DAS VERRÜCKTE LABYRINTH
Ein Abenteuer für Cthulhu Now oder die Welt der Dunkelheit
von Kappdozius
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→ Beschreibung des Szenarios:Es war einmal ein ganz normaler Tag im Wey-Yu-Markt, dem größten Vollsortimenter der Welt, kurz nach der blauen Stunde. Schlechtgelaunte Menschen drängelten sich wie eine Armee Ameisen durch die engen, klaustrophobisch anmutenden Korridore zwischen den Verkaufsregalen und fieberten zielstrebig mit der Beute ihrer Einkäufe auf den Feierabend zu. Die wimmelnde Menschenmasse nahm wenig bis kaum Notiz von den mysteriösen Vermisstenmeldungen, die zusammen mit den privaten Angeboten und einigen sehnsuchtsvollen Gesuchen der Kunden auf einer großen Magnettafel im Eingangsbereich angeheftet waren, die allen Besuchern des Supermarkts zu Verfügung stand. Etwa ein Dutzend spurlos verschwundener Menschen zählten die Behörden bereits, doch schlimme Dinge wie diese geschahen nun mal täglich in dieser Stadt und die Angehörigen der Vermissten durften sich geringe Erfolgsaussichten erhoffen, jemals wieder ein Lebenszeichen ihrer Lieben zu erhalten. Allen vermissten Opfern lag jedoch eine bedeutende Gemeinsamkeit zu Grunde: Sie alle wurden zuletzt in dem Supermarkt lebend gesehen…|
Informationen für den Erzähler:| Das Abenteuer »Das verrückte Labyrinth« ist als ein kleines Häppchen für Zwischendurch geeignet. Ort der Handlung ist der größte Supermarkt der Stadt, der
Wey-Yu-Markt, der zu hundert Prozent eine Tochtergesellschaft des britisch-japanischen Konzernriesen
Weyland-Yutani Corporation ist.
→ Allgemeine Informationen:Auf den riesigen Verkaufsflächen des
Wey-Yu-Markts findet sich, neben Konsumgüter des alltäglichen Bedarfs, eigentlich so ziemlich alles Erdenkliche, was das Herz von Otto Normalverbraucher begehrt. Die Konsumgüter reichen von Nahrungsmitteln, Getränken, Tabak, Bekleidung und Haushaltsartikeln; über Schmuck und Parfüm; über Zeitungen und Magazinen; über Computer, Speicher- und Peripheriegeräten, Fernsehern und Radios; bis hin zu Wohn- und Küchenmöbeln. Ganze Themenlandschaften für Outdoor-Aktivitäten (Angler & Jäger), dem
Doom Dome (Laser-Tag-Game &
Tellus-Videospiele) und ein riesiges Kinderparadies (mit eigenem Kindergarten) lassen keine Wünsche offen. Für den schnellen Hunger gibt es ein Fast-Food-Restaurant (
O’Tolley’s – »The Family Place«), drei kleine Kioske (
Snack Attack – »Three, Two, Om-Nom-Nom!«) und eine große Bäckerei (
Darkside Bakery™ – »Come to the Dark Side of Power — we have the most delicious cookies!«), die zum festen Bestandteil des Supermarktes gehören.
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Informationen für den Erzähler:| In der Spielwarenabteilung gibt es eine klitzekleine Anomalie, die von keiner der zahlreichen Überwachungskameras bisher erfasst wurde. Es handelt sich tatsächlich um eine Art Riss im Raum-Zeit-Kontinuum, welcher in ein bizarres Paralleluniversum führt. Dieser Riss wurde bewusst erschaffen von einem Hexenmeister, der im Austausch für mystische Macht, arme sterbliche Seelen in eine grausame Falle jenseits dieser Welt lockt. Als Anker zwischen den Welten fungiert eine durch Schwarze Magie pervertierte Version des beliebten Brett- und Legespiels »Das verrückte Labyrinth« vom
Ravensburger-Verlag, welches 1986 als Spiel des Jahres gekürt wurde. Das eigentümliche Cover ziert eine Illustration von einem Labyrinth in einer mondbeschienenen Landschaft und vermittelt dem Beobachter schon bei einem flüchtigen Blick den unwiderstehlichen Eindruck, dass es sich um eine wertvolle
Collector’s Edition handeln könnte, hingegen droht auf der Rückseite der Spielschachtel die wahre Gefahr: Die boshafte Magie des Fluches befördert nämlich das potenzielle Opfer in das groteske Paralleluniversum, sobald es sich über den Inhalt des Spiels informieren möchte und anfängt die heimtückischen Werbebotschaften zu lesen.
