in einer Art Gästezimmer, mit einem sauberen Verband an der Stirn. Sie versucht, den verlorenen Nachtschlaf nachzuholen, aber es gelingt ihr nicht, alle paar Minuten schreckt sie auf. Vom gedämpften, ängstlichen Gerede auf dem WG-Flur. Von Kylah, die regelmäßig nach ihr sieht, mit immer noch blassem Gesicht. Von Erinnerungsfetzen an die vorangegangene Nacht. Dem Drang, die alten, geschlossenen Jalousien vom Fenster hochzuziehen, und zu sehen, ob der blasse Mond vielleicht immer noch zu sehen ist …


Kylah kommt nach ein paar Stunden ganz in das Gästezimmer, und sagt gedämpft, „Erstmal solltest Du was essen! Wir haben nicht viel im Haus, aber es gibt jede Menge Ravioli“, und sie hält eine Dose mit rötlichem Aufkleber hoch, „Kannst Du Dir vorstellen, was davon runterzukriegen?“
„Fleisch, ich will Fleisch“, hört Zoe sich selbst antworten, mit rauer, kratziger Stimme! Sie erschrickt selbst darüber.
„… Die meisten hier sind Veganer, hier ist nichts im Haus! Aber ich habe schon jemanden, der einkaufen fahren kann. Das dauert aber noch ein bisschen.“
Zoe erhebt sich von dem Bett, sieht Kylah an, jetzt ohne ihre Fangzähne zu bedecken: „Was ist bloß hier los, Kylah? Was ist mit mir geschehen?! Was sind das für Leute hier? Ich versteh' das alles nicht!“, sie klingt seltsam mit dem übergroßen Gebiss.
„Es ist noch nicht mal wirklich geschehen, Zoe, das kommt erst noch. Heute Nacht ist wieder Vollmond, und morgen. Ich kann Dir nichts darüber sagen. … Aber Du bist hier in Sicherheit!“
„Irgendwer muss sich darum kümmern, dass Ellen das Auto wiederkriegt …“, sagt Zoe tonlos.
„Da sind wir schon dabei. Einer von uns macht grade das Blut von den Sitzen weg. Schöner Scheiß, ein Auto mit weißen Ledersitzen!“
„Seid Ihr sowas wie die Mafia?“
Kylah muss beinahe lachen, und antwortet dann, „Nee, ganz bestimmt nicht. Versuch' nochmal, zu schlafen ...“
Dann kommt sie vorsichtig rüber und streichelt Zoe wieder über den Kopf.
„Wenn ich jetzt einschlafe, als was wache ich auf …?“, flüstert Zoe tonlos.
„Keine Sorge …! Wir füttern Dir jetzt was, und Du holst ein bisschen Schlaf nach. Wenn in zwei Tagen der Vollmond abnimmt, wirst Du Dich wieder besser fühlen, glaub' mir!“

Zoe ist ziemlich bewandert mit Gruselfilmen, aber dann doch nicht so sehr Nerd, dass sie hier eins und eins zusammenzählen könnte. Für sie ist dies alles nur eine wirre Mixtur aus erschreckenden Eindrücken, nicht etwa ein klares Bild davon, was ihre wahre Natur sein könnte.


Als sie am Nachmittag aufwacht, dämmert es über der Geisterstadt bereits wieder zum Abend, es muss später Nachmittag sein. Sie hört gedämpfte Stimmen von Neuankömmlingen vor der Haustür. Sie klingen aufgeregt, und geheimnisvoll. Erneut spannt sie sich innerlich an, bleckt instinktiv ihre furchtbaren Zähne.

Die Orakelwürfel bestätigen, dass im Schlaf der Schlagschaden von sechs Wundleveln auf zwei gesunken ist.
Zoes Heilkräfte sind zwar noch nicht völlig aktiviert, aber dennoch arbeitet ihr Körper bereits auf Hochtouren, wie es aussieht.

Die Tür öffnet sich, und herein kommt dieser Simon! Er ist in Begleitung von einem anderen Punk, ein äußerst haariger Geselle mit Irokesenschnitt, und von der blassgesichtigen Kylah.
„Was wird hier gespielt?“, fragt Zoe aufbrausend.
„Reg' Dich bitte bloß nicht auf!“, sagt Simon, und hebt beschwichtigend beide Hände, „Dürfen wir reinkommen? Ich will mit Dir reden.“
„Klar“, sagt Zoe, wickelt sich fester in die häßliche, braune Steppdecke, fährt mit der Zunge über ihre vergrößerten Zähne. Sie klingt dadurch immer noch bescheuert, wenn sie redet.
„Wollte ich eigentlich sowieso schon gemacht haben“, lächelt Simon, „Du hast uns letzte Woche gewissermaßen einen Dienst erwiesen, bei der Klopperei da. Wer weiß, ob Lousy Five Bucks so glimpflich davon gekommen wäre, wenn Du keinen Stress veranstaltet hättest draußen auf dem Parkplatz. Und letzte Nacht hast Du sogar diesen Carface verscheucht! Nicht schlecht, das wird sicherlich nicht vergessen werden, weißt Du!“
„Ich brauche was zu Essen …“, knurrt Zoe, unkonzentriert.
Kylah sagt, wie zur Besänftigung, „Die beiden mit dem Einkauf sind auch grade angekommen. Es gibt gleich was.“
„Was immer jetzt auch passiert“, sagt Simon, „Du hältst Dich jetzt bitte aus dem Nachtleben fern. Du meidest die Schule, und Deinen Job in der Videothek, und alle Menschenansammlungen. Das ist das sicherste so!“
„Was passiert in zwei Tagen? Was passiert bei Vollmond?“, fragt Zoe.
„Vielleicht passiert erstmal gar nichts weiter“, wiegelt Simon ab, „Vielleicht hast Du erstmal noch einen Monat.“
„Das reicht mir nicht! Ich will wissen, was das alles zu bedeuten hat!“, schreit Zoe plötzlich erbost, geben wir ihr einen vierten Rage-Punkt!
Simon will etwas entgegen, aber der haarige Punk mit Irokesenschnitt kommt ihm zuvor: „Es gibt für das alles Gesetze, Zoe! Wir werden die befolgen müssen. Und wir können den Lauf der Dinge für Dich auch nicht beschleunigen!“
„Das reicht mir nicht!“
„Dumm gelaufen! Wir geben Dir alle Rückendeckung, die wir Dir geben können“, sagt der Irokese streng, „Wir sind nicht einmal wirklich für Dich zuständig. Deine eigentlichen Leute werden sich erst noch finden müssen. Aber das is' der übernächste Schritt. Immer eins nach dem anderen, wa?“

Zoe würfelt Geistesschärfe+Enigmas, und erreicht einen Erfolg:

Ihr seid das …! Ihr seid die ‚Knochenbeißer‘ …! Was seid Ihr, so eine Art organisierte Gang?“
Simon lacht, „Halt' mal schön die Füße still! Du weißt doch, wie der Spruch geht: Das könnten wir Dir sagen, aber dann müssten wir Dich töten! Das wird alles noch früh genug klar. Und Ihr haltet Euch künftig fern vom Undersalt Market, Kylah und Du, hast Du kapiert?“

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #13 am: 18.11.2024 | 21:09 »
Die Fremden sind also nicht allzu gesprächig. Wie geht es denn von hier aus weiter? Depart Wound sagen die Orakelwürfel.

Ein Gewehrschuss peitscht über die abendliche Straße hinweg, plötzlich ist die Fensterscheibe hinter Zoe zersplittert, und der haarige Irokesen-Punk hat eine kreisförmige, rote Stelle in seiner Schulter, wo die Kugel ihn durchschlagen hat! Alle fahren zusammen, Zoe bekommt einen fünften Rage-Punkt, damit ist sie voll!
„Alle runter!“, schreit Simon, und zieht seinen Kumpel den Irokesen mit sich zu Boden. Kylah und Zoe gehorchen ihrerseits.
„Wie kann das sein, dieses Revier ist doch sicher!“, schreit eine Stimme vom dunklen Flur!
„Jetzt nicht mehr!“, schreit Simon zurück, „Kampfpositionen!“, und Kylah raunt er zu, „Kylah, Du nimmst Zoe und bringst sie sofort hier weg! Raus vor die Stadt, zu Sabinas Hütte!“
Die Angesprochene guckt ihn an, und bringt nur ein fassungsloses Japsen heraus.
„Hast Du verstanden? Ihr nehmt die Protzerkarre, Hank soll Euch wieder fahren! Ihr rennt dorthin, sobald wir sagen, dass die Luft rein ist!“
Sie nickt verzweifelt.
„Keinen Moment vorher!“, zischt Simon, „Und wenn Ihr im Auto seid, gebt Ihr Stoff wie verrückt!“



Hank ist wieder unser Fahrer


Die nächsten Minuten sind nur verschwommen in Zoes Wahrnehmung. Nach kurzem Kriechen über den dunklen, muffigen Flur, Abwarten, und hektischem Rennen zur Haustür findet sie sich wieder auf der Rückbank des Wagens von Ellens Vater wieder. Hank, der siebzehnjährige Punk von letzter Nacht, ist wieder auf dem Fahrersitz, kämpft mit der Schaltung des Oldtimers und gibt Gas so schnell er kann, Kylah sitzt auf dem Beifahrersitz, den Kopf eingezogen. Zoe kauert auf der Rückbank. Ein weiterer Gewehrschuss kracht, Hank erschrickt so sehr, dass er einen Schlenker beschreibt, durch einen Stapel Mülltonnen hindurch, der am Straßenrand aufgebaut ist, eine Tonne poltert über die Kühlerhaube, Windschutzscheibe, und das Wagendach hinweg, bevor sie lautstark auf die Fahrbahn dahinter scheppert. Zoe kommt von der Rückbank hoch, und späht mit offenem Mund durch die Rückscheibe in die Abenddämmerung. Sie kann nur Silhouetten ausmachen, die meisten Straßenlaternen in diesem ganzen Block sind kaputt.
„Das waren dieselben wie heute früh, wetten?“, sagt Hank dumpf, „Jetzt sind wir auf uns gestellt!“, und er beschleunigt noch mehr.


Sie fahren eine Weile durch die Nacht, die Stadtlichter und Fabrikschornsteine ziehen vorbei, Zoe kann sie zur Hälfte sehen, erneut in Liegeposition auf der Rückbank. Diese Aussteiger in dem WG-Haus haben tatsächlich ganze Arbeit geleistet mit den weißen Sitzen, die sie heute morgen vollgeblutet hatte, es ist nichts mehr zu sehen, aber es riecht widerlich aseptisch.
„Kennst Du den Weg raus zu Sabinas Hütte?“, fragt Kylah leise.
„Klar, da war ich oft genug“, sagt Hank, „Aber wir sind da draußen … allein mit Zoe! In einer gottverschissenen Vollmondnacht ... Und Sabina hat ihr Betäubungsgewehr seit vorletztem Jahr nicht mehr!“
„Halt' die Schnauze!“, zischt Kylah, und sieht sich schnell über die Schulter nach ihrer Mitschülerin um, um zu überprüfen, ob sie wirklich schläft.
Sie sehen sich in die Augen. Zoe hat wieder ihre Fingerspitzen vor ihren Mund gelegt. Beide ihrer Blicke sind furchtsam.


 „Scheiße, Mann, der Tank von der Karre ist ja fast leer!“, sagt Hank plötzlich, als sie mit 140 Sachen auf der Stadtautobahn dahin ballern, „Damit schaffen wir es gar nicht mehr raus nach Irish Hills!“
Stimmt, fällt Zoe ein, Ellen wollte letzte Nacht ja nicht nachtanken, um Taschengeld zu sparen. Der Eintritt im Cubic Club war teuer genug.
„Halt' bloss nicht an“, raunt Kylah, die Augen auf den Rückspiegel geheftet, „Ich glaube, wir werden verfolgt! Die Scheinwerfer von dem Wichser hinter uns sind seit drei Autobahnabfahrten immer noch da!“
Kylah hat genug alte Thriller mit Zoe gesehen, um zu wissen, wie das im Krimi läuft.
„Quatsch' nicht rum, das bildest Du Dir ein!“, sagt Hank, aber aus seiner Stimme klingt Furcht.
„Ich bin sicher! Halt' bloß nirgends an. Auf der Landstraße kannst Du den vielleicht abhängen!“
„Wenn ich nicht tanken fahre, bleibt die verdammte Kiste aber liegen an der Landstraße! Dann haben die uns sowieso!“

Sie fahren also an einer bunt erleuchteten Tankstation von der Stadtautobahn.
Kylah fummelt im Handschuhfach herum, und raunt, „Zoe, hat Ellens Dad eine Wumme irgendwo hier drin?“
„Machst Du Witze?“, nuschelt Zoe kraftlos hinter ihren grotesken Fangzähnen, „Der Macker ist Journalist für die Detroit News, kein Drogenbaron!“
„Schon gut, schon gut. Halt' Du bloß den Kopf unten!“
Nieselregen setzt ein. Hank fährt an eine Zapfsäule ran, und sieht sich hastig um, die Hand am Türgriff.
„Oh mein Gott, das ist der Wagen, der uns gefolgt ist, hinter uns!“, ächzt Kylah, und fummelt sich mit bebenden Händen im Gesicht herum.
„Halt' die Klappe Du Gewitterziege, Dir gehen nur die Nerven durch!“, zischt Hank, und steigt aus, aber man sieht auch ihm seine Hektik an.

Der andere Wagen hält, Türen klappen auf, und drei Schlägertypen in schwarzen Lederkluften steigen aus! Einer hat eine winzige, schwarze Sonnenbrille auf der Nase, ein anderer ist über und über voller tätowierter Tribal-Muster.
„Scheiße, Scheiße, Scheiße“, keucht Hank, als er sich beim Tanken über die Schulter nach den dreien umsieht. Sie kommen zielgenau in die Richtung des minten Oldtimers! Kylah und die liegende Zoe beobachten wie gelähmt.
„Ey, Jungs!“, sagt Hank laut, und hebt hektisch beide Hände in defensiver Geste.
Der mit der winzigen Sonnenbrille packt den Punk unvermittelt bei den schwarzen Zotteln, die unter seiner Mütze hervorkommen, und knallt seine Schläfe auf das Dach des Autos, es gibt ein dumpfes Geräusch!

Soundtrack: The Heavy, Big Bad Wolf
https://www.youtube.com/watch?v=DzOEe2L_s04

Runde 1: Zoe reißt die hintere Wagentür auf, fährt aus dem Auto, und tut ohne nachzudenken das, was sie schon die ganze Zeit verleitet war, zu tun: Sie beißt dem nächststehenden in den Hals! Der Mann zuckt zusammen und schreit überrumpelt auf, seine schwarz behandschuhten Hände versuchen den Kopf des Mädchens von sich wegzudrücken. Zoe richtet drei Wundlevel an, den Tödlichen Schaden kann der Normalsterbliche nicht absorbieren; sie fühlt, wie ihre Hauer Lederkleidung und Haut mühelos durchdringen, und schmeckt Blut.



Die Sonnenbrille hat den Rücken zu ihr und legt in der Zwischenzeit nach, und haut Hanks Kopf erneut auf das Autodach, dieser kassiert jetzt zwei Level Schlagschaden. Der mit den Tribal-Tattoos aber wirbelt herum zu Zoe, wie sie sich in seinen Komplizen verbissen hat, und versucht sie am Schlafittchen zu packen. In einem Polizeigriff kriegt er sie weggerissen, der Komplize fasst mit seinen schwarzen Handschuhen seinen blutenden Hals, und fällt auf die Knie.
Dann ist noch Zoes Rage-Aktion dran, sie versenkt wütend diesmal ihre Fänge in dem Arm, der sie gepackt hält. Es gelingt ihr aber noch nicht, Halt zu finden, er bekommt nur ein paar Kratzer.

Runde 2: Der Tätowierte drückt ihr mit seinem Polizeigriff die Luft ab, aber sie absorbiert die beiden Schadenslevel ohne Schwierigkeiten. Sie braucht gerade nicht Luft zu holen, ihre Lungen fühlen sich an, als wären sie schon randvoll gefüllt, genug Atem für Stunden! Die Sonnenbrille lässt endlich vom benommenen Hank ab, macht einen Seitenschritt zu Zoe, und boxt ihr in die Rippen. „Hier ist sie! Wir haben sie!“, schreit er in Richtung seines Autos. Zoe keucht, als sie sechs Level Schlagschaden bekommt, von denen sie nur drei absorbieren kann. Sie fühlt keinen Schmerz. Ihr Sichtfeld beginnt, sich rot zu verfärben. Alle Konturen werden deutlicher, wie scharfgezeichnet. Sie riecht das Blut des Knieenden vor ihr, es steigt ihr in die Nase, eisenhaltig, nahrhaft, enervierend! (Das soll ihr wieder einen verbrauchten Rage-Punkt zurück geben!) Erneut beißt sie den Tätowierten in den Arm, diesmal erzielt sie drei Erfolge, ihre verlängerten Eckzähne finden endlich Halt, und mit schnellen Kieferbewegungen arbeitet sie sich vor durch Fleisch und Muskeln, bis zum Unterarmknochen. Der Kerl schreit gellend auf, und lässt los. Daraufhin aktiviert auch noch Zoes Rage-Aktion, sie schaut mit blutverschmiertem Mund die Sonnenbrille an, ihr Kopf zuckt blitzartig nach vorne, und sie beißt ihm ins Gesicht! Ihre Wolfszähne verbeißen sich in seiner Wange.

