Autor Thema: [Changeling: The Dreaming | Ironsworn] Dunkelblaue Teestunde der Seele  (Gelesen 3869 mal)

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Allesamt klettern sie also nun der Reihe nach auf Fuchurs Rücken, die kleinsten kommen in die Mitte. Langsam steigt der Glücksdrache mit wallender Mähne über den Wipfeln höher, hier ist in der Zwischenzeit ein Sturm aufgekommen, und riesige dunkelblaue Wolken ballen sich zusammen.
„Haltet Euch nur gut fest, allesamt!“, ruft Fuchurs laute Stimme über das Tosen hinweg.

Tief über den Hügeln saust er dahin, unter den Wolkenmassen, die sich weiter zusammenballen. Er beschreibt einen eleganten Bogen um den Felsenhügel mit dem Schloss, und geht dahinter langsam noch tiefer. Hier, im felsigen Ödland, findet sich tatsächlich eine kleine Einsiedler-Klause, ein windschiefes Holzhäuschen inmitten von verfallenen, heidnischen Steinkreisen und Ritualstätten, von hoch oben kann man sie bereits ausmachen.

Da soll uns mal das Orakel vorhersagen, was hier geschieht: Summon Problem, sagen die Orakelwürfel. Welcher Art Problem wird denn da heraufbeschworen? Dazu sagt die Tabelle für Themes wiederum, Leader. Ein Problem mit einem Anführer, hm, bedeutet das etwa, der Fürst Ūrohso bekommt ausgerechnet jetzt einen neuen Herausforderer? Das bestätigt das Orakel.

Aus anderer Richtung sieht man etwas schimmern und hört menschliche Rufe: Ein prachtvoll mittelalterlich gekleideter Edelmann reitet auf das sturmumtoste Schloss der Goldenen Sonne zu, gefolgt von einer kleinen Reiterei, die seine Entourage sein dürfte, mit ein paar wehenden Fahnen. Sie scheinen keine Kithain zu sein, sondern menschliche Traumgestalten.
„Sieht aus, als würde der neueste Herausforderer nahen!“, ruft Til über den Fahrtwind.
Atréju ruft mit fester Stimme, „Wenn das so ist, so müssen wir versuchen, weitere Gewalt zu verhindern!“
„Aber muss nicht einfach die Geschichte ihren Lauf nehmen?“, gibt Til unschlüssig zu bedenken.
„Nicht, so lange Fuchur und ich daran beteiligt sind — und derzeit sind wir hier, also sind wir nun mal auch ein Teil davon!“, schreit Atréju, und sagt zu Fuchur, „Gehen wir herunter!“

Über den stürmischen Hügeln geht der Glücksdrache tiefer, und setzt schließlich vor der Reiterei auf. Pferde tänzeln und scheuen, Edelleute und Herolde ziehen entgeistert ihre Waffen.
„Haltet ein!“, ruft Atréju vom Rücken des Flugdrachens, „Im Schloss erwartet Euch nur die Herausforderung durch den Schlossherren, der sich in einen wilden Auerochsen verwandeln kann! Es ist möglicherweise nichts weiter als eine Falle!“

Sind die menschlichen Reiter skeptisch den Fabelwesen gegenüber? Die Orakelwürfel bestätigen nicht nur, sie zeigen eine Doppelnull, das ist ein extremes Resultat:

„Seht, die ersten Häscher der anderen Welt!“, brüllt der holde Königssohn über das Sturmtosen seinen Mannen zu, „Und sie haben gar noch einen Drachen! Kämpft, Männer, kämpft bis zum Letzten! Tötet sie alle! Hackt Euch den Weg frei zum Schlosse, 's ist nicht mehr weit!“, und er zieht sein prachtvoll schimmerndes Langschwert vom Gürtel!

Da bekommen wir also keine Chance für einen Compel-Move, dies bedeutet zwangsläufig wieder einen Face-Danger-Move, um wieder aufzusteigen und an Höhe zu gewinnen, mit heranpreschenden Lanzenreitern und sirrenden Armbrustbolzen! Til ruft aufgeregt Beschwichtingungen und Anfeuerungen an seine Freunde, mit Charisma+Überzeugen+Aspekt (‚Überzeugter Pazifist’), und Atréju Geschick+Athletik+ Hintergrund-Aspekt von Fuchur (‚Fliegt wie ein lebendiger Blitz‘). Gemeinsam erreichen sie acht Erfolge, das wird dann ein Weak Hit. Die Flucht gelingt also, aber wir machen den Folge-Move Endure Stress: Atréju legt nach diesem unerwarteten Ausgang einen Willenskraft-Punkt ab, würfelt seine Willenskraft, und ein Fehlschlag kostet ihn einen weiteren temporären Punkt. Mit ungläubig aufgerissenen Augen schaut er auf die Reiterei hinab, während letzte Armbrustbolzen ihnen um die Ohren fliegen!

„Sie haben ja überhaupt nicht hören wollen!“, bringt er heraus.
„Natürlich nicht!“, krächzt D. Dordingymew, „Sie kommen hierher, um eine Eroberung zu machen!“
Til bemerkt, „Und Sie wissen natürlich, wovon Sie reden, nicht wahr! Immerhin waren Sie aus denselben Gründen hier!“
Der Dodo krakeelt, „Das kann man überhaupt nicht vergleichen! Ich und meine Knechte waren hier auf Befehl von Ihro Gnaden der Herzkönigin! Nicht wie diese Tölpel dort drunten, als Schergen irgendeines wenig namhaften Menschen-Königreiches!“
Marlies kann nicht folgen, so lange die anderen nicht Gälisch reden. Sie ruft Til zu, „Sag‘ Atréju und Fuchur, dass sie schnell weiter zur Eremitenklause fliegen sollen!“

Das machen die auch. Die Reiterei versucht nicht, den viel zu schnellen Glücksdrachen einzuholen, sie hält erneut aufs Schloss zu, und damit auf die Konfrontation mit Ūrohso.



Die Eremitenklause


Der Sturm wird heftiger, und Fuchur kommt vor der windschiefen Hütte herab mit einem Schlingern, seine vier Tatzen pflügen den Boden auf, dann erst kommt er zum Stehen, um die Passagiere von seinem Rücken klettern zu lassen.
„Wir nehmen Zusje mit zum Schloss der Goldenen Sonne“, keucht Til zu Marlies, „Dann schwören wir gemeinsam dem Fürsten unseren Eid, das Geheimnis der Grimgoriminatori herauszufinden. Und dann hören wir von Mister Dordingymew, wie wir das Spiegelgesicht und seine Landsknechte von der Waldgrenze loswerden! … Vielleicht können wir Ūrohso vorher auch gleich noch ausreden, diesen neuerlichen Buhler um die verwünschte Königstochter fertig zu machen!“
„Das klappt bestimmt!“, entgegnet diese, „Schnell, hier lang!“