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Einstiegspunkt ins Abenteuer:| Die Spielercharaktere (im Weiteren kurz ›SC‹) brauchen zum Zeitpunkt der Handlung eine einfache Besorgung aus dem Supermarkt oder beginnen im Zuge ihrer investigativer Arbeit die Ermittlung zu den Vermisstenmeldungen dort. Der Weg wird unweigerlich an der Spielwarenabteilung vorbeiführen, da entweder die Abteilung des gesuchten Artikels in direkter Nachbarschaft dazu liegt und die vielen Menschen in ihrem Einkaufsrausch ausgerechnet hier gedrängelt den einzigen Durchgang gerade versperren oder sollten die SC als Ermittler tätig sein, die Sichtung der Überwachungsbänder auf einen toten Winkel in der Nähe deuten, wo alle vermissten Personen zuletzt gesichtet wurden…
→ Allgemeine Informationen:Auf dem Weg zum Ziel endet der Weg unmittelbar vor einer aufgebrachten Menge Menschen, die ein Vorbeikommen nahezu unmöglich macht. Es scheint sich um ein zeitlich begrenztes Angebot zu handeln und die gebotene Szenerie hat irgendwie etwas von einer Stampede am Viehmarkt. Erwachsene Menschen die Ihre Würde gegen vergänglichen Schrott tauschen. Zum Glück muss niemand seine Haut — oder sogar sein Leben — riskieren um an der Menschenmasse vorbeizukommen, denn es offenbart sich Euch ein neuer Pfad: Die Spielwarenabteilung in direkter Nachbarschaft! Der Anblick lädt Euch geradezu magisch ein und breitet sich wie die offene Prärie in einem idyllischen Gemälde vor Euch aus. Warum nicht einen kleine Abstecher in die Kindheit unternehmen?
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Informationen für den Erzähler:| Es gibt in der Spielwarenabteilung beinahe jedes tolle Spielzeug aus Kindheitstagen, sowie brandneue Artikel. Die SC sollten sich so richtig schön austoben dürfen, falls sie die unverfängliche Einladung annehmen — verfänglich wird diese erst, so bald jemand die verfluchte Ausgabe von »Das verrückte Labyrinth« im Regal entdeckt und die Spielschachtel fernab jeder Überwachungskamera in Augenschein nimmt…
| Der Übergang in die andere Welt ist fließend und für das Opfer unter Umständen nicht sofort ersichtlich, jedoch kann sich rasch ein tiefes Gefühl der Beklommenheit entfalten. Außerdem wird es verdächtig still, obwohl weiterhin Durchsagen von Produkthinweisen zu hören sind oder triviale Musik vom Band läuft, verstummt jegliches menschliche Geräusch. In der parallelen Zwielichtwelt gestrandet, wirkt alles auf den ersten Blick ganz normal und ist zugleich exaktes Spiegelbild des
Wey-Yu-Markts bis auf ein paar schreckliche Unterschiede: Zum Einen gibt es in der Zwielichtwelt keinen normalen Ein- und Ausgang mehr, jeder Gang, Korridor oder Raum führt endlos in eine Richtung ohne Entkommen. Der Supermarkt lässt sich selbst aus einer erhöhten Position nicht richtig bestimmen, es gibt immer einen neuen Horizont mit großen Verkaufsregalen. Zum Anderen gibt es weit und breit keine Kunden mehr und das betrifft ebenso alle SC, die nicht direkt in der Nähe des Risses standen. Die SC außerhalb des Risses werden wahrscheinlich unfreiwillig folgen, so bald sie versuchen das Phänomen um das plötzliche Verschwinden ihrer Mitstreiter zu untersuchen. Allerdings ist die Zwielichtwelt nicht unbewohnt, denn früher oder später gelangt man an einen Informations- oder Verkaufsstand und trifft dort vereinzelt ›Servicekräfte‹ an.
