Autor Thema: Konstruktive Kritik zu Rollenspielprodukten - wie sieht sie aus?  (Gelesen 1388 mal)

Bad_Data, Zed und 5 Gäste betrachten dieses Thema.

Offline HEXer

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Aber wenn ich als Beispiel irgendwo sage: „Regel xy gefällt mir nicht, weil sie meiner Meinung nach an anderer Stelle ein Problem verursacht. Ich habe aber auch gerade keine Idee, wie es besser ginge.“
Die Kritik ist weder konstruktiv noch unhöflich oder unfreundlich. Vielleicht bin ich unsensibel, aber ich finde an Kritik wie dem Beispiel nichts Schlimmes…
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Offline Weltengeist

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Wenn ich mir persönlich was wünschen dürfte, dann wäre es weniger, dass man sich bei Unzufriedenheit nicht äußert, sondern dass man das nur dann tut, wenn man auch regelmäßig seine Zufriedenheit kundtut.

Es gibt ja irgendwo die Faustregel, dass man für jede Kritik dreimal gelobt haben sollte - es muss ja nicht beim gleichen Produkt sein, aber so grundsätzlich. Wenn das jeder beherzigen würde, dann käme in der Summe bei allen Kreativen auch genug Positives an, dass sie die Motivation gehalten.
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Offline Skaeg

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Aber wenn ich als Beispiel irgendwo sage: „Regel xy gefällt mir nicht, weil sie meiner Meinung nach an anderer Stelle ein Problem verursacht. Ich habe aber auch gerade keine Idee, wie es besser ginge.“
Das ist konstruktiv. Auf ein bestimmtes Problem aufmerksam zu machen, insbesondere wenn man ansonsten auch Dinge lobend hervorhebt, die gut funktionieren, ist völlig in Ordnung. Man muss keine "Lösung" direkt parat haben.

"Lösungsvorschläge" sind paradoxerweise nicht immer konstruktiv. Wenn man z.B. ein neues System bespricht, das OSR-Spielstile bedienen soll, aber mit W12, vier Attributen (oder sowas) funktioniert, ist "Pfff, wer braucht  sowas, schreib' doch lieber 'nen Retroklon!" nicht konstruktiv. Vice versa auch nicht.

Konstruktive Kritik besonders bei kreativen Vorhaben erfordert, sich ein Stück weit in den Kritisierten hineinzuversetzen und zu erkennen, was er erreichen will. Und dabei sollte die Kritik ihm idealerweise helfen.
« Letzte Änderung: 12.01.2025 | 19:36 von Skaeg »
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Offline HEXer

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Das ist konstruktiv. Auf ein bestimmtes Problem aufmerksam zu machen, insbesondere wenn man ansonsten auch Dinge lobend hervorhebt, die gut funktionieren, ist völlig in Ordnung. Man muss keine "Lösung" direkt parat haben.

Ich war bislang immer davon ausgegangen, dass Lösungsvorschläge dazu gehören. Hab grad noch mal ganz kurz gegoogelt und was ich fand, bestätigt, dass ein Lösungsvorschlag notwendiger Bestandteil von konstruktiver Kritik sei.
(Geht mir nicht ums Rechthaben, nur darum, von der gleichen Sache zu sprechen!)

Ich denke, dann sind wir in der Sache aber ziemlich einer Meinung.
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Offline flaschengeist

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Das lernt man ja immer in Kommunikationskursen, ich bin aber nicht überzeugt, dass das wirklich stimmt. Die Psychologie sagt nämlich auch, dass die meisten Menschen aus einem Gespräch nur EINE Information mitnehmen - tendenziell die ganz vom Anfang oder die ganz vom Ende. Und wenn ich dann die Sandwich-Struktur verwende, dann bleibt primär hängen: "Der fand das toll, was ich mache"... :think:

Das Phänomen nennt sich Primacy/Recency-Effekt (die erste/letzte Information bleibt hängen). Solche Verarbeitungsmuster treten insb. bei knappen geistigen Ressourcen auf (z.B. unter Zeitdruck). Für Menschen, die sich bewusst Zeit nehmen und mental den Inhalt grundsätzlich durchdringen können, sind sie daher irrelevant. Also im Prinzip so:

Ja gut, im ersten Moment. Aber wenn jemand tatsächlich gezielt Kritik durchwatet, um weiter an seinem Projekt zu feilen, liest die Person das ja zweckorientierter, oder ein zweites Mal. Vorausgesetzt er/ sie hat noch Bock danach ;)
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittelgewichtiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline Weltengeist

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Das Phänomen nennt sich Primacy/Recency-Effekt (die erste/letzte Information bleibt hängen). Solche Verarbeitungsmuster treten insb. bei knappen geistigen Ressourcen auf (z.B. unter Zeitdruck). Für Menschen, die sich bewusst Zeit nehmen und mental den Inhalt grundsätzlich durchdringen können, sind sie daher irrelevant.

Für schriftliche Kritik bin ich da bei euch.

Meine Reaktion bezog sich eher auf dieses Standard-Mantra aus Kommunikationsseminaren, die sich ja meist auf verbale Kommunikation von Kritik (Feedbackgespräche etc.) beziehen. Aber ihr habt Recht, das ist im Kontext dieses Threads eher nicht das typische Szenario.
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Offline flaschengeist

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Meine Reaktion bezog sich eher auf dieses Standard-Mantra aus Kommunikationsseminaren, die sich ja meist auf verbale Kommunikation von Kritik (Feedbackgespräche etc.) beziehen. Aber ihr habt Recht, das ist im Kontext dieses Threads eher nicht das typische Szenario.

Und an der Stelle passt es super :d, da Feedbackgespräche für viele Menschen Stresssituationen darstellen und die Informationsverarbeitung gestört ist, weil der Stress "cognitive load" verursacht.

Edit:
"Lösungsvorschläge" sind paradoxerweise nicht immer konstruktiv. Wenn man z.B. ein neues System bespricht, das OSR-Spielstile bedienen soll, aber mit W12, vier Attributen (oder sowas) funktioniert, ist "Pfff, wer braucht  sowas, schreib' doch lieber 'nen Retroklon!" nicht konstruktiv. Vice versa auch nicht.

An der Stelle melde ich Zweifel an, ob hier auf der Inhaltsebene kommuniziert wird oder ob das nicht vielmehr eine als Lösungsvorschlag getarnte Abwertung ist. So käme es jedenfalls bei mir definitv an, wenn ich ein zu einem Werk das Feedback erhalte "Das braucht keiner, mach lieber was anderes".
« Letzte Änderung: 12.01.2025 | 21:28 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Offline Skaeg

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Ich war bislang immer davon ausgegangen, dass Lösungsvorschläge dazu gehören. Hab grad noch mal ganz kurz gegoogelt und was ich fand, bestätigt, dass ein Lösungsvorschlag notwendiger Bestandteil von konstruktiver Kritik sei.
Dann taugt Google nix.  ;D
Scherz beiseite: Die Idee, dass man als Zuhörer/Empfägner/Kritiker die bessere Lösung gleich parat haben muss, ist unrealistisch und damit kontraproduktiv. "Das funktioniert für mich noch nicht so richtig, weil XY. Vielleicht kannst du noch mal über Ideen nachdenken, wie es besser geht?" ist in Ordnung. Gar nicht mal so selten kommt dann vielleicht auch gleich die Antwort "Ja, ich hatte als Alternative schon YZ im Hinterkopf, funktioniert das besser?"
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Offline Weltengeist

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Dann taugt Google nix.  ;D

Ihr widersprecht euch doch gar nicht.
Skaeg sagt: "Ein Lösungsvorschlag muss noch lange nicht konstruktive Kritik sein."
HEXer sagt, dass Google sagt: "Konstruktive Kritik muss immer einen Lösungsvorschlag enthalten."

