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[Changeling: The Dreaming | Ironsworn] Dunkelblaue Teestunde der Seele

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Am Sonntagabend hat Marvin Schlüter zurückgeschrieben, auf Facebook. Til nutzt es nur noch für solche Zwecke, um Leute von früher nochmal zu kontaktieren. Mit anderen Worten nutzt er es normalerweise gar nicht. Dass er die Telefonnummer seines Kommilitonen noch habe, war natürlich gelogen. Der Bryndrick hat's möglicherweise geglaubt, oder auch nicht, schwer zu sagen, ob der eine Vorstellung davon hat, was eine Telefonnummer ist. Aber über die Online-Plattform hat er Marvin gefunden, und nach nur einem Tag hat der zurückgeschrieben.

'Oho, Til! Das sind ja ganz neue Töne! Klar bin ich noch am Druidentum interessiert. Aber ehrlich gesagt, keine richtige Zeit mehr für solche Hobbies. Mache jetzt seit einem Vierteljahr ein Aufbauseminar für Management!'
Drei freudige Smileys.

Das scheint Marvin ziemlich wichtig zu sein, sein Aufbauseminar. Als bloßes Hobby hat er das mit den Druiden damals nie bezeichnet, eher als wahre Bestimmung. Til schreibt trotzdem seine Telefonnummer in eine Rückantwort, und schlägt vor, mal zu telefonieren.
An diesem Abend kommt aber nichts mehr von Marvin Schlüter.


Eine Stunde oder zwei glotzt Til in sein Vogelhäuschen, bereit für alles oder nichts. Schließlich gibt er auf, und döst ein, ohne irgendwas darin gesehen zu haben.

Soundtrack: Steve Reich, Nagoya Marimba
https://www.youtube.com/watch?v=Wtt7qO9160I

Ein Kichern weckt ihn wieder auf.
Er blinzelt verwirrt, und seine Augen bewegen sich im dunklen Wohnzimmer umher. Da war ein Kichern, zu hoch selbst für ein Kind. Er wartet ab, lauscht angestrengt. Seine menschlichen Ohren hören nur die leisen Geräusche der nächtlichen Straße draußen.
Er erhebt sich vom Sofa, um vielleicht endlich mal ins Bett umzuziehen.
Ein merkwürdiges Gewicht auf seinem Kopf macht sich dabei bemerkbar. Da ist etwas Warmes, Flauschiges. Er fasst verdutzt dahin, und sofort ist das Warme, Flauschige nicht mehr auf seinem Kopf, sondern auf seiner Schulter. Er wendet den Kopf, und sieht in das Gesicht eines kleinen, weißen Wesens. Ein kleines, weißes Kaninchen. Es tippt ihm mit einer Vorderpfote auf die Schulter, wie um ihn auf etwas aufmerksam zu machen. Seine Mimik ist ungemein menschenähnlich.
„Äh, ja? …“, fragt Til verwirrt.
Es deutet mit seiner winzigen Pfote nach rechts. Til schaut nach rechts, in sein dunkles Wohnzimmer. Das Warme, Flauschige huscht von seiner Schulter, und ist verschwunden.
Ein Tippen auf seiner linken Schulter. Er schaut verstört dorthin, und sieht in das Gesicht des kleinen Bunnies. Seine Pfote deutet aufgeregt nach links. Es schmunzelt.
„Ist das so eine Art Trickserei?“
Kopfschütteln. Das kleine Bunny wirkt beinahe empört.
Er schaut also nach links. Dort ist das dunkle Fenster zur Straße, hinter den geschlossenen Vorhängen kommt etwas Straßenlaternenlicht hervor.
Ein Blick auf seine Schulter zeigt, dass das Tierchen verschwunden ist.
Til steht also doch auf, und hört dabei entgeistertes Quiek-Quiek vom Fußboden. Er springt zurück, und sieht vor seinen Füßen ein weißes Kaninchen, ebenfalls beinahe cartoonartig kugelförmig, und ungemein flauschig. Es springt auf seinen winzigen Pfoten vor ihm hin und her, und scheint sich gewaltig aufzuregen, geradezu erbost scheint es.
„Was … was mache ich denn?“, fragt Til hilflos.
Quieken, hin und her springen.
„Ich glaube, dann kann ich Dir auch nicht helfen …!“, sagt er.
Er geht rüber ins Bad, er will sich die Zähne putzen, und dann ins Bett. Das winzige, kugelförmige Etwas springt neben ihm her, und wetzt gelegentlich um ihn herum. Als würde irgendetwas an seinem Verhalten es tierisch aufregen.
„Ich tret' nicht auf Dich, keine Sorge“, sagt Til begütigend, „Meine Leichtfüßigkeit ist schon erprobt, und zwar an echten Momratzen! Auf die bin ich auch nicht getreten, okay?“
Das weiße Etwas bleibt auf der Türschwelle zum Badezimmer und springt quiekend auf und ab. Ein zweites Exemplar mit ähnlichen Körperdimensionen hoppelt fröhlich dazu, sieht seinen Artgenossen an, sieht zu Til auf, und beginnt sogleich ebenfalls, quiekend auf und ab zu springen. Er mustert die beiden niedlichen Gestalten befremdet, während er sich die Zähne putzt.
„Das is' nur eine Zahnbürschte“, sagt er nebenher, „auch die isch völlig ungefährlich!“
Schließlich wendet er sich seinem Spiegelbild zu, weil er die Zahnpasta ausspucken will. Auf seinem Kopf sitzt auch schon wieder eins der winzigen Kaninchen, und es schneidet mit seinen menschenähnlichen Gesichtszügen den anderen beiden in einem fort wilde Grimassen. Sie regen sich gar nicht über ihn auf, sondern über diese Possen ihres Artgenossen! Das Bunny auf seinem Kopf checkt, dass er es entdeckt hat, und stellt das Grimassieren ein.



„Wer oder wasch seid Ihr?“, fragt Til es, den Mund voller Zahnpasta.
Dann dämmert es ihm. Er spuckt die Zahnpasta aus, und sagt aufgeregt, „Ihr seid die Kicherer! Ihr wart das, vorletzte Nacht, am Keksglas! Ihr … ihr huscht bei Dämmerung über meinen Rasen, und ihr hoppelt durch meine Doppelhaushälfte, und ihr versucht, bei mir Kekse zu klauen!“
Das Bunny auf seinem Kopf kichert glucksend, dann taucht es unvermittelt hinab, Til spürt es in seinem Pyjamakragen, und fühlt es rasant über sein Rückenfell wuseln. Er versucht es zu schnappen, macht dabei ziemlich alberne Verrenkungen, und sieht wahrscheinlich ziemlich bescheuert aus. Seine Zahnbürste fliegt, und landet tanzend im Waschbecken. Das Bunny dreht eine Runde horizontal um seinen Torso, und katapultiert sich dann unter dem Pyjamaoberteil hervor, landet auf den Badfliesen. Die anderen beiden beginnen es sofort zu jagen, um sich für die Grimassen zu revanchieren. Sie rennen alle drei im Kreis, so schnell sie können, bis sie ganz offensichtlich vergessen haben, warum sie das tun.
„Habt Ihr vielleicht Bock auf was zu Essen?“, fragt Til versuchsweise.
Aufmerksam schauen alle drei zu ihm hoch.
Er macht einen vorsichtigen Schritt über sie hinweg, und geht in die Küche, sie hoppeln ihm neugierig hinterher.
„Oh, ach so, die Kekse von vorgestern habe ich mittlerweile selber aufgegessen … aber was habe ich sonst noch … hm, Kekse sind für Kaninchen sowieso nicht das richtige, oder?“
Er vernimmt empörtes Quiek-Quiek, die Kleinen Bunnies scheinen da ganz anderer Ansicht zu sein, wenn sie verstanden haben, was er gesagt hat.