Im Inneren der Klause ist es warm und dunkel, ein Feuer glimmt im kleinen Kamin, und das Klimpern mehrerer wunderlicher Talismane erklingt, die an der Hüttendecke zwischen getrockneten Kräuterbündeln befestigt sind, und sich in der Zugluft drehen, als die Reisenden sich nach drinnen retten. Das Sturmgeheul fegt wie zornig um die hölzerne Klause herum. Im Halbdunkel ist die Bewohnerin zu sehen, sie sitzt in Meditationshaltung auf einem aufgestellten Runenstein, und blickt unbeteiligt auf die Hereinkommenden herab. Sie hat ein silbriges Nerzfell so wie ihre kleine Schwester.
„Hallo Zusje, wir sind da“, ruft Marlies aufgeregt, „denk nur, ich habe Til mitgebracht!“
„Besinne Dich Deiner Manieren, Liebes“, sagt das ältere Mädchen, „Stell‘ uns vor!“, und Til nimmt zur Kenntnis, dass auch sie fehlerfreies Gälisch spricht. Als gäbe es auch für dies einen direkten Zusammenhang.
„Ja, natürlich! Zusje, das hier sind Til Haselberger, von dem ich Dir so viel erzählt habe! Und D. Humbert Dordingymew, den haben wir unterwegs aufgegabelt. Til, das ist Eline Lissa Girardin!“
„Sehr erfreut!“, sagt der Dodo, und macht einen Bückling.
„Ich dachte, Deine Schwester heißt Zusje“, sagt Til verwirrt.
Marlies kichert, „Du Dummerle, Zusje ist Belgisch und heißt Schwester!“
Eline verharrt in ihrem Lotussitz auf dem Stein, als wäre sie noch in ihrer mystischen Trance. Sie ist nicht etwa zur Hälfte Huhn, wie Marlies in Cyenwen gesagt hatte, das war offensichtlich eine Pooka-Lüge. Die Ähnlichkeit zur jüngeren Schwester ist unübersehbar. Während Marlies‘ Kopfbewegungen manchmal etwas Kanarienvogel-artiges haben, ist an Elines Haltung etwas eher Kätzisches.



Die andere Nerz-Schwester


„Der Tee wird gerade fertig“, stellt sie halblaut fest, „Ihr kommt gelegen. Genau wie von mir vorhergesehen.“
„Stimmt das?“, fragt Til verblüfft.
„Die Boggans aus dem Schloss haben mich neulich bedacht mit einer exquisiten Mischung aus Hagebutten, Wildkräutern, Orangenschalen, und zurückgelassenen Phantastereien. Marlies, zeige den Besuchern doch, wo sie Platz nehmen können!“
„Zurückgelassene Phantastereien?!“, fragt Til, „Als Tee?“
Mit fast ganz geschlossenen Augen nickt die andere Pooka, und inhaliert den Dunst ihrer Räucherstäbchen.
„Kommt, wir trinken Tee!“, sagt Marlies freudig.
„Oh ja, das Angebot nehme ich liebend gerne an“, gesteht Mister Dordingymew, „Wir hätten fast die Teestunde verpasst. Bei diesem ganzen kopflosen Gerenne durch den Tulgey-Wald, den Irrungen und Wirrungen, dem Flug auf dem Drachenrücken, und dem stürmischen Wetter!“
„Sollten wir Fuchur eine Tasse hinaus bringen?“, fragt Marlies besorgt, „Der Ärmste wird ja ganz zerzaust in dem Sturm!“
Atréju sagt, „Fuchur ernährt sich hauptsächlich von frischer Luft.
„Oh ja, hab‘ ich vergessen“, sagt Marlies, „Genau wie im Buch.“
Atréju wirft Til einen fragenden Blick zu.
„Hab‘ ich doch gesagt“, meint dieser schulterzuckend, „In der Welt aus der wir kommen kennt jedes Kind Eure Geschichte! Und Du hast gedacht, ich lüge Dich an …!“


Hier sind die Spielwerte für unsere vierte Pooka:

Eline Lissa Girardin
Alter: 19; Kith: Pooka (Nerz/Schneeluchs); Hof: Licht; Erben: Weise/Gesetzlose; Schein: Wildling
Attribute: Geschick 3, Konstitution 2, Stärke 1 | Charisma (Mysteriös) 4, Erscheinungsbild (Fotogen) 4, Manipulation 2 | Geistesschärfe 3, Intelligenz 3, Wahrnehmung 2
Fertigkeiten: Anführen 2, Athletik 3, Aufmerksamkeit 3, Ausdruck 2, Empathie 2, Gewahren 3, Überzeugen 2; Darbietung 2, Etikette 3, Heimlichkeit 1; Computer 1, Enigmas 3, Geisteswissenschaft 1, Gremayre 2, Linguistik 1, Politik 1
Hintergründe:
 • Ressourcen (Millionenerbin) 4
 • Träumer 1
 • Schatz (Wunschring) 4
 • Verbündete (Anwaltskanzlei) 1
Aspekte:
 • Erbin einer Million, die fortwährend Schwierigkeiten und Verpflichtungen bedeutet +2
 • Will auf ihre kleine Schwester aufpassen +1
 • Warmes, elegantes Nerz-Fell +1
 • Luchs-Ohren +1
 • Waise, das Internat ist kein Zuhause
 • Tut gerne unergründlich
 • Liebäugelt gelegentlich mit dem Finsteren Hof
Künste: Metamorphosis 1, Primal 1, Soothsay 1
Reiche: Actor 1, Fae 3, Nature 1
Glamour: 4
Willenskraft: 5
Ausrüstung: Panflöte, kleine Kristallkugel

Schatz: Wunschring
Elines orientalisch aussehender Fingerring ist ein besonders mächtiges Erbstück, denn er versetzt die Trägerin direkt ins Träumen (oder zurück), wenn er am Finger getragen wird und einmal um sich selbst gedreht. Dies dauert 30 Sekunden und erfordert einen Wurf. Alle Changelings, Kinain, und Verzauberten, die die Trägerin dabei berühren, und sich fest wünschen, ihr zu folgen, werden ebenfalls dorthin versetzt.
Aspekt:
 • Die Macht, den Träger ins Träumen zu versetzen +4
« Letzte Änderung: 21.03.2025 | 22:30 von Schalter »

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Es gibt einen sehr niedrigen, kleinen Teetisch in einer der Ecken, mit kleinen Holzstühlen darum. Eine große, alte Teekanne steht dort bereits dampfend bereit, und Teetassen. Sieben freudige Bunnies hüpfen auf den Tisch, und sehen sich interessiert schnuppernd nach Leckereien um.