Das ist kein Widerspruch. Ein Mathematiker würde sagen: Der Lösungsvorschlag ist also eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung für konstruktive Kritik.
 ;)
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Offline unicum

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Hallo zusammen,

zu meinen Paranoia Missionen, siehe https://www.tanelorn.net/index.php/topic,114002.200.html oder direkt https://drive.google.com/drive/folders/1lRD3Vapzj11h-pAoT9r7_wX_0MrK9aJm?ths=true habe ich bisher leider, das Paranoia RPG ist zwar bekannt aber selten gespielt, nur ein Mal ausführliches Feedback bekommen.
Das war kritisch und ich fand die Kritik recht harsch. Aber als ich dann damit begonnen habe die kritisierten Punkte, vor allem im Layout, zu korrigieren habe ich festgestellt dasder Kritiker durchaus recht hatte.
Ich glaube ich hätte mir erst eine kleine Anerkennung "Schön das du etwas gemacht hast und es Anderen zur Verfügung stellst." und dann erst die Kritik gewünscht.

Gruß Jochen

Ich hatte mal ein Seminar zum Thema "Wie man jemand so richtig fertigmacht!" - äh nein der titel war "Moderne Menschenführung" aber in den ersten paar Minuten wurde "uns" genau sowas gezeigt.

Das war zwar vor über 30 Jahren (mein gott wie die Zeit vergeht) aber es hat mich wirklich geprägt. Eigentlich liest man heute gerade auch in den "sogenannten" sozialen ('?')' Medien - fast nur noch zwei Sorten von "sogenannter" Kritik - das eine ist "toxische" Kritik und das andere ist ... Fanboy/girl verhalten.

Wie man wirklich gut und sachlich Kritisiert ist ziemlich unbekannt. Edith: (ok ich sehe im nachlesen einigen ist es sehr wohl bekannt)

Tatsache ist das ich mittlerweile mir gesagt habe wenn jemand meine Arbeit nicht zumindest im Ansatz würdigt, selbst wenn sie ... schlecht ist ... dann hat er es auch nicht verdient das ich mich mit seiner Arbeit (eine Kritik zu schreiben) beschäftige.

Insofern ich ziehe den Hut vor dir das du diese Kritik trozdem gelesen und sogar zum Teil anhenommen hast.

Eigentlich soll eine echte, konstriktive Kritik immer mit etwas positivem anfangen, alles andere ist in der Wirkung im besten Falle stark eingeschränkt und im schlechtesten falle macht der Kritisierte komplett zu.

So wie ich, ich mache mitlerweile nach dem ersten Satz wenn er negativ ist zu und breche danach die Diskussion ab. Ausnahmen mache ich nur selten.

« Letzte Änderung: 12.01.2025 | 22:56 von unicum »

Offline Eleazar

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Bei mir ist es so, dass es bei mir sofort hakt, wenn ich merke, dass jemand bei mir eine Psycho-Methode anwendet. Bietet man mir den Sandwich Lob-negative Kritik-Lob an, beiße ich wahrscheinlich nicht mehr ab. Ich denke, es ist nicht die Technik einer Kritik, die es wirklich ausmacht.

Aber die meisten von uns sind hier ja hobbymäßig unterwegs. Wir schreiben, malen, fantasieren in unserer knappen Freizeit und schmeißen die Ergebnisse hier gratis auf den Markt. Dafür erwarte ich erst einmal grundsätzliches Wohlwollen und Wertschätzung von der Community. Man weiß ja oft gar nicht, in welcher Phase seiner Karriere ein "Autor" hier gerade ist: Hat da eine 14jährige gerade den ersten Schritt gemacht und ihr Erstlingswerk der Öffentlichkeit präsentiert? Hat da ein alter Recke die Früchte von 30 Jahren Rollenspielerfahrung zusammengefasst? Schreibt da eine Deutschlehrerin oder ein Hauptschüler usw.

Insofern gibt es für mich nie das eine Maß, an dem ich jeden Text messen würde. Einerseits möchte ich natürlich Qualität angeboten bekommen, andererseits aber auch eine gewisse Quantität und gern auch verschiedenes Zeug. Und ich finde es grundsätzlich gut, wenn sich Leute im Hobby kreativ betätigen und nicht nur konsumieren. Das sind vier Dimensionen, die ich schon mal ermunternd, anerkennend durch Lob unterstützen kann.