Til verbringt die nächste Stunde damit, auf der Couch zu sitzen, und den drei Bunnies nach und nach alle Karotten, Äpfel und Brokkoli reinzufüttern, die er gerade im Haus hatte. Immer abwechselnd. Für so kleine Tiere haben sie alle drei einen Mordsappetit. Sie versuchen auch gar nicht, ihn irgendwie in die Pfanne zu hauen, während er sie füttert. Ein ganz komisches Glücksgefühl hat Til ergriffen. Er sieht den drei Wesen beim Mumpfeln zu, und legt nach, wann immer eins wieder das Maul aufsperrt.

Plötzlich hebt er den Blick, wie aus einer Ahnung heraus, und sieht sofort das kunstvoll geschnitzte Vogelhaus im Buchregal, wie es aus dessen Innerem heraus golden leuchtet ... Wie als sei es selbstverständlich, dass es das nachtsüber tut. Er bekommt unwillkürlich feuchte Augen.


Kurz darauf ist Til wieder unterwegs in den Straßen seiner Nachbarschaft, oder besser gesagt, der Traum-Version seiner Nachbarschaft. Die Kleinen Bunnies hoppeln um ihn herum, jetzt sind sie zu fünft. Es ist ziemlich viel los, die Vorbereitungen für ein Straßenfest laufen. Mehrere Leute sehen Til kommen und winken ihn enthusiastisch rüber zu sich, er soll ihnen helfen.
„Warum bist Du denn schon wieder im Schlafanzug?“, fragt eine seiner Nachbarinnen amüsiert, hier ist es ja wieder erst Nachmittag.
„Hier, hilf' mal anpacken“, sagt ein anderer, „Hierfür muss man nicht besonders geschickt sein, nur kräftig!“
Das hat Mahir gesagt, der kann doch gar nicht wissen, dass Til als Handwerker nur halb so gut ist, wie er dabei enthusiastisch ist. Mahirs Gesicht ist ganz verschmitzt. Es ist, als würden alle hier sich genau kennen, nicht nur flüchtig. Til macht mit beim Aufstellen einer Klappleiter, und Aufhängen von Wimpeln, und Einschlagen von Nägeln, und alle miteinander haben ziemlichen Spaß, und dabei geht ihm auf, dass er einfach ewig damit weitermachen könnte. Das ist möglicherweise das Paradies, ein ganz simpler, unkomplizierter Himmel auf Erden.
Aber den kann er später noch haben, jetzt wollte er sich doch erst einmal um seine eiligen Angelegenheiten kümmern! Er setzt sich also ab, und widerwillig reißen auch die fünf Bunnies sich los (die hatten sich von den Kindern streicheln lassen, beziehungsweise gestenreich versucht, die Erwachsenen herumzukommandieren, teilweise sogar mit Erfolg).

Til holt den Schlüssel aus seinem Versteck am Straßenrand.
„Hätte ich mir was anderes anziehen sollen?“, fragt er die Kaninchen unsicher, das war ihm vorhin in der normalen Welt noch gar nicht in den Sinn gekommen.
Eins schüttelt mit Bestimmtheit den Kopf, eins nickt vorwurfsvoll. Die anderen drei legen die Köpfe schief und blinzeln ihn fragend an.


Damit sind jetzt die beiden Hintergründe Schimäre und Freistatt im Spiel, die ich Til bei Charaktererschaffung gegeben habe. Die versehe ich mit Aspekten in Höhe ihres eigenen Punktwertes (wie hier eingangs erklärt), und zwar folgendermaßen:

Schimäre: Die Kleinen Bunnies
Die Kleinen Bunnies tauchen immer wieder unverhofft aus dem Träumen auf, um sich füttern zu lassen, Streiche zu spielen, und zwecks energetischem Herumhoppeln. Es ist unmöglich zu sagen, wie viele es eigentlich sind; sie sehen alle gleich aus und sie wuseln auch immerzu wild durcheinander. Möglicherweise umfasst die Schimäre eine ganze Gruppe scheinbar unabhängiger Tierchen.
Aspekte:
 • Sie lieben es, Kithain und sogar Sterbliche zu bezaubern oder zu foppen, mit Faxen, Possen, und hektischem Quiek-Quiek +2
 • Untrügliches Gespür für leckeres Happa +1

Freistatt: Das Gemeinde-Vogelhäuschen
Einer der Bürgerrechts-Aktivisten namens Jévon hat vor seinem Wegziehen ein meisterhaft geschnitztes Vogelhäuschen als Andenken dagelassen. Der Traum von einem geretteten Stadtteil überlebt, und ist irgendwie in seinem Inneren enthalten. In dem Vogelhäuschen befindet sich eine Taschendimension mit einem Traum von dem Zuhause, welches die Bürgerrechtler-Gruppe erreichen wollte, und außerdem ein Zugang tiefer hinein ins Träumen.
Aspekte:
 • Der Traum des geretteten Stadtteils füllt Besucher mit Glamour +1
 • Immer neue verwinkelte Sträßchen und Seitengassen führen ins Träumen +1

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Also gut, Til, dem Brötchenduft der Bäckerei gefolgt bis zur Abkürzung, und dann in der langen Gasse dem Waldgeruch hinterher. Zur Tür hinaus in die Wildnis, wo die grüne, prachtvolle Unendlichkeit des seltsamen Märchenwaldes sich auftut. Und bloß sorgsam hinter sich abschließen diesmal!
„… Aber was mache ich diesmal mit dem Schlüssel?“, fragt er die Kleinen Bunnies, „Nicht, dass ich den wieder verliere, oder mir einbilde, ihn verloren zu haben!“
Die Bunnies stellen sich auf die Hinterläufe, und springen danach, mit ausgestreckten Vorderpfötchen.
„Soll ich Euch den anvertrauen? … Hm. Seid Ihr überhaupt vertrauenswürdig? Ihr dürft den auf gar keinen Fall verbummeln!“
Alle fünf nicken überzeugt. Einige deuten anklagend auf einige der anderen und schütteln vorwurfsvoll die Köpfe, wie um anzudeuten, dass dieses Bunny als einziges total unzuverlässig sei. Da sie aber immer andere bezichtigen, und überhaupt alle fast gleich aussehen, hat das wenig Aussagekraft.
„Okay, na gut. Hier, sucht ein gutes Versteck dafür. Und merkt Euch auch, wo das Versteck ist.“
Mit einem äußerst selbstzufriedenen Kichern tragen die Wesen den großen Schlüssel davon, verschwinden in den Farnen.
„Hoffentlich war das auch eine gute Idee“, sagt Til, als er ihnen nachschaut.
Dann macht er sich auf, um den großen Stein wiederzufinden, auf dem der Bryndrick vorgestern aufgestellt war.
„Ich sag's ihm einfach, wie es ist“, sagt Til ermunternd zu sich selbst, um seine Nervosität herunter zu spielen, „es gibt schon mehrere Interessenten, sogar eine ganze Reihe. Aber ich brauche noch mehr Zeit! Drei Tage und Nächte, alles klar. Ein bisschen knapp!“

Findet er ihn wohl? Wahrscheinlich genug, ist ja noch nicht lange her. Die Orakelwürfel sagen alldieweil, nein! Soso. Und da die Endlosen Wälder nun mal endlos sind, und ich nicht weiß, welche meiner Ideen für die Kampagne ich als erstes einbauen soll, ziehe ich wieder eine Tarotkarte als Orakel. … Es ist der Tod! Glücklicherweise repräsentiert der nicht das physische Ableben, sondern das Ende eines Sachverhalts, oder eines Interesses, und dadurch eine gesteigerte Fähigkeit der Selbstwahrnehmung. Das ist interessanterweise aber genau Til Haselbergers Thema, denn einer seiner Aspekte ist, ‚Kann nicht loslassen‘. Sieht so aus als würde die heutige Odyssee möglicherweise kathartisch und lehrreich für ihn werden — oder ihn im Gegenteil in seinem Unwillen loszulassen bestätigen!