„Tut mir jedenfalls leid, dass wir Dich und Fuchur da mit reingezogen haben, Atréju“, sagt Til besorgt, „... In dieses Märchen hier, meine ich. Hätte ich mir denken können, dass Dich das wütend macht, wie der Fürst spricht. Du bist in Deiner Heimat immerhin ein Held.“
„Ein Held?!“, sagt Atréju, beinahe aufbrausend, beinahe etwas verächtlich, „Wohl kaum, Til Haselberger!“
Marlies platzt heraus, „Ja, aber wohl! Du kommst von den tapferen Grünhäuten, und Du hast das Zeichen der Kindlichen Kaiserin getragen, und Du hast Fuchur aus dem großen Spinnennetz gerettet, und ganz Phantásien zählt auf Dich!“
„Phántasien braucht mich nicht für seine Rettung, und ganz bestimmt bin ich auch kein Held.“
„Warum seid Ihr eigentlich abgehauen?“, fragt Til den Jungen.
„Ich sagte Dir bereits, dass das meine Sache ist, Til Haselberger. Reden wir nicht weiter davon. Konzentrieren wir uns auf die unmittelbaren Angelegenheiten. Du sagtest, die Eremitin könne mir und Fuchur vielleicht raten?“
Eline Girardin erscheint plötzlich am Teetisch, und zwar aus der entgegengesetzten Richtung zu der, aus der man sie erwartet hat. Vielleicht hat sie sich als Nerz ungesehen durch den halbdunklen Raum bewegt!
„So wie meine Schwester die Vergangenheit erinnert, blicke ich in die Zukunft, Atréju aus dem Gräsernen Meer“, sagt sie halblaut, aber auf Gälisch, und beginnt allen Tee einzuschenken, „so wie die verborgene Natur aller Dinge, die das Dán ausmachen.“
„Was ist das?“, fragt Til neugierig, um für Atréju ins Deutsche übersetzen zu können, der nur fragend dreinblickt.
„Das Dán ist das Schicksal der Welt, mit dem wir alle verwoben sind. Wir Wechselbälger sind ebenso Teil davon, Inkarnation für Inkarnation, wie die Sterblichen, und wie auch Wesen wie Atréju und Fuchur.“
„Meine Zusje weiß alles über die Macht des Dán!“, sagt Marlies stolz.
„Und … diese Kraft ist es auch, die uns aneinander bindet?“, fragt Til in vorsichtigem Ton.
„Wer weiß!“, sagt Eline vage, und füllt andächtig die nächste Teetasse.
„Aber ich dachte, Du weißt das …?“, sagt Til verwirrt.
„Weiß sie ja auch!“, beteuert Marlies.
„Wir haben uns schon in vielen Vorleben getroffen“, sagt Eline, scheinbar auf das Einschenken von Tee konzentriert, „Marlies hat Dir, Til Haselberger, schon alles darüber berichtet, drunten in Cyenwen.“
„Gar nicht wahr, nur Andeutungen hat sie gemacht“, murmelt Til, „Und ein paar Anekdoten aus dem alten Rom hat sie eingestreut.“
Marlies kichert, die Idee mit dem alten Rom gefällt ihr, und die Bunnies kichern auch.
„Jedenfalls kannst Du auch Gälisch!“, stellt Til fest.
„Ist ja auch eine sehr schöne Sprache! Kurios, und dadurch wertvoll!“, nickt der Dodo verständig, auf derselben Sprache, um auch mal was beigetragen zu haben.
Marlies sagt freudestrahlend, „Das haben wir alle gelernt!“
Til nickt, leicht befremdet, „Ich habe als Teenie angefangen, mich dafür zu interessieren. Ich hab’ damals meine Eltern so lange genervt, bis sie mich zu einem Gälisch-Kurs geschickt haben. An meiner Schule gab’s das natürlich nicht als Wahlfach! … Es ist, als hätte ich das Gälische gelernt, um mich mit Euch zu verständigen, jetzt, wo wir aufeinander getroffen sind. Ich hatte in meinem bisherigen Leben nie so genau gewusst, warum mich diese Sprache so interessiert! An der Volkshochschule biete ich manchmal Sprachkurse dafür an, aber die werden fast nie voll! Zu speziell, diese Sprache!“
Marlies erklärt eifrig, „Du hast das ja auch gelernt, um Dich mit uns zu verständigen! Das ist doch unsere Geheimsprache! Letztes Mal haben wir die auch verwendet.“
„Letztes Mal, Du meinst, als wir beide uns in Cyenwen getroffen haben?“
„Nein, da haben wir doch die meiste Zeit über Chinesisch miteinander geredet!“, lügt Marlies übermütig, aber erklärt dann, „Nein, Til, in unserem letzten Leben!“
Til atmet tief durch, und sagt dann zögerlich, „Ihr wollt wirklich sagen, dass wir uns in jedem Leben erneut treffen?“
Eline schüttelt leicht den Kopf und raunt, „Es gelingt uns nicht, uns in jedem Leben zu treffen. Die Nebel sind verwirrend. Sie halten uns voneinander fern, wenn wir nicht genügend Glück und Verstand haben …“
Und in leiser Stimme zitiert sie, „… Zo vreemd, in de mist te wandelen! / Eenzam is elke struik en steen / Geen boom ziet de andere / Ieder is alleen.“
Til braucht einen Moment, dann erkennt er Herman Hesse („Seltsam im Nebel zu wandern / Einsam ist jeder Busch und Stein / Kein Baum sieht den andern / Jeder ist allein“).
„Wenn wir schon Absprachen getroffen haben, welche gemeinsame Sprache wir lernen wollen, warum haben wir uns dann nicht im selben Land verabredet? Am besten, in derselben Nachbarschaft! Das hätte doch Mühe gespart!“, vermutet Til, und fügt hinzu, „Ich erinnere mich vage daran, so etwas vorgeschlagen zu haben beim letzten Mal!“
„Gar nich‘ wahr“, rügt Marlies ihn.
„Und Du, Marlies, Du weißt das noch?!“, fragt Til sie verdattert.
„Ich weiß alles noch!“, trumpft sie auf.
„Marlies ist unsere Chronistin, sie hütet und bewahrt die Vergangenheit“, erklärt Eline leise, „das war schon immer so. Ich wiederum bin die Mystikerin, und sehe unsere Zukunft voraus. Ich kann Dir sagen, was das Dán in diesem Leben für uns bereithält.“