Der nächste Punkt ist, wie kann ich das Machwerk für mich und vielleicht auch aus Sicht des Schreiberlings optimieren? Was braucht es, damit der Beitrag mir persönlich besser gefällt, oder mehr hilft und welche vermeintlich "objektiven" Verbesserungsvorschläge könnte ich geben?

Und am Schluss kann ich natürlich noch ein differenziertes "Weiter so" mit auf den Weg geben, um zu weiteren Beiträgen zu motivieren.

Womit wir beim klassischen Sandwich wären, der vielleicht doch nicht so blöd ist, wie eingangs behauptet.

Was mich nervt, dass ist so wohlfeile Kritik aus dem Liegesessel: Leute, von denen ich selbst nicht viel Kreatives zu Gesicht bekomme und die dann mit so einem überlegenen Ton der Langeweile andere Texte beurteilen und noch lieber aburteilen. Wenn man etwas so gar nicht mag, dann muss man vielleicht auch nicht drüber reden.

Und was ich nicht mag, ist so eine kategorische, geschmäcklerische Ablehnung nach dem Motto: "Ich mag das einfach grundlos nicht!" Das mag ja so sein, aber dann schreib doch auch nichts dazu.

Ich meine, eine Kritik in so einem Forum sollte dazu dienen, dass der Kritisierte weiter und nach vielleicht sogar besser schreibt. Wir sind ja schließlich nicht in einer Verlagsredaktion.

Offline Skaeg

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HEXer sagt, dass Google sagt: "Konstruktive Kritik muss immer einen Lösungsvorschlag enthalten."
Dem widerspreche ich eben schon. Konkret: Auf ein (möglicherweise noch gar nicht erkanntes) Problem hinzuweisen, ist konstruktiv, auch wenn man selber keine Lösung anbieten kann.

Das sage ich auch aus eigener Erfahrung. Gerade beim Schreiben von Regeln fällt aufgrund einer gewissen Betriebsblindheit oft erst Dritten auf, wenn eine Mechanik einen unerwünschten Nebeneffekt hat, mit einer anderen Mechanik kollidiert oder an gewissen Punkten ins Nichts läuft. Darauf aufmerksam gemacht zu werden, ist wichtig und wertvoll, auch wenn der Kritiker/Spieltester erstmal keine eigene Idee hat, wie das Problem zu beseitigen ist.
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Online JollyOrc

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Dem widerspreche ich eben schon. Konkret: Auf ein (möglicherweise noch gar nicht erkanntes) Problem hinzuweisen, ist konstruktiv, auch wenn man selber keine Lösung anbieten kann.

Aber sie muss dergestalt sein, dass eine Lösung möglich ist.

"Ich finde die Orks da im Setting so nicht ganz passend." - da kann man dann erklären, warum die im Setting sind, das als bewusstes Mysterium erklären, oder oder oder.

vs

"ich finde Orks doof, werde das daher garantiert nicht spielen" - ja gut, dann kann man das auch lassen.
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline felixs

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Ich habe beruflich oft mit Kritik zu tun, sowohl gebend als auch nehmend. Das ist, in beide Richtungen, nicht immer angenehm.
Oft kommt nützliche Kritik in knapp - und damit auch etwas harsch - formulierter Weise. Man hat was davon, sich die trotzdem anzuschauen.
Aber natürlich nicht immer. Es gibt ja auch die erwähnten Fälle, in denen einfach nur jemand Frust ablassen will, vielleicht sogar völlig am Thema vorbei.

Vieles von dem, was hier (zu Recht!) als Verhaltensweise angemahnt wurde, fällt unter die Rubrik "freundlicher Umgang miteinander". Ich denke, das ist auch Konsens.

Gut finde ich auch den Ansatz, dem Kritiknehmer die Annahme einfacher zu machen, indem man "auch was nettes schreibt".
Gleichzeitig kann man das, meine ich, nicht als zu erwartenden Mindeststandard heranziehen, einfach weil das nicht übliche Praxis ist und Leute vielleicht einfach gar nicht wissen, dass sie auf diese Art schreiben sollen. Entsprechend finde ich es unnötig hart, das vorauszusetzen und einzufordern. Werde das aber für mich zum Anlass nehmen, selbst mehr darauf zu achten und das auch anderen empfehlen.