Auf dem Weg durch den dunklen Märchenwald holen jedenfalls die Kleinen Bunnies Til wieder ein. Ihr Kichern verrät sie, obwohl sie sich verborgen halten, unter Farnen und Huflattich. Scheinbar versuchen sie wieder, ihn zu foppen. Til schmunzelt, es ist gewissermaßen beruhigend, sie dabei zu haben, zu wissen, dass jemand auf seiner Seite ist, zumindest so im Großen und Ganzen.
„Also dann, Leute, zuerst kurz zum Bryndrick, dann nach Holz-Giebel-Brunnen-Dorf. Dort reden wir mit Aneta und den Boggans. Unterwegs fragen wir alle vernunftbegabten Wesen nach Niedzwiedz, die wir treffen! Aber wir erzählen Aneta nix davon, hört Ihr? Die muss ja nicht wissen, dass wir in Wirklichkeit noch gar keinen Plan haben, wo ihr Freund Niedzwiedz steckt! Und wer das überhaupt ist! Kapiert?“
Leises, konspiratives Bunny-Gekicher erklingt aus der Botanik.

Til sieht sich verwundert um, hier müsste doch eigentlich so langsam mal die Stelle mit den runden Findlingen am Waldrand kommen! Eigentlich müsste sie hier sogar längst gewesen sein, wenn er näher drüber nachdenkt! Dann jedoch sieht er im Zwielicht zwischen den Bäumen etwas Zweigwerk, das sich offensichtlich selbsttätig bewegt.
„Hier ist er!“, raunt er alarmiert, und schleicht näher, „Heda!“, ruft er ängstlich.
Die raschelnden Zweige halten inne, dann kommen sie näher.
„… Du bist aber nicht der Bryndrick!“, sagt Til erstaunt.
„Der Bryndrick?! Bewahre, nein!“, sagt die Stimme des Wesens. Es besteht ganz aus Pflanzenmaterial, aber es ist kein Druiden-Konstrukt, sondern es ist offensichtlich von selbst in diese Form gewachsen, und mit frischen, grünen Blättern bedeckt.



„Mein Name ist Setzling“, fügt es hinzu, „Der Bryndrick dieser Gegend, pah, der ist ein oller Griesgram, der würde mir bestimmt nicht helfen.“
„Dir helfen? Wieso, was brauchst Du denn?“
„Grimgoriminatori sind auf dem Vormarsch in diesen Teilen der Ewigen Wälder! Ich muss Hilfe holen!“
„Oh, ich habe selber schon welche davon gesehen. Vorgestern. Deren Kundschafter wollten mir das Lichtlein ausblasen! … Aber an mir haben sie sich die Zähne ausgebissen, denn glücklicherweise kenne ich ja ihre Schwachstelle!“
Sofort merkt Til, dass er da schon wieder unnötigerweise eine faustdicke Lüge mit drangehängt hat, schlimm ist das, ganz automatisch, wie ein Gewohnheitslügner!
„Was Du nicht sagst! Und, Fremder, warst Du wohl schon einmal in der Nähe des Everreach?“
„Ja, ja. Klar. Äh. Wieso?“
„Würdest Du mich begleiten? Die Bäume meiner Heimat rufen verzweifelt nach Hilfe! Die stampfenden Hufe der schwarzen Reiter von Grimgoromn nahen! Keine Wurzel ist sicher! Und indes haben wir mit innerem Aufruhr zu ringen!“
„Ich, äh, ich würd' Dir schrecklich gern helfen, Setzling. Aber ich habe so viel eigene Angelegenheiten zu regeln. Die, wie sagst Du, die Grimgori … minatori, die haben vorletzte Nacht schon genug Schaden angerichtet hier, in der Umgebung. Ich muss erstmal hier nach dem Rechten sehen!“
„Hast Du die Bäume denn noch nicht gefragt?“
„Komische Frage. Wie sollte das denn gehen? Hör' mal, ich bin kein richtiger Hippie. Ich kuschle keine Bäume!“
„Wer spricht denn von Kuscheln, Du junger Narr! Fragen sollst Du, Du bist doch ein Pooka, Eurereins beherrscht doch das Reich der Natur!“
„Oh ja?“
„Gewiss. Aber ich kann ja für Dich fragen, wenn Du nicht weißt, wie!“
„Ich muss vor allem eines wissen: Wer ist Niedzwiedz, und wo kann ich jemanden diesen Namens finden? Ich muss ihn wohlbehalten nach Holz-Giebel-Brunnen-Dorf bringen!“
„Die Bäume raunen sich so manches zu, Fremder, tragen so manche Mär weiter, von Ast zu Ast, Wurzel zu Wurzel! Als dann! Du begleitest mich zum Everreach, und hilfst meinem Zuhause! Dafür frage ich die hiesigen Bäume nach Deinem Niedzwiedz!“
„Das klingt ziemlich gut!“, und Til dreht sich nach den Bunnies um, „Was sagt Ihr?“
Diese hoppeln freudig auf und ab, wodurch sie immer wieder kurz aus ihren Verstecken zwischen den Grasbüscheln auftauchen. (Til ist sich nicht völlig sicher, ob sie sich nicht über jede andere Ansage ebenso sehr gefreut hätten, Hauptsache, es gibt was zu erleben!)
„Wenn wir unsere eigentlichen Aufgaben für Dich verschieben, wirst Du aber für mich den Bryndrick aufsuchen müssen, Setzling“, gibt Til zu bedenken, „Ich habe nur noch bis morgen früh, um meinen Handel mit ihm zu klären. Ich will ihn nicht verdrießlich machen. Du kennst Dich doch gut aus hier, in diesen Ewigen Wäldern, und bist doch so was wie ein Laufbursche …?“
„Ich bin der Herold der hohen Bäume!“
„Herold, genau! Das ist gut. Würdest Du für mich den Bryndrick um Aufschub bitten, während ich und die Kaninchen uns Deiner Sache annehmen?“
„Ich merke, Du bist eine Fee des Lichten Hofes, Pooka! Gerechtigkeit und Loyalität scheinen Dir ein hohes Gut zu sein! Das lobe ich mir. Es sei!“
„Topp, die Watte quillt.“
„Wie meinen?“
„Nichts, schon gut. Auf geht’s, zeige uns den Weg!“

Für ein so untersetztes Wesen ist der Setzling ziemlich schnell auf seinen Wurzel-Füßen, während er Til und seine schimärischen Freunde immer tiefer in den urwüchsigen Märchenwald hinein führt.
Plötzlich stehen sie vor einer dunkelbraunen Wand, wo der Setzling innehält.
„Siehe, Fremder: Everreach!“
„Wo?“
Der Setzling deutet feierlich hinauf. Tils Blick folgt seinen Zweigfingern, und der Mund klappt ihm auf. Denn sie stehen ja gar nicht vor einer Wand, wie fälschlicherweise angenommen, sondern vor den Wurzeln eines titanischen Baumes, der so gewaltig ist, dass Tils Wahrnehmung ihn zuerst gar nicht erfasst hat! Seine Krone erstreckt sich erst in einigen Kilometern Höhe in den Himmel, und sein Astwerk scheint von hier unten betrachtet das gesamte Himmelsgewölbe zu stützen.