„Echt?“, fragt Til, „Was?“
„Warum willst Du es wissen?“, fragt Eline zurückhaltend.
„Du hast doch gerade gesagt, Du weißt es?“
„Streitet nicht schon wieder!“, ermahnt Marlies die beiden.
„Wieso schon wieder?!“, entfährt es Til, „Wir haben im Leben noch nie …“
„Ihr mit Eurer blöden Streiterei“, schmollt Marlies, „Ihr seid beide solche Rechthaber.“
„Schon gut, ich wollte ja nicht … äh …“, sagt Til, und ihm schwirrt ein wenig der Kopf.
„Wir streiten überhaupt nicht“, säuselt Eline begütigend, „Es fällt unserem Hasen-Löwen nur manchmal schwer, die Mächte des Voraussehung zu akzeptieren, das weißt Du doch, Schwesterchen.“
„Ja, ja. Til ist immer mit der Gegenwart beschäftigt“, murrt Marlies, und Eline fügt hinzu, „Oder mit den Teilen der Vergangenheit, denen er nachzuhängen pflegt. Hier, trinkt Euren Tee! Und die Kaninchen sehen so aus als wollten sie ein bisschen Gebäck!“
„Den Teilen der Vergangenheit … denen ich nachzuhängen pflege …?“, fragt Til nach, und ein eiskalter Schauder läuft ihm durch sein Rückenfell. Es kommt ihm kurz wirklich so vor, als sei er hier unter langjährigen Bekannten.
Die Bunnies wollen tatsächlich sehr gerne Gebäck, und Marlies und der Dodo sagen auch ganz bestimmt nicht nein dazu.
„Was macht Ihr beide denn dann in diesem Märchen?“, fragt Til gedankenvoll.
„Fürst Ūrohso passt auf uns auf!“, sagt Marlies stolz, „Er sagt, wir sind seine liebsten Gäste! Immerhin ist er auch ein Pooka, so wie wir, wie man ihm ja auch an seinen bezaubernden Tasthaaren ansieht!“ (Ūrohso hat zwar Hörner, aber keine Tasthaare.)
Eline fügt hinzu, „Derzeit sind wir hier, weil ich mich in dieses abgelegene Heiligtum zurück zu ziehen hatte. Marlies begleitet mich ins Träumen, und hat hoch und heilig geschworen, nicht noch einmal auszubüxen, beispielsweise nach Cyenwen herab.“
Marlies kichert vergnügt, sie scheint sehr stolz auf ihr Abenteuer im Unterreich, bei dem sie Til wiedergefunden hat.
Eline fährt fort, „Ja, nun. Wir beide brauchen Abstand von der heimischen Villa, wann immer möglich.“
„Und der Wunschring funktioniert nur einmal im Monat, richtig, Zusje?“, sagt Marlies.
„Er funktioniert wann immer ich es möchte, aber ich ziehe es vor, ihn nur einmal monatlich einzusetzen“, antwortet Eline, aber das könnte eine Unwahrheit sein.
„Eine Villa! Ich wusste es, Ihr gehört quasi zur besseren Gesellschaft daheim in Belgien“, sagt Til, „Ihr redet auch beide so wohlerzogen daher und so.“
„... Aber Du findest uns nicht doof, weil wir reich sind, oder Til?“, fragt Marlies, plötzlich ganz kleinlaut, richtig besorgt guckt sie zu ihm auf.
„Geld hat in meinem Leben noch nie irgendeine Rolle gespielt!“, lügt Til, und lächelnd fügt er hinzu, „Ich mag Euch, egal was Ihr seid, kleine Dame!“, und widersteht dem Bedürfnis, Marlies liebevoll über den Kopf zu streicheln.
Sie schmunzelt ihn breit an.
„Dann fehlt uns nur noch der Vierte im Bunde“, sagt Eline in gedämpftem Ton, und pustet in den Dampf ihrer Teetasse.
„Ja, wusste ich’s doch“, sagt Til, „Das war überhaupt kein Zufall, dass der Kleine auch Gälisch kann! Und es war dann vielleicht nicht mal Zufall, dass ich ihm schon über den Weg gelaufen bin? Ein Hase, zwei Nerze, und ein Bär, stimmt’s?“
„Und ein kleiner Pelikan!“, kichert Marlies.
„Genau, und ein Pelikan, genau wie in dem Teetrink-Winkel in Cyenwen verewigt. Und vielleicht ein Wolf?“
„Ja, auch so einer“, lügt der Kindling beschwingt.
„Aber ein Bär jedenfalls. Dieser kleine Strolch! Er hat mich voll verarscht! Oh, entschuldigt bitte …“
„Du hast verarscht gesagt!“, entfährt es Marlies, gleichsam bestürzt und begeistert.
„Marlies Lore, das streichst Du sofort wieder aus Deinem Wortschatz!“, ermahnt Eline (und klingt für diesen Moment weniger wie eine Mystikerin und mehr wie eine ganz normale größere Schwester).
Til stammelt, „Ja, äh, also genasführt hat der kleine Bengel mich jedenfalls. Von wegen, er heißt Lobo, und sein Wolfskumpel heißt Niedzwiedz! Wahrscheinlich hat er überhaupt keinen Kumpel, der ein Werwolf ist! Alles Flunkereien. Ich hatte ihn schon! Ich hätte mich nicht so belabern lassen dürfen. Ich bin halt so überfordert von dem allen hier. Dabei hab‘ ich einen Eid geschworen, ihn zurückzuholen! Ich hab‘s versprochen!“
„Er ist der Vierte“, sagt Eline nickend, „Unser großer Bär.“
„Er war eigentlich ziemlich klein“, wirft Til ein, „Geradezu ein Dreikäsehoch!“
„Das Dán wird uns vielleicht erneut mit ihm zusammenführen. Zumindest, wenn die Nebel es noch einmal zulassen.“
„Und … was wenn nicht?!“, fragt Til bestürzt.
„Dann hättest Du die einzige Chance verpasst, dafür, uns alle binnen dieser Inkarnation wieder zusammenzuführen, Til Haselberger“, sagt Eline, fast unterkühlt, „Und die Nebel werden uns zeitlebens trennen. In solchem Fall erhält unser Eid-Zirkel erst dann wieder Gelegenheit, sich neu zusammenzufinden nach unserer nächsten Wiedergeburt. Und erst dann könnten wir zu unserer gemeinsamen Aufgabe zurückkehren.“
„Gemeinsame Aufgabe …?“, haucht Til, „Was kann denn eine Aufgabe sein … die so groß ist, dass man für die immer neu wiedergeboren werden muss …?“