Was - zumindest für mein Empfinden - sehr viel helfen kann, ist auch, wenn Kritik einerseits betont, dass es sich um einen Eindruck handelt, der auch falsch liegen kann. Und andererseits auch, wenn ein bisschen Kontext geliefert wird, so dass nachvollziehbar wird, wie der Kritikgeber auf seine Schlüsse kommt. Der Kritiknehmer hat ja bereits etwas von sich preisgegeben, da fühlt es sich dann oft "fair" an, wenn der Kritikgeber das auch tut. Anders gesagt: Offener Umgang mit Schwachstellen.

Dem widerspreche ich eben schon. Konkret: Auf ein (möglicherweise noch gar nicht erkanntes) Problem hinzuweisen, ist konstruktiv, auch wenn man selber keine Lösung anbieten kann.

Das sage ich auch aus eigener Erfahrung. Gerade beim Schreiben von Regeln fällt aufgrund einer gewissen Betriebsblindheit oft erst Dritten auf, wenn eine Mechanik einen unerwünschten Nebeneffekt hat, mit einer anderen Mechanik kollidiert oder an gewissen Punkten ins Nichts läuft. Darauf aufmerksam gemacht zu werden, ist wichtig und wertvoll, auch wenn der Kritiker/Spieltester erstmal keine eigene Idee hat, wie das Problem zu beseitigen ist.

Ja, das habe ich beim Mitlesen auch schon ein paar Mal gedacht: Natürlich kann ich ein Problem finden und auch ansprechen, ohne eine Lösung zu haben. Alles andere wäre absurd, zumal es für manche Probleme gar keine (gute) Lösung gibt.

Ich würde sogar so weit gehen, dass Kritik aus einem "Bauchgefühl" heraus nützlich ist. Im Beispielfall also z.B. wenn ich zwar nicht genau sagen kann, was da mathematisch nicht funktioniert, aber den Eindruck habe, dass sich das "nicht richtig" anfühlt.
Würde meinen, das es auch in der Verantwortung desjenigen liegt, der die Kritik bekommt (und haben möchte), diese zu steuern. Z.B. durch Nachfrage. Schließlich ist es meist der Autor, der den Text und die Idee dahinter am besten kennt.
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Offline Arkam

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Hallo zusammen,

zusätzliche Worte im Gespräch sind eben Nichts aufwendiges.
Aber in einem Kommentar Zusätzliches zu schreiben ist eben aufwendiger. Von da aus kommt gerade schriftliche Kritik, vielleicht dann noch auf einem Gerät geschrieben das sich für längere Texte eher nicht eignet, wahrscheinlich etwas direkter und härter rüber.

Wenn die eigentliche Kritik dann sachlich und begründet ist lohnt sich das Lesen. Das war bei der Kritik auf die ich mich beziehe der Fall. Zudem machte der Kritiker den Eindruck das er die gesamte Mission gelesen hat. Das ist bei längeren Texten ja auch durchaus nicht selbstverständlich. Zudem war der dreispaltige Text in 9 Punkt Schrift wirklich schwer zu lesen. Ich habe mich beim ursprünglichen Layout am Layout der professionellen Produkte orientiert.

Mein Kritiker hatte viele konstruktive Lösungsvorschläge aber auch ohne diese Vorschläge wäre die grundlegende Kritik "Dein Text ist ganz schlecht lesbar." durchaus hilfreich gewesen.

Gruß Jochen
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Offline unicum

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Wenn mir etwas nicht gefällt - kann ich auch einfach mal die Klappe halten.
Wenn ich dann aber direkt gefragt werde - kann ich auch immer sagen "Deine Zeug ist leider nichts für mich."

Häufig aber gesehen, anstatt die klappe zu halten oder es freundlich zu formulieren kommt "Das ist der größte Mist den ich je gesehen habe!!!!!"
(Ausrufezeichen sind Rudeltiere wie es scheint)

Motivieren ist etwas anderes.