Jetzt haben alle drei Level Tödlichen Schaden eingesteckt! Die machen nicht mehr allzu viel!
Die Orakelwürfel bestätigen die Vermutung:
Der Trupp will sein Leben retten, und zieht sich zurück!

Der Schlägertyp schubst das wildgewordene Schulmädchen von sich weg, verliert die verbogene Sonnenbrille von der Nase, taumelt rückwärts zu seinem Wagen zurück; Zoe spuckt sein Ohrläppchen aus. Zähnefletschend schaut sie ihnen nach, ihre untere Gesichtshälfte ist rot getüncht. Sie fühlt Kylahs Hand, die sie von innen her durch die geöffnete Tür auf die Rückbank des Autos zurück zerrt.
„Gib‘ Stoff!“, kreischt die Punkerin mit überschnappender Stimme.
Hank hält sich die Schläfe, während er den Tankdeckel schließt, wirft sich auf den Fahrersitz, und fährt mit röhrendem Motor an, die Hinterreifen schlenkern nach links und rechts, und es stinkt nach verbranntem Gummi aus Asphalt!
Zoe wimmert etwas Unartikuliertes, sie können doch nicht mit dem Auto von Ellens Vater Benzin klauen! Durch ihre Fänge versteht man nichts. Kylah hält ihr den Mund zu und schüttelt beschwörend den Kopf. Dann zieht sie ihre Hand zurück, und schaut auf die rot gefärbte Handfläche, und wird noch eine Nuance blasser.
Zoe schmeckt das köstliche, köstliche Blut auf der Zunge, und sieht sich nach den Verfolgern um. Ihre Rippen pochen schmerzhaft, ihr Gesicht ist feurig heiß. Sie rupft sich das Verbandpflaster von der kribbelnden Stirn, schmeißt es angewidert weg. Die Platzwunde von heute Morgen ist eh so gut wie verschwunden. Ihre angeknacksten Rippen werden auch nicht lange brauchen, ahnt sie instinktiv. Sie fühlt sich, als würde ihr Blut sieden, aufs Angenehmste.
„Mehr, mehr davon!“, bringt sie hervor, durch ihre Hauer hindurch.
„Sie verwandelt sich womöglich …“, sagt Hank, er klingt etwas weggetreten. Er sollte nicht fahren.
„Nein, nein … sie ist stark …“, flüstert Kylah, aber ihr Ton klingt beschwörend, eher wie Wunschdenken, „Vielleicht hätten wir ihr bei der Gelegenheit ein paar Burgerfrikadellen kaufen sollen …“
„Mehr davon … oh Gott. Oh Gott, Kylah … was passiert mit mir?“, gurgelt es kläglich vom Rücksitz.
„Du darfst keinesfalls Menschen fressen, Zoe! Hörst Du? Das verbietet Euer Gesetz!“
Zoe hat die Arme um den Kopf geschlungen, ihre wilde Mähne steht nach allen Seiten ab, sie ist ein Bild des Elends, jetzt wo ihr Adrenalin etwas nachlässt. Ihr Kampfesrausch.
« Letzte Änderung: 1.12.2024 | 21:00 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #14 am: 18.11.2024 | 22:46 »
Sie brettern über eine Stunde durch die Nacht, nach Südwesten, Detroits Hochhäuser bleiben schließlich hinter ihnen zurück. Von der Rückbank hören die beiden Punk-Kids nur Zoes Schnappatmung, ihre Stimme klingt tiefer und rauer als sonst. Sie scheint keinen wirklich klaren Gedanken fassen zu können. Zwischendurch knurrt ihr lautstark der Magen, Kylah grimassiert bei diesem Geräusch furchtsam. Immer wieder sieht sie in den Rückspiegel, aber keine weitere Veränderung scheint mit Zoe vorzugehen, die Schulkameradin verharrt in sich zusammengesunken, die Stirn zwischen den Knien.

Soundtrack: Blue Man Group, Shadows
https://www.youtube.com/watch?v=8CtHXr3PHtI

Draußen am Rand der schäbigen Kleinstadt Adrian erstrecken sich flache Hügel und weitläufige Forstgebiete von Irish Hills. Ohne den Lichtsmog und die Beleuchtungsanlagen von Detroit herrscht dort draußen rabenschwarze Nacht.



Die Autotür neben Zoe geht auf, und sie hört Kylahs Stimme, „Wir sind da, Zoe, das hier ist Shady Sabinas Hütte! Die gehört zum … gewissermaßen zur Familie. Die ist eine Freundin, kapierst Du? Wie die anderen vorhin. Du darfst keinem hier was tun! Hier draußen finden die uns nicht. Hier sind wir erstmal sicher.“
Zoe schaut auf, das Gesicht blass, das Kinn immer noch blutverkrustet. Kylah weicht einen Schritt zurück.
„Was ist?“, fragt Zoe, betastet ihre Stirn. Ihre Augenbrauen, sowieso dicht, schwarz, und buschig, sind noch wilder geworden. Die Haut auf ihrer Stirn und Nasenwurzel fühlt sich hart und maskenhaft an.
„Kylah… ich verwandel' mich in ein Monster …“, ächzt Zoe.
„Nein, Du bist kein Monster. Komm' jetzt.“



Shady Sabina ist eine kleine Schwarze mit sehr kompakter Statur und mütterlichem Gesicht. Sie trägt abgeranzte Bäuerinnenkleidung mit einem Schultertuch. Irgendwie überrascht es Zoe nicht, dass die Alte dazu einen Waffengurt mit einer abgesägten Schrotflinte umhat.
„… Willkommen, Kleine! Brauchst keine Angst mehr zu haben, hier draußen kann Dir keiner was tun!“, sagt Shady Sabina, „Wir kennen uns aus mit Geschwistern wie Dir, oh ja! Erstmal wirst Du gefüttert!“
„Wir haben versucht, was für sie aufzutreiben, aber dann ist das Safe House in Highland Park angegriffen worden!“, sagt Kylah im Reingehen.
„Ja, ja! Die Mächte haben es gegeben, dass Ihr unversehrt hierher kamt! Jetzt gibt’s erstmal was zu essen. Und für Euch natürlich auch, Kylah Kirby, Ihr seht ja ganz verhungert aus!“



Shady Sabina


Das Haus ist groß aber baufällig, fast alles besteht aus Holz. Shady Sabina führt Zoe in den Keller, wo es eine Art Gästezimmer gibt — mit abschließbaren Türen aus überaus dicken Holzbohlen! In einer ist sogar ein massives Gitterfenster eingelassen.
„Ist das ein Gästezimmer oder ein Kerker?“, fragt Zoe tonlos.
„Blödsinn, Kerker!“, muffelt die kleine, kompakte Alte, „Ihr in der Großstadt steckt Eure Nasen viel zu viel ins Inter-Web oder wie das heißt. Da wird man ganz meschugge von, wa! Mädchen in Deiner Situation brauchen ein bisschen Raum um sich austoben zu können. Dafür sind die Zimmer hier unten. Wir können Dich jederzeit rauslassen, wenn Du das willst, oder wenn Gefahr von außerhalb im Anmarsch ist …“
„Gefahr? Was denn für Gefahr?“, fragt Zoe, als sie widerwillig durch die dicke Zimmertür mit dem Gitterfenster eintritt.
„Diese Kerls, deren Tomatensoße Dir noch im Gesicht hängt, Kleine!“, keckert die Oma, und schließt die Tür von außen ab, „Du kannst die Vorhänge dort aufziehen, wenn Du Luna sehen willst! Wenn Dich das quält, lässt Du sie einfach zu!“
Zoe schaut zum Fenster, wo schwere Vorhänge zu sehen sind, aus altem Kinderzimmer-Vorhangstoff. Dann linst sie skeptisch durch die Gitterstäbe nach draußen, zurück auf den Gang.
„Wenn wir sie in den Schuppen am Waldrand verlegen müssen, sagst Du Bescheid, Kylah!“, ordnet Sabina an, und sagt dann zu Zoe, „Kylah bleibt natürlich weiterhin bei Dir, Kleine!“
„Danke“, sagt Zoe tonlos. Sie wischt an ihrem Kinn herum.
„Ich bringe gleich eine Waschschüssel. Und dann was Deftiges zu Mampfen!“, lächelt die Alte.
Zoe kann nicht anders als sie zu mögen, egal wie skurril ihr Erscheinungsbild auch ist, und die ganze Situation.
„Wer ist Luna?“, fragt Zoe noch.
„Wer ist Luna, fragt sie!“, sagt Sabina empört, dann lächelt sie und schaut zu dem Gitterfenster hinauf, „Na, Mädchen, Deine gute alte Freundin, der Mond!“

Es gibt so eine Art Eintopf, mit vielen Fleischbrocken, die nur wenig durchgezogen sind. Zoe fällt geradezu darüber her, und dadurch verschwindet glücklicherweise auch endlich der Blutgeschmack in ihrem Mund. Für eine Einsiedlerin, die nur wenig hat, ist es sehr spendabel, so ein Abendessen aufzufahren, nimmt Zoe an.
„Die ist nett, Eure Shady Sabina“, sagt sie kauend nach draußen.
„Klar. Die Familie kümmert sich eben umeinander“, sagt Kylah vage.
„Soso, Familie. Ihr seht Euch überhaupt nicht ähnlich! Außerdem ist sie schwarz!“
„Familie im weitesten Sinne, Zoe. Das wirst Du noch verstehen.“
Man hört die Schritte von Sabina, Hank, und der anderen Hüttenbewohner im Erdgeschoss herumlaufen, die alten Dielenbretter knarren. Ist das ein Zeichen dafür, dass es dort oben irgendeine Aufregung gibt?
„Hey, Kylah … hier sind überall Kratzspuren an den Innenwänden!“, sagt Zoe befremdet.
„Ja ja … Du bist nicht die Erste Deiner Art, verstehste?“
Zoe betastet furchtsam ihr neues Gebiss, die Eckzähne; wo sie früher Backenzähne hatte, meint sie nun, sogenannte Brechscheren zu finden, wie bei dem Hundegebiss aus ihrem Biologie-Buch in der Schule, die Illustration hatte sie fasziniert. Sie ist froh, dass hier unten kein Wandspiegel ist, denn jetzt würde sie tatsächlich hinein sehen, um zu schauen, was von ihrem Gesicht übrig ist. Sie tritt erneut ans Gitterfenster. Sie wechselt einen langen Blick mit Kylah.
„Eigentlich kenne ich Dich noch gar nicht so gut, Kylah“, sagt sie dumpf, „Ursprünglich hatte ich eigentlich gedacht, Du suchst meine Gegenwart, weil Du keine richtigen Freunde an der Schule hast … und bemerkt hast, dass mir das auch so geht in meiner Klasse. Und dass Du mit bei Lennings abhängst, weil da geheizt ist. Aber … das war in Wahrheit gar nicht der Grund dafür, oder ...?“
Die Punkerin hält dem Blick ihres Gegenübers stand, aber entgegnet nichts.
Die haben Dich geschickt …“, krächzt Zoes brüchige Stimme; sie ist zu gegruselt, um ihren Verdacht lauter herauszubringen als ein Raunen.
Schweigend sehen sie sich weiter an. Oben im Haus laufen aufgeregte Schritte auf und ab. Zoes Ohren registrieren heulende Automotoren auf der verwahrlosten Kiesstraße.
„Oh, Scheiße“, knurrt sie.
« Letzte Änderung: 18.11.2024 | 23:00 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #15 am: 19.11.2024 | 20:46 »
Soundtrack: Paleowolf, Thundertribe
https://www.youtube.com/watch?v=CTIoeeWDsFc

Hank erscheint gehetzt auf der Holztreppe: „Kylah, Du musst Zoe sofort verlegen! Rüber in den Schuppen!“
„Was is' los?!“, fragt die, springt so schnell auf, dass ihr Plastikstuhl umkippt.
„Da sind uns welche gefolgt! Aus der Stadt!“, keucht Hank, und rennt dann wieder die Treppe hoch, legt sich dabei fast lang hin vor Eile.
„Komm' schnell!“, zischt Kylah, fummelt am Schlüsselbund in der Tür.
„Wohin? Wohin?!“, fragt Zoe, und bekommt einen Rage-Punkt, erneut ist sie voll, auf fünf.
„Hinten beim Wald ist noch ein Schuppen, da bist Du sicher!“
Schüsse pfeifen oben durch die Nacht, beide Mädchen zucken zusammen.
„Was sind das für Leute?!“, fragt Zoe, „Und sind die hinter Euch her … oder hinter mir?!“
„Halt' die Klappe“, quiekt Kylah, „Hier entlang, durch die Hintertür raus!“

Sie rennen durch den Nieselregen über eine dunkle Wiese, zwei Silhouetten in der schwarzen Nacht. Licht kommt nur von den Fenstern der großen Hütte — und vom Flackerschein eines Brandsatzes, der an der Gebäudefront zerplatzt! Wahrscheinlich ein Molotov-Cocktail.
Zoe sieht sich mit weit aufgerissenen Augen danach um. Dann verlangsamt sie ihren Lauf ... und erhebt wie traumwandlerisch ihren Blick in den regnerischen Himmel. Die Regenwolken beginnen sich zu teilen, und etwas Silbernes kommt dahinter zum Vorschein.
„Ooooh, nein …“, keucht Zoe.
Sie bemerkt, wie sich in Erwartung des Anblicks, der gleich kommen wird, ihre Nackenhaare sträuben. Mehr Nackenhaare, als da sein könnten; die Empfindung wandert bis hinab zwischen ihre Schulterblätter.
Sie spürt Kylahs kleine, kräftige Hand, die ihr eines Handgelenk packt.
„Komm' jetzt! Sofort!“, befiehlt das jüngere Mädchen, wieder mit diesem erbarmungslosen Ton von gestern früh.
Die nächste Regenwolke verhüllt in dem Moment sowieso wieder den Mond. Zoe reißt sich von dem Anblick los und gehorcht.

Sie erreichen einen großen Schuppen aus morschen Planken, halb hinter der Baumgrenze, umgeben von trockenen Dornbüschen. Der Regen wird stärker, er ist eiskalt, und die beiden haben weder Jacken noch Schuhe an.
„Ich glaube das nicht! Sie brennen Sabina ihre Hütte ab!“, keucht die Punkerin, als sie am Türschloss des Schuppens herumfummelt.
„Wer!“, knurrt Zoe.
„Halt' die Klappe!“
Plötzlich hat Zoe Kylah am Kragen gepackt, und rammt sie rücklings gegen die Schuppenwand. Kylah reißt überrascht die Augen auf. Ihrer beider Atem wird im kalten Novemberregen zu weißem Dunst.
„Wer ist das, der uns da jagt! Ich will das endlich wissen!“, knurrt Zoe durch ihre übergroßen Fangzähne, ihre Stimme erneut etwas tiefer als gewohnt.
Kylah ist kreidebleich, sie sagt in ganz weggetretener Stimme, „Ich habe Dir schon viel zu viel gesagt, Zoe! Ich darf das nicht, verstehst Du? Ich darf den Schleier nicht heben für Dich ...!“
Sie sieht aus, als sei sie am Rande des Zusammenbruchs.
Zoe lässt sie wieder los, und keucht schwer vor sich hin, lässt sie weitermachen. Erneut hallen Schüsse bei der Kiesstraße, und das Krachen einer Schrotflinte. Flammen züngeln höher. Die Schuppentür springt endlich vor den beiden auf, und ihre Freundin zieht Zoe am Handgelenk ins Innere.
Sie wendet sich gehetzt ein letztes Mal um — und dabei fällt das Mondlicht in ihre Augen, silberhell. Zoe japst, und verharrt, von einem unbekannten Impuls erfüllt ... Sie bemerkt jedoch, wie Kylah sie mit aller Kraft rückwärts zerrt, und die Schuppentür zuschlägt. Hört den Schlüssel sich im Schloss drehen.
„Hier sind wir sicher!“, lügt Kylah.
Zoe stürzt auf ihre Knie, und krümmt sich zusammen. Ihr Atem geht rasselnd, überaus mächtige Lungen pumpen die Luft. Alle Gerüche sind überdeutlich.
„Kylah … es ist zu spät … ich werde …“, knurrt eine tiefe, dämonische Stimme aus Zoes Kehle.
„Du musst es unterdrücken! Jetzt darf das auf keinen Fall passieren! Wir haben es gerade geschafft, Zoe! Hörst Du? Wir müssen unbedingt versteckt bleiben! Du darfst jetzt nicht …“
Zoes beschleunigter Atem wird noch tiefer, als ihr Lungenvolumen einfach weiter zunimmt. Ihr Puls hämmert in ihren Ohren, sie hört das Rauschen ihres wilden Blutes, das Kylahs angsterfüllte Stimme zu übertönen beginnt. Sie spürt, wie ihre Muskelstränge schwellen, wachsen, ihre Arme länger werden, ihr ganzer Torso massiger wird. Ihr Nackenfell sträubt sich, Fell bedeckt alles.



Schlagartig öffnet sie ihre Augen weit, und erneut ist alles erleuchtet, als sei es Tag. Mit einem Mal ist sie auf den Füßen.
„Nein, ich will hier raus … ich will raus, an die Luft … der Mond …!“, dröhnt die viel zu tiefe, raue Stimme, „Blut … Luft … Mondlicht …!“
Das ist das letzte Artikulierte, das die Gestalt, die einmal Zoe Matherson war, hervorbringen kann, bevor ihr Kopf zu einem Wolfshaupt wird. Sie dreht sich um, taumelt auf ungewohnten Beinen zur Tür zurück, auf Hinterläufen. Ein mit hellbraunem Fell bedeckter Arm wischt die Tür weg, und ein Stück der Bretterwand. Schon ist sie im Freien. Über ihr erscheint der Vollmond hinter einer düsteren Regenwolke, und glänzt silbrig auf ihrem Fell. Sie hebt mit einem Gefühl der absoluten Befreiung den massigen Kopf in den Nacken, und stößt ein Geheul aus, so markerschütternd, dass alle Lebewesen auf dem Gelände es hören und Fledermäuse und Nachtvögel aus dem nahen Astwerk aufflattern.