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Was soll diese Aufgabe sein? Das habe ich mir noch nicht konkret zurechtgelegt. Für die Antwort von Eline ziehe ich also mal eine Tarotkarte: Die Vier der Schwerter. Das ist ja ein eher trübsinniges Motiv! Bei näherem Hinsehen lässt es mich allerdings an den gewählten Titel der Chronik denken: ‚Dunkelblaue Teestunde der Seele‘. Und die Zahl der Vier passt natürlich zu meinen vier SCs.
Das bezeichnet sicher nicht die Gesamtheit der Aufgabe des Eid-Zirkels, aber wohl einen gerade vorherrschenden Aspekt davon. Also machen wir mal folgendes daraus:


Marlies ist jetzt am Zug, etwas zu rezitieren, sie scheint es ohne nachzudenken zu tun, wie als würde sie einfach etwas aussprechen, das aus ihrem übernatürlichen Gedenken emporsteigt. Mühevoll überträgt sie das Erinnerte ins Gälische, während sie spricht: „Am Ende waren es die Sonntagnachmittage, mit denen er nicht zurecht kam, und diese schreckliche Ruhelosigkeit, die um etwa fünf vor drei Uhr einzusetzen begann … wenn man weiß, dass man alle Bäder genommen hat die man sinnvollerweise an diesem Tag nehmen kann, und dass, egal wie fest man auf einen Absatz in der Zeitung starrt, man ihn doch niemals auch tatsächlich lesen wird, oder die revolutionäre neue Baumbeschnitt-Technik benutzen wird, um die es darin geht … und während man die Uhr anstarrt, werden die Zeiger gnadenlos weiter auf vier Uhr zu rücken, und man begibt sich hinein … in die lange dunkle Teestunde der Seele.“
„Lange, dunkle Teestunde der Seele?“, fragt Til befremdet, „Was ist das? Das kommt mir bekannt vor. Ist das nicht ein Zitat?“
Und sein Wurf auf Intelligenz+Gremayre ergibt drei Erfolge:
„…Ja, klar, von Douglas Adams! Das ist aber kein Kinderbuch!“
„Ist mir von früher wieder eingefallen“, sagt Marlies unbestimmt, „Beim letzten Mal … war es neu rausgekommen, da mochten wir es ziemlich gerne. Glaub‘ ich.“
„Aber hat das irgendwas mit dieser Aufgabe zu tun?“, fragt Til.
„Nun! Ich habe ein sehr altes Tarot-Spiel hier in der Klause“, antwortet Eline ausweichend, „soll ich Dir die Karten legen, Til Haselberger? Alles Gesprochene mag Dir rätselhaft sein, aber die Karten, die würden Dir ein deutliches Bild vermitteln.“
„Eine ganz einfache Antwort würde mir reichen“, sagt Til, „Es war ja schließlich auch eine ganz simple Frage.“
„Nichts ist jemals simpel“, behauptet Eline, und nippt von ihrer Teetasse.
Til guckt etwas verdattert zwischen den beiden Nerz-Schwestern hin und her, „Aber wenn Ihr beiden die Vergangenheit und die Zukunft kennt, dann könnt Ihr doch gewiss sagen, was es für uns zu tun gilt? Was ist diese Aufgabe unseres sogenannten Eid-Zirkels?“
Eline schüttelt leicht den Kopf, „Besorge Dich nicht. Du hast bereits ein Versprechen gegeben, dass Du unseren Vierten wiederfinden wirst. Wenn wir alle wieder beisammen sind, wird sich alles klären.“
„Jetzt weiß ich’s“, rät Til (er will nicht lockerlassen), „Hat es was mit dem sogenannten Winter ohne Ende zu tun? Viele Kithain und Schimären fürchten ihn, nicht wahr? Besteht unsere gemeinsame Aufgabe darin, etwas dagegen zu unternehmen? Vielleicht ist deswegen auch Atréju hier! Er hat in seiner Heimat mit einem ganz ähnlichen Phänomen zu tun gehabt, nicht wahr? Die Phantásier nennen es das Nichts, das alles auf unerklärliche Weise nach und nach verschwinden lässt in ihrem Heimatreich. Ist das vielleicht eine ähnliche Metapher? … Aber wieso ‚lange, dunkle Teestunde der Seele‘?“
„Warum plappert er eigentlich so viel?“, fragt Eline auf Niederländisch Marlies, „Ist er diesmal immer so? Ich habe ihn recht anders in Erinnerung. Er war immer so wortkarg. So eine Art stummer Beobachter.“
Ebenfalls auf Niederländisch antwortet die kleine Schwester, „Aber er ist ja gerade erst Erwacht! Ist doch klar, dass er da erstmal ganz viel fragen muss!“
„Jetzt sagt schon?“, bittet Til auf Gälisch die anderen beiden Pooka.
Eline wendet sich ihm wieder zu und sagt, „Nun gut, ich werde Dir alles sagen, was ich bisher zusammengesetzt habe: Wir glauben, dass die Textstelle von Douglas Adams mit der Banalität in der Herbstwelt zu tun hat, Til, und ein Aufruf für uns ist, gegen die zu kämpfen. Die Banalität lässt die Herbstwelt erstarren — und viele Kithain befürchten, daraufhin würde eine Epoche des Winters folgen.“
„Und das bezeichnet wahrscheinlich ganz normale Jahreszeiten, verstehe ich das richtig“, sagt Til, „Ich weiß ja nicht, wie‘s in Belgien ist, aber in Hamburg ist ein total milder Winter dieses Jahr, also kein Grund zur Sorge.“
Eline schüttelt den Kopf, „Aber nein, die Äonen in der Welt der Dunkelheit bewegen sich zyklisch, verstehst Du? Das Dán ist ein immer wiederkehrender Kreislauf, was auch unsere immer neuen Inkarnationen erklärt. Diese Zyklen sind vergleichbar mit den vier Jahreszeiten; es gibt Lichte, und Finstere.“
„Also dauert der metaphorische Winter, der die Herbstwelt erwartet, ein paar Jahre länger?“, fragt Til vorsichtig.
„Diese Zyklen halten viele Jahrtausende an. Vielleicht aber ist dieser Winter einer, der nie wieder vorüber geht, und in dem das Träumen sich endgültig von der Welt der Dunkelheit trennt. Vieles deutet darauf hin, dass die natürliche Ordnung sich aufzulösen begonnen hat — und das Ansteigen von Banalität in der Welt der Dunkelheit ist ein deutlicher Hinweis darauf. Für uns Changelings gilt es, die Herbstwelt vor einer solchen Katastrophe zu schützen.“
„Wie machen wir das?“, flüstert Til, mit angelegten Hasenlöffeln.
„Hast Du die Unendliche Geschichte denn nicht ganz durchgelesen?“, entgegnet Eline mit vielsagendem Lächeln.
„Warum weichst Du Fragen immer aus?“, fragt Til.
Erinnere Dich doch, Til!“, sagt Marlies mit leuchtenden Augen, „Wir müssen den Menschen Träume bringen!“
Eine kurze, gebannte Stille entsteht.
„… Aber wie können wir das machen?“, traut sich Til schließlich zu fragen.
„Unserem Eid-Zirkel wurde eine sehr besondere Queste auferlegt, diesbezüglich“, sagt Eline in gedämpfter Stimme, „Vor sehr vielen Inkarnationen bereits. Leider ist die Bedingung bei der Reinkarnierung, dass man fast alles vergisst, was vorher war. Wir müssen in jedem unserer Leben wieder von vorne anfangen.“
„Dann hätten wir vielleicht reine Feen bleiben sollen, wie Ūrohso, statt Wechselbälger zu werden, oder?“, fragt Til.
„Es kam wie‘s kam“, sagt die Seherin ausweichend, und fügt dann hinzu, „Außerdem sind die reinen Feen heutzutage kaum mehr in der Lage, das Träumen zu verlassen und die Herbstwelt zu beeinflussen. Es braucht Wechselbälger dafür, als Mittler. Und unsereins, wir sind diese Mittler, zur einen Hälfte Mythen, zur anderen Hälfte Menschenkinder. Und die Herbstwelt wird der Hauptschauplatz sein für das, was es zu tun gilt, um einen Winter ohne Ende abzuwenden!“
„Wie hängt dies alles mit Atréju zusammen? Welche Rolle spielen er und Fuchur? Könnt Ihr den beiden ihm etwas raten?“, fragt Til.
Eline greift sich unvermittelt Atrejus Teebecher, und beginnt, wie in Trance auf den Teesatz darin zu blicken.
Til wispert aufgeregt, „Und die Unendliche Geschichte ist nicht das einzige Reich innerhalb des Träumens, das in Aufruhr ist, oder? So wie Grimgoromn mit seinem plötzlichen Sendungsbewußtsein! Und wie das Wunderland, dessen Herzkönigin plötzlich die umliegenden Traum-Realitäten erobern will!“
„Stör‘ sie nicht, sie braucht einen Moment …“, flüstert Marlies.

Für Atréju und Fuchur ziehe ich ebenfalls eine eigene Tarotkarte, und die beiden bekommen den Ritter der Münzen. Dessen Interpretation baue ich mal folgendermaßen ein:

„Es ist ungewiss, ob Atréju seine eigene Geschichte hätte verlassen sollen …“, sagt Eline gedämpft, „dort hat Michael Ende ihn nun mal hinein geschrieben, und dort gehört er hin. Dennoch …: Sein Entkommen hierher … bedeutet für uns ein Zeichen für Gelegenheiten, und für reiche Früchte harter Arbeit. Er wird den Boden bereiten für etwas Gutes, etwas Einträgliches.“
„Lügt sie auch nicht, wenn sie Vorhersagen macht?“, fragt Til flüsternd Marlies.
„Wahrsager lügen nie, Til!“, flüstert diese zurück, „Das ist das einzige, worauf man sich immer verlassen kann!“
Til schaut zögerlich Eline an, die wie weggetreten immer noch die Teetasse in ihren Fingern hin und her dreht. Als sie nichts weiter voraussagt, übersetzt Til ihr Gälisch auf Deutsch, für Atréju, der in stummer Anspannung gewartet hat. Als der Junge alles gehört hat, nickt er mit festem Blick.
„Was machen wir jetzt, Zusje?“, fragt Marlies schließlich Eline, „Sollen wir zusammen mit Til dem Fürsten schwören, das Geheimnis von Grimgoromn rauszukriegen?“
„… Ich spüre dabei Widerstände auf uns zukommen …“, murmelt Eline.
„Das hängt bestimmt mit Olula Kunboladamole zusammen!“, sagt Til, „Die will mir irgendwie ans Fell!“
„Ich weiß eines ganz genau“, sagt Eline, und hebt wieder den Blick (aber wahrscheinlich übertreibt sie, was diese Genauigkeit betrifft): „Das Herrscherreich Grimgoromn hält einen Hinweis bereit dafür, wie unser Eid-Zirkel wieder vollständig zusammenfinden kann, und wie wir unsere Bestimmung in diesem Leben erneut weiterverfolgen können.“