Offline aikar

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Wenn mir etwas nicht gefällt - kann ich auch einfach mal die Klappe halten.
Wenn ich dann aber direkt gefragt werde - kann ich auch immer sagen "Deine Zeug ist leider nichts für mich."

Häufig aber gesehen, anstatt die klappe zu halten oder es freundlich zu formulieren kommt "Das ist der größte Mist den ich je gesehen habe!!!!!"
(Ausrufezeichen sind Rudeltiere wie es scheint)

Motivieren ist etwas anderes.
Jup. Das. Mit Ausrufezeichen als Rudeltieren.  ;D
Und fettem mich.

Aber erschreckend viele Leute scheinen die Investition von kreativer Energie in Projekte, die sie nicht ansprechen, als Provokation und Ressourcenverschwendung zu betrachten, weil man könnte ja stattdessen auch das machen, was ihnen gefällt (Nein, kann man oft nicht, weil es den/die Schaffenden oft einfach nicht interessiert oder die Expertise fehlt).
« Letzte Änderung: 13.01.2025 | 11:24 von aikar »
Für Fans von Aventurien, denen DSA zu komplex ist: Aventurien 5e: https://aventurien5e-fanconversion.de/

Online Mr. Ohnesorge

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Sehe ich auch so. Wir sollten es vermeiden, das hier in unserer kleinen Bubble zu pflegen und stattdessen darauf abzielen, häufiger ppsitives Feedback zu geben (da reicht ja schon  :d oder  :cheer: ) und Kritik freundlich, wertschätzend und nach Möglichkeit konstruktiv zu vermiteln.
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Offline felixs

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Kannst Du - aber wenn ausdrücklich eine Rückmeldung gewünscht ist, dann darf und soll man gern eine solche geben.

Und natürlich ist "gefällt mir nicht, weil es an meinem Geschmack vorbeigeht" auch eine mögliche Reaktion. Daraus kann der Kritiknehmer dann schonmal gewinnen, dass sein Produkt nicht jedem gefällt (falls das noch nicht klar war).

Ansonsten bin ich natürlich auch dafür, freundlichen und entgegenkommenden Umgang miteinander zu pflegen.
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Offline unicum

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Kannst Du - aber wenn ausdrücklich eine Rückmeldung gewünscht ist, dann darf und soll man gern eine solche geben.

Und natürlich ist "gefällt mir nicht, weil es an meinem Geschmack vorbeigeht" auch eine mögliche Reaktion. Daraus kann der Kritiknehmer dann schonmal gewinnen, dass sein Produkt nicht jedem gefällt (falls das noch nicht klar war).

Ansonsten bin ich natürlich auch dafür, freundlichen und entgegenkommenden Umgang miteinander zu pflegen.

Was ich eigentlich im Satz danach auch so ausdrücken wollte,...
"Wenn ich dann aber direkt gefragt werde - kann ich auch immer sagen "Dein Zeug ist leider nichts für mich.""

« Letzte Änderung: 13.01.2025 | 14:03 von unicum »

Offline unicum

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Diese Art, wie Menschen miteinander umgehen, ist für mich ja eine Sache. Klar es demotiviert mich, soweit das ich Texte die ich ins Netz gestellt habe auch wieder entfernt habe (nicht hier aber in einem ... ähnlichen Forum).

Das ist die eine Sache, die andere ist - imho sogar noch schlimmer: ich erwische Mich dabei genauso handeln zu wollen bzw manchmal auch so zu handeln, gerade wenn ich denke "das gegenüber hat so eine Antwort verdient".

Geht fast schon in richtung depression wenn ich dann den Kopf aus der Blase "Wir sind doch alles Rollenspieler hier, egal ob die einen Fate, DSA oder D&D spielen" rausstrecke und mich in der Welt umschaue, Online Zeitungsberichte lese und darunter dann 'Wir haben wegen vieler Verstöße gegen unsere Richtlinen die Komentarfunktion ausgeschaltet'.