„Everreach …“, keucht Til.
Natürlich war das gelogen, dass er schon einmal hier gewesen sei. Aber jetzt, wo er hier steht, ist ihm, als würde der Name ihm doch irgendwie vertraut vorkommen, und selbst dieser unfassbare Anblick … vielleicht aus einem früheren Traum? Vielleicht aus der Kindheit?
„… als würde ich mich daran erinnern, von irgendwann …“
Der Setzling kommentiert misstrauisch, „Sagtest Du nicht, Du seist schon hier gewesen?“
„Ja, ja! War ich doch auch!“, versichert Til hastig.
„Wie so viele von Euch Kithain, nicht wahr. Vor Euch liegt das uralte Labyrinth von Aevalorn! Es ist ein Wallfahrtsort, der weit über die Grenzen dieses Reiches hinaus bekannt ist. Es sei Dir und Deinen Schimären-Freunden nunmehr erlaubt, einzutreten! Mögest Du mehr Erfolg haben als die anderen Deinesgleichen, die mit schändlichen Absichten herkamen.“
„Ja, danke! Mal sehen. Halt, Moment. Andere, mit schändlichen Absichten?“
„Ihr, Herr Pooka, seid nicht die ersten in den Ewigen Wäldern, die ich um Hilfe frage!“
Til überrascht das wenig, er guckt auf den Setzling herab. Der hat sich ihm und den Kleinen Bunnies ja vorhin geradezu an den Hals geworfen. Der scheint die Menschenkenntnis zu haben von einer … na ja, einer Pflanze.
„Worin lag denn ihre Verwerflichkeit?“
„Sie haben geheuchelt, den Bäumen meiner Heimat helfen zu wollen, aber kaum hatte ich sie hierher gebracht, waren sie beseelt von ihrem eigentlichen Vorhaben. Sie haben schon seit längerer Zeit danach getrachtet, das Labyrinth von Aevalorn zu finden. Sie sind Schatzjäger! Sieh' Dich vor, wenn Du Everreach betreten hast!“
„Betreten?!“
„Erinnere Dich, Pooka! Du musst in den Everreach eintreten, um daraufhin das Labyrinth von Aevalorn zu erreichen! Sei' gewarnt: Meine hohen Vorfahren, die Bäume Aevalorns, sind in Trauer. Wegen einerseits den schweren Schritten der Grimgoriminatori, die nahen, und andererseits der Last des Vergangenen, das innerhalb unserer Grenzen spürbar geworden ist. Und ihr Leid manifestiert sich nun in irreführenden Pfaden, Trugbildern, und Stimmen aus der Vergangenheit. Euch ist der Eintritt gestattet, denn wir erhoffen uns von Euch, dass Ihr den Wächtern des Waldes helfen könnt, zu bergen, was verloren ward.“
„Okay …“
„Schwöre es! Ich kann mir nicht erlauben, erneut einen Kithain und Wechselbalg hierher geführt zu haben, der insgeheim eigenen Zielen folgt! Du gehörst dem Lichten Hofe an, im Gegensatz zu den anderen vorhin. Schwöre es, Pooka! Schwöre, dass Du versuchen wirst, den Bäumen von Aevalorn zu helfen, gegen die Grimgoriminatori, und mit ihrem eigenen Kummer!“
„Klar doch!“, nickt Til unüberlegt, „Und ich weiß ja schon, wer diese Spitzbuben eigentlich waren, jene anderen Kithain, nicht wahr? Ich schwöre, Euch zu helfen!“

Da hat der Lügenbold aber einen weiteren Eid geleistet, ohne groß darüber nachzudenken, und zwar diesen:

Queste (Gefahrvoll): Versuchen, den Bäumen von Aevalorn zu helfen, gegen die Grimgoriminatori, und mit ihrem eigenen Kummer.

Til und die Kleinen Bunnies schauen gebannt an dem titanischen Baum hinauf.
„Ich kann ja überhaupt nirgendwo einen Eingang ausmachen!“, sagt Til schließlich. Als er wieder herunter zum Waldboden blickt, wo der Setzling war, muss er jedoch sehen, dass das Pflanzenwesen verschwunden ist! Wahrscheinlich bereits los geeilt, um seinen Teil des Abkommens zu erfüllen, und den Bryndrick um Aufschub zu ersuchen ...

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Ich würfle einfach mal meinen Hintergrund-Wert meiner Schimären, also 3W10. Und siehe da, zwei Erfolge: Die Kleinen Bunnies haben schon einen Weg gefunden, der für Leute von ihrer Körpergröße taugt, Löcher im Wurzelwerk führen in hohle Bereiche des Everreach hinein! Die Kaninchen haben bereits freudig dort umher zu tollen begonnen, und huschen hinein und hinaus, spielen sich gegenseitig Streiche.
„Nicht schlecht, aber das hilft mir ja nichts, ich bin zu groß!“, sagt Til, aber dann haut er sich die Pfotenhand vor die Stirn, er könnte es ja mittlerweile besser wissen; und er klettert behende zwischen die riesenhaften Wurzeln. Als großer Feldhase kommt er von dort zurück gesprungen.

Der Hase und die Bunnies kriechen aufgeregt durch die sich windenden Gänge im Holz. Die Kaninchen quasseln und quieken leise vor sich hin. Dieser Tunnel scheint gemacht von Nagetieren wie ihnen. Til meint, ein immer wiederkehrendes Geräusch zu hören, eine Art langsames, dumpfes Pulsieren. Bei der Vorstellung, dies könnte so etwas wie der Lebensrythmus des uralten Baumes sein, eine Art Herzschlag, läuft es ihm heiß und kalt den Hasenrücken herunter, vor lauter Ehrfurcht.

Die Gänge verästeln und weiten sich, längst sind sie groß genug, damit ein Boggan hindurch kriechen könnte, ein Menschenkind, schließlich sogar ein Erwachsener. An einigen Stellen ist das Holz klebrig von einer dünnen Schicht aus golden glänzendem Harz. Til setzt einmal unabsichtlich eine Pfote hinein, und ist genervt darüber, jetzt wird seine Pfote stundenlang klebrig sein … stattdessen merkt er aber, dass die Flüssigkeit binnen Sekunden einzieht, und sein Vorderlauf sich daraufhin wunderbar geschmeidig anfühlt.
Die Kleinen Bunnies pesen freudig um den Feldhasen herum, und laufen jeden Tunnel mehrmals ab, um sich gegenseitig zu überrumpeln, aus immer neuen, unerwarteten Gängen heraus huschend.

Ich mache einen Move für Undertake a Journey. Der Baum Everreach ist ja nur der Zugang zur eigentlichen Stätte, darum begnüge ich mich damit, diese Reise als Unliebsam zu definieren.

Die erste Etappe ist das Durchqueren der sich weitenden Gänge. Ich würfle Geschick+Athletik für den Hasen, als Extended Action. Die Bunnies helfen nach Kräften mit, den richtigen Weg zu finden. Neun Erfolge, aus denen die Challenge Dice ehrgeizig dennoch nur einen Weak Hit machen. Das gibt die ersten drei Punkte Fortschritt für die Reise, aber kostet einen Punkt Supply. Und Til ist ja erneut nur im Schlafanzug hier eingetroffen! Laut Ironsworn kann es Spirit oder Momentum kosten, wenn kein Supply mehr da ist, und diese beiden Spielwerte sind bei mir einfach Willenskraft, also lege ich davon einen temporären Punkt von Til ab.

Als sie zwanzig Minuten unterwegs sind, knurren ihnen allen die Mägen. Die Kaninchen werden etwas flegmatischer, und umschwärmen Til quengelnd. Sie haben sich ja auch nonstop verausgabt, seit sie hierher gekommen sind. Er wird was zu Mumpfeln für sie auftreiben müssen, und für sich selber auch.

Also muss ich den Move Resupply machen. In diesem Baum gibt es bestimmt irgendwelche Futterpflanzen für uns. Ich würfle Wahrnehmung+Überleben für den Hasen, und die Challenge Dice gewähren einen Weak Hit. Er entdeckt schließlich an einer Stelle, wo Sonnenlicht nach drinnen fällt, üppige Kleefelder an den Innenseiten des Stammes. Die sechs Nagetiere fallen glücklich darüber her, und ich bekomme wieder zwei Supply-Punkte.

Gesättigt verwandelt sich Til zurück in seine Feengestalt. Er pflückt einiges an Klee, Kräutern, und Pilzen für später, verstaut das in seinem Pyjamaoberteil, und bindet dieses als Bündel zusammen.