Soundtrack: Blue Man Group, Opening Mandelbrot
https://www.youtube.com/watch?v=PCX_XsTPmf0

Hochsensible Ohren hören Kylahs verzweifelte Stimme hinter ihr, mächtige Läufe katapultieren die riesige Gestalt über die mondbeschienene Wiese hinter dem Haus. Männer mit Gewehren im Anschlag kommen in Sicht, an einer brennenden Gebäudefront, die entsetzten Gesichter sehen sie an. Einige Männer fliehen schreiend, einer verfällt in Schockstarre. Mehrere reißen die Läufe ihrer Gewehre hoch, in Richtung der neuen Bedrohung.



Runde 1: Der Werwolf ist zuerst am Zug, und versenkt instinktiv seine Zähne in dem ersten der Hooligans. Ein Brutales Resultat fällt, und hier zählt dieses als drei Extra-Erfolge. Der Gewehrschütze nimmt sieben Level Verheerenden Schaden, und wird schlicht in Stücke gerissen. Unter den Angreifern sind Blutsgeschwister eines feindlich gesinnten Stammes, die erfasst das Delirium nicht. Ein Gewehr trifft das tobende Monster in die Seite, zwei Level Tödlicher Schaden entstehen, die sofort absorbiert werden. Ein kurzer Schmerz von dem Streifschuss bringt jedoch einen neuen Rage-Punkt ein. Ein zweiter Schuss, in den Arm, verursacht nach dem Absorbieren ein einzelnes erstes Wundlevel. Das dritte Jagdgewehr macht neun Schaden! Das Biest absorbiert jedoch fünf davon, und hat jetzt insgesamt fünf Wundlevel. Damit sind seine beiden Rage-Aktionen dran. Erneut gebe ich einen Rage-Punkt aus, um für eine Runde die Wundabzüge zu reduzieren, die Wut wäscht den Schmerz im wölfischen Empfinden der Bestie hinweg, eine Klauenhand mit scharfen, gebogenen Krallen zuckt nach vorne, überzieht den nächsten Schützen mit blutigen Striemen, er hat vier Level Verheerenden Schaden. Mit der zweiten Rage-Aktion wirbelt das Monster herum, erreicht mit einem Satz den dritten Schützen, und krallt ihm über den Arm, zentimeterlange Klauen trennen seinen Jackenärmel auf wie Skalpelle und Blut spritzt.

Runde 2: Einer der Angeschlagenen haut der Bestie hinterrücks mit aller Kraft seinen Gewehrkolben in die Seite, dass es nur so kracht. Die tobende Kreatur bemerkt es nicht einmal. Der mit der Bisswunde stolpert, sinkt Halt suchend rücklings gegen den Briefkasten am Kiesweg, feuert sein Gewehr, und fügt dem Ziel ein sechstes Wundlevel zu. Der letzte der drei, dem die Bestie gegenüber steht, verliert das Gewehr aus der blutüberströmten Hand, und zieht sein Stiefelmesser, nun bereit für den Nahkampf.
Damit ist die Kreatur am Zug, würfelt für ihre Selbstheilung, und die Einschusslöcher beginnen sich im Zeitraffer zu schließen, sie hat damit nur noch fünf Wundlevel. Währenddessen zuckt ihr Haupt nach vorne, beißt ihrem Gegenüber den Unterarm mit dem gezogenen Jagdmesser ab. Dieser sperrt ungläubig die Augen auf, und fällt ohnmächtig nach hinten um. Die Bestie knurrt tief, schnappt nach dem Kerl, der sie mit dem Gewehrkolben angegriffen hat, aber verfehlt sein Gesicht, als er schreiend den Kopf einzieht und ihn mit den Armen umschlingt. Mit ihrer Rage-Aktion schnellt ihr Haupt herab, beißt in sein Bein, sie spürt den Oberschenkelknochen bersten, und mit einem Rucken ihres massigen Nackens schleudert sie den Schlägertypen als Wurfgeschoss davon, für insgesamt sechs weitere Wundlevel.

Runde 3: Die Kreatur ist um ein Haar schneller als der letzte der Gewehrschützen, der sich auf den Briefkasten stützt, neu durchlädt und anlegt. Sie macht mehrere Sprünge auf ihn zu, mit hochgezogenen Lefzen und entblößten Fängen, während ihre Schußverletzungen sich weiter schließen, sie hat nur noch vier Wundlevel. Eine Kugel eitert im Zeitraffer aus ihrem Fleisch, und fällt mit einem leisen 'Pling' in den Kies. Die zuschnappenden Kiefer erwischen den Torso des auf sie anlegenden Glatzkopfs, zertrümmern Rippen und Innenorgane, und bringen ihn auf sieben Wundlevel. Noch während er leblos in sich zusammensinkt, reißt die Bestie mit einer ihrer großen Pranken den angeschrägten Briefkasten mitsamt Pflock aus der Erde, und schleudert ihn mit ihrer letzten überzähligen Rage-Aktion einem der anderen Fliehenden hinterher, trifft ihn ins Genick, und bringt ihn zu Fall.

Alle Gegner, die in der Lage waren zu kämpfen, weil sie selber genügend Wolfsblut hatten um dem Delirium zu widerstehen, sind zerlegt; der Rest des Überfallkommandos bestand aus normalsterblichen Hooligans, und flieht daher in hirnloser Umnachtung längst in die Finsternis!

Der Werwolf richtet sich zu seiner vollen Größe auf die Hinterläufe auf, sieht sich gierig um, und legt dann abermals den Kopf in den Nacken, stößt ein triumphierendes Geheul in den Vollmond aus.

Daran erinnert Zoe sich noch mit großer Intensität. Der Rest ist nebulös …
« Letzte Änderung: 19.11.2024 | 21:02 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #16 am: 20.11.2024 | 19:10 »
Sie kommt wieder zu sich, mit gereinigten Wunden und ein paar Heftpflastern, unter einer alten Armeedecke, in die man sie gewickelt hat. Sie befindet sich in dem Zimmer mit den zerkratzten Holzwänden. Tageslicht scheint hell und friedlich durch die nun geöffneten Vorhänge des Kellerfensters hinein.



Vorsichtig bewegt sie ihre Glieder. Sie hat einen furchtbaren Muskelkater, als hätte sie den ganzen gestrigen Tag unaufhörlich Kraftsport gemacht. Davon abgesehen fühlt sich alles ausgeruht an, energetisch … und menschlich. Sie macht ein überraschtes Geräusch, und sieht ihre Hände an, die Handflächen und Handrücken. Sie sieht wieder aus wie vorher! Auch ihr Gebiss ist wieder völlig normal, kleine, gerade Beißerchen. Sie sieht sich desorientiert um.

„Du bist ja endlich wach!“, sagt die Stimme von Hank. Er tritt näher an das Gitterfenster und linst vorsichtig nach drinnen. Er hat eine fiese Schwellung an der Stirn, da, wo der Gangster ihn letzte Nacht auf das Autodach gedotzt hatte.
„Ich … ich bin wieder ein Mensch!“
„Gewissermaßen …“
„Ich dachte, ich hätte mich vollständig verloren ...! Ich dachte, ich hätte mich verwandelt, und müsste ab jetzt für immer …“
Zoe steht unter heftigen Muskelschmerzen auf, tritt ihrerseits an die Tür heran, und sieht Hank unverwandt ins Gesicht. Sofort tritt er wieder einen Schritt weg von ihr.
Zoe schnaubt verächtlich, und kommentiert, „Was glaubst Du denn, was ich vorhabe? Durch das Gitter fassen und Dich schnappen, um Dir in die Nase zu beißen, oder was?“
Hank lacht unsicher.
„Bei Leuten wie Dir weiß man nie. Na ja. Gut jedenfalls, dass Du endlich wieder wach bist.“
„Ja. Kann mich kaum bewegen, jede Muskel tut weh …“
„Kein Wunder. Wir haben gesehen, was Du draußen vor der Hütte angestellt hast.“
Zoe legt sich die Hand vor den Mund.
„Ich … ich … habe die aufgefressen, oder? Die drei mit den Jagdgewehren …“
„Nee. Als wir rauskamen, war Deine Rage gerade weitgehend verflogen. Du … wahrscheinlich wolltest Du die anfressen, ja. Aber Sabin hat Dich abgehalten. Und dann bist Du zusammengeklappt, und hast Dich kurz darauf zurückverwandelt.“
Zoe verharrt mit den Fingern vor die Lippen gepresst und geschlossenen Lidern. Vor ihrem geistigen Auge tanzen Erinnerungsfetzen von einem abgebissenen Unterarm, einem durchgebissenen Oberschenkelknochen, den man zwischen den Kiefern zersplittern fühlt wie eine trockene Gebäckstange … Der Geruch der Todesangst. Der Geschmack des körperwarmen Blutes.
„Ich glaube, ich muss kotzen“, haucht sie.
„Kann eigentlich nicht sein. Hast letzte Nacht im Halbschlaf schon alles rausgekotzt, was drin sein konnte.“
„Echt?“
„Jau. Aber ich hab' Deinen Eimer hier noch, kannste nochmal wiederhaben.“
„Ist die Bude hier also nicht abgefackelt, ja?“, fragt sie stattdessen.
„Sabina und wir anderen haben alles gelöscht. Die ganze Holzfassade draußen ist verkohlt. Ist jetzt aber auch egal.“
„Wieso? Diese Mistkerle! So ein schönes Haus …!“
Wieso …?! Na, weil Sabina und die anderen umziehen. Noch heute. Wir ziehen mit.“
„Was? Aber warum? Die Kerle sind doch alle geflohen, glaube ich!“
„Der Feind kennt jetzt diese Zuflucht. Es gibt keinen Anlass, zu glauben, dass die nicht gestern mit anderen ihresgleichen telefoniert haben, während ihrer Anfahrt hierher. Damit haben wir gleich zwei Safe Houses verloren letzte Nacht, erst das in Highland Park, dann dieses hier in Irish Hills.“
„Diese scheiß Hooligans, die trauen sich doch nicht nochmal hierher! … Lasst mich hier raus.“
„Die Hooligans letzte Nacht waren aber doch nicht die einzigen von deren Streitkräften! Das waren wahrscheinlich einfach nur die Entbehrlichsten, oder die, die am schnellsten hierher zu dirigieren waren. Die haben noch ganz andere Verbündete.“
„Was ist überhaupt mit der Polizei? Drüben im Dorf muss man Schüsse gehört haben.“
„Als die Cops vorhin hier waren, waren wir schon fertig mit Aufräumen. Da gab’s nichts mehr zu finden.“
„Aufräumen …“
„Na, was Du übrig gelassen hast, haben wir im Wald verscharrt.“
„Ich muss kotzen, glaube ich …“
„Wirklich diesmal?“
„Keine Ahnung … ich will hier raus … bitte … mach' die Tür auf …“
Hank schweigt unschlüssig, und rührt sich nicht vom Fleck.
„Mach' die Tür auf! Shady Sabina hat gestern Nacht gesagt, ich dürfe jederzeit raus! Ich will an die Luft!“

Das soll der armen Zoe einen neuen, zweiten Rage-Punkt einbringen, das wilde Tier ist nicht gern eingesperrt!

„Was is'n los?“, hört man nun aus Bodennähe Kylah wimmern, völlig schlaftrunken.
„Kylah!“, sagt Zoe, stellt sich auf die Zehenspitzen, und sieht durch das Gitterfenster ihre Mitschülerin in einem Schlafsack auf dem Boden liegen.
„... Hat Dich die ganze Nacht bewacht!“, sagt Hank mit einem traurigen Schmunzeln.
„Mach' auf!“, knurrt Zoe, und ihr Zahnfleisch pocht, die blonden Härchen auf ihren Unterarmen stellen sich auf.
Hank gehorcht endlich.
Zoe kommt in ihre Decke gewickelt aus dem Zimmer, und sieht auf den Schlafsack herab. Kylah blinzelt im Halbschlaf, sie ist blass und sieht aus, als stünde sie immer noch völlig neben sich.
Statt sie also zu behelligen, rauscht Zoe die knarrenden Treppenstufen hinauf.
„Wo willst Du denn hin?!“, ruft Hank ihr nach, „Wir müssen unmittelbar aufbrechen!“
„Wo sind meine Klamotten!“, faucht Zoe, als sie endlich realisiert, dass sie unter der blöden Armeedecke nur Boxershorts und ein Unterhemd anhat, Second-Hand-Klamotten von irgendwem.
„Was glaubst denn Du? Haste zerschlissen gestern Nacht!“, sagt Hank, „Wo willst Du denn hin?“
„Ich ertrage das alles nicht! Ich gehe an die Luft.“
Fast prallt Zoe auf dem engen Flur mit einer der Hüttenbewohnerinnen zusammen, die zwei Reisetaschen in den Händen trägt, beide erschrecken gleichzeitig voreinander. Die Reisetaschen poltern zu Boden.
Zoe drückt sich ohne weitere Kommentare durch die Hintertür, wie gestern bei der Flucht mit Kylah. Läuft barfuß über den Rasen, der jetzt im Herbstsonnenschein vor ihr liegt. Sie erreicht den morschen Verschlag bei der Baumgrenze. Die Schuppentür ist in Einzelteilen nach außen aufgeflogen, Bretter liegen im Gras verstreut. Zentimeterdicke Furchen sind neben der Türöffnung aus der Bretterwand heraus geschlagen worden. Ihre Fingerspitzen tasten ehrfürchtig darüber. Sie erinnert sich, das hatte sie gemacht, bei ihrer grauenvollen Verwandlung, mit einem einzigen Schlag ihrer Klauenhand. Sie sieht auch die Abdrücke von Hinterpfoten im nassen Gras, wie von einem riesigen Hund, zentnerschwer. Nein, kein Hund. ... Zoe glaubt, dass sie zu hyperventilieren beginnt, ihr Atem geht zu schnell und zu heftig. Sie wendet sich ab, und läuft zwischen die Bäume, in den Wald.
Ihr ist eiskalt mit ihren nackten Füßen. Aber die Luft von den feuchten Baumrinden und Moosen und dem alten Laub am Boden und vom Erdreich darunter riecht plötzlich unfassbar gut für sie. Sie fühlt sich schlagartig besser. Sie gleitet an einer Eiche herab in sitzende Position, mit dem Rücken gegen den Stamm. Die Decke wird voller Baumgrün und Matsch sein, wenn sie wieder in die Hütte geht, aber das ist jetzt auch mal egal.
Eine Weile sitzt sie nur da, atmet tief die köstliche Waldluft, und fröstelt vor sich hin. Ohne einen weiteren Gedanken in ihrem Kopf, ihr gesamter Verstand scheint ihr wie eine Wunde, über der sich eine nur dünne Schorfschicht gebildet hat.