Ich bin mir recht sicher das es da draussen viele tolle Sachen gibt welche in irgendwelchen Schubladen (oder auf Festplatten) schlummern die nie das Licht der Welt erblicken weil sie von Menschen geschrieben wurden die eben kein "Dickes Fell" haben. Btw: Ich hab mitlweile keines mehr.

Online Zed

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Ich habe beruflich oft mit Kritik zu tun, sowohl gebend als auch nehmend. Das ist, in beide Richtungen, nicht immer angenehm.
Ich ebenso, und ich dachte, dass ich hier einmal zwei Tools anspreche, die ich in "Eins zu Eins"-Gesprächen gerne anwende.

Der Nutzen dieser Tools ist zwar nur eingeschränkt auf Kritik im Internet übertragbar. Trotzdem gibt es auch im Internet sicher immer wieder Menschen, deren Meinung Dir viel bedeutet - und hier könnten die Tools wieder passen.

Skala der Gewichtung
"Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie wichtig ist Dir dieser Punkt?" - Diese Frage oder ähnliche Skala-Fragen bringen viel Klarheit und Ordnung in Rückmeldungen. Auch beliebt: "Können wir zuerst über die Dinge sprechen, die auf Deiner Gewichtungsskala auf einer 7 bis 10 liegen?"

Mein Beispiel für die  Skala: Ich musste feststellen, dass Leute nicht immer über die Sachen sprechen, die für sie schwerwiegend sind (und die vielleicht kompliziert zu beschreiben sind), sondern häufig erst einmal die Dinge ansprechen, die einfach zu kommunizieren sind. Ich hatte schon Rückmeldungen, die die Leute mit viel Energie/Emotion rüberbrachten, die ich kaum nachvollziehen konnte, weil sie Geschmacksfragen betrafen. Auf meine Frage, wie wichtig der Rückmeldenden dieser Punkt ist, kam die Antwort "Schon eine Zwei...!" - und dann wusste ich einzuschätzen, dass dieser Punkt kein zentraler Punkt ist.

Stellen wir uns dieselbe Sache vor? Bedeuten die Dinge für uns das Gleiche?
Hier lauten die zwei entscheidenden Fragen an den Rückmeldenden: "Wie stellst Du Dir das Ergebnis im schlimmsten Fall vor?" und "Welches Potential hat das Ding im besten Fall für Dich?"

Den Wert dieser Fragen erkannte ich. als es um ein Filmprojekt ging, das in einer öffentlichen Toilette spielte. Es gab einen Rückmelder, dessen Meinung mir sehr wichtig war, und die Gespräche waren einfach nur ermüdend, weil er ständig "Dinge erfand", die ausbremsend und nicht konstruktiv waren. Ich fragte "Wie stellst Du Dir das Ergebnis im schlimmsten Fall vor?" und die Antwort machte deutlich, dass der Rückmelder eine solch riesige Abneigung gegen öffentliche Toiletten hatte, dass kein Filmprojekt ever, das in einer Toilette spielt, je seine Sympathie haben könnte. Dadurch wurde mir klar, dass er bei diesem Projekt so vorbelastet gewesen ist, dass ich bei diesem Projekt auf seine Meinung nicht zählen konnte.

Dieser Fragenkomplex kann zugleich aufdecken, was potentielle Grenzen für einen Teil des Publikums sind. Gefahrenpotential für Unsensibilitäten, für Plattheiten und Klischees, aber eben auch die Chancen oder "das Besondere einer Idee" - das alles können diese "Schlimmster Fall - bester Fall"-Fragen aufdecken.

Offline felixs

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Was ich eigentlich im Satz danach auch so ausdrücken wollte,...
"Wenn ich dann aber direkt gefragt werde - kann ich auch immer sagen "Dein Zeug ist leider nichts für mich.""