Und indem ich mich nochmal auf die vorhin gezogene Karte Vier der Schwerter zurückbesinne, lasse ich die Seherin noch hinzufügen:

„… Eine besondere Erleuchtung kann nur durch Introspektion erreicht werden. Diese Erleuchtung ist möglicherweise Voraussetzung für alles andere, was unser Eid-Zirkel in diesem Leben vollbringt. Ich nehme an, wir werden Til aus seiner Sinnkrise heraus helfen müssen.“
„Ich hab‘ doch keine Sinnkrise!“, protestiert der.
„Und was ist mit uns?“, fragt Marlies kleinlaut ihre Schwester.
„Unsere Situation wird sich nicht so schnell ändern, Liebes. Vielleicht können Til und unser Bären-Freund uns dabei helfen, vielleicht auch nicht.“
„Was ist denn los bei Euch?“, will Til wissen, „Ich dachte, Ihr seid reich und gut situiert! … Was hatte das vorhin zu bedeuten, Ihr müsst die Villa regelmäßig verlassen?“

Beantworten die Nerz-Schwestern ihm das? Das würfeln wir mal aus, aber ohne Move. Til erzielt vier Erfolge bei einem regulären Wurf auf Charisma+Überzeugen+Aspekt (‚Abgeklärt, wünscht allen Leuten insgeheim Gutes‘). Dementsprechend:

„Die Villa ist kein Zuhause mehr“, sagt Marlies traurig, „Und Zusjes blödes Internat ganz bestimmt auch nicht. Nicht, seit unsere Eltern …“
„… Was?“, fragt Til mitfühlend. Aber ein schrecklicher Verdacht beginnt ihn zu beschleichen, denn Marlies hat zwar bereits von ihren Dienstboten und Lehrern erzählt, aber nie von ihren Eltern. Er legt ihr tröstend die Hand auf den Rücken, aber ihr Gesicht ist ganz verschlossen geworden. Eline sieht auch nicht so aus, als wolle sie anstelle ihrer Schwester weitere Erklärungen liefern.
„Wie können wir denn in der Herbstwelt Kontakt zueinander aufnehmen?“, fragt Til schließlich, „Marlies hat gesagt, sie hat keine Telefonnummer im Kopf, die ich anrufen kann …“
„Ja, dort gibt es Telefonapparate …“, sagt Eline gedankenverloren, und sie scheint sich ebenso zu fühlen wie Til es tut bei diesem Thema, als sei diese Art von mondäner Technologie fernliegend, und auf schwer zu beschreibende Weise lächerlich.
„Sind wir also weiterhin darauf angewiesen, dass wir uns im Träumen abpassen können?“, fragt Til, „Und was ist mit meinem Gesuchten, Niedzwiedz? Wisst Ihr vielleicht, wo er ist, wenn er gerade in der Herbstwelt ist?“
Die größere Schwester sagt, „Wenn ich Ferien habe im Internat, komme ich für ein paar Wochen in die Villa. Dann kannst Du uns in Antwerpen besuchen. Was aber unser Bären-Junges betrifft, bist Du der einzige, der es in diesem Leben schon getroffen hat. Wenn Du nichts über seinen Aufenthaltsort weißt, dann niemand.“
„Na ja, ich habe versucht, ihn nach Holz-Giebel-Brunnen-Dorf zu holen. Er ist da aber nie eingetroffen. Und das ist zwischenzeitlich auch von den Grimgoriminatori besetzt worden!“
„Aber da könnten wir ihn treffen?“, fragt Marlies, „Zusje und ich kennen Holz-Giebel-Brunnen-Dorf! Es ist verbunden mit Cyenwen!“
Til sagt, „Möglicherweise müssen wir zuerst etwas gegen die Grimgoromn-Besatzer dort tun, bevor wir es als Treffpunkt nutzen können! Aber Fürst Ūrohso hat ja auch Andeutungen gemacht, dass Niedzwiedz vielleicht hierher kommt, hierher, in dieses Märchen! Er ist vielleicht ‚der dritte Bruder‘.“
„Das schwindelst Du, Til“, rügt Marlies, „Er ist doch unser Vierter!“
„Ja, nee“, sagt Til, „Im Märchen um die Kristallkugel gibt es drei Söhne einer Zauberin, das sind die Hauptfiguren! Einer wurde in einen Adler verwandelt, einer in einen Walfisch. Vielleicht sind das in Wirklichkeit Pooka, so wie wir! Versteht Ihr? Und der jüngste hat Angst, auch in ein Tier verwandelt zu werden — einen Bären, oder einen Wolf vielleicht. Also kommt er hierher, um den Bann zu brechen, und um die verwünschte Königstochter zu befreien, die der Schlossherr gefangen hält. … Vielleicht ist das Niedzwiedz!“
„Was sollte der denn mit irgendeiner Schimären-Königstochter?“, fragt Marlies, und verschränkt die Arme.
„Das klingt wie eine ziemlich wilde Theorie, Til“, sagt Eline zweifelnd, „Hat Ūrohso Dir das erzählt?“
„Genau so hat er‘s erzählt“, sagt Til, aber räumt ein, „Na ja, zumindest viele Andeutungen hat er gemacht. Es klang, als müssten wir nur auf Niedzwiedz warten. Früher oder später würde auch er seinen Weg zum Schloss der Goldenen Sonne finden.“
„Aber dann als Herausforderer, wie der Prinz vorhin?“, fragt Marlies alarmiert.
„Na ja“, sagt Til zögerlich, „Einen anderen Pooka würde aber Fürst Ūrohso doch nicht bekämpfen! Oder?“
„Wir können aber nicht allzu lange Zeit mit Warten verbringen“, sagt Eline, „niemand kann sagen, wann dieses Eintreffen sein mag.“
„Das stimmt“, sagt Marlies, „Zusje kriegt Ohrensausen und einen Drehwurm, wenn sie zu lange im Träumen bleibt!“
„Und Du wohl nicht, die Unerschrockene?“, fragt Eline, leicht genervt.
„Nee, ich nicht! Überhaupt noch nie!“, lacht Marlies, „Ich bin ja ein Kindling!“

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Draußen vor der Hütte berichtet Fuchur, dass er zwischenzeitlich von oben beobachtet hat, wie die Herausforderung sich entwickelt hat: Der wackere Königssohn hat mit seiner Reiterei einen riesengroßen Auerochsen gestellt, und ihn in die stürmischen Hügel hinaus verfolgt. Es sieht jedoch ganz so aus, als würden auch diese Angreifer den gewaltigen Hörnern und Hufen nicht gewachsen sein. Atréju macht schmale Lippen, scheinbar will er am liebsten jenes gnadenlose Kämpfen aufhalten. Aber die Begegnung vorhin hat ja bereits klar gezeigt, dass dies nicht funktionieren wird.


