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Gemischte vs reine Kinder-Runden
Ludovico:
Welche Erfahrungen habt ihr gemacht bei gemischten Runden (also Erwachsene und Kinder auf Spielerseite, wobei das Verhältnis 1:1 oder noch erwachsenenlastiger ist) und reinen Kinderrunden, bei denen allenfalls der SL der einzige Erwachsene ist?
Hintergrund:
Ich plane eine Runde aus Erwachsenen mit meiner 7jährigen Tochter dazwischen mit dem Der Eine Ring-Starterset und will nach den Abenteuern in der Box das komplette GRW nutzen
bobibob bobsen:
Ich spiele seit ca 1 Jahr mit meinen Großnichten und Großneffen (Alter 7-12) mit einem selbst ausgedachten W6 System. Am Anfang war meine Frau dabei (3-4 Sitzungen) und hat dann auch etwas regulierend gewirkt.
Nach der ersten Sitzung haben die Kinder von sich aus ein Handyverbot ausgesprochen und auch eingehalten. Etwas nervig ist meist die erste Stunde da sich die Kinder erst runterregulieren müssen und alles durcheinnader geht. Nach einer Stunde legt sich das weil die Kinder dann in der Geschichte eingetaucht sind. Wir spielen meist ca. 3 Stunden.
Irgendwann ist meine Frau dann ausgestiegen und der einzige Unterschied der mir aufgefallen ist war das Festhalten der Kinder an den ersten Gedanken. Ich hatte z.B eine Geschichte um einen Raub und es gab Hinweise das der Täter ein Linkshänder war. In der Folge waren alle der Meinung das der erste Linkshänder dem die Gruppe begegnet ist auch der Täter war. Das war etwas Mühsam die wieder davon abzubringen. Das war deutlich einfacher als meine Frau noch dabei war.
aikar:
Vorweg: Meine Angaben beziehen sich auf Kinder zwischen 5 und 10. Ältere Kinder/Jugendliche würde ich wie "normale" Rollenspielende behandeln (mit der üblichen Ausnahme von Ü18-Themen etc.).
Ich habe Kinderrunden mit und ohne zusätzliche Erwachsene in den letzten Jahren geleitet und tendiere inzwischen klar zu gemischten Runden mit zumindest einem/einer Erwachsenen. Aus mehreren Gründen:
Wenn einschüchternde Themen auftreten, reagieren Kinder besser, wenn sie eine erwachsene Vertrauensperson mit sich am Tisch haben. Die SL nimmt eine gesonderte Rolle ein, das spüren auch Kinder intuitiv. Damit ist man nicht mehr die Vertrauensperson, selbst wenn das im "realen" Leben anders ist, sondern man ist die Quelle der einschüchternden Situation. Mit einem zweiten Erwachsenen am Tisch, der/die sich in der selben Situation befindet wie sie, fühlen sich die Kinder wohler.
Wenn Kinder überdreht sind (und das sind sie in einer Rollenspielrunde sehr schnell) ist es schwierig, ihre Aufmerksamkeit und grundlegende Spieldisziplin zu erhalten. Wenn die SL das machen muss, kommt das zum üblichen Aufwand, den man als SL schon hat, hinzu und kann in Summe sehr stressig werden. Zusätzliche Erwachsene am Tisch können hier entlasten und z.B. mal sagen "setz dich hin" oder "jetzt lass auch mal die anderen reden".
Erfahrene Spielende können sanftes Railroading durchführen. Das ist jetzt nicht nur ein Tipp für Kinderrunden, sondern allgemein für Neulingrunden. Neuspielende sind oft mit dem Rollenspiel und der damit verbundenen Freiheit überfordert. Erfahrende Spielende erkennen die typischen Anzeichen für Abenteuereinstiege etc. und können die Gruppe dorthin führen, ohne dass die SL das von oben einbringen muss. Da Kinderabenteuer oft eher linear sind (nicht immer, aber oft), kann das sehr hilfreich sein.