Ja, stimmt. Meine Zitierweise entstellt den Sinn Deines Textes. Pardon.
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Offline Galatea

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Der dritte Schritt (potentielle Lösung) ist optional. Wenn man eine hat, toll, wenn man keine hat, auch okay.
Der zweite Schritt (deshalb ist es ein Problem) ist NICHT optional.
Und oft kommen die Leute nicht mal über den ersten Schritt (das ist das Problem) hinaus.
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Offline Katharina

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Ich habe in diesem Topic bislang nur still mitgelesen, 2 Themen möchte ich jetzt aber doch aufgreifen:

1. Ich finde es großartig, dass es im Tanelorn-Forum keine Like-Buttons gibt. Ich verstehe, dass das bisweilen irritierend sein kann und dass man manchmal das Gefühl hat, keiner nimmt einen Beitrag wahr, weil man es aus anderen Medien gewohnt ist, binnen Sekunden mehrere Likes zu erhalten. Für mich überwiegt aber der Vorteil in Form einer höherwertigen Kommunikation als bei anderen sozialen Medien. Ich erinnere mich z.B. an einen Beitrag von aikar zum Myranor-Crowdfunding vor ein paar Wochen (Monaten?), der mir gut gefallen hat. Auf Discord hätte ich wohl einfach Like geklickt, hier habe ich ein paar Sätze dazu geschrieben, was mir gefallen hat, weil es eben keine Like-Funktion gab.

Hinzu kommt: Wenn wir uns ehrlich sind, sagt ein Like in vielen Fällen genau gar nichts über den Inhalt aus. Es ist bisweilen einfach soziale Konvention, dass man Beiträge von Freund:innen ohne nachzudenken liked. Ich denke, wenn man einen Beitrag schätzt, sollte man sich zumindest die Mühe machen, ein kurzes "Danke" zu tippen (wobei ich mich da selbst an der Nase nehmen muss...). Soweit ich weiß, gibt es mittlerweile auch Indizien, dass die Like-Funktion und die damit verbundene Dopermin-Ausschüttung Suchtverhalten fördern kann. Das ist nicht mein Fachgebiet, aber ich finde es auch vor diesem Hintergrund gut, dass das Tanelorn stattdessen auf eine Kommunikationsform setzt, bei der man ein bisschen mehr Energie investieren muss, als nur einen Knopf zu drücken.

2. Ich schreibe ja abundzu selbst Reviews oder Systemvorstellungen im Tanelorn und kenne insofern ein wenig die "andere Seite", also nicht die Seite des Kreativen/Schaffenden, sondern die Seite der Rezensentin. Dieses Topic hat mich zum Nachdenken gebracht, ob meine Rezensionen denn sinnvoll sind. Denn wenn Kritik dazu führt, dass Leute nichts mehr beitragen wollen, dann behalte ich sie vielleicht lieber für mich. Bislang bin ich (vielleicht naiv) davon ausgegangen, dass den meisten Kunstschaffendenden eine intensive Auseinandersetzung mit ihrem Werk lieber ist, als gar keine Reaktion. Ist das so? Oder ist euch keine Kritik im Zweifel lieber als eine negative Kritik?

Ich versuche ansich schon, Produkte in meinen Rezensionen möglichst umfassend zu betrachten und Kritik zu begründen. Auch bringe ich Rollenspielprodukten in der Regel von Vornherein einmal Wohlwollen entgegen und lese nur das, was mich grundsätzlich einmal interessiert. Es bleibt aber trotzdem dabei, dass ich manches nicht gut oder ausbaufähig finde. Und da helfen dann auch die hier bereits angesprochene "Sandwich"-Methode oder andere Feedback-Methoden nichts, da ich ja kein Feedback an den Autor formuliere, sondern meine Zielgruppe potentielle SLs sind. Daher bekommen Abenteuerpassagen, die man meiner Meinung nach abändern sollte, tendenziell auch mehr Raum, als Passagen, die ich solide finde und die bei mir am Tisch gut funktioniert haben. Ich verstehe aber auch, dass das für Autor:innen demotivierend sein kann, auch wenn es von mir nie so intendiert ist.
Leitet derzeit: Symbaroum, Cthulhu und (unregelmäßig) Oneshots in Indie-Systemen
Spielt derzeit: Cthulhu, Monster of the Week, City of Mist und (unregelmäßig) Oneshots in Indie-Systemen