Schließlich hört sie Schritte näher kommen durch das knackende Unterholz. Shady Sabina, und Hank folgt ihr mit einigem Abstand.
„Kleine, so sehr ich Dir ja Deine Ruhe gönne, nach allem, was Du gerade durchgemacht hast … wir müssen gleich abfahren!“, sagt die kompakt gebaute Frau in warmherziger Stimme.
„Muss ich mitkommen?“, fragt Zoe kraftlos, als sie aufschaut.
„Oh, ja, mein Kind! Wir können Dich nicht hier lassen, der Feind wird bald wieder hierher kommen. Und wir haben außerdem gerade die Verantwortung für Dich. Wir müssen zusehen, dass Dir nix geschieht, bis Deine eigenen Leute Dich holen kommen können.“
„Meine Eltern dürfen um keinen Preis was davon erfahren, was hier vorgefallen ist …“
„Deine Eltern meine ich auch nicht. Wenn die Blutsgeschwister wären, dann wüsste ich das. Ich bin orn'tlich rumgekommen in meinem Leben. Ich kenne die meisten von unserem Schlag in Detroit und umzu!“
„Blutsgeschwister …“
„Ja, ja! Manche haben es mehr in sich, manche weniger, das Uralte Blut! In Dir aber, Kleine, in Deinen Adern pulsiert es stark. Wie wir gestern Nacht gesehen haben!“
Ungelenk kommt sie bei Zoe an, und verschnauft.
„Wer sind die dann … meine Leute?!“, wagt Zoe zu fragen.
„Deine Lippen sind schon ganz blau! Ab nach drinnen jetzt! Und wir müssen Dir wieder 'ne Hose über'n Arsch ziehen, ich habe schon Klamotten für Dich rausgelegt!“
„Antworten Sie erst, Shady Sabina.“
„Ja, ja. Mir soll’s Recht sein“, sagt Sabina beschwichtigend, und lässt sich auf ihren Gehstock gestützt schwerfällig dem Mädchen gegenüber nieder, auf einer Baumwurzel.
„Ach herrje, ach herrje“, muffelt sie dabei.
Hank bleibt unschlüssig in der Distanz stehen, hört nur zu.
„Deine Leute, Kleine … das ist Dein Stamm. Wir wissen aber leider alle nicht, wer die eigentlich sind. Gibt nicht mehr viele vom Uralten Blut hier in Detroit und umzu. Normalerweise hätten die Dich genauestens im Auge gehabt, denn es wird meistens sehr gründlich Buch geführt über alle Sprösslinge … oder die unsichtbaren Mächte hätten ihnen geholfen. Irgendwas ist da schief gegangen … eigentlich hätten die längst herbeikommen müssen. Du bist offensichtlich ein Verlorener Welpe.“
„Welpe … wie bei einem wilden Hund …?“
„Na, glaubst Du das? Fühlst Du Dich denn wie ein Schosshund, mein Schatz?“, kichert Sabina.
„Wie ein Wolf … ‚Wolfsblütige‘, ja, schon klar.“
„Nichts ist klar! Das hast Du nur aufgeschnappt. Ich weiß, dass Du leichtsinnigerweise mit Kylah unten auf dem Undersalt Market warst. Ihr habt Euch in Gefahr begeben. Das hätten Deine Leute zu verhindern gewusst, wenn sie hier irgendwo wären.“
„Kylah gehört zu Euch, das hab' ich jedenfalls begriffen. Ihr seid diese …“
„Wir sind die Knochenbeißer!“, nickt Sabina.
„Warum habt Ihr Euch nicht auch … verwandelt, letzte Nacht?“
„Wir hier sind alle Blutsgeschwister. Wir können hinter den Schleier sehen, das wohl, aber wir sind keine Werwölfe.“
„So wie ich es bin …“, bringt Zoe heraus, und ein Schauder läuft ihr heiß und kalt über den Rücken.
„So, wie Du das bist, Kindchen. Sehr richtig. Letzte Nacht war Dein Erster Wandel.“
„Heute ist noch einmal Vollmond!“, wimmert Zoe entsetzt, „Heißt das, alles von letzter Nacht geht dann wieder von vorne los?“
„Nein, na ja … vielleicht. Ab jetzt wirst Du Kontrolle lernen. Das wird aber ein langer Weg. Der Vollmond, das ist Dein Mond. Euereinem sagt man Wildheit nach. Fast wärst Du noch ein Dreiviertelmond geworden, weißte. Aber Dein Vorzeichen, das ist der Vollmond. Der schien auch, als Du geboren wurdest.“
„Woher wollen Sie denn das wissen?!“
„Es gibt sowas wie Mondkalender!“, kichert die Alte, „Habe ich in der Hütte, ganz altmodisch in Buchform, und hundertprozentig verlässlich! Und Kylah kennt ja Dein Geburtsdatum.“
„Ihr habt Kylah von vornherein auf mich angesetzt! Ihr habt der gesagt, sie soll sich als meine Freundin ausgeben, damit Ihr mich überwachen könnt!“
„Um auf Dich aufzupassen, Kindchen, ja. Obwohl Du ja von einem anderen Stamm bist. Aber so wie Du wirkst, bist Du für Deine Leute ziemlich wertvoll. Dich denen wiederzubringen, das wäre vielleicht etwas Anerkennung wert, und eine hübsche Belohnung! Noch dazu in Zeiten wie heute, näch, wo so wenige Nachkommen da sind. Keine Sorge, wir geben vorerst weiter auf Dich Acht, bis wir Deine Herkunft geklärt haben.“
„Ich muss heute noch zurück nach Detroit. Ich muss mich um das Auto von Ellen kümmern, und zu meinen Eltern, und bei meiner Arbeit Bescheid sagen. Und ich habe einen Termin bei der Schulpsychologin. Ich muss ganz viel telefonieren …“
„Das kannst Du nicht verantworten. Du musst Dich von den Menschen fern halten.“
„Zumindest mit meinen Eltern muss ich reden!“
„Ach Kind, Du darfst ihnen eh nicht sagen, was geschehen ist. Sie sind nicht vom Uralten Blut, also darf der Schleier nicht für sie gehoben werden.“
„Was macht das Blut da für einen Unterschied?! Und überhaupt sind das meine Eltern — wenn ich also wolfsblütig bin, dann die logischerweise ja doch auch!“
„Das Vermächtnis überspringt gerne mal eine Generation. Und mit Vererbung hat das sowieso nichts zu tun“, winkt die Alte ab, „Da sind andere Naturgesetze am Werk als die, die Du bisher kennst. Alles was Du bei sowas zustande bringen würdest, wäre Deinen alten Herrschaften den Schreck ihres Lebens einzujagen. Aber Du könntest sie nicht dazu bringen, zu verstehen, was Du jetzt bist. Es ist ohnehin zu früh für sowas. Du musst vorerst Kontrolle lernen, näch? Du wirst Dich jetzt erstmal auf einen Telefonanruf beschränken müssen.“
„Was ich jetzt bin … aber … ich habe doch Verantwortung für so viele Sachen, ich muss meinen Alltag auf die Reihe kriegen …“
„Dein früheres Leben ist vorbei, Kindchen. Du kannst nie zurück“, sagt Shady Sabina, Mitleid liegt in ihrer Stimme, aber gleichzeitig Bestimmtheit.
« Letzte Änderung: 20.11.2024 | 19:52 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #17 am: 20.11.2024 | 20:16 »
Als sie eine halbe Stunde später alle durcheinander laufen und den alten Pick-Up Truck beladen, steht Zoe wieder Kylah gegenüber. Mittlerweile ist die wieder ganz wach, aber verängstigt sieht sie immer noch aus, ganz in sich gekehrt.
Sie gucken sich bedröppelt gegenseitig an. Beide zögern; sie wollen beide etwas sagen, aber bringen nichts heraus.
„Kylah, geh' da nicht so nah ran“, sagt einer der Hausbewohner mahnend, „Hilf' schnell Sabina mit ihren Koffern …“
„Ich … ich tu' doch gar nichts …“, sagt Zoe zu dem Typen, aber wird sich sofort bewusst, dass sie hier an derselben Stelle steht, wo sie letzte Nacht dem einen Krawaller den Unterarm mit seinem Kampfmesser abgebissen hat, und sofort wird ihr wieder kotzübel, „Äh … ihr tue ich nichts …“
Kylah hastet schnell zu Sabina, die gerade wieder mit Koffern aus der Hütte kommt, um ihr Tragen zu helfen, Zoe sieht ihr traurig nach.


Es geht alles so schnell. Als kurz darauf beide Autos abfahrtbereit sind, erhebt Shady Sabina ihre krächzende Stimme, und das halbe Dutzend von Versammelten sieht zu ihr: „Wir kehren vorerst zum Caern zurück, und verschanzen uns da, bei unseren Geschwistern. Wir können aber den Verlorenen Welpen nicht dorthin bringen, also teilen wir uns jetzt auf. Das hochverehrte Six o' Clock Carjack Pack wird Zoe vorerst raus nach Neuengland bringen. Die sind schon bestellt, und auf dem Weg hierher. Kylah Kirby bleibt vorerst bei dem Verlorenen Welpen, und übergibt sie an unser Rudel. Soll keiner sagen, die Knochenbeißer würden zulassen, dass der Schleier zerrupft wird, oder gar, dass sie ihren Fang aus ihren Krallen lassen, wa? … Keine Fragen mehr, Kinders? Gut, dann Abfahrt!“
„Wer ist denn das Six o' Clock Carjack Pack?“, fragt Zoe leise Kylah, "Klingt wie eine Band oder Straßentheater-Truppe ..."
„Alle Rudel haben eigene Namen. Das Carjack Pack sind Simon und seine Leute!“
„Die aus der Bruchbude in Highland Park?!“
„Klar.“
„Die sind doch zusammengeschossen worden!“
„Na und? Der Feind hatte kein Silber!“
Sie werden indessen in den schäbigen PKW bugsiert.
„Silber?!“, raunt Zoe beim Einsteigen, „Ich dachte, das ist nur eine Legende!“
„Witzig! Du dachtest bis gestern, alles an Werwölfen sei nur eine Legende!“
Zoe schweigt verbissen; wo Kylah Recht hat, hat sie Recht.
„… Du fährst aber mit mir mit?“, vergewissert sie sich ängstlich.
„Ja, klar. Haste doch gehört, was Sabina gesagt hat.“
„Dass ich ein Fang bin, den Ihr nicht aus den Krallen lasst, hat sie gesagt“, murrt Zoe düster.
„Das ist doch im übertragenen Sinne gemeint“, mischt sich Hank ein, vorn auf dem Fahrersitz, als er den stotternden Motor zu starten versucht, „Das sind alles nur geflügelte Worte, mal keine Panik kriegen. Du hast doch keine Ahnung, wie es in unserem Stamm läuft.“
„Als hättest Du groß 'ne Ahnung, Hank“, sagt Kylah patzig, „brauchst jetzt nicht zu reden, als wüsstest Du schon seit Jahren über alles Bescheid!“
„Immerhin länger als Du!“, sagt Hank schmollend, während er mit dem Stottermotor kämpft. Der schmuddelige Typ im Trenchcoat auf dem Beifahrersitz versucht, Hank hilfreiche Tipps beim Anlassen zu geben.
Shady Sabinas rundes Gesicht erscheint neben dem Autofenster, sie ist so untersetzt, dass sie sich kaum herab beugen muss, um Zoe dahinter anzusehen.
„Macht's mal gut, Kinders! Wir sehen uns bald wieder, in Detroit oder irgendwo umzu!“
Zoe steigt hastig nochmal aus, und umarmt sie, Sabina lacht, „ui, ui, ui“, sagt sie großmütterlich. Dann klopft sie auf das Wagendach wie zum Gruß, Hank bekommt den Motor zum Laufen, und sie fahren ab.


„Ihr habt immer noch nicht gesagt, ob diese Irren von letzter Nacht jetzt eigentlich hinter Euch her waren, oder hinter mir“, sagt Zoe kleinlaut, als sie an der Kleinstadt Adrian vorbei fahren, Richtung Highway.
Die drei Punks antworten nicht, sie wirken zögerlich.
„… Ich bilde mir ein, die hätten gezielt nach mir gesucht, vor dem Parque Theater, das waren dieselben wie im Undersalt Market in der Nacht zuvor.“
Der Beifahrer schaut sich schließlich über die Schulter hinweg zur Rückbank um: „Na ja, Ihr habt Euch in die Geschäfte von Sutter Cross reingehängt. Kann also gut sein, dass die Euch gezielt ans Leder wollen, deswegen.“
„Wer ist das?“
„Der Boss von diesem Shawn Wilco“, erklärt Kylah in gepresster Stimme, „Die Kerle, die diesen widerlichen Zutaten-Laden betreiben, in dem verborgenen Hinterraum auf dem Undersalt Market.“
„Sutter Cross! Ist das ein echter Name?!“, fragt Zoe.
„Die meisten Leute in der Unterwelt verwenden natürlich Decknamen“, sagt der Beifahrer, „egal; Ihr habt Euch bei denen jedenfalls nicht beliebt gemacht. Immerhin hast Du ja diesen Wilco ordentlich aufgemischt, da bei der ollen Videothek, hast diesen verdammten Dreckskerlen alles kaputt gemacht dadurch in der Nacht. Ach so, danke übrigens.“
„Wieso danke …“, raunt Zoe.
Der Beifahrer versucht sich an einem Lächeln, über seine Schulter hinweg zu ihr. Er hat einen dicken Schnauzbart, und Bartstoppeln, für einen Penner ist er nicht allzu verwahrlost.
„Lousy Five Bucks!“, entfährt es Zoe.



Lousy Five Bucks


„Freut mich, Dich kennenzulernen, Zoe Matherson … wenn ich in der Nacht gewusst hätte, dass Du ein Wolfsblut bist …“
„Kunststück“, murrt Kylah, „Das wusste sie ja selber noch nicht einmal! Nur ich wusste das!“
„Wie … kommst Du hierher? Was hast Du bei Shady Sabina gemacht?“, will Zoe wissen.
„Ich hatte mich hier draußen in Sabinas Hütte versteckt, nachdem die Bastarde mich abstechen wollten! Unserem Stamm gehen langsam die Verstecke aus, da gab’s nicht allzu viel Auswahl. Zurück in meine eigene Hood konnte ich nicht mehr.“
Zoe raunt, „Und die Kerle in den schwarzen Ledermänteln, das sind dann die Schlägertypen von diesem Sutter Cross! Carface, und die beiden Mistkerle mit den rot gefärbten Crew Cuts!“
Kylah schüttelt angespannt den Kopf, dass ihr Ohrgehänge nur so klimpert. Sie macht schmale Lippen. Lousy Five Bucks antwortet gleichzeitig, „Nein, die sind noch ein paar Nummern übler!“
„Übler als Organhändler?!“
„Die sind der Feind!“, sagt Kylah gepresst.
„Ich dachte, dieser Sutter Cross und seine Mörderbande sind der Feind.“
Lousy Five Bucks sagt behutsam, „Nein, die sind nur ungewöhnliche Kriminelle. Es gibt aber auch noch Leute, die deren Dienste in Anspruch nehmen, Leute, vor denen Cross und seine Händler sich beweisen wollen. Das nämlich ist die Bande, von der Du sprichst. Die schützen Cross, und ähnliche kleine Fische, weil die eine Ressource für die darstellen. Und nur darum haben die sich in diese Sache mit rein gehängt.“
„Und die wollen ja sowieso ihre Jagdgründe hier in Detroit erweitern!“, wirft Hank ein, um auch mal was gesagt zu haben.
Sein Beifahrer nickt, „Darum versuchen sie, alle Knochenbeißer abzumurksen, die sie entdecken. Wie jüngst in Highland Park, und wie hier. Allein unsere Anwesenheit bedroht ja deren Besitzansprüche!“
„Aber … Detroit ist eine moderne, demokratische Stadt … mit einem Bürgermeister und allem … das kann man nicht einfach erobern …!“, bringt Zoe vor.
„Das ist es, was die normalen Menschen glauben!“, knurrt Hank hinter seinem Steuer.
„Ja, leider …“, bestätigt Lousy Five Bucks, „wer die Unterwelt beherrscht, der kann auch die Oberwelt lenken. Wir Knochenbeißer halten Detroit, seit die anderen Stämme mehrheitlich abgewandert sind. Aber wir verlieren seit der Jahrtausendwende ständig Boden.“
„… Diese Typen, die Ihr der Feind nennt, die werden also auch weiterhin hinter uns her sein?“, traut Zoe sich schließlich zu fragen, „Raus bis nach Neuengland?“
„Vielleicht“, sagt Hank.
„Erstmal haben wir etwas Vorsprung“, sagt Lousy Five Bucks, „den hast Du uns gestern Nacht erkauft. Und in einem anderen Bundesstaat müssen die uns erstmal kriegen ... Womöglich verlieren die unterwegs unsere Fährte.“
Hank fügt hinzu: „Wir fahren erstmal zu dem Autohof beim Highway. Da treffen wir Simon mit seinem Rudel, die organisieren alles weitere.“
„Na großartig, der Bubi der nicht mal 'ne Couchsurfing-App bedienen kann managt meine Flucht!“, knurrt Zoe.
„Ey, sag' nichts Schlechtes über die Garou!“, ermahnt Lousy Five Bucks, „Auch, wenn sie Knochenbeißer sind. Das is' schlechtes Benehmen. Simon ist ein bekannter Ragabash in unserem Stamm, der hat einen sehr guten Ruf als Trickser.“
„Und was machen wir dann, da in Neuengland?! Da ist doch nichts?“
„Wir haben da draußen Verbündete. Die werden Dich verstecken“, sagt Kylah.
„Kylah, wenn Du noch einmal sagst, da sei' es ‚sicher‘, dann werde ich …“
„Nein sag‘ nichts …“, erwidert die erschrocken, und wird blässlich um die Nase bei der Vorstellung, was Zoe alles tun könnte.
Zoe guckt sie von der Seite an, etwas überrascht, sie wollte doch nicht wirklich drohen!
„Es darf sowieso nicht groß diskutiert werden, ob wir das machen“, sagt Lousy Five Bucks, beinahe entschuldigend, „es ist gerade Kriegszustand für den Stamm — ganz offensichtlich — da dürfen die Leitwölfe sowieso nicht hinterfragt werden.“
Kylah umfasst Zoes eine zitternde Hand mit ihren beiden Händen. Zoes Fingernägel sind schon wieder länger und dunkler geworden, beinahe Krallen. Zoe schaut darauf herab und macht schmale Lippen, lässt sich etwas tiefer in den Autositz sinken.

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #18 am: 21.11.2024 | 18:10 »
Das Six o' Clock Carjack Pack wartet bereits auf die Karre mit dem Stottermotor, als diese auf dem großen Autohof auf den vollgemüllten Motel-Parkplatz fährt. Sie stehen vor ihrem verbeulten VW-Bus rum und vertreten sich die Beine: Simon der Schulaussteiger ist der jüngste von ihnen, dann ist da der haarige Punker mit Irokesenschnitt, und ein kleiner, zerlumpter Schwarzer mit langem Zottelbart und fürchterlich langen, schiefen, gelben Zähnen, und ein Twen-Mädchen mit wasserstoffblonden Haaren und behängt von billigem Modeschmuck, die deutlich nach White Trash aussieht. All ihre Augen wirken wild, sind dunkel umschattet, und haben etwas Bedrohliches an sich — wölfisch geradezu.