Sie landen allesamt also wieder auf einer der weiten Freiplätze des Schlosses, und lassen sich von den bediensteten Boggans nach drinnen führen.
Eline fühlt sich im Inneren des Schlosses anscheinend nicht sonderlich wohl. Während die anderen reden, hüllt sie sich in Schweigen; bei der ersten Gelegenheit verwandelt sie sich ungesehen in ihre Nerz-Gestalt. Wenig später ist sie wieder als Kithain oben auf einem Schrank zu sehen, wo sie hockt wie ein Luchs, und unverwandt das Treiben unter ihr beobachtet.



Eline Girardin ist voll genervt vom Gewimmel bei Hofe


In Abwesenheit des Fürsten gibt es bereits eine dringliche Angelegenheit zu klären: Olula und ihre Eshu-Reisegefährten sind ja am Hofe der Goldnen Sonne angereist, um ganz offiziell zu erwirken, dass Til und seine Freunde den ausstehenden Eid nicht schwören. Hier treffen die Pooka wieder auf die Gelehrten.

Das werde ich mit einem Compel-Move lösen müssen: Wahrscheinlich ist es ja möglich, der Eshu-Forscherin zu vermitteln, dass die Pooka eigentlich dieselben Interessen haben wie sie, und vielleicht können sie eine Zusammenarbeit aushandeln. Aber es ist alles andere als selbstverständlich, dass das klappt, denn Olula ist heiß auf Reputation als Forscherin, und will gerne selber diejenige sein, die dieses Rätsel um Grimgoromn gelöst hat.

In einem der Säulengänge treffen die beiden Gruppen sich also, und eine Unterredung beginnt, anfangs etwas oberflächlich, aber bald sprechen die Eshu ihre Befürchtungen aus.

Ich verwende Charisma+Überzeugen für Til und Marlies, die beiden sollen das meiste Reden übernehmen. (Eline hat noch nicht aufgehört mit ihrem tierhaften Grübeln, und hält sich zurück.) Nur vier Erfolge, trotz Willenskraft-Einsatz! Aber vielleicht wird’s mit Würfelglück bei den Challenge Dice trotzdem noch ein Weak Hit? Nö, ein Fehlschlag:

Lady Olula macht also Til und Marlies sehr streng und sehr ehrfurchtsgebietend klar, dass sie sich aus der Politik in diesen Gefielden des Träumens herauszuhalten hätten!
„… Ihr braucht nicht zu glauben, dass dies einfach ein heiteres Abenteuer sei“, beschließt Olula ihre Rede, „Til Haselberger, Du bist schon genug Risiken eingegangen, in Aevalorn, und mit den Fir-Bholg! Das alles war haarscharf, und hätte genauso gut einen offenen Krieg mit Grimgoromn befeuern können. Noch dazu seid Ihr drei Pooka, und man würde Euch ohnehin keinen Glauben schenken, wenn Ihr das Geheimnis der Grimgoriminatori in den Ewigen Wäldern verkünden würdet!“
„Aber wir vom Lichten Hof sollten doch zusammenhalten?“, versucht Til noch einmal einzulenken.
„Schwingt keine Reden! Ihr Emporkömmlinge seid ja nicht einmal bei Hofe etabliert! Du, Herr Haselberger, wusstest ja nicht einmal, welcher weltliche Herrscher für Dich zuständig ist im Elbischen Protektorat, bis ich es Dir gesagt habe. Ich verwarne Euch, die höfischen Beziehungen nicht noch weiter zu strapazieren. Habt Ihr verstanden?“
Til und die Nerz-Schwestern nicken bedröppelt. Olula kann mit ihrem schicken Titel Gehorsam einfordern, und noch dazu hat sie ja eigentlich Recht, die Sache mit Grimgoromn ist eine heikle Angelegenheit.

Der Fehlschlag beim Compel-Move bedeutet den Folge-Move Pay the Price, und statt eine Konsequenz auszuwürfeln, wähle ich logischerweise als Folge-Move Forsake Your Vow. Til hatte ja in Aevalorn nicht Fürst Ūrohso davon überzeugt, dass die Zeit dafür reif sei, und nun hat Lady Olula es faktisch verboten, dieser Sache nachzugehen. Till würfelt für den Move Endure Stress, was seine temporäre Willenskraft auf eins senkt, und ich streiche die
Queste (Formidabel): Das Geheimnis der Grimgoriminatori herausfinden.

Überlassen wir das also der ehrgeizigen Lady Olula und ihrem Netzwerk, hoffentlich gelingt es denen, die Lösung zutage zu fördern. Wenn nicht, nehme ich an geeigneter Stelle in der Chronik eine ähnliche Queste wieder auf.


Dann habe ich jetzt noch ein weiteres loses Ende für heute: Den Wunderland-Dodo D. Dordingymew. Die Ritter des Schlosses der Goldenen Sonne sichern ihm in Abwesenheit ihres Fürsten bereits politische Zuflucht bei Hofe zu. Aber ihn können meine SCs befragen, was im Wunderland los ist, insbesondere bei Hofe der Herzkönigin.

Das wird ein weiterer Compel-Move, der Abenteuerverlauf hatte ja ergeben, dass Til und Marlies das aufkommende Vertrauen des komischen Vogels verspielt hatten, durch den Entführungsversuch. Vielleicht aber haben wir es ja seitdem zurückgewonnen, auf der gemeinsamen Flucht. Darüber soll dieser Move entscheiden. Das würfeln die reizenden Nerz-Schwestern mit vereinten Kräften bei Charisma+Etikette, darin haben sie jeweils sieben Würfel. Und es sieht tatsächlich so aus, als habe D. Humbert Dordingymew sich seit der Eremitenklause auch schon völlig von ihnen beiden betören lassen, denn sie erzielen neun Erfolge! Das wird trotzdem nur ein Weak Hit, wahrscheinlich wegen der furchtsamen Loyalität des Dodos gegenüber der tyrannischen Herzkönigin, vor der er sich zu verantworten hat. Das bedeutet also, dass er bereit ist, über die militärischen Pläne des Wunderlands auszupacken — aber nur unter einer Bedingung. Diese Bedingung muss ich nicht auswürfeln, er verlangt unbefristete Zuflucht in diesem Reich des Träumens, und die wurde ihm ja auch schon in Aussicht gestellt.

Was aber hat er unseren Helden zu sagen? Persevere Truth, sagen die Orakelwürfel dazu, also Festhalten an der Wahrheit. Wenn das das eigentliche Bestreben des Wunderlandes ist, wodurch wird ihre Wahrheit denn scheinbar bedroht? Dazu ziehe ich eine weitere Tarotkarte, und bekomme den Ritter der Kelche. Ein Bringer von neuen Ideen scheint demnach im Wunderland die althergebrachten Wahrheiten infrage zu stellen.

