Pen & Paper - Spielsysteme > Systemübergreifende Themen
Ich breche eine Lanze für Kaufabenteuer
flaschengeist:
--- Zitat von: Namo am 6.01.2025 | 20:41 ---Von daher ist wirklich auch worüber wir hier reden. Ich habe früher einige erlebt, die sich für tolle Improvisatoren gehalten haben und Abenteuer dadurch auch nur ne halbe Stunde vorher überhaupt mal kurz vorbereitet haben. Natürlich ist da immer ein Spieleabend bei heraus gekommen. Aber passiert das mehrmals hintereinander fühlt sich das dann doch als Spieler oft spürbar lame an. Ich finde man merkt schon, ob sich jemand viele Gedanken gemacht hat oder nicht. Und dann sind da wirklich ein paar Menschen, die wirklich gesegnet sind und tolle Momente und Atmosphäre aus dem Arm schütteln können. Aber ich nehme an, dass sich viele irgendwo in der Mitte bewegen und die Wahrnehmung jeweils nur eine andere ist.
--- Ende Zitat ---
Namos Beitrag hat einige Überlegungen bei mir in Gang gesetzt, die ich hier teilen möchte, um den Nachbarthread nicht zu derailen:
Aktuell spiele ich in drei Runden, die auf Kaufabenteuern basieren. Ein SL leitet stark „by the book“, einer passt das Abenteuer sehr an und der dritte improvisiert mittelviel. Auch in meiner eigenen SL-Karriere habe ich stets selbst geschriebene Abenteuer verwendet (die Inhalte sind also wenig improvisiert) oder geeignete Kaufabenteuer modifiziert (je weniger ich anpassen muss, desto geeigneter finde ich es).
Namo spricht mir aus dem Herzen, weil ich rückblickend in meiner rund dreißigjährigen Rollenspielzeit im Durchschnitt deutlich mehr Spaß an gründlich vorbereiteten Abenteuern hatte, als an stark improvisierten Geschichten. Und ich denke, er hat auch die wesentliche Ursache erkannt: Bei Improvisation kann ein Mensch immer nur aus seinem eigenen Repertoire schöpfe, das notwendigerweise begrenzt ist. Früher oder später werden daher Spieler in jeder Improvisation (darunter auch typische Abenteuerstrukturen sowie Herausforderungen) Muster erkennen. Ab diesen Punkt wird die Improvisation eines SL für mich tendenziell „lame“, um Namos Formulierung aufzugreifen.
Insofern breche ich eine Lanze für begrenzte Improvisation auf Basis gründlicher Vorbereitung sowie für die Verwendung von vorgefertigten Abenteuern (wobei ich Abenteuer verschiedener Autoren empfehle, sonst entsteht leicht das gleiche Problem wie beim alllzu freien Improvisieren).
PS
Mir ist klar, dass manche SL diese Lanze allein deshalb nicht verwenden können, weil sie vier-fünfmal die Woche unterschiedliche Runden leiten (Respekt dafür!).
PPS
Genau genommen breche ich eine Lanze für vorgefertigte Abenteuer aber für den Titel fand ich Kaufabenteuer eingängiger.
tartex:
--- Zitat von: flaschengeist am 7.01.2025 | 14:39 ---Namo spricht mir aus dem Herzen, weil ich rückblickend in meiner rund dreißigjährigen Rollenspielzeit im Durchschnitt deutlich mehr Spaß an gründlich vorbereiteten Abenteuern hatte, als an stark improvisierten Geschichten. Und ich denke, er hat auch die wesentliche Ursache erkannt: Bei Improvisation kann ein Mensch immer nur aus seinem eigenen Repertoire schöpfe, das notwendigerweise begrenzt ist. Früher oder später werden daher Spieler in jeder Improvisation (darunter auch typische Abenteuerstrukturen sowie Herausforderungen) Muster erkennen.
--- Ende Zitat ---
Ich würde mal behaupten das hat nichts mit Kaufabenteuer oder Selbstgebastelt zu tun, sondern mit der Intensität der Vorbereitung.