Simons Rudel, das Six o' Clock Carjack Pack, allesamt vom Stamm der Knochenbeißer


Zoe hakt sich bei Kylah unter, als sie auf das Rudel zugehen, Schutz suchend. Vielleicht absurderweise, denn die Punkerin ist ja einen Kopf kleiner als Zoe, zwei Jahre jünger, und sieht auch nicht eben selbstsicher aus. Aber immerhin ist sie das vertrauteste Gesicht hier.
„Zoe Matherson hat's also mittlerweile hinter sich gebracht mit ihrem Ersten Wandel!“, sagt Simon leise, mit einem Grinsen, „Und hat’s überlebt! Natürlich bei Vollmond, wie sich das gehört. … Willkommen bei den Garou!“
„Den … den was?“
Der Irokese wiegelt ab, „Wir erklären Dir alles in Ruhe … wenn wir außer Gefahr sind.“
„Habt Ihr Gepäck dabei? Dann könnt Ihr jetzt umladen“, sagt Simon.
Lousy Five Bucks hat eine Sporttasche mit Habseligkeiten, das ist bereits alles; alle anderen reisen nur mit den Klamotten die sie am Leib tragen.
Der kleine Penner mit dem Zottelbart und den schlimmen Zähnen stammelt irgendwas in Zoes Richtung, eine unverständliche, vernuschelte Silbenabfolge.
„Äh, wie bitte?“, fragt die eingeschüchtert.
Der Alte wiederholt, lauter und ebenso unverständlich, und hängt noch mehrere Sätze dran. Dann rasselt er mit einer schmutzigen Spielzeug-Rassel in ihre Richtung.
„Das ist Massalfassar, unser Seher“, erklärt Simon, „er spricht Dir den Segen unserer Totems aus, für den gemeinsamen Weg, der vor uns liegt!“
„Ich habe überhaupt nichts verstanden!“
„Er nuschelt ein bisschen, wenn er Englisch spricht. Wir haben uns längst dran gewöhnt.“
„Äh, das ist nett, danke. ... Wie bitte heißt der Mann?“
„Massalfassar. Sein Stammesname. So, quetscht Euch rein, wir haben hier einen Achtsitzer. Die Rostlaube mit der Ihr gekommen seid, lasst Ihr hier stehen.“
„Das wird aber eng“, murrt Zoe, „warum fahren wir nicht mit beiden Autos Kolonne?“
„Der Kurze hier ist der Leitwolf“, sagt der Punk mit dem Iro mit Bestimmtheit, „Der macht die Ansagen. … Versteht Ihr, Eure Karre da ist vielleicht schon von irgendwem gesehen worden, als Ihr in Irish Hills damit rumgefahren seid. Wir gehen lieber keine Risiken ein. Jetzt mal los, zackig!“


Das Schlimmste an der Fahrt mit dem Knochenbeißer-Rudel in dem engen VW-Bus ist nicht ihr herber Körpergeruch, sondern, dass sie manchmal schlagartig gemeinschaftlich ins Nichts zu lauschen beginnen, und durch heruntergekurbelte Scheiben in den Fahrtwind schnüffeln, und daraufhin gelegentlich Worte in tiefen, kratzigen Stimmen wechseln. Diese unbekannte Sprache vernuschelt nicht einmal Massalfassar, die spricht er klar und deutlich. Sie ist jedoch gänzlich fremd: Es ist eine Mischung aus Grollen, Knurrlauten, und archaisch klingenden Halbsätzen. Wie eine bizarre Geheimsprache; Zoe wird angst und bange, während sie darauf lauscht.

Simon stellt nach einer Fahrtstunde angelegentlich seine Rudelgefährten vor: Neben Massalfassar sind da Ribkick (der Irokese) und Do-Not-Eat-The-Shrooms (die Wasserstoffblonde); er selbst nennt sich No-Trust-For-No-One.
Massalfassar nuschelt andächtig was in Zoes Richtung, und Simon erklärt, „Er will wissen, ob Du bei Deinem Ersten Wandel schon Deinen eigenen Stammesnamen entdeckt hast?“
„Was bedeutet denn ‚entdeckt‘?“, fragt sie verwirrt.
„Dein Name kommt zu Dir!“, grinst Lousy Five Bucks neben ihr, „Wenn nicht bei Deinem Ersten Wandel, dann später, vielleicht bei Deinem Aufnahmeritus.“
„Dafür müsste Zoe aber erstmal wissen, zu welchem Stamm sie überhaupt gehört, Ihr Witzbolde!“, erinnert Kylah, in ihrem gewohnt pampigem Tonfall.
„Ja, stimmt“, sagt Simon, „sie ist ja ein Verlorener Welpe! Na, das wird sich auch noch finden. Vielleicht haben unsere Verbündeten, zu denen wir fahren, sogar irgendwelche Quellen, aus denen ihre Abstammung hervorgeht!“
„… Können die sowas wissen?“, fragt Zoe zögerlich.
„Vielleicht. Die haben eine ziemlich große Privatbibliothek zusammengesammelt!“
„Äh, Überlebenskünstler wie Ihr … mit einer Privatbibliothek?!“, fragt Zoe konfus.
„Die sind nicht wie wir. Die sind keine Knochenbeißer …“, sagt Kylah, etwas düster.
« Letzte Änderung: 21.11.2024 | 19:57 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #19 am: 21.11.2024 | 20:15 »
„Scheißendreck, Leute, habt Ihr auch so einen Mörder-Kohldampf wie ich?“, fragt plötzlich Ribkick über den Motorlärm in die Stille. Seine Stimme klingt rau, man könnte sich direkt davor fürchten.
„Leider nur noch Klimpergeld in den Taschen“, sagt Lousy Five Bucks, eigentlich unpassend zu seinem Namen.
„Kein Ding, wir haben Stammes-Geld dabei“, sagt Simon, „Die Ältesten schicken uns doch nicht ganz rüber zur Ostküste, ohne uns Budget mitzugeben, allein schon wegen Tanken!“
„Immerhin haben sie uns Cash gegeben, und keine Naturalien“, sagt Do-Not-Eat-The-Shrooms in ihrer etwas leiernden Stimme, „weißt Du noch, Ribkick, wie wir nach Washington mussten, mit nix zu fressen als der Schweinehälfte hinten auf der Rückbank?“
„Ja, schöner Schweinkram war das, diese Fahrt“, grinst der Punker, „vor allem, als die Polizei uns angehalten hat und wissen wollte, was das sei und ob wir die verkackeiern wollten und all das. … Ich könnt' jetzt gerade ganz alleine eine Schweinehälfte fressen, so gefühlt.“
Zoes Magen knurrt, sehr laut.
„Dem Verlorenen Welpen scheint das ähnlich zu gehen wie Dir!“, sagt Do-Not-Eat-The-Shrooms.
Zoe lächelt nervös. Sie will keine Schwäche zeigen vor den Fremden.

Ihr Hunger ist mittlerweile tatsächlich ziemlich schlimm, der gibt ihr einen neuen Rage-Punkt.

„Ey, könnten wir vielleicht Musik anmachen? Ehrlich gesagt, die Men Without Hats würden mir gerade total dabei helfen, klar zu kommen“, sagt Zoe versuchsweise.
„Nimm' die nächste Ausfahrt, Hank, die nächste Raststätte ist unsere“, sagt Simon, ebenfalls enthusiastisch beim Gedanken an Mittagessen.
„Am liebsten Safety Dance!“, fügt Zoe hinzu.
Safety Dance? Was ist das denn für Mucke, das klingt ja durch und durch nach der Weberin!“, murrt Do-Not-Eat-The-Shrooms.
„Das ist so 80er-Nostalgie-Lala, das hat sie von ihren Eltern“, erklärt Kylah.
„Meine Eltern sind mehr so 90er, ich bin 80er“, murmelt Zoe.
„Du bist komisch, so sieht das aus!“, grinst Kylah.
„… Kann ich wohl nicht mehr leugnen“, sagt Zoe, ohne dass ihr sonderlich zum Lachen zumute ist.
Die kleine Anlage des VW-Bus sieht eigentlich nicht danach aus, als habe sie überhaupt Bluetooth. Dabei fällt Zoe auf, dass sie ja sowieso ihr altes Smartfon gar nicht mehr dabei hat, wo die Playlists drauf sind! Das hat sie irgendwo in der Hektik von letzter Nacht verloren, sie weiß nicht mal, wo.
„Verdammt, mein Telefon ist ja weg! Ich hab' ja noch nicht mal meine Eltern angerufen, das muss ich dringend noch machen! Kylah, kannst Du mal bei den anderen im Pick-Up-Truck anrufen? Vielleicht haben die das ja gefunden!“
Simon sagt, „Das hättest Du sowieso eher früher als später loswerden müssen, das Ding.“
„Was? Quatsch' nicht rum, wieso?“
„Das hat mehrere Gründe. Vor allem ist das ein Werkzeug der Weberin, und deren Kräfte nutzen das ebenso, wie Du das tust, und zwar nonstop.“
„Sie verliert es ja sowieso, sobald sie sich verwandelt, oder in die Penumbra rüber wechselt“, ergänzt 'Shrooms lapidar.
„Was soll das alles bedeuten?“, fragt Zoe.
„Jetzt erstmal bedeutet das für Dich wahrscheinlich nur eins, ein Tipp von mir: Häng' nicht mehr Dein Herz an Gegenstände!“, lächelt Simon.


Auf der großen Autobahn-Raste fahren sie langsam an den vielen verschiedenen Essgelegenheiten vorbei: Burger-Brätereien, Fritten-Buden, Steak-Houses, Sushi-Bars, und so weiter, alles große Ketten; Ribkick kommentiert im Vorbeifahren, „Nehmen wir nicht … nehmen wir nicht … zu teuer … Rattenarsch und Zwirn, guckt mal, O'Tolley's, müssten wir eigentlich sofort niederbrennen! … Nehmen wir nicht …“
„Warum sind die denn so wählerisch …?“, raunt Zoe Kylah zu, ihr ist mittlerweile egal, was es gibt, Hauptsache schnell!
„Essen ist bei Ribkick politisch“, sagt die Punkerin, gelangweilt.
„Da ist vielleicht irgendwo ein schönes Reformhaus dazwischen, da können wir Dir ein paar vegane Nussriegel holen“, stichelt 'Shrooms.
„Halt' Dein freches Maul mit Deinen veganen Riegeln!“, knurrt Ribkick, „Hier, ranfahren, Hank. Die Bude da ist gut, das ist zumindest keine Kette.“

Simon zieht ein aufgerolltes Scheinbündel aus seiner Jacke, und kauft ihnen allen Homemade-Burger an der Bude. Jeder der Werwölfe vertilgt drei bis fünf. Die Knochenbeißer verputzen die in einem irren Tempo, gerade so als könnt's ihnen jemand entreißen wollen. Zoe verschlingt auch nicht weniger, sie kaut nur mehr. Dennoch schmeckt sie ungewohnte Nuancen aus dem Grillfleisch raus, die ihr normalerweise nicht auffallen, und fragt sich irritiert, was das wohl ist. Die Fritten schmecken komischerweise in ihrem Mund nach Pappe, die kriegt sie nicht runter.

Hinterher schlendert das Rudel etwas abseits, um auf dem Rasen der Raste herumzuschnüffeln, und Massalfassar scheint mit seiner alten Plastikrassel eine Art kleine Zeremonie durchzuführen.
Zoe stellt sich neben Hank, der an die Fahrertür des VW-Bus gelehnt steht. Er sieht so übernächtigt aus wie sie sich fühlt. Außerdem sieht seine geschwollene Schläfe noch nicht besser aus.
„Soll jetzt nicht mal wer anderes fahren?“, fragt sie verhalten, „Du bist seit Irish Hills nonstop hinterm Steuer gesessen.“
„Lousy Five Bucks hat schon lange keinen Führerschein mehr, hat der abgeben müssen.“
„Von dem Rudel kann doch wohl jemand Autofahren!“
„Zoe! Wir setzen keinen von Euch ans Steuer, wenn’s nicht unbedingt sein muss!“
„Hä, wieso? Ich könnt' normalerweise auch fahren …“
„Nee, nee. Kennste nicht den Spruch? ‚Nicht mit Wut fahren.‘ Die im Rudel taugen alle nicht zu Autofahrern. Außer Simon, der ist nur Ragabash, der hat einen klaren Kopf. Der ausgerechnet hat aber noch keinen Führerschein gemacht.“
„Gibt ziemlich viele Regeln zu beachten … in Eurer geheimen Welt, wie?“
Kylah schlendert dazu, sie hat sich an der Tanke Kaugummis gekauft und kaut nun auf einem rum, „Das sind eher so Vernunftsgebote als richtige Regeln. Wir sind Blutsgeschwister, wir müssen auf Euch aufpassen. Aber Gesetze gibt’s auch, die lernst Du noch.“
„So wie das, dass man keine Menschen fressen darf?“, sagt Zoe halblaut.
„Genau.“
„Dich daran zu erinnern sollte Dir leicht fallen“, witzelt Hank, „das hatte ja auch schon in Deinem früheren Leben Gültigkeit, wa?“
„Ich lach' mich gleich tot“, kommentiert Kylah strafend.
Zoe hebt den Kopf zum Nachmittagshimmel, wo bereits ein erstes, orange-violettes Glühen den Abend ankündigt. Ein Schauder läuft ihr über den Rücken und sie zieht ihre Schultern hoch.
„Kommen die bald mal?“, fragt sie ungeduldig, „Wir müssen doch langsam echt mal weiter …!“

Soundtrack: Orbital, Strangeness in the Night
https://youtu.be/s3lJkpYnhrI?t=66

Bei der Weiterfahrt holt mit der Fressmüdigkeit der Schlafverlust Zoe ein, und sie nickt immer wieder kurz ein auf ihrem Sitz. Aber immer wieder schreckt sie auf: Seltsame Erinnerungen suchen sie heim, ein seltsamer Geschmack, beides Andenken an vergangene Nacht ...
Sie sieht sich etwas desorientiert um, und bemerkt, das Kylah neben ihr sie fragend anschaut.
„Ich wusste vorher nicht, dass Furcht etwas ist, das man riechen kann“, flüstert Zoe.
Kylah schaut sie erschrocken an, fragend. Zoe kann nicht recht in Worte fassen, dass sie letzte Nacht nicht nur Gerüche wittern konnte während ihrer Verwandlung, sondern auch Empfindungen. Die Hooligans, die das Holzhaus angegriffen hatten, hatten nach Angst gerochen, unmittelbar bevor sie den Kiefern des Werwolfs zum Opfer gefallen waren.

Unerbittlich dämmert weiterhin der Abend hinauf. Es hat sich erneut zugezogen, aber Zoe wagt es nicht, darauf zu setzen, dass er die ganze kommende Nacht von Wolken verborgen sein wird, der Mond ...


« Letzte Änderung: 23.11.2024 | 16:26 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #20 am: 22.11.2024 | 20:06 »
Evolution: Zoe hat mittlerweile acht Erfahrungspunkte zusammen bekommen. Die gebe ich alle aus, um ihr einen dritten Punkt bei Wahrnehmung zu geben. Das Erwachen hat also jüngst ihre abgestumpften Großstadtbewohner-Sinne schlagartig schärfer werden lassen. (Fertigkeiten wie Ur-Instinkt und Handgemenge müssen auch dringend gesteigert werden, und sind wahrscheinlich beim nächsten Mal dran.)


Zeit, mal eine der Mechaniken aus dem Ironsworn-Regelwerk zu verwenden: Aus dieser Reise machen wir natürlich den Move namens Undertake a Journey. Der Weg ist weit und es gibt Verfolger, aber auf dem Highway reisen die Charaktere relativ bequem, darum stufe ich die Reise als lediglich Unannehmlich ein. Jeder erreichte Waypoint bringt daher drei (von bis zu zehn möglichen) Punkten Fortschritt.

Der VW-Bus fährt auf der 401 nach Osten dahin, und kommt in immer dichteren, zäheren Verkehr. Je langsamer es voran geht, desto größer wird auch Zoes Unwohlsein. Sie fühlt sich geradezu eingesperrt in dem engen Van, klaustrophobisch, von allen Seiten umgeben von unzähligen kleinen Blechbüchsen voller Leute. Und zu allem Überfluss muss sie jetzt dabei zusehen, wie das Tageslicht zusehends fahler und gräulicher wird ...

Ihre Angst vor der Abenddämmerung wird richtiggehend heftig: Wir geben ihr bei dieser Gelegenheit einen weiteren Rage-Punkt. Damit ist sie jetzt wieder bei vieren, und es wird richtig gefährlich, in ihrer Nähe zu sein (denn ab vier Punkten Rage können Werwölfe in Raserei verfallen).

„… Fahren wir eigentlich die Nacht über in ein Motel?“, fragt Zoe verzweifelt.
Simon auf dem Beifahrersitz dreht sich zu ihr um, „Machst Du Witze? Das ist eine 12-Stunden-Fahrt bis Vermont. Mit dieser Gurke hier wahrscheinlich länger. Wir fahren natürlich die Nacht durch! Auch um unseren Vorsprung auszubauen vor den Verfolgern.“
„Ich fänd' aber ein Motel richtig gut …“, schnauft sie atemlos, „Irgendwas Abgelegenes … weit weg — von den vielen — Autos! Du hast doch — das Scheinbündel!“
„Kann das sein, dass unser Vollmond-Welpe die Nerven verliert?“, sagt 'Shrooms misstrauisch zu Simon, „Was, wenn die uns noch austickt?“
„Hey, Zoe tickt schon nicht aus! Die kann sich am Riemen reißen!“, sagt Kylah defensiv.
„Nein, die haben vielleicht Recht, Kylah …“, gibt Zoe zu, „Was, wenn ich es wieder nicht zurückhalten kann? … Ich …“, und ihre Stimme versagt ihr, sie kann nur noch flüsternd weitersprechen, „ich habe drei Menschen getötet, letzte Nacht …! Mindestens drei! Und vorher bei der Tanke welche gebissen, vielleicht lebensgefährlich …“
Sie zittert wie Espenlaub.