Kurz geht ihm der Gedanke durch den Kopf, dass es klasse wäre, mit dem Baum sprechen zu können, wie vorhin der Setzling gesagt hatte. Dann könnte er persönlich danke sagen. (Die Situation ist so fantastisch, dass ihm nicht einmal in den Sinn kommt, was für ein gefühlsduseliger Gedanke das womöglich ist, zumindest betrachtet aus seiner sonstigen Alltags-Perspektive.)


Evolution: Damit habe ich genug Erfahrungspunkte zusammengesammelt, um Til einen vierten Punkt in Geschick zu spendieren. Immerhin hat er neulich seine Hasennatur entdeckt, das macht ihn auch in menschlicher und menschenähnlicher Gestalt gewandter. Da er nun vier Punkte in Geschick hat, erhält er dadurch auch eine Spezialisierung dafür, diese definiere ich als ‚Schnelligkeit‘.


Über ihnen weitet sich schließlich das Innere des Baumstamms zu einem Hohlraum, der wie das Innere eines riesenhaften Turmes kilometerweit hinauf führt. Til und die Kaninchen staunen mit offenen Mündern. Hier formt das Harz feine, ätherische Gebilde, die in der Höhe frei hinab hängen, golden glänzende Tropfen erinnern an komplizierte Kristalllüster, oder vielleicht Notenleitern. Ein goldgelber und silbriger Lichtschein erhellt das Innere des Everreach. Hoch, hoch oben über ihnen ist ein Astloch zu sehen, geformt wie eine hohe, schmale Tür, hinter der man Tageslicht sehen kann.
„Da scheint's raus zu gehen … nach Aevalorn“, raunt Til mit wohligem Erschaudern.
Einige der fünf Bunnies nicken bestätigend, als wüssten sie genau Bescheid über jenes verwunschene Reich. (Ein paar andere schütteln die Köpfe.)

Das Innere der Wände sieht relativ gangbar aus, mit halb offenen Tunnels, die an den Innenwänden entlang führen. An vielen Stellen bilden große, symbiotische Pilze Plattformen, die meterweit in den Raum hinein ragen. Möglicherweise wird man springend und kletternd ganz bis zu der Tür hinauf kommen.



Das Innere des Everreach ist eine ganz eigene Welt


„Seid Ihr eigentlich schwindelfrei, Bunnies?“, fragt Til vorsichtshalber, den Blick immer noch nach oben gerichtet.
Aber die Bunnies haben enthusiastisch bereits den Aufstieg begonnen, wie er bemerkt, er muss sich beeilen, hinterher zu kommen. Nur eins nicht, das hält sich die winzigen Pfoten vor die Augen und weint. Til hebt es behutsam auf, streichelt es über den Rücken, und setzt es auf seine Schulter. Sofort hellt seine Mine sich auf, als es sich an dem Hasenfell festklammert.
„Gut festhalten! Kannst die Augen zu machen, wenn Dir mulmig wird!“
Aber das muss es gar nicht mehr, es schmunzelt wieder, vielleicht wollte es ja auch nur eine Mitfahrgelegenheit.

Diese Reiseetappe ist mit Geschick+Athletik zu bewältigen, ich mache eine Extended Action für Til, und sein Löwenschweif-Aspekt hilft da auch wieder, denn hier muss balanciert werden. Ein paar halsbrecherische Hüpfer von Pilz zu Pilz sind ebenfalls unumgänglich. Die Bunnies finden das alles total prima, Til schlottern etwas die Knie, denn er sieht gelegentlich nach unten, und sie sind mittlerweile hunderte von Metern über dem holzigen Boden! Aber mit seinem frisch gesteigerten Geschick und dem Aspekt-Bonus kommt er auf elf Erfolge bei seinen beiden Würfen, zehn ist das Maximum. Sauber. Die Challenge Dice bestätigen: Strong Hit. Dieser Waypoint verschafft uns die nächsten drei Punkte Reise-Fortschritt, jetzt sind wir auf sechs.

Stunden später wandern der Pooka und seine kleinen, schimärischen Freunde durch Tunnels in den Innenwänden, die steil aufwärts führen. An manchen Stellen sind tatsächlich Treppenstufen eingedrechselt in das Holz, teilweise passend für Wesen ihrer Körperdimensionen (teilweise aber auch gedacht für Wesen, die sehr viel kleiner sind, aber trotzdem Treppenhäuser mögen). An den Stellen, wo die Tunnels zum Innenraum des Baumes hin offen stehen, vermeidet Til es bewusst, hinab zu schauen, sie müssen viele Kilometer hoch oben sein mittlerweile. Sie kommen an einigen der Harztropfen-Kristalllüster vorbei, die wundersamen, getrockneten Gehänge geben ein feines Klingeln von sich. In einigen der Hohlräume finden sie auch Kampfspuren, und in manchen sogar menschenähnliche oder tierische Skelette. Zuerst ist Til entsetzt und ihm wird etwas übel: Abenteurer mit Rüstungsteilen und Marschgepäck haben hier vor langer Zeit ihr Leben ausgehaucht. Dann sagt er sich jedoch, dass dieses unglaubliche Ökosystem, das sie durchqueren, eben ein Ort von Leben, aber gleichzeitig auch von Tod, und von Erneuerung zu sein scheint.

Tiefer in den hölzernen Hohlräumen leitet sie das Phosphoreszieren von Teichen aus goldenem Baumharz. Ein oder zweimal hält Til ein paar der fünf tollkühnen Kaninchen davon ab, vor lauter Neugier hinein zu plumpsen. Dabei sieht er sein Spiegelbild im glänzenden Harz … und erschaudert:
Die Reflexion zeigt plötzlich seine Gartenhütte, als sie noch auf dem Grundstück stand! Es ist eine abendliche Szene, die Bürgerinitiative ist dort versammelt, wie damals immer! Er sieht sich, Jette, Jévon, David, und die vielen anderen. Sie lachen und reden durcheinander. Halb ist das heutige Treffen Vorbereitung für ihr kommendes Gespräch mit dem Stadtrat, halb ist es eine Party. Es läuft Musik aus Boxen, und zwei Akustikgitarren versuchen gerade, analog mitzuspielen. Til hört vage die Töne, wie als würden sie aus seiner Erinnerung an seine Ohren getragen werden. Ist das noch die Zeit, in der sie — abgesehen von ihrer politischen Arbeit — nebenher die Theatergruppe waren, oder schon die, wo daraus die D&D-Gruppe geworden war? Sie sehen alle so glücklich aus. Oder kommt Til das nur im Nachhinein so vor? Er weiß nicht, ob er an jenem Abend so besonders happy gewesen war, mehr als sonst. Das weiß man ja manchmal besser im Nachhinein. Die merkwürdige Vision verblasst, und beinahe hätte er die Hand ausgestreckt, um sinnlos zu versuchen, sie festzuhalten, und nur seine Finger mit Baumharz verklebt. Jetzt sieht er nur noch sein eigenes Spiegelbild — jetzt aber nicht mehr das fellbedeckte Gesicht eines Dreißigjährigen, sondern das eines weißen Hasen. Auf seiner Schulter sitzt eins der Bunnies, es wirkt nicht traurig, eigentlich ganz vergnügt. Die anderen gucken ähnlich drein, während sie durch die holzige Höhle hoppeln.

Nun hat Til die magische Eigenschaft des Baumharzes kennengelernt. Die nächste Etappe wird also vor allem beinhalten, sich nicht allzu sehr ablenken zu lassen von den Spiegelbildern der goldenen Harzteiche, wo lebende Erinnerungen erscheinen.

Dafür würfle ich Geistesschärfe+Enigmas für das Vorankommen. Aber: Ich habe Til ja als Aspekt gegeben ‚Kann nicht loslassen‘, das ist in dieser Situation leider kein Vorteil, der seinen Bonus-Würfel einbringt, sondern ein Nachteil, der stattdessen dafür sorgt, dass Einser bei den Würfen jeweils Erfolge abziehen! (‚Regel der Eins‘, siehe oben.) Ich mache mich auf grandioses Verlorengehen gefasst … aber siehe da, keine Einser fallen, und die Extended Action bringt mir sechs Erfolge, das ist ordentlich! Die Challenge Dice gönnen uns einen Weak Hit dadurch. Wir markieren also erneut drei Fortschritt-Punkte, auf Kosten eines Punktes Supply. Tils mit Klee und Wurzeln gefüllter Proviant-Beutel wird halbleer gegessen bei den Pausen, die sie unterwegs einlegen. Hoffentlich werden sie bewirtet, wenn sie vor die Herrscher von Aevalorn treten …?