„... Ihro Majestät die Herzkönigin hat seit einiger Zeit einen fremden Edelmann an ihrem Hof. Er tritt in immer neuen Masken auf, eine prachtvoller als die andere, aber scheint menschenähnlich zu sein! Ein weitgereister Edelmann von einem fremden Hof“, erklärt D. Dordingymew.
„Ein menschenähnlicher Wanderer im Träumen“, rätselt Eline, „Das klingt für mich nach einem weiteren Wechselbalg.“
Der Dodo entgegnet aufgeregt, „Wer weiß! Aus dem Wunderland selbst kommt er nicht. Aber der Edle hat ein ähnliches Tohuwabohu bei Hofe erzeugt, wie das englische Mädchen in dem blauen Schürzenkleid es hat.“
„Das war Alice im Wunderland!“, platzt Marlies sofort heraus, und ihre großen blauen Augen blitzen.
„Es geziemt sich nicht, darüber zu sprechen“, sagt der Dodo zerknirscht, „Denn diese Ereignisse waren aufrührerisch und recht schmachvoll für die Krone! Ihro Majestät hat angeordnet, dass darüber der Mantel des Schweigens zu breiten sei. … Sehr ähnlich ist's bei dem maskierten Besucher, der heuer an ihrem Hofe residiert! Sehr ähnlich fürwahr! Der Wirbel, den seine Weltanschauungen ausgelöst haben, war jedoch anderer Natur. Wie dem auch sei, Ihro Majestät hat jedenfalls am Ende verkündet, die Kartensoldaten, Landsknechte, und Schachbauern müssten allesamt mobilisiert werden, um das Brauchtum des Wunderlandes zu sichern. Noch nie gab es derartigen, ritterlichen Pomp und allgemeinen Kampfeswillen im Wunderland! Die neu errichteten Fabrikationsanlagen produzieren rund um die Uhr, nicht wahr, egal, wie viele Zeiger und Stunden die Uhr auch haben mag!“
„Aber Uhren haben doch alle genau …“, setzt Til an, aber dann wird ihm wieder klar, dass das Wunderland ein Reich des Irrsinns ist.
„Und dieser fiese Spiegel-Gesicht-Ritter, den hat sie als ersten ausgeschickt?“, fragt Marlies.
„Sir Gleanings!“, krächzt der Dodo, „Meiner Treu! Welch schrecklicher Gesichtsverlust für mich, vor ihm nun als Überläufer dazustehen! … Nein, Mylady Marlies, das ist nicht der erste, und auch nicht der einzige. Er ist einer von vielen Kommandanten, die in die Grenzregionen vorgeschickt wurden!“
Til fällt sein Verdacht wieder ein, und er fragt, „Repräsentiert Sir Gleanings womöglich eine Macht, die das Allsehende Auge genannt wird?“

Das ist unwahrscheinlich, denn wir wissen bisher ja, dass das Allsehende Auge im Bund mit den Kundschaftern Grimgoromns steht, und die sind ja die Gegenspieler der Herzkönigin. Die Orakelwürfel bestätigen die Vermutung jedoch trotzdem! Also dann:

„Er nicht, Sir Haselberger“, sagt der Dodo aufgeregt, „Er nicht, er ist seit Langem ein Getreuer der Krone. Aber viele der Kartensoldaten höheren Ranges vermuten das Wirken des Allsehenden Auges seit einiger Zeit. Eine Konspiration in den höheren Bereichen unserer ansonsten unfehlbaren Monarchie!“
„Unfehlbar?!“, fragt Marlies.
„Ja, ja“, nickt der Dodo.
Til sieht die Nerz-Schwestern an, „Das bedeutet, dass das Allsehende Auge beide Seiten beeinflusst! Seine Schergen lassen sich nicht nur von Grimgoromn helfen, sondern es hat auch den Hof der Herzkönigin unterwandert! Aber mit welchem Ziel …?“
„Was hat der Hof der Goldenen Sonne als nächstes von Sir Gleanings zu erwarten?“, will Eline von Mister Dordingymew wissen, „Meine Orakel waren nicht ganz deutlich, was ihn anbelangt.“
„Dieses Märchen ist wieder sicher vor ihm, Mylady Eline!“, schnarrt der Dodo, und macht einen Kratzfuß vor ihr, „Dank dem beherzten Eingreifen von Sir Atréju und Euren wackeren Kithain-Freunden. Seine Befehle waren klar, wir waren ja auf einer Kundschafter-Mission, und hatten zurückzukehren zum Heckenlabyrinth der Herzkönigin, sollten wir auf allzu großen Widerstand stoßen. Sir Gleanings ist vorerst besiegt, und die Kundschafter ziehen sich zurück, mitsamt den Landsknechten und Säbelzahn-Katzenraupen.“
„Dann musst Du jedenfalls nicht fürchten, dass Dich jemand rupfen will!“, lächelt Eline, „So lange Du hier am Hof bleibst.“
Der Dodo macht einen neuerlichen Bückling, sehr formvollendet.


Dann zeigen die Boggans den Gästen ihre Zimmer, denn die Sonne färbt den stürmischen Horizont bereits rot. Gleichzeitig wird das Abendmahl vorbereitet, und zwar nicht zu knapp, der Fürst wird sicherlich seinen typischen Appetit haben, wenn er endlich wieder im Schloss eintreffen wird.
Abermals ermahnen die Heinzel die Gäste, sehr leise zu sein auf den Gängen, insbesondere des nachts, die weitgereiste Besucherin dürfe ja nicht gestört werden.
„Das sollte kein Problem darstellen“, schnaubt Atréju streng, „denn Fuchur und ich werden draußen in der Wildnis schlafen.“
Er kann ganz offensichtlich die Politik dieses Reichs immer noch nicht gutheißen.
„Ich habe etwas für Dich verwahrt, Til Haselberger“, sagt Eline.
„Aber wir treffen uns doch heute zum ersten Mal …?“, entgegnet Til verdutzt, aber noch als er das ausspricht, wird ihm klar, dass jener Gegenstand, den sie für ihn verwahrt, auf mystische Weise schon länger auf ihn warten muss.
„Die Boggans hier am Schloss haben es von reisenden Eshu übergeben bekommen. Hier“, sagt die Pooka, und hält Til die Hand hin: Darauf liegt ein großer, verschnörkelter Schlüssel.



Schlüssel Nummer drei


„Der sieht aus wie die anderen beiden, die ich gefunden habe!“, sagt dieser verblüfft, als er ihn zwischen seinen Pfotenfingern dreht.
„Meine Orakel haben gesagt, dass er zu Dir gehören wird.“
„Dann ist das einer der Schlüssel für die Türen meiner Freistatt!“, sagt er, „Wow! Danke Dir! Nur wie kommt der hierher?“
Eline zuckt die Schultern, „Die Eshu gelten zurecht als das Findigste aller Kith. Sie werden ihn in den Ewigen Wäldern entdeckt haben. Er muss aus Deiner Freistatt genommen worden sein, von wem auch immer.“
„Ich hatte gedacht, die Freistatt besteht noch gar nicht so lange. Sie kann nicht viel älter sein, als das Vogelhäuschen, das mein Freund Jévon geschnitzt hatte. Seltsam. Dem werde ich auch mal auf den Grund gehen müssen.“
„Weißt Du, zu was für einer Tür er gehört?“, fragt Marlies aufgeregt, „Wir haben uns schon gefragt, was es für eine sein könnte! Vielleicht zu einem geheimen Keller voller Karotten!“
„Ich bin sicher, dass ich mittlerweile weiß, was das Geheimnis dieser Schlüssel ist!“, lügt Til mit selbstsicherem Lächeln, „Und es ist schon der dritte, den ich wiederfinde. Die Türen führen teilweise hinaus in die Ewigen Wälder, und womöglich in noch andere Träume.“
„Wooow“, macht Marlies.
„Wollt Ihr mit? Wir probieren es direkt aus! Ich wollte Euch sowieso schon lange die Freistatt zeigen!“
„Nein, wir wollen doch nicht sofort auf ein anderes Abenteuer ausziehen, wir üben uns natürlich immerzu in feiner Zurückhaltung!“, lügt Marlies, mit erhobenem Näschen, dann schaut sie Eline an, „Oder, Zusje? Oder?“