Sie sieht das blasse Gesicht der wasserstoffblonden Knochenbeißerin vor ihrem eigenen auftauchen, ausnahmsweise sieht die Zoe direkt an, während sie mit ihr redet: „Ich hab' was dabei, was wir versuchen können. Vielleicht ist das das Richtige für Dich“, und sie holt einen größeren, schwarzen Plastikzylinder hervor, schraubt den hellgrauen Deckel ab.
„Was ist das?“
„Ich hab' ein Beruhigungsmittel dabei, das selbst bei Brocken wie wir es sind helfen kann. Ich selber bin Galliard, kapierste?“
„Die kapiert gar nix, woher soll sie das denn wissen, bitteschön?“, faucht Kylah.
Die Wasserstoffblonde erklärt, etwas monoton, „Na, Galliard, ein Dreiviertelmond. Ich habe dementsprechend ähnlich viel Wut in mir wie Du. Ich hatte mehr Gelegenheiten, sie zu unterdrücken zu lernen, mehr als Du armes Würstchen. Aber manchmal wird sie unbeherrschbar, auch bei mir, ich kenne das auch.“
„Was hast Du da für ein Zeug?“, verlangt Kylah zu wissen, sie versucht, streng zu klingen, klingt aber mal wieder eher patzig.
'Shrooms zeigt dem jüngeren Mädchen die Dose.
„Das Label ist ja Chinesisch!“
„Hat einer meiner Blutsbrüder mir über drei Ecken organisiert. An das einheimische Zeug aus den Apotheken komm' ich derzeit nicht ran“, sagt die Knochenbeißerin.
„Ist das überhaupt für Menschen?! Da ist ein Pferd auf dem Etikett drauf …“, sagt Kylah.
„Das soll ich mir reindonnern, ja? Dann bin ich wieder ruhig und friedlich, ja?“, fragt Zoe, unterschwellig gereizt.
„Hör' ma' zu, Mädel“, sagt 'Shrooms, „Du hast seit gestern den Meter-Bulismus von zehn Menschen zusammen. Kapierste, dass eine einzelne Beruhigungstablette jemandem wie Dir nicht mehr hilft?“
„Ja … aber ich will diese Pillen nicht. Danke, ich glaube, ich komme schon klar.“
Do-Not-Eat-The-Shrooms zuckt kühl mit den Schultern, nimmt Kylah ihre Pillendose wieder weg, und klettert zurück auf ihren vorherigen Sitzplatz.

Jetzt könnte man doch mal wieder die Orakelwürfel befragen, danach, was für Abenteuer die hereinbrechende Nacht mit sich bringt! Unglaublich: Treffsicher generieren die W100 das Resultat Escalate Creature! Das bedeutet offensichtlich, dass der Vollmond die Bestie in Zoe wieder hervor lockt!

Der Verkehrsfluss lockert wenig später endlich wieder auf, als eine Unfallstelle am Straßenrand in Sicht kommt; hier stehen mehrere Polizeiwagen.
„Na super, die Bullen!“, grunzt Ribkick, „Nicht, dass die uns noch checken wollen, das fehlte noch — alle unauffällig bleiben! Kylah und Lousy Five, seht ja zu, dass Zoe und 'Shrooms sich ruhig halten!“
Der dunkelgraue Van ist direkt auf Höhe der Polizeiautos.
In dem Moment reißt die Wolkendecke auf! Der silbrig weiße Vollmond fällt in Zoes Augen, und ein eisiges, kribbeliges Gefühl durchfährt sie sofort! Mit einem Knall hat sie ihre Handfläche an die Autoscheibe geschlagen, als hätte sie den Himmelskörper berühren wollen, und verharrt dann einfach, starrt gebannt hinauf.
„Zoe, nein! Schau' nicht direkt in das Mondlicht!“, zischt Kylah alarmiert, und zerrt an ihrem Pulli.

Das eigene Mondzeichen am Himmel zu sehen zum ersten Mal in einer Nacht bringt temporäre Rage-Punkte ein; Zoe kann sowieso nur noch einen einzigen kassieren, um voll zu sein, auf fünf!

Die Orakelwürfel entscheiden, es ist auch nicht die Polizei bei der Unfallstelle draußen, die unseren Charakteren Stress macht. Der Stress kommt aus dem Inneren des VW-Bus, als Zoe in Zuckungen verfällt, spitze Zähne bekommt, lange Krallen, und hellbraunes Fell im Gesicht und auf den Handrücken! Fußkrallen beginnen, ihre abgelatschten Turnschuhe vorne zu durchstechen!
„Mond …!“, gurgelt Zoes verzerrte, dämonische Stimme, „… Muss hier raus! ... Zu eng hier drin!“
Kylah hat beide Hände in Zoes Ärmel verkrallt, wie um sie festzuhalten, und schreit rüber zu 'Shrooms, „Die Pillen, schnell, die Pillen her!“
„Nein!“, begehrt Zoes zu tiefe Stimme auf.
„Du kannst jetzt nicht hier raus!“, versucht Lousy Five Bucks ihr verständlich zu machen.
„Raus! Lasst mich raus! Ich beiß' Euch!“, bringt Zoe hervor, und nimmt ihre fellbedeckte Glabro-Form an, alle Nähte ihrer Second-Hand-Klamotten krachen, als sie einen Kopf größer und deutlich massiger wird.

Die Orakelwürfel erlauben glücklicherweise, dass die Knochenbeißer einen Trick finden, Zoes Kontrollverlust aufzuhalten:

Nuschelnd spannt Massalfassar einen löcherigen, kleinen Regenschirm auf, und hält ihn zwischen Zoes Kopf und das Wagenfenster. Unüberlegt will Zoe mit ihrer haarigen Pranke den Schirm wegwischen, um das Mondlicht wieder zu sehen, aber Kylah und Lousy Five Bucks kriegen rechtzeitig ihre Hände zu fassen und halten sie still.
„Ruhig, ganz ruhig, Zoe!“, raunt Kylah beschwörend, geradezu flehentlich.
Schon sind sie weit außer Sicht der Stelle mit den Polizeiwagen; Simon dirigiert Hank, rechts ran zu fahren. Sie reißen die Schiebetür des Van auf und lassen Zoe herausspringen. Hier führt eine Böschung auf einen unbeleuchteten Acker hinab, und als die haarige Silhouette dort hinab prescht, können die anderen Autofahrer sie daher nicht sehen. Zoe fühlt das nasse, kalte Erdreich unter ihren Füßen, als die Reste ihrer Turnschuhe von ihren vergrößerten Füßen abplatzen, sie wächst weiter an in ihre Crinosgestalt, mit einem entsetzten „Neineinein“ fühlt sie, wie ihre Kiefer sich in die Länge ziehen, ihr ganzer Schädel, und es ist das letzte, was sie herausbringt, bevor ihr Kopf zu einem Wolfskopf wird.

Das ungewohnte Erleben von Kontrollverlust führt zu einem Rage-Wurf, jetzt bei Vollmond nur gegen Vieren. Erstaunlicherweise hat sie jedoch nur einen einzigen Erfolg, und widersteht der Raserei.

Langsam klettern Simon und Ribkick die erdige Böschung herab, und nähern sich vorsichtig über den Acker, dicht gefolgt von Kylah.
„Sie sieht aus, als würde sie sich wieder sammeln“, sagt Simon halblaut.
Die riesige Crinos-Gestalt kauert auf allen Vieren im Schlamm und schnauft aus mächtigen Lungen vor sich hin, ihr heißer Atem umgibt weißlich ihr Maul.
Ein paar Minuten sehen sie dem Monster nur dabei zu, wie es vor sich hin japst.
„Zoe … erinnerst Du Dich an Deinen Namen? Erinnerst Du Dich an uns?“, fragt schließlich Ribkick in vorsichtigem Ton. Seine Stimme klingt ebenfalls tiefer, er hat seine fastmenschliche Glabro-Form angenommen; nur für den Fall der Fälle.
„Ja … ich bin Zoe Ma'ers'n …“, grollt es aus dem wölfischen Maul, in Nachahmung englischer Sprache.
„Wir grüßen jetzt gemeinsam den Mond, Zoe“, sagt Ribkick streng, „Das ist ein kleiner Ritus in unserem Stamm. Dadurch ehren wir unsere große Verbündete Luna, und machen sie uns gewogen. Führen uns vor Augen, dass sie auf unserer Seite ist. Verstehst Du?“
Das Wolfsmaul versucht verzweifelt zu antworten, dass Zoe bereit ist, alles zu tun, um ihre Beherrschung wiederzuerlangen. Sie hebt eine ihrer mächtigen, ledrigen Pranken, öffnet und schließt sie probeweise, besieht sie mit fasziniertem Schrecken von vorn und hinten. Das Mondlicht glänzt auf ihren perfekten, tödlich scharfen Klauen.



„Konzentrier' Dich, Zoe“, sagt Ribkick leise, und kniet sich neben sie, „atme tief ein und aus. Sieh' in den Mond, aber erst dann, wenn ich es Dir sage ... Heute Nacht schickt ihr Licht Dich nicht auf die Jagd; bald schon wieder, aber heute nicht.“
Gemeinsam erheben sie schließlich die Gesichter in den Vollmondschein, und grüßen rituell Luna. Zoe immitiert gehorsam Ribkicks Bewegungen. Sie wagt es, wieder das Silberlicht auf ihre Netzhäute zu lassen, und spürt, wie es an ihren Muskelsträngen zieht, wie ein Magnet, wie um sie anzutreiben. Sie zwingt sich, zu verharren.
Do-Not-Eat-The-Shrooms ist im Hintergrund auch die Böschung herab geklettert, und singt leise einen Popsong, immerhin ist sie der Galliard des Rudels. Ihre brüchige Stimme dringt geisterhaft durch die Nacht über dem Rauschen des Highway: "Blind man running through the light of the night /With an answer in his hand / Come on down to the river of sight / And you can really understand ..."
Erstmals klingt ihre Stimme nicht nervig, sondern irgendwie tatsächlich beruhigend, irgendwie passend in diese Mondnacht.

Soundtrack: Annie Lennox, Don't Let It Bring You Down, Instrumental Version
https://www.youtube.com/watch?v=iE1DBlm5xmc


Die erste halbe Reisenacht ist also um, das könnte die erste Etappe kennzeichnen bei unserem Undertake a Journey-Move. Daher würfle ich, ob wir den ersten Waypoint erreichen. Hank würfelt Geschick+Fahren und Simon unterstützt ihn mit Geistesschärfe+Zurechtfinden, gemeinsam akkumulieren sie acht Erfolge, das ist topp! Die Anzahl dieser Erfolge muss die 2W10 als Challenge Dice überbieten. Es resultiert ein Strong Hit! Dadurch erhalte ich drei Punkte Fortschritt.

Von Detroit zum Zielort ist es eine satte 12-Stunden-Fahrt, größtenteils auf der 401 durch Kanada. Der VW-Bus fährt entlang Lake Erie, und wird dann entlang Lake Ontario weiterfahren, Montreal passieren, und dann wird es auf der Route 91 nach Süden gegen. In New Hampshire liegt der White Mountain National Forest, und dort drinnen liegt angeblich das sehr gut verborgene Grundstück der mysteriösen Verbündeten der Knochenbeißer von Detroit.
« Letzte Änderung: 1.12.2024 | 20:57 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #21 am: 23.11.2024 | 15:52 »
Befragen wir doch das Orakel nach unserem nächsten Stichwort, was die nächste Wegetappe ausmachen wird. Uphold Advantage sagen die Würfel, was bei einer Highway-Reise mit Verfolgern bedeuten muss, dass die Charaktere ihr Tempo und ihren Vorsprung mühsam aufrecht erhalten müssen, um weiterhin im Vorteil zu bleiben. Dann mal los, Vollgas:

Nach ihrer neuerlichen Verwandlung und Rückverwandlung ist Zoe zitterig, all ihre Nervenenden scheinen vor Nervosität zu flackern. Hätte sie etwas von ihrer Wut verbrannt, wie während ihres Ersten Wandels vergangene Nacht, dann würde sie sich womöglich ruhiger fühlen, jetzt wo sie wieder im engen Van sitzen. Alles, was sie erreicht hat, ist, die Second-Hand-Kleider zu schrotten, die Shady Sabina ihr überlassen hatte. Jetzt ist sie in eine alte Army-Winterjacke gehüllt, die Ribkick noch übrig hatte, und hat eine Folien-Rettungsdecke aus dem Erste-Hilfe-Kasten des Autos um ihre Beine und Füße gewickelt. Auf dem nächsten Autohof wollen die Knochenbeißer ihr morgen vormittag neue Klamotten und Schuhe kaufen.
Vorne hat nun doch Lousy Five Bucks endlich den übermüdeten Hank abgelöst beim Fahren, Hank schläft auf dem Beifahrersitz, um in ein paar Stunden wieder übernehmen zu können. Jetzt darf den Van natürlich erst recht niemand anhalten, weil der Obdachlose ja keinen Führerschein mehr hat.
Auch Kylah schläft bereits, ganz entkräftet sieht sie aus, Zoe mustert sie eine Weile mitleidig. Sie selber kann kein Auge zu tun. Sie fühlt sich hellwach, sie fühlt sich, als könne sie jederzeit wieder aufspringen und losrennen. Do-Not-Eat-The-Shrooms döst auf ihrem Sitz; wenn sie zwischendurch aufwacht, wandern ihre Augen prüfend durch den Innenraum des Busses, angelegentlich mustert sie manchmal die Neue. Zoe hat mittlerweile beschlossen, sie insgeheim ‚Annie Lennox’ zu nennen, da sie den Menschenmamen der Knochenbeißerin sowieso nicht kennt. Der gespenstische Popsong vorhin hat sie irgendwie beeindruckt.
„… Hast schön gesungen vorhin“, raunt sie, „Hat irgendwie geholfen. Weiß nicht, was da los ist bei mir, Popsongs wirken irgendwie immer gut.“
„Bist Du wirklich ein Vollmond, oder vielleicht selber Galliard?“
„Shady Sabina hat gesagt, ich sei fast unter einem Dreiviertelmond geboren worden …“
„Dann bist Du auch ein kleines bisschen Galliard“, raunt die Knochenbeißerin, "wir sind die Liedbewahrer".
„Der Song vorhin war von Annie Lennox, oder?“
„Ich kann nicht mal den Liedtext ganz“, sagt die brüchige Stimme im Halbdunkel, „so wie ich mir auch keine Geschichten merken kann. Und kaum die Verdienst-Namen meiner Stammesgeschwister.“
„Na und?“
„Na, das wäre eigentlich meine Aufgabe als Galliard, weißte. Ich bin sowas wie eine Komplettversagerin. Ich bin auch bei den Knochenbeißern gelandet, weil ich woanders den Aufnahmeritus nicht bestanden habe.“
„Aufnahmeritus? Was soll das bedeuten?“
„Von Geburtswegen wäre ich eigentlich eine Fianna gewesen. Aber ich bin ziemlich Crap bei allem was ich mache.“
„Erzähl' mir mehr!“, bittet Zoe eindringlich.
„Neh, kein' richtigen Bock drauf. Ich bin auch nich' gut in sowas. Wie gesagt, ich bin mies als Galliard.“
„Ich muss das doch alles wissen, oder? Und nach meinem Ersten Wandel gestern dürft Ihr mich doch eigentlich einweihen, oder?“
„Das sollen mal schön die in der Zuflucht machen. Da wo wir hinfahr'n. Die sind gut in sowas.“
Massalfassar setzt sich plötzlich auf, und beginnt halblaut seinen Nuschel-Monolog, er scheint Selbstgespräche zu führen, aber überaus angeregt. Alarmiert geradezu. Zoe beobachtet die kuriose Gestalt. Der Schwarze kurbelt daraufhin sein Fenster runter, schnüffelt in den Nachtwind. Stammelt wieder irgendwas. Dann schließlich dreht er sich zu Simon um, und raunt ihm etwas zu. Statt den Exzentrismus zu ignorieren, hangelt sich Simon prompt nach vorne durch, und sagt Lousy Five Bucks, er solle bei der nächsten Raste mal runter fahren.

Einige Minuten später parkt der Van auf einem weiten, dunklen Parkplatz. Er ist um diese Nachtzeit das einzige Fahrzeug hier. Durch ein paar Baumsilhouetten hindurch hat man einen Blick auf das Ufer von Lake Ontario, der sich unendlich weit in der Dunkelheit dahin zieht. Das Vollmondlicht glitzert darauf, aber Wolkenfetzen schieben sich (zu Zoes Erleichterung) immer wieder vor Lunas Angesicht oben am Himmel.
„Was ist los?“, flüstert Zoe, als Lousy Five Bucks den Motor abstellt.
„Alle mal herhören“, sagt Simon ernst, „Massalfassars Geister-Verbündeter ist zurück! Der hat ihm zugetragen, dass der Feind in der Nähe ist. Wir werden uns auf Stress vorbereiten müssen.“
„Sutter Cross?“, fragt Lousy Five Bucks ängstlich.
„Nein, viel schlimmer. Sutter Cross ist in Detroit, die haben keinen Grund, uns so weit zu verfolgen. Aber Gangrydge arbeitet überregional.“
„Wer?“, fragt Zoe verwirrt.
Kylah zischt, „Evan Gangrydge! Weißt Du etwa nicht mehr? Die Typen mit den knallrot gefärbten Haaren! Die aus dem Undersalt Market!“
„Die sind ‚der Feind‘?“
Kylah nickt furchtsam.
Simon sagt angespannt, „Die sind der Feind, ganz genau, und die haben ähnliche Möglichkeiten uns nachzuspüren wie wir Möglichkeiten haben, ihr Erscheinen vorauszuahnen. Vielleicht haben sie doch die Autonummer vom Van irgendwie gekriegt, oder ihre Verbündeten eilen ihnen unsichtbar voraus, so wie auch Massalfassars Verbündeter bis eben ausgeschickt war.“
Der Seher nuschelt aufgeregt irgendwas, halblaut.
Simon endet, „Der Feind nähert sich in zwei dicken, schwarzen Karren unserer Position, soviel steht fest. Dass sie schon so viel aufgeholt haben, heißt, dass wir ihnen nicht entkommen können mit unserer Klapperkiste.“
„Du willst wohl die Warnblinker-Mausefalle machen, Kurzer?“, fragt Ribkick.
„Warnblinker-Mausefalle, genau! 'Shrooms spielt wieder den Köder. Kylah, Hank, und Lousy Five bringen Zoe hier weg, ihr versteckt Euch allesamt am Seeufer, bis alles vorbei ist.“
Zoe will fragen, was das alles zu bedeuten hat, aber die anderen lassen ihr keine Zeit dafür. Schon ist sie wieder draußen in der dunklen Nacht, schon wieder fühlt sie kalten Asphalt unter ihren nackten Fußsohlen, dann Schlamm.