Schalter:

Nahe der Ausgangstür des Everreach


Damit ist es dann auch Zeit für den abschließenden Move namens Reach Your Destination, denn die Tür nach draußen ist in greifbare Nähe gekommen. Da muss ich unseren Reise-Fortschritt von neun einfach mit den Challenge Dice unterwürfeln. Eine Neun ist als eins der beiden Wurfresultate dabei, also nur ein Weak Hit: Die Kletterer erreichen die Stelle mit der Ausgangstür, aber eine unvorhergesehene Gefahr oder Komplikation ereignet sich dabei. Spannend, da nehme ich was aus meiner Ideensammlung für dieses Abenteuer:

„Haltet ein!“, sagt eine blechern klingende Stimme hinter Til und den fünf Kaninchen, als sie sich der hell erleuchteten Öffnung nähern. Es klingt nicht sehr bedrohlich, beinahe kraftlos.
Til dreht sich erstaunt um, und gefriert in der Bewegung. Es ist einer der vermummten Kundschafter der Grimgoriminatori! Jener Reiter in schwarzen Kapuzenmänteln, die neulich versucht haben, ihn mit Pfeilen zu spicken! Der Ritter trägt unter seinem Mantel eine matt glänzende Rüstung, und schultert ein übergroßes, schartiges Schwert. Auf zweiten Blick sieht er jedoch nicht aus, als wäre er bereit zum Duell, eher so, als würde er gebeugt laufen unter der Last der riesigen Klinge, als würde er ein Kreuz tragen.
„Du … Du bist einer der …“, stammelt Til ängstlich.
„Ave, Fremder! Ich bin einer der Späher des Alleinherrschers von Grimgoromn. Möge das Recht Grimgoromns Dich stets schützen auf Deinen Wegen.“
„Äh … danke? … Wieso Recht?“
„Die Grimgoriminatori versuchen, das Gesetz ins wilde Land zu bringen. Wir sind ihre Vasallen.“
„Das finde ich ja prima“, lügt Til, „Hey, wie viele von Euch sind denn hier?“
„Ich bin der einzige. Ich bin den Grimgoriminatori voraus geeilt, wir waren einer der Vortrupps. Nur ich habe es hierher geschafft. Ich werde versuchen müssen, auf eigene Faust Aevalorn auszukundschaften.“
„Aus rein altruistischen Motiven heraus, nehme ich an. Du bist … ein Ufo … Urojen …“
„Urojenie werden wir in manchen Zungen der Sterblichen genannt, oder Schimären. Gewiss. Und Du bist ein Pooka, halb Schimäre, halb Tier.“
„Logisch.“
„Ich kann nicht gestatten, dass Du nach Aevalorn hinein trittst, so wie die beiden anderen vor Dir.“
„Oh? Warum denn das, Rittersmann?“
„Ihr seid womöglich Agenten des Setzlings! Dieses Wesen ist ebenso gesetzlos wie die anderen Bewohner der Ewigen Wälder! Dazu gehören auch Aevalorn, und der Tulgee-Wald. Man wird über Dich Gericht halten müssen, um dies genauer zu überprüfen.“
Die Stimme hinter seinem Helmvisier klingt jedoch nicht anklagend, eher hoffnungslos.
„Ja, ja, versteh' schon. Das geht Dir gegen den Strich. Aber hey, der Setzling hat gesagt, er gehört zu etwas, das der Lichte Hof genannt wird! Denen scheint Recht und Ordnung wichtig zu sein! Siehst Du? Die gehören zum Lichten Hof! Hier sind keine Widersacher für Dich und Deine Jungs!“
Der Vermummte schüttelt griesgrämig den Kopf, „Oh doch! Dem Lichten Hofe anzugehören reicht bei weitem nicht. Nur das Gesetz von Grimgoromn kann das Chaos und die Verwerflichkeit dieser unbeugsamen Lande in die Knie zwingen.“
„Aber was willst Du von mir?“
„Die Harzteiche des Everreach haben mir Dein Erscheinen eben vorausgesagt! Es gibt einen der Teiche, den Du noch nicht gesehen hast. Du wirst mich dorthin begleiten müssen. Und Du wirst Deine Komplizenschaft mit dem Setzling überdenken!“
Til zögert. Die Visionen des Baumharzes ziehen ihn magisch an, zugegeben. Aber er hat nun mal einen Eid geleistet, und durch seine Feennatur ahnt er deutlich, dass er den nicht einfach brechen darf! Außerdem ist dieser schwarze Ritter total suspekt, dessen Kumpane wollten Til doch zu einem Nadelkissen-Hasen verarbeiten mit ihren Flitzebögen, vielleicht war er hier sogar mit dabei vorgestern, man sieht ja ihre Gesichter nicht!

„Klar, gute Idee“, hört sich Til spitzbübisch sagen, selber etwas erstaunt über sich, „Aber zuerst müssen wir hurtig einen Blick durch die Tür werfen! Ich nehme an, die Herren von Aevalorn haben möglicherweise bereits ihr Empfangskommittee geschickt. Wir müssen sicher gehen, dass die Luft rein ist! Sonst sind wir mir-nichts-Dir-nichts ihre Kriegsgefangenen!“

Ich mache aus dieser Begegnung den Compel-Move. Ich muss das Vertrauen des schwarzen Ritters gewinnen, um ihn zu betrügen. Meine Extended Action mit Charisma+Überzeugen ergibt acht Erfolge. Ein Strong Hit, hurrah! Dementsprechend:

Der Grimgoromn-Scout lässt sich also bereitwillig hinter Til her lotsen. Erst erscheint Tils Hasenkopf hinter dem aus dem Holz gewachsenen Türrahmen, dann das Helmvisir des Ritters. Dann fünf neugierige, kleine Kaninchenköpfe.
Hinter dem Everreach ist eine unfassbare Weite gelegen, in welcher Baumkronen zu erahnen sind, aber alles ist erfüllt von silbernem Nebeldunst. Unterhalb der Zugangstür jedoch gibt es erneut zahllose Pilze, die wie Plattformen an der Außenrinde hinab führen. Sie sehen recht elastisch aus, so wie die im Innenraum es sind ...
Til raunt, „Ihr seid doch ein Scout, Rittersmann! Ich jedoch habe nur die Sehstärke eines hundsgemeinen Feldhasen. Wagt Euch ein Stücklein näher, werft noch einen genaueren Blick! Wenn Einheimische dort sind, müsst Ihr sie erspähen, sonst werden wir aufgegriffen!“
Der schwerfällige Geharnischte nickt besorgt, und schiebt sich geduckt durch die Türöffnung.
Tils Löwenschweif wischt auf dem Boden nervös hin und her, als der Vermummte ihm den Rücken zuwendet. Noch ein Schrittchen … der Ritter beugt sich spähend hinab …
Zwei Hasenhände schubsen mit aller Kraft den Nichtsahnenden nach draußen! Es klirrt und klappert, als er auf einer der Pilzplattformen draußen aufschlägt!
„Yesss!“, ruft Til arglistig, „Wachen, Wacheeeen! Schnappt ihn Euch! Der's ein Spion aus Grimgoromn!“
Die Kleinen Bunnies springen auf und ab und ihre winzigen Pfötchen geben sich High Fives.
Der Geharnischte ist nicht einfach liegen geblieben; trampolinartig ist er von dem elastischen Pilz geschleudert worden, und auf den nächstniedrigeren geworfen worden, erneut klappert und rasselt es.
Mit frenetischem Schmunzeln schaut Til ihm nach, halb ist der Geharnischte schon von Nebelschlieren umgeben da unten. Die Hasenaugen suchen aufgeregt nach Bewegungen von Wächtern, irgendwo in der Nebelsuppe. Wenn dies das einzige Tor nach Aevalorn ist, müssen hier ja einheimische Torwächter sein.