Ich hatte Spielleiter, die hatten das Kaufabenteuer nicht vorbereitet, und haben möglichst Tempo runtergenommen, damit es niemanden auffällt, dass sie selbst nicht wissen, wie es weitergehen soll. Oder halt im Kaufabenteuer improvisiert - öfters auch weil nicht abgedeckt war, was die Spieler plannten.
Und ich hatte Spielleiter, die haben wochenlang an ihren eigenen Abenteuern gefeilt und sich extreme Mühe gegeben, dass alles darin neu, einzigartig und spannend ist.
Somit schließe ich mich deinem PPS an.
Improvisieren kann sehr vorhersehbar werden, aber Kaufabenteuer können auch sehr vorhersehbar werden. Beides langweilt mich dann.
Edgar Allan Poe:
Ich sehe das ähnlich. Ich bin auch skeptisch, wenn ich lese, dass sich viele Leute eher Handlungsrahmen wünschen (im Sinne von: Welche Fraktionen leben am Abenteuerstandort? Was wollen sie? Welche NPCs leben dort? Wie sind sie miteinander verwandt? Und so weiter), als ein vorgefertigtes Abenteuer.
Die mit Abstand besten Spielabende, hatte ich mit Kaufabenteuern, die einer Handlung folgten. Natürlich kann man teilweise von dieser Handlung abweichen, wo dann der Spielleiter sein Improvisationstalent unter Beweis stellen kann ... aber wenn man eine Linie hat, an der man sich im schlimmsten Fall entlang hangeln kann, ist das Ergebnis - das behaupte ich - für alle am Tisch besser.
Das bedeutet aber natürlich auch, dass eine gute Vorbereitung nötig ist. Ohne eine gute Vorbereitung, geht der Abend in die Binsen.
Boba Fett:
Ich habe in der letzten Zeit mehr Kaufabenteuer als selbst erdachte gespielleitert und bin inzwischen wieder davon abgekommen.
Kaufabenteuer haben Vorteile, weil Sie unerfahrenen Spielleitern durchaus Hilfestellungen geben können.
Ausserdem braucht man weniger Kreativität und Schöpfungskraft. Gerade in Zeiten, wo man im Leben Stress genug hat, kann das von Vorteil sein.
Und wenn man sich einer neuen Spielwelt nähert, finde ich es gut, wenn man dann ein paar Abenteuer hat, die einem zeigen, wie denn die Autoren sich die Spielinhalte vorgestellt haben.
Andererseits bekomme ich eben ganz oft auch Inhalte in Kaufabenteuern, die mich unzufrieden machen.
Gerade, wenn man eine ganze Kampagne spielt, kann deren Verlauf frustrierend sein.
Klar kann man da Dinge variieren und anpassen, aber dann muss man auch berücksichtigen, ob das nicht die ganze Kampagne über den Haufen wirft.
Ein weiteres Ding, das mich ganz oft ärgert ist eine unglaublich schlechte Struktur in Kaufabenteuern, weil es keine Übersichtlichkeit gibt, wichtige Dinge in irgendwelchen Fließtexten verborgen sind, und ein großes Larifari um stimmungs-schaffende Texte gemacht wird, die nachher ohnehin niemand außer dem Spielleiter zu lesen bekommt. Wenn Kochrezepte wie Kaufabenteuer geschrieben wären, würden wir alle (stimmungsvoll) verhungern.
Ich gehe deswegen jetzt wieder von den Kaufabenteuern weg und spielleitere vorwiegend selbst erdachte. Wobei ich mich manchmal auch von Kaufabenteuern inspirieren lasse, was den Adventure-Hook angeht.
Und wenn man genug Abenteuer-Ideen hat und sich die Mühe macht, die Spielwelt (und das Regelwerk) gut zu kennen, dann ist das erschaffen von eigenen Abenteuern auch kein Problem - vor allem hat man dann auch genug an der Hand um das Abenteuer im Verlauf flexibel zu gestalten, weil genug Wissen für Improvisation existiert.
tartex:
Mein Problem mit dem Leiten von Kaufabenteuern ist, dass ich dabei recht viel Zeit ins Auswendiglernen und/oder Strukturieren von Inhalten investiere, die ansonsten ins Zuschneiden auf spezielle SCs stecke.
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
Zur normalen Ansicht wechseln