Sie klettern hektisch über die Leitplanke hinweg. Der Wind zerzaust ihnen allen die Haare. Zoe sieht sich mit hämmerndem Herzen um, sieht noch, wie die Knochenbeißer die Türen des VW-Bus aufreißen, und den Warnblinker anmachen.
Die drei Blutsgeschwister ziehen sie eilig weiter. Nach fünf Minuten erreichen sie das Ufer von Lake Ontario, kriechen in die kahlen Büsche, kauern sich klein zusammen. Zoe sieht eine nasse Moosschicht auf dem schwarz glänzenden Geäst des Buschwerks, riecht das feuchte Holz aus nächster Nähe, den See, den Schlamm, und den Highway. Man sieht den fernen, gelben Warnblinker des Van bis hierher. Traurig wirkt das Signal, verloren, wie ein einsamer Abschiedsgruß. Zoe kämpft gegen ein Schluchzen an, einen Moment lang ist sie überzeugt, ihre skurrilen Verbündeten nie wieder zu sehen, und sie hat nicht einmal irgendwas zum Abschied gesagt. Eine Weile schweigen sie alle vier, zusammengekauert wie räudige Biber, lauschen angsterfüllt.

„Was heißt das, das mit der Mausefalle?“, raunt Zoe endlich.
„Weiß ich nicht!“, zischt Kylah, „Still jetzt!“
„… Das bedeutet, Do-Not-Eat-The-Shrooms irrt in der Nähe des offenen Autos rum, wie als wäre sie hilflos und desorientiert“, wispert Lousy Five Bucks, „das macht sie prima, sieht dadurch alles nach Motorschaden aus. Die Verfolger fahren ran, parken ab, steigen aus. Wenn sie glauben, sie haben leichtes Spiel, dann kommt erst der Angriff. Von beiden Seiten gleichzeitig, aus Ribkicks und No-Trust-For-No-Ones Lauerpositionen. Und als besonderer Clue, auch vom Wagendach, wo nämlich Massalfassar gelegen hat. Er nimmt seine Crinosgestalt an, in der Sekunde, während er runter springt, der kann das.“
„Und dann?“, haucht Zoe.
„Und dann? Nichts weiter. Dann filzen wir die, und dann fahren wir weiter. Der Feind ist in Stücke gerissen worden, bevor er wirklich kampfbereit war.“
Zoes Herzschlag beschleunigt erneut. Sie fühlt unwillkürlich ihren Geruchssinn schärfer werden. Ihre Ohrmuscheln brennen und jucken, als ihre Ohren in spitze Form wachsen. Sie glaubt kurz, erneut die Kontrolle zu verlieren, aber der Vollmond bleibt hinter den Wolken verborgen, taucht nur immer wieder ganz kurz silbrig auf. Zoe bibbert in ihrer ollen Armeejacke, ihre Knie und Zehen sind eiskalt. Es zieht sie unwiderstehlich zurück, zur Quelle der Gefahr. Sie hat zwar fürchterliche Angst, aber bildet sich ein, das schnellste Mittel dagegen wäre, die Quelle dieser Angst mit schnellen Krallenhieben zu Fetzen zu verarbeiten. Mit großer Konzentration verdrängt sie diesen grausigen Gedanken.

Dann hört man plötzlich Automotoren, Türen klappen. Einen Schuss, und noch einen. Heisere Schreie, und das Schnarren und Grollen von mehreren großen Tieren. Und dann … nichts mehr.
Das Plätschern des Seeufers und das gleichmäßige Rauschen des Highways sind das einzige, was noch zu hören ist.

Die Orakelwürfel sagen zum Ausgang dieser Konfrontation Serve Path. Da hat die Kampftaktik des Rudels wohl dem Weiterkommen auf dem Weg gedient …!

Als sie wieder beim Parkplatz ankommen, stehen da zwei schwarze SUVs, und auf der Kühlerhaube von einem davon steht Massalfassar, mit einem Benzinkanister.
„Was war los?“, keucht Kylah.
„Die Mausefalle hat zugeschnappt, und jetzt verschwinden die Beweise“, sagt Simon durch zu große, zu lange Zähne hindurch, und wischt sich mit dem Ärmel im Gesicht herum, während er sich seinen Hoodie wieder überwirft über seinen nackten Oberkörper. Den hatte er offensichtlich zwischendurch ausgezogen, um nicht die Nähte zu sprengen durch seine Metamorphose.

Aber waren die Gangster in den SUVs wirklich ein Vortrupp der Leute von dem Mann namens Gangrydge? Die Orakelwürfel sagen dazu Swear Enemy, das klingt, als würde deren Fraktion künftig den Knochenbeißern Feindschaft schwören. Dementsprechend sind das aber dann neue Feinde, nicht die bereits etablierten Gegenspieler aus Detroit. Also:

Mit großer Begeisterung wirft Massalfassar ein Streichholz in die Benzin-Spur, die er gelegt hat. Die Flammen lodern grell herüber zu den beiden Pseudo-Geländewagen, und entflammen sie. Als alle in den VW-Bus hechten und Lousy Five Bucks wieder Stoff gibt, entflammen die Benzintanks der SUVs, und es gibt einen dramatischen Knall von der Detonation.



Massalfassar und Do-Not-Eat-The-Shrooms sind in klasse Stimmung, und reden aufgeregt miteinander auf ihrer archaischen Geheimsprache.
Kylah sieht der lodernden Feuersäule nach, die im Rückfester des VW-Bus rapide kleiner wird, und fragt nur, „… Gangrydge?“
Ribkick schüttelt den Kopf, und knurrt, „Nee, jemand anderes, ein schicker Sicherheitsdienst aus Toronto. Aber alle sechs nur begrenzt anfällig gegen das Delirium. Die waren nur leicht verlangsamt. Der Chemiecocktail, der ihnen das ermöglicht haben muss, war es möglicherweise, der Massalfassars Geister alarmiert hat vorhin, irgendein ganz derbes Wyrm-Zeugs. Also …“
Kylah sagt atemlos, „Also waren die gar nicht hinter Zoe und mir her?“
Ribkick wiegt unschlüssig den Kopf, „Wahrscheinlich nicht. Die sind anders auf uns aufmerksam geworden. Leute in schwarzen Maßanzügen hat Evan Gangrydge nicht auf seiner Gehaltsliste … aber in Toronto sitzen auch Magadon und Consolidex. Unter anderem ... Die haben zahllose Sicherheitsschnüffler. Vielleicht hat uns vorhin bei der Unfallstelle einfach wer von denen gesehen, und unsere Fressen haben denen nicht gefallen.“
„Also alles Zufall?“, keucht Zoe.
Ribkick sagt grimmig, „Vielleicht. Auf Höhe von Toronto ist schwer industrialisierte Umgebung, und die Köpfe der Hydra sind zahlreich.“
„Dann sind wir jetzt in Sicherheit, ja?“, vergewissert sich Zoe, „Sutter Cross und dieser Gangrydge sind nicht auf unseren Fersen?“
„Zoe“, sagt der haarige Punk, „Es gibt keinen Grund, das zu glauben. Wir können jetzt nur eine Sache machen … und das ist Tempo.“
« Letzte Änderung: 24.11.2024 | 02:42 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #22 am: 23.11.2024 | 17:15 »
Diese Zwischenbegegnung ist eine weitere Etappe auf der Reise. Um für ihr Vorankommen zu sorgen, würfeln jetzt Lousy Five Bucks und Simon, der eine Geschick+Fahren, der andere wieder Geistesschärfe+Zurechtfinden, und sie kommen gemeinsam auf sieben Erfolge. Die Challenge Dice fallen, und unterbieten beide die Zahl dieser Erfolge, es kommt also erneut ein Strong Hit heraus! Dies zählt demnach als Waypoint. Wir passieren Lake Ontario, und sind nun bei sechs Punkten Fortschritt. Einen dritten Waypoint will ich aber lieber noch passieren, denn wenn der Move für Reach Your Destination nicht klappt, könnten unsere Helden sich mit ganz viel Würfelpech noch verfransen oder sich unterwegs verlieren. Nicht, dass sich Zoe und Kylah auf dem letzten Drittel der Fahrt noch trampend oder zu Fuß weiter durchschlagen müssen oder so!

Als der graublaue Novembermorgen hinauf gedämmert ist, fahren sie durch eine kanadische Kleinstadt, um neuen Proviant einzukaufen. Alle sind übermüdet, besonders die beiden Fahrer Lousy Five Bucks und Hank; letzterer fährt jetzt natürlich wieder, kann ja sein, dass in der Kleinstadt jemand nach einem Führerschein fragt. Das Städtchen Prescott liegt zwischen der 401 und dem Sankt-Lorenz-Strom, und hat Einkaufsgelegenheiten, einen großen Golfplatz, und ödes Ackerland drum herum.



Simon No-Trust-For-No-One hat letzte Nacht herumtelefoniert, und ein paar andere Knochenbeißer-Blutsgeschwister sind hierher gekommen, um sich anzuhören, was letzte Nacht mit diesen ominösen Sicherheitsdienst-Gorillas aus Toronto war.
„… Warum hat er das nicht gleich am Telefon mit denen besprochen?“, fragt Zoe leise Kylah.
„Biste von vorgestern, Zoe?“, flüstert die zurück, „Solche Sachen sagt man doch nicht per Mobiltelefon durch! Da sind gestern sechs Feinde abgemurkst worden, und die kanadischen Cops ermitteln garantiert mittlerweile.“
Zoe erschaudert. Leichen pflastern ihren Weg auf dieser Flucht, buchstäblich.
„Aber da gibt’s doch sichere Kanäle für sowas, oder nicht?“
„Ach, Du, halt' doch die Klappe. Guck' uns doch mal an. Ist ja schon Luxus, dass überhaupt ein paar von uns Telefone haben.“
„Na toll, aber ich sollte meins loswerden.“
„Das is' aber was anderes. Dich wollen wir dem Zugriff der Weberin ja gerade entreißen. Überlass' das Telefonieren mal uns Blutsgeschwistern.“
„Autofahren darf ich auch nicht. Was kommt als nächstes, Einkaufen gehen?“
Kylah guckt Zoe genervt an, „Aber hallo! Stellst Du Dich eigentlich jetzt doof, oder was? Könnte sein, dass mittlerweile eine Vermisstmeldung raus ist! Und wenn dann irgendein Kanadier Dein Gesicht beim Einkaufen wiedererkennt? Warum glaubst Du, dass Du untertauchen solltst?!“
Zoe sinkt tiefer in ihren Autositz, und kaut frustriert auf ihrer Unterlippe rum. Ihre Wut brodelt …
Immerhin war gestern die letzte Vollmondnacht für diesen Monat, das ist jetzt wohl überstanden. Hoffentlich ist der Dreiviertelmond gnädiger zu ihrem Nervenkostüm.

Glücklicherweise müssen für Zoe gar keine neuen Klamotten eingekauft werden, denn die Knochenbeißer-Connections, die sie hier in der Kleinstadt treffen, haben bereits Second-Hand-Klamotten und Schuhe dabei. Vermutlich aus einem Altkleider-Container gemopst, so sehen die zumindest aus.

Unser Stichwort von den Orakelwürfeln für diese Etappe ist Clash Solution, das Aufeinanderprallen einer Lösung, das klingt ja erstmal merkwürdig — vielleicht ist also das Aufeinanderprallen verschiedener Lösungsideen gemeint? Dazu fällt mir was ein:

Nach dem Tanken und dem Frühstück steht der dunkelgraue VW-Bus auf dem Parkplatz des Diner-Schuppens, Zoe und die Blutsgeschwister lungern darin herum, während das Rudel draußen mit den einheimischen Connections redet. Die sehen auch allesamt etwas Penner-mäßig aus, aber haben ausgezeichnete Laune, innige Umarmungen und freundschaftliche Knüffe wurden zur Begrüßung ausgetauscht. Wie als sei dieser kuriose Stamm tatsächlich eine weit verzweigte Familie …

Wenn jetzt eine alternative Lösungsmöglichkeit sich auftut, wie von den Orakelwürfeln prophezeit, dann ist das eine alternative Reisemethode. Sagen wir mal, ein Knochenbeißer-Theurge ist hier mit dabei. Was ist denn das für einer? Die Ironsworn-Tabelle ergeben hierfür, Forester who wants to Undermine a Relationship. Oh wie spannend. Forester bedeutet Förster, hier wahrscheinlich im weitesten, inoffiziellen Sinne. Ein kanadischer Obdachloser, der im Wald lebt und sich auf eigene Faust um den Wald kümmert. Sein Ziel, eine Beziehung zu unterminieren passt natürlich hervorragend zu der erwürfelten Wendung (Clash Solution).

Simon löst sich kurz darauf von dem redenden Grüppchen, und kommt an Zoes Fenster, guckt in den VW rein. Er scheint gemischte Gefühle zu haben bei dem, was er sagen will. Zoe darf Wahrnehmung+Empathie würfeln, um das zu bemerken, durch den frisch gesteigerten Wahrnehmung-Wert hat sie da fünf Würfel. Da sie aber seit letzter Nacht auch auf fünf Rage ist, sind all diese Würfel rot. Und prompt fällt auch ein Brutales Resultat (eine rote Doppeleins)! Der Empathie-Versuch scheitert dadurch automatisch. Stattdessen versucht sie hastig, das alte Autofenster runterzukurbeln, damit Simon mit ihr reden kann, und ist dabei so genervt, dass sie mit der freien Hand unwillkürlich die ganze Fenterscheibe rausbricht! Die poltert auf den Asphalt und zerplatzt vor Simons Füßen!
„Zoe!“, zischt Kylah, alle sind erschrocken.
„Ich … das wollte ich nicht …“
Simon tritt an das nun offene Fenster heran, und grinst, „Das wird jetzt aber schön frisch auf der Weiterfahrt!“
„Oh nein …“, jammert Zoe, „ich habe mich nicht im Griff, das war doch nicht …“
Simon hebt beschwichtigend die Hände, und sagt, „Ist nicht so schlimm. Hör' jetzt erstmal zu: Das da hinten ist Crash Site, einer unserer kanadischen Stammesbrüder. Der ist mit den Blutsgeschwistern mit hierher gekommen, um anzubieten, Dich auf einer Alternativ-Route zum Ziel zu bringen.“
„Ich sehe gar kein Auto bei denen …“
„Eine ganz, ganz andere Route, Zoe“, raunt Simon, „... durch die Geisterwelt. Crash Site ist ein bekannter Seher, er kennt viele Mondpfade dort.“
„Ist das einer Deiner blöden Witze, Simon?“, fragt Kylah.
Der schüttelt mit Bestimmtheit den Kopf, „Vielleicht kämt Ihr tatsächlich durch die Umbra schneller an den Zielort als hier mit unserer ollen Karre. Dann müssten wir uns aber aufteilen. Das Rudel könnte ja theoretisch mitkommen, aber die Blutsgeschwister eben nicht. Wir müssten dann mit dem Van nachkommen, dann treffen wir uns erst in New Hampshire wieder.“
„Ich … ich versteh' wirklich kein Wort von dem, was Du da sagst, Simon“, sagt Zoe verschüchtert, und wird dann plötzlich ungewollt lauter, „kein verdammtes Wort!!“
„Du musst sowieso Fuß in die Umbra setzen, das wäre vielleicht eine gute, erste Gelegenheit! Die Welt der Geister, verstehste? Der Ort, wo beispielsweise Massalfassars unsichtbare Verbündete herkommen!“
„Und dann bin ich allein mit Eurem Stammes-Kumpel? Ohne Kylah?!“
Kylah guckt Zoe von der Seite an, etwas überrascht. Mit solchen Bekundungen von Zugehörigkeitsgefühl hatte sie offensichtlich nicht gerechnet.
„Ihr trefft Euch ja wieder in der Fleischwelt, sobald alle jeweils New Hampshire erreicht haben.“
„Fleischwelt?!“
„Es gibt zwei Realitäten, Zoe. Fleischwelt und Geisterwelt.“
„Ihr habt einen Knall mit Eurem esoterischen Mumbo-Jumbo die ganze Zeit! Ihr seid sowas wie moderne Steinzeitmenschen!“, faucht Zoe.
„Ja, klasse, beleidige die Knochenbeißer“, sagt Simon, jetzt auch angepisst, „Sieh' aber bloss zu, dass Du am Zielort einen anderen Tonfall anschlägst! Unser verbündeter Stamm findet sowas gar nicht gut!“
Five Lousy Bucks wirft ein, „Jetzt werd' Du nicht auch noch arschig, Simon! Reicht ja, wenn unsere Ahroun arschig ist, und die kann nicht anders.“
„Ja, hast Recht“, sagt Simon entschuldigend, „So, Zoe, ich bin hier das Alpha, ich sage, was gemacht wird. Wir stellen Dich jetzt Crash Site vor, und der erklärt Dir die Reiseroute, die Ihr gehen könnt. Dann entscheidest Du, ob Du Dich das traust.“

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #23 am: 23.11.2024 | 20:33 »
Crash Site ist ein sehniger, kompakter Typ, mit buschigen Brauen und einem Zottelbart, und einem vielmals geflickten, dunkelgrünen Förstermantel. Auch an seiner Kluft sind zahlreiche kleine Talismane aus Knöchelchen und Schrott befestigt. Er hat viele tiefe Narben im Gesicht.