Aber sind da welche? Die Orakelwürfel verneinen!

„Möglicherweise ist das hier nicht das, was ich erwartet hätte …!“, gibt Til zu, und versucht angestrengt, einen klaren Blick durch die Nebelschwaden zu erhaschen.
Die Kleinen Bunnies hopsen schon einmal an ihm vorbei, die Plattformen herab, von Pilz zu Pilz. Til folgt ihnen also, und klettert hinterher. Da, wo der schwarze Ritter zuletzt aufgeschlagen ist, liegen nur noch ein paar abgesprengte Rüstungsteile.
Jetzt etwas weniger siegesgewiss sieht Til sich in der Nebelsuppe um, „Er hat sich davongemacht, der wackere Kämpfer! Na, bestimmt verzeiht er uns den Streich, oder, Leute?“
Die Bunnies nicken begeistert, sie fanden das offensichtlich klasse, warum sollte das Opfer eines so gelungenen Streiches das nicht auch mit Humor betrachten?
Til streicht sich nervös die Tasthaare glatt, und sieht sich ängstlich um.
„Wir müssen jedenfalls pronto die hiesigen Wachen alarmieren, Freunde!“, zischt er, „Die müssen sich den Kerl kaufen! Und zwar im Pulk, das war das größte Schwert, das ich je gesehen habe! Zu der Gelegenheit können wir denen auch gleich unsere Dienste anbieten, was? Immerhin haben wir's dem Setzling versprochen.“
Die Kleinen Bunnies gucken alle groß, und deuten dann alle mit den Pfötchen auf Til.
„Ja, schon gut, ich hab’s versprochen. Aber Ihr helft mir, bitte!“
Gönnerhaftes Nicken.
„Das ist gut. Ich habe ehrlich gesagt keinen Schimmer, in was für einer Sache wir hier drin stecken! Für einen normalen Traum ist das alles hier viel zu kongruent. Wer weiß, was hier los ist!“


Hier draußen angelangt müssen sie glücklicherweise nicht wieder kilometertief hinab klettern, um den Waldboden zu erreichen. Das Labyrinth von Aevalorn erstreckt sich nämlich überhaupt nicht ebenerdig, wie Til angenommen hatte — es ist ein unendlich verästeltes Netz aus Zweigwerk der riesigen Bäume. Zahllose von ihnen bilden natürliche Brücken von Baum zu Baum. Viele Bäume haben Löcher und Hohlräume, halb verborgen von Hängemoosen, und führen durch geheime Gänge. Je tiefer sie steigen, desto mehr umgibt wieder Waldesduft die Wanderer. Dieser hier hat eine fremdartige, moosige Note. Die vielen Vogelrufe aus den Ästen klingen merkwürdig, irgendwie sehnsuchtsvoll und melancholisch. Die Baumriesen sind klein im Vergleich zum Everreach — aber dennoch haben die Stämme der meisten den Umfang von Burgmauern. Über ihren Kronen ist durch die Nebelschlieren ein mintblauer Himmel zu sehen, der in ewiges Abendzwielicht getaucht zu sein scheint. Lichtquellen durchdringen jedoch immer wieder den Nebel, durch die biolumisiszenten Blätter, die silbrig, golden, oder violett schimmern. Besonders auffällig ist an einem bestimmten Punkt das goldene Glitzern in der Distanz, offensichtlich ein ganzer Thronsaal, wo in den Zweigen Hof gehalten wird!



Jenseits des Everreach: Das Labyrinth von Aevalorn


Tief unter den Reisenden, wo man den dunklen Waldboden erahnen kann, blinken einzelne bläulich leuchtende Pilze, und es glänzen goldene Bäche, die das magische Baumharz dort bildet. Es fließt durch ganz Aevalorn hindurch, wie ein Fluss von Lebenskraft und Erinnerungen.

Zuerst einmal sucht Til aufgescheucht nach Waldläufern, irgendwelchen Einheimischen, die er alarmieren kann. Er könnte auch den Laternenschein des Thronsaals in der Distanz ansteuern, aber das ist ein langer Marsch. Bestimmt gibt es hier Grenzpatrouillien?

Schalter:
Das will ich mit dem Move namens Gather Information lösen! Dafür würfle ich Wahrnehmung+Aufmerksamkeit, und den Löwenschweif-Aspekt bringe ich auch wieder mit ein, denn unterwegs muss ständig balanciert werden auf den Ast-Brücken. (Das Astwerk scheint wie geschaffen für Til.) Seinen Aspekt ‚Kann nicht loslassen‘ bringe ich ebenfalls ein, denn dies scheint ein Wald der Erinnerungen zu sein, und das Gewisper der Bäume lenkt Til ungemein ab. Einser ziehen also bei diesen beiden Würfen Erfolge ab. … Er erzielt dennoch locker maximale zehn Erfolge. Seine Spezialisierung kommt hier ja ebenfalls wieder ins Spiel, die scharfen Hasenohren verwandeln Zehner-Ergebnisse in doppelte Erfolge. Also ein Strong Hit, so entscheiden die Orakelwürfel. Das führt uns zu den Geräuschen von Wächtern des Labyrinthes, und gibt obendrein einen dringend benötigten Punkt Willenskraft zurück (anstelle des Ironsworn-Spielwertes namens Momentum).

Die Aevalori sind nicht etwa Tolkien'sche Waldelfen, wie Til bereits so halbwegs vorausgesetzt hatte, sondern gänzlich ätherische Gestalten. Ihre Haut hat dieselbe silbrig-weiße Farbe wie der Nebel, und ihre Glieder und Hälse sind beinahe grotesk lang und dünn, aber in jeder Bewegung zeigt sich übermenschliche Gewandtheit und Grazie. Sie sind bemalt mit blauen Halbkreisen, eine Art Stammes-Schmuck, und sie tragen schlanke Bögen und Wurfspeere. Als der keuchende, abgehetzte Til mit einem Sprung auf ihrer Astbrücke aufsetzt, gefolgt von fünf wuseligen Bunnies, schauen die Eingeborenen erstaunt, beinahe angefasst. Sie scheinen es gar nicht zu mögen, wenn ihre beinahe lautlosen Bewegungen und Flüsterstimmen von Fremden gehört werden!




Aevalori-Scouts
Attribute: Geschick (Wendigkeit) 5, Konstitution 3, Stärke 2, Charisma 3, Erscheinungsbild 4, Manipulation 2, Geistesschärfe 3, Intelligenz 3, Wahrnehmung (Gefahrensinn innerhalb Aevalorns) 4
Fertigkeiten: Athletik (Klettern) 4, Aufmerksamkeit (Hypersensibel) 5, Ausdruck 2, Ausweichen (Reflexe) 4, Empathie 3, Gewahren 3, Überzeugen 2; Bogenschießen (Zielschüsse) 4, Etikette 3, Handwerk 2, Heimlichkeit (Verborgen halten) 4, Überleben 3, Tierkunde 2; Enigmas 3, Gesetz 1, Gremayre 2, Medizin 2, Nachforschung 1, Politik 1
Aspekte:
 • Wächter von Aevalorn +3
 • Ehrenvoll +2
 • Hüter von Geheimnissen +1
 • Leiden, wenn die Bäume von Aevalorn Kummer haben
 • Gedankenverloren
 • Stolz
Glamour: 3
Willenskraft: 6
Ausrüstung: Langbögen, Köcher mit Pfeilen, Wurfspieße, Jagdmesser, Kleidung aus Pflanzenmaterial, kultische Bemalung, Proviant, Heilkräuter


„Hallo, äh, schönen guten Morgen, oder Abend, oder wie auch immer man diese Tageszeit nennt, die ihr hier habt!“, sagt Til versuchsweise.
Die Augen der silberhäutigen Kundschafter mustern ihn befremdet.