Hotzenplot:
Ich kenne aus eigener Erfahrung zwei Varianten: Ich als einziger Erwachsener und SL für mehrere Kinder unterschiedlichen Alters bzw. in unterschiedlichen Altersphasen (also ein 6jähriger neben einer 13jährigen z. B.) und ich als erwachsener SL (okay, ob der Hotze jetzt so erwachsen ist, aber lassen wir das), 1-2 weitere Erwachsene als Spieler und dazu 2-3 Kinder.
Ich glaube der größte Faktor ist das Alter und die geistige Reife der Kinder. Übrigens hatte sowohl Äventyr als auch So nicht Schurke eine Lösung für diesbezüglich gemischte Gruppen. So konnten in beiden Spielen Kinder altersgerechte Charakterbögen in 2 Varianten benutzen (einmal sehr rudimentär in bunt und groß für Kinder und einmal eher für Jugendliche, was schon einem typischen SC-Bogen nahe kam).
Das schwierigste in diesen Varianten (gemischten Altersphasen) ist die Konzentrationsspanne und die generelle Aufmerksamkeit, die sehr stark unterschiedlich ausgeprägt sein kann, wenn das Alter zu stark abweicht. Kann man machen, würde ich aber nicht mehr machen, wenn ich es mir aussuchen kann.
Also, erste These: Der Unterschied im Alter der Kinder untereinander ist mindestens genauso wichtig wie der Umstand, ob noch Erwachsene am Tisch sitzen (wir gehen immer davon aus, dass sich Erwachsene auch so wie Erwachsene verhalten ;). Wobei ich da auch sagen muss: Die Erfahrung zeigt, dass Eltern am Tisch automatisch mehr die "seriöser Erwachsener"-Rolle einnehmen. Zum Glück kenne ich meine Pappenheimer meistens privat auch schon länger, sonst würde mich fragen, was das für grottenlangweilige Spießer sind alles :D.
Zweite These: Kinder verhalten sich automatisch anders, wenn in der Spielgruppe Erwachsene sind und ich meine hier bewusst erstmal nur die Spieler*innen. Klar, wenn ALLE Kinder sind, also auch SL, dann... tja, die meisten von euch kennen das ja von früher.
Aber auch wenn nur die Kinder am Tisch als Spieler*innen sind, ist es schon wesentlich anders. Und sie verhalten sich anders, wenn Erwachsene (bei mir warens dann auch immer die Eltern) mit am Tisch sitzen, selbst wenn die Eltern nicht aktiv eingreifen. Ja, sie regulieren sich zum Teil besser oder werden reguliert. Ob das jetzt immer so gut ist, müssen die SozPäds beurteilen.
Ich habe nichts dagegen, wenn die Kinder zwischendurch mal toben. Gerade meine Runde, die aus Fußballern besteht, die eben alle einen hohen Bewegungsdrang haben, leite ich bewusst mit "Bewegungspausen". Außerdem finde ich es cool, wenn die Kinder, meistens aus Begeisterung und Immersion, aufspringen, mit dem imaginären Schwert rumfuchteln, einen superduper kritschen Ausweichwurf auf dem Fußboden nachmachen und so weiter.
aikar:
--- Zitat von: Hotzenplot am 12.02.2025 | 15:12 ---Ich habe nichts dagegen, wenn die Kinder zwischendurch mal toben. Gerade meine Runde, die aus Fußballern besteht, die eben alle einen hohen Bewegungsdrang haben, leite ich bewusst mit "Bewegungspausen". Außerdem finde ich es cool, wenn die Kinder, meistens aus Begeisterung und Immersion, aufspringen, mit dem imaginären Schwert rumfuchteln, einen superduper kritschen Ausweichwurf auf dem Fußboden nachmachen und so weiter.
--- Ende Zitat ---
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Damit habe ich auch kein Problem, freue mich sogar darüber. Aber es gibt eben auch diese Tage, wo vor lauter Begeisterung und ständigem Aufspringen kein Spiel mehr möglich ist. Dann schicke ich sie lieber raus zum Toben. Und mit einem Erwachsenen in der Gruppe passiert das eben seltener.
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