Crash Site, Theurge vom Stamm der Knochenbeißer


Er besieht sich Zoe wohlwollend, als sie sich unsicher nähert.
„Was isse für eine?“, sagt er vergnügt, „Sieht ein wenig so aus wie eine Schickimicki-Reinblüterin.“
„Ja, findest Du auch, oder was?“, fragt Ribkick neugierig, „Die ist doch irgendwie gezüchtet!“
„Ich würde ja drauf tippen, dasse ein Fenris ist!“, nickt Crash Site bedächtig, „Hat sowas Deutsches an sich! So blond und 'n büschen arrogant und so! Haste'n deutschen Nachnamen gehabt, Neue?“
„Nee, voll nicht“, sagt Zoe, sie ist befremdet von dem Gespräch, „wieso eigentlich gehabt? Mein Nachname ist Matherson!“
Crash Site winkt ab, „Ja ja, wir könn' ja Dein' früheren Namen noch benutzen, bisde Dein' wirklichen Namen gefunden hast. Aber Deine Vergangenheit im Apparat der Weberin is' tot, das glaub' mal, Neue. … Ich würd' schätzen, Gezücht des Fenris! Gibt viele deutschstämmige Familien in Minnesota, nich' sehr weit von Deiner Heimatstadt. Kann gut sein, dass die in Detroit einen Verlorenen Welpen zurückgelassen haben. Na, die Onkel und Tanten Knochenbeißer sind ja da, um die Kastanien aus'm Feuer zu holen!“
Simon bittet, „Erklär' doch Zoe bitte, wie das geht mit der Reise über die Mondpfade, Crash Site-rhya!“
„Jau“, sagt der Bärtige, „ich bring' Dich sicher durch die Umbra, keine Sorge, bist nicht das erste Findelkind, das ich abliefer'. Einma' quer durch das Reich der Gedanken, Erinnerungen, Instinkte, den wundervollen Schrotthaufen der Menschheitsgeschichte, wa? Luna weist uns den Weg, es is' jetz' Dreiviertelmond, da sind die Mondpfade hell, und leicht erkennbar. Wenn die Mondinnen Lieder oder Geschichten hören wollen im Tausch gegen ihren Schutz, dann weiß ich schon welche, passend für diese Jahreszeit. Der November is' eine gute Jahreszeit für Geschichten. Euer Zielort is' kein Caern, da führt keine Mondbrücke hin. Aber ich kenn' kleine Mondpfade, die inne Nähe von dort führen. Wir kommen dann in White Mountain National Forest raus, unweit von Crawford Notch State Park. Is' scheiße schön dort, da war ich schon oft. Das is' dann nur noch'n Fußmarsch von 'ner halben Stunde.“
„Ist das alles so 'ne Art Metapher für irgendwas?“, fragt Zoe. Sie versucht, zu erkennen, ob Crash Sites Pupillen geweitet sind, steht der Macker unter Drogeneinfluss oder so?
„Du bist'n Erbe beider Welten, Neue“, sagt Crash Site geduldig, „Und es is' viel besser, Dir das zu zeigen, als zu versuchen, Dir das Unerklärliche zu verklickern. Das Verständnis für all das is' Dir aberzogen worden, musste wissen, von den Kräften der Weberin. Jetz' erlebste erstmal das, was die Sterblichen gern ‚Kulturschock‘ nennen.“
„‚Steinzeitmenschen‘ hat sie eben gesagt“, grinst Simon.
Crash Site zuckt die Schultern, aber ohne zu lachen, „Ach, wär' es doch nur so! Die hätten keine Schwierigkeiten gehabt nach'm Erwachen! Dass diese verlogenen Zeiten unsere Lebzeiten sein müssen, wa? Scheiß drauf, unsere Instinkte führen uns auf'n Weg! Du kriegst das schon verknust, durch die Umbra zu gehen, Neue. Wirst schon nicht gleich zur Mondsüchtigen deswegen.“
„Ich versteh' das alles nicht …“, setzt sie an.
„Dat hat auch mit Verstehen gar nich' mal so viel zu tun, Neue“, sagt Crash Site einfühlsam, „Logischer Verstand is' ein Werkzeug der Weberin. Wir gehen jetz' auf einen Pfad des Wylden. Der muss gefühlt werden, nich' unbedingt begriffen. Du wirst sehen, was ich meine, wenn ich Dir inne Umbra rein geholfen hab'.“

Also muss Zoe sich entscheiden, wie die Reise weitergeht auf der letzten Etappe! Crash Site sieht trotz allem wohlmeinend aus, und er scheint genau zu wissen, wovon er redet. Und natürlich ist Zoes Neugier geweckt, was diese Traum-Reise betrifft, die er vorschlägt.
Soll ich da was würfeln? Hm, nee, ich geh' mal einfach nach Bauchentscheidung:


„Ich … ich will bei Kylah bleiben!“, sagt Zoe kleinlaut.
Simon sagt verdutzt, „Aber die kommt doch nach, zusammen mit uns.“
„Ist mir egal … die war bisher die einzige, die diese ganze Zeit über für mich da war.“
Simon sieht die verblüffte Kylah an, und sagt, „Na, was sagt man dazu? Sieht aus, als würde Zoe gerne angepampt, Kylah!“
„Ach, halt' Du doch die Fresse!“, pampt sie ihn an.
„Na schön, versteh' ich ja!“, sagt Crash Site, „Is' scheißen-viel zu lernen auf einmal, nach'm Erwachen. Weiß ich selber noch genau, wie das bei mir war. Aber dann heißt's weiterhin, schön unauffällig bleiben, Neue! Dass die Spinnenfinger der Weberin Dich ja nich' kriegen, und auch nich' die Greifarme des Wyrm! Ihr passt ma' schön weiter auf die auf, No-Trust-For-No-One!“

„Ich wär' im Übrigen dankbar, wenn man mich ganz normal mit meinem Namen anreden würde“, grummelt Zoe auf dem Rückweg zum VW-Bus, „nicht mit Neue, oder Verlorener Welpe, oder … was war das? Fenris?“
„Die Namen aus dem Menschenapparat sind Schall und Rauch“, sagt Ribkick unbeeindruckt.
„Und überhaupt, mir hast Du gesagt, dass Du nicht mal Zoe heißt“, sagt Kylah beim Einsteigen.
„Klar heiß' ich Zoe. Das ist mein zweiter Vorname.“
„Was is'n Dein erster Vorname?“, fragt 'Shrooms.
„Kannst Du Dir eh nicht merken, Annie Lennox“, sagt Zoe biestig, „Hast Du selber gesagt! … Jennifer heiß' ich mit erstem Vornamen. Relativ dämlich. Hab' meine Eltern schon als Kind dazu gebracht, meinen zweiten Vornamen als Rufnamen zu verwenden.“
„Na, siehste?“, sagt Ribkick amüsiert, „Schall und Rauch! Die selbstgewählten Namen sind die besten!“
„Selbst wenn man Ribkick heißt?“, grummelt sie.
Besonders, wenn man Ribkick heißt! Den Namen habe ich schon vor meinem Aufnahmeritus gefunden! Hab' nämlich ein paar klasse Rippen-Tritte ausgeteilt, als die Knochenbeißer mich auf den Ritus vorbereitet haben nach meinem Ersten Wandel, damals im Caern! Da waren sich alle einig, dass die große Klasse waren, diese Rippen-Tritte.“

Soundtrack: Citokid, Road Movie
https://www.youtube.com/watch?v=AHVUGXp40VQ

Dementsprechend wird es kein Wurf auf Geistesschärfe+Enigmas, um durch die mysteriösen Umbra-Reiche zu finden, sondern erneut ein Wurf auf Geistesschärfe+Zurechtfinden, um dem mondänen Highway zu folgen. Heute geht’s durch das wimmelige Montreal, und dann zurück in die USA, auf die Route 91, und ins szenische New Hampshire. Hank und Simon würfeln wie bisher für das Erreichen eines Waypoint nach den Ironsworn-Regeln. Sie kriegen immerhin noch sechs Erfolge zusammen. Die Challenge Dice rollen, und diesmal resultiert nur ein Weak Hit. Immerhin, das bringt unseren Fortschritt auf neun, allerdings diesmal auf Kosten von Supply. Supply ist eine Ironsworn-Regel, die ich bisher nur unkonkret konvertiert habe, aber narrativ bedeutet das an dieser Stelle naheliegenderweise, dass Simons Scheinbündel von den Ältesten mittlerweile fast aufgebraucht ist. Der olle VW nimmt schließlich ordentlich Benzin.

Aber mit neun eingespielten Punkten Fortschritt ist es ziemlich wenig riskant, zu versuchen, die Reise abzuschließen. Das machen wir mit dem Move Reach Your Destination. Die Challenge Dice werden hierbei gegen den Fortschritt gerollt, und unterwürfeln beide neun, also ein Strong Hit! Na dann:

Im Verlauf des Tages kommen die Reisenden gut durch, kaum Stau auf Höhe von Montreal, kein Stress beim Grenzübergang, und sonniges Herbstwetter auf der Route 91 auf dem Weg nach Süden. Vermont und New Hampshire sind wunderbar, die Autobahn schlängelt sich durch weitläufige Hügellandschaften, die dicht bewaldet sind. Viele der Wälder stehen noch in rotem und gelben Laub, das in der Herbstsonne fast unwirklich schön leuchtet.


« Letzte Änderung: 23.11.2024 | 21:08 von Schalter »

Offline Schalter

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #24 am: 23.11.2024 | 22:13 »
Soundtrack: Blue Man Group, Piano Smasher
https://www.youtube.com/watch?v=-JFBllGmG9M

Im Süden des White Mountain National Forest ist schließlich der Crawford Notch State Park ausgeschildert. Mittlerweile ist der VW-Bus auf recht einsamen Sträßchen unterwegs, die Touristen-Saison ist längst vorbei, im Abendlicht wirkt alles etwas unwirklich. Hank schimpft leise hinterm Steuer, weil er sich immer wieder verfährt, einmal endet die verwahrloste Kiesstraße sogar im Nirgendwo, und sie müssen eine Viertelstunde zurück fahren, und eine andere Route finden. Ein funktionierendes Navi hat natürlich keiner der Knochenbeißer. Möglicherweise würde ein Navi hier nicht mal sonderlich helfen, die Sträßchen und Wirtschaftswege in diesem Wald sind wahrscheinlich nicht einmal genau erfasst.

Was ist das Stichwort für die Anfahrt zum Zielort? Guard Corruption, sagen die Orakelwürfel. Interessant, mit Corruption müssen die Kräfte des Wyrms gemeint sein. Aber werden sie bewacht, oder bewacht jemand das Gelände gegen sie? Letzteres, entscheidet das Orakel. Na dann:

Es ist mittlerweile wieder ganz dunkel, gegen 18.00 Uhr. Hank und Simon haben jenseits eines winzigen Dörfchens endlich die Kiesstraße gefunden, die sie zum Grundstück der Verbündeten bringt. Zoe ist hoch gedämmert, und mittlerweile wieder hellwach. Ihre fünf Punkte Rage machen sie obendrein mächtig nervös.
Der Van passiert ein völlig verfallenes, von Efeu überwuchertes Steinmäuerchen, in dem ein großes, rostiges Eisentor sperrangelweit aufsteht. Zoe und Kylah erschaudern wortlos bei dem Anblick. Dies scheint die äußere Begrenzung des Privatgeländes zu sein.



Plötzlich zuckt eine riesige Gestalt durch die Scheinwerfer des Van — ein sehr massiges, sehr schnelles Tier hat die Kiesstraße überquert! Hank geht erschrocken in die Eisen.
„Was war das?!“, fragt Lousy Five Bucks, und die Knochenbeißer wechseln aufgeregt ein paar Worte in ihrer archaischen Geheimsprache.
Hank fährt verunsichert wieder an. Jenseits des Scheinwerferlichts des Bus lösen sich große Gestalten aus der Finsternis des Waldes, und trotten langsam um das Fahrzeug herum. Schnüffeln misstrauisch. Auf ersten Blick könnten es Bären sein, aber Zoe ahnt mit einem Schaudern, dass es Werwölfe sind, in dem, was Crinosgestalt genannt wird. Ihr Fell ist dunkelgrau oder pechschwarz.
„Wir haben ja das Geheul der Vorstellung vergessen!“, sagt Do-Not-Eat-The-Shrooms erschrocken, „Scheiße! Das wär' doch mein Job gewesen!“
„Aber die wissen doch eh, dass wir kommen!“, raunt Simon.
„Die stehen hier auf Traditionen, die sind verdammt nochmal alter Adel!“, zischt die Galliard, kurbelt ihr Fenster runter, und reckt ihren Kopf raus, und ihre Kehle stößt ein Geheul aus, das von einem Wolf zu stammen scheint. Sie klingt sehr unsicher dabei.
Aus der Finsternis grollt und schnarrt es, dass sich in Zoe alles zusammenzieht.
„Das wird das Rudel ihrer Wachen sein“, sagt Ribkick zögerlich, „Die wollen die Jagdgründe gegen den Wyrm verteidigen.“
„Aber jetzt habe ich doch das Geheul gebracht! Ich hab' uns vorgestellt …“, krächzt 'Shrooms.
Simon befiehlt nervös, „Immer schön langsam weiter fahren, Hank. Wenn die was wollen, dann werden sie sich schon bemerkbar machen.“
„Ja, indem sie gemeinsam den Van umkippen“, knurrt Ribkick, „Mensch, 'Shrooms, hättest Du echt früher dran denken können. Die sind hier draußen alle Scheiß-Traditionalisten!“
Zoe versucht, einen klaren Blick auf die Silhouetten draußen zu erhaschen. Das Fenster neben ihrem Sitz, das sie heute morgen kaputt gemacht hat, ist mittlerweile mit einem Müllsack und Gaffertape abgeklebt, gegen den Fahrtwind, so dass sie den Hals wenden muss, um draußen was sehen zu können. Mehrmals springen ihr goldbraun reflektierende Lichter ins Auge, welche den Van umkreisen, im Scheinwerferlicht blinken sie auf. Wolfsaugen.
„Aber siehst Du, Zoe?“, sagt Lousy Five Bucks, und versucht, ermunternd zu klingen, „Das ist hier alles prima bewacht! Wenn wir der Feind gewesen wären, hätten die uns längst den Garaus gemacht! Hier kommt kein Verfolger so leicht rein.“
Zoe nickt verschüchtert.
Der Wagen hält vor einem neuerlichen Tor, dieses ist Teil eines sehr hohen Eisenzauns mit brutal aussehenden Spitzen, und es ist geschlossen. Eine Weile warten sie schweigend, allesamt scheiße nervös.
„... Gibt’s da 'ne Gegensprechanlage? Geht das automatisch auf?“, fragt Zoe ungeduldig.
„Nee nee, die sind auch keine besonders großen Freunde der Weberin hier“, sagt Simon, „nur Geduld. Wir sind ja angemeldet, da kommt sicher bald wer, um uns aufzumachen.“
Jenseits des massiven Eisentors sieht Zoe hellorange Lichter zwischen den dichten, kahlen Ästen. Das müssen die Fenster eines großen Gebäudes in der Dunkelheit sein.

Tatsächlich erscheinen daraufhin mehrere Menschen, sie sind in Mäntel gekleidet, darunter haben sie dunkle Anzüge an wie Hausdiener. Sie öffnen die schweren Eisenpforten, und einer kommt an Hanks Fahrerfenster, und wechselt ein paar Worte mit ihm, so gedämpft, dass Zoe fast nichts versteht. Hank stottert vor Nervosität. Dann winkt der Diener ihn zackig durch das Tor. Als sie es passiert haben, hört Zoe, wie es schwer wieder hinter ihnen zuschlägt. Sie fahren die überwucherte Kiesstraße weiter hinauf. Vor ihnen erscheint ein imposantes Gebäude, eine altehrwürdige Villa, in viktorianischem Baustil. Sie wirkt recht verfallen und sehr unmodern, auch alle Gartenanlagen herum scheinen verwildert. Es wirkt auf Zoe wie ein dunkler Traum. Gerade öffnet sich das große Eingangsportal, und mehrere gut gekleidete Silhouetten erscheinen dort. Der Bus hält vor dem Gebäude.



„Okay, lasst uns aussteigen“, raunt Simon, etwas verhalten, „Ribkick und ich übernehmen erstmal das Reden. Wird Dir womöglich hier gefallen, Zoe! Die Schattenherrscher wissen, wie man stilvoll lebt!“