Sprechen diese Wesen denn Tils Sprache, so wie die Leute in Holz-Giebel-Brunnen-Dorf es getan haben? Nö, sagen die Orakelwürfel. Dann wird Til sich anderweitig verständigen müssen!

Verzweifelt versucht er minutenlang, mit Gesten und Fingerzeigen zu beschreiben, weswegen er sie alarmieren will. Das Wort Grimgoromn kennen die Späher jedenfalls! (Die Kleinen Bunnies sind ungemein hilfreich, indem sie ebenfalls gestikulieren wie wild und um die Aufmerksamkeit der Fremden haischen, aber mit irgendwelchen anderen, eigenen Botschaften!)
Daraus mache ich nicht gleich einen Move, sondern nur einen regulären Wurf, immerhin ist der Typ Fremdsprachenlehrer. Das wird er ja wohl hinkriegen? Also Geistesschärfe+Linguistik. Jawoll, zwei Erfolge: Dass es einen einzelnen Eindringling aus Grimgoromn abzuwehren gibt, das bekommt er den Scouts vermittelt! Nicht schlecht! Ihrerseits geben sie ihm mit ihren leisen, klangvollen Stimmen zu verstehen, dass eine Person namens Aelhunara das Sagen an diesem Ort zu haben scheint. Von dieser Wesenheit sprechen die Aevalori mit allergrößtem Respekt. Eine gewisse Ysandra scheint hier ebenfalls eine Rolle zu spielen.

Die Aevalori brechen plötzlich die Vermittlungsversuche ab, und beginnen geduckt die Astbrücke entlang zu laufen, so lautlos wie fallende Blätter! Einer von ihnen macht schon einmal seinen Bogen schussbereit. Sie spähen und lauschen in die Richtung, wo der Stamm des Everreach im Nebeldunst verschwindet, wo die Wurzeln der Baumgiganten verlaufen müssen, irgendwo dort unten im Zwielicht. Dann klettern die drei los, in diese Richtung, verschwinden außer Sicht.
„Ja, macht ihm ordentlich Feuer unter seinem Panzerplatten-Arsch“, sagt Til halblaut.
Aber war dieser Grimgoromn-Spion überhaupt eine wirklich niederträchtige Schimäre? Er wirkte vor allem wie einer, der ebenso schwer an seiner Vergangenheit trägt wie an seinem überdimensionalen Schwert.

Aber wir haben geschworen, Aevalorn gegen Grimgoromn zu helfen. Also ist dies der erste Milestone auf der
Queste (Gefahrvoll): Versuchen, den Bäumen von Aevalorn zu helfen, gegen die Grimgoriminatori, und mit ihrem eigenen Kummer.
Jeder erreichte Milestone bringt zwei Punkte Fortschritt.

Nachdem die drei Scouts uns nicht direkt sagen konnten, an wen wir uns zu wenden haben (wo zum Beispiel diese Aelhunara residiert), können wir genauso gut als nächstes den Thronsaal mit den vielen, feierlichen Lichtern ansteuern. Til joggt weiter die Astbrücken entlang, in die Richtung aus der die drei Ureinwohner kamen, und hinein in eins der Astlöcher, durch die Tunnels. Er kichert überdreht. Die Umgebung ist so fantastisch, dass ihm schwindelig wird.

Aber bevor wir uns bei Hofe vorstellen können heißt es, erneut nach Proviant suchen! Ein weiterer Resupply-Move ist nützlich, hier gibt es bestimmt viele leckere Futterpflanzen für Leute wie uns. Ich habe den Kleinen Bunnies den Aspekt ‚Untrügliches Gespür für leckeres Happa (+1)‘ gegeben. Diesen Bonus-Würfel rolle ich jetzt natürlich wieder mit. Sieben Erfolge, aus denen die Challenge Dice dennoch einen Fehlschlag machen, mit einer Sieben und einer Neun. Schön doof, das bedeutet Pay the Price:

Die Bunnies haben ein paar Baumäste gefunden, auf denen äußerst üppige Erbeersträucher gedeihen. Während sie darauf zu klettern, schnappt unter Tils Gewicht jedoch einer der Äste entzwei, und er schmiert ab! Schreiend verschwindet er im Nebeldunst!

Er durchschlägt im Fallen mehrere Lianen, und es gelingt ihm in seiner Panik, eine davon zu greifen, das Pflanzenmaterial rutscht ihm durch die Finger und die Reibung versengt seine Pfotenpolster! Dann schließlich reißt die Liane, und Til kullert auf einen der tiefer gelegenen, breiten Äste. Fast alle Energie ist durch die rettende Liane aus seinem Sturz absorbiert worden, er hat nur die verbrannten Handflüchen und ein paar blaue Flecken zu beklagen. Er schnappt sich sein zusammengeknotetes Pyjamaoberteil mit dem Proviant, und rappelt sich auf. Hier unten ist es merklich dunkler, er ist dem Waldboden zehn bis zwanzig Meter näher gekommen. Er sammelt die abgerissene Liane auf, wickelt sie auf und legt sie sich über die Schulter wie eine Taurolle. Vielleicht braucht man später noch ein improvisiertes Kletterseil. (‚Kann nicht loslassen‘, wie gesagt.)

Was geht denn hier unten so ab? Da hole ich mir ein neues Stichwort vom Orakel. Die Würfel sagen Reject Truth, die Zurückweisung der Wahrheit. Es scheint dabei um eine der Wahrheiten zu gehen, die sie selbst betreffen.

Til horcht auf das Greinen und Quieken der Kaninchen weiter oben.
„Ich bin hier! Mir fehlt nichts!“, ruft er keuchend. Der Nebeldunst schluckt seine Stimme.
Er lauscht angestrengt, und seine zuckenden Hasenlöffel nehmen ein anderes Geräusch wahr: Ein Knarren und Summen auf dem Höhenwind. So ähnlich wie die Stimme des Bryndick, aber so tief und langsam, dass es kaum hörbar ist. Er reißt die Augen auf, als er plötzlich begreift: Das sind die Bäume! Der Aevalorn-Wald spricht, die Bäume raunen ihre Botschaften untereinander! Ganz so, wie der Setzling behauptet hat! Angestrengt hört er hin. Er kann dem Gemurmel dennoch nichts entnehmen, außer einem vagen Eindruck von Furcht und Bereuen. Irgendetwas leugnen sie … etwas, das so schlimm für sie ist, dass sie es in ihrem tiefen Raunen nicht wahrhaben wollen!

Ein Schauder läuft Til über den Rücken. Was könnte so schlimm sein, dass derart mächtige, alte Lebensformen wie diese Baumgiganten es verdrängen …?

Da mache ich mal den Move Endure Stress. Dafür würfle ich zweimal Willenskraft, und das Resultat ist ein Fehlschlag. Das kostet Til also einen temporären Willenskraft-Punkt.

Til legt die Ohren an und zittert, als ein unartikulierter, urzeitlicher Terror ihn zu beschleichen beginnt. Wenn der ganze Wald schon in Angst lebt, was könnte jemand wie er schon ausrichten?! Dann hört er das Wuseln der Kaninchen, die einen Weg hinab gefunden haben, und geht ihnen entgegen. Quiekend rennen sie um ihn herum.
„Schon gut, schon gut! Mir wäre schon nichts passiert, außerdem war das ja nur zum Training. Alles für meine Zirkusnummer!“, schwindelt er, und streichelt ihnen liebevoll über die Köpfe.

Dann werden wir den Resupply-Move wohl noch einmal wiederholen müssen, um die Erbeeren zu ernten.

Daraufhin schlagen wir den Weg zu den fernen Lichtern in den Baumkronen ein: Wenn diese Aelhunara dort Hof hält, kann sie uns vielleicht näher instruieren?

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