<Edit: nachträglich ergänzt> Aus der Ferne erblickt, scheint es sich bei ihnen (den ›Servicekräfte‹) um Menschen zu handeln, doch die Illusion ist aus der Nähe sofort ersichtlich. Das vor Ort arbeitende Personal hat keine Augen und Ohren, doch wirkt es ansonsten wie dünne, großgewachsene Menschen mit langen Klauenhänden samt angemessener, ordentlicher Arbeitsbekleidung. Die Kreaturen sind, trotz der furchtverursachenden Erscheinung, dem Kunden gegenüber immer höflich und äußerst hilfsbereit, wenn auch die seltsamen runden Mündern mit dem Schlund voller messerscharfer Raubtierzähne auf den Betrachter äußerst verstörend wirken können. Sie können trotz der fehlenden sichtbaren körperlichen Merkmale ganz normal hören und sehen, sogar was hinter ihrem Rücken passiert. Werden sie nach einem Ausgang befragt, geben sie bereitwillig Auskunft, doch selbst die detaillierteste Wegbeschreibung endet immer in einer Sackgasse. Sollten sie gebeten werden, einem zum Ausgang zu begleiten, bitten sie den Fragenden demütig um Entschuldigung und verweisen darauf, dass sie den Posten nicht verlassen dürfen. Gewitzte Kunden können selbstverständlich den Geschäftsführer verlangen, nur um erfahren, dass dieser zum Bedauern der Servicekraft zur Zeit ›geschäftlich‹ unterwegs ist. Das fremdartige Personal antwortet übrigens in genau der Sprache, wie es angesprochen wurde, ohne Unterschied, ob das gesprochene Wort dem modernen Sprachgebrauch entspringt oder bereits seit tausenden von Jahren nicht mehr im alltäglichen Gebrauch der Menschen verwendet wird.
| Physische Angriffe beantworten die dürren Monster stets höflich, aber energisch und können mit der monströsen Körperkraft ihrer Klauen Mobiliar, Verkaufsregale und -stände, sowie menschliche Knochen ohne Weiteres zertrümmern. In allen anderen Belangen weisen sie ansonsten die gleiche Beschaffenheit wie gewöhnliche Menschen auf.
| An jedem Servicestand gibt es mindestens einen Computer und ein Telefon mit dem man, entgegen aller logischen Erklärung, Kontakt mit der normale Außenwelt aufnehmen kann. Auf einem der Bildschirme ist noch ein elektronisches Rundschreiben an alle Mitarbeiter geöffnet, welches das Personal dazu anhält, dass auch eine ›kleine‹ Raucherpause gefälligst nach den gesetzlich festgesetzten Zeiten zu erfolgen hat. Die E-Mail zeigt kurioserweise ein Datum an, das fast viertausend Jahre in der Vergangenheit liegt und von dem Geschäftsführer, einem gewissen Herrn
Theo Rapalynt, verfasst wurde.</Edit>
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→ Allgemeine Informationen:Ihr bemerkt, das die Menschenmasse sich aufgelöst hat. Ein unbehagliches Gefühl ergreift von Euch Besitz als Ihr bemerkt, dass egal in welche Richtung Ihr blickt, nicht eine Menschenseele mehr zu sehen ist. Ihr seid ganz allein im Supermarkt. Aus einem Lautsprecher ertönt ironischerweise das Lied »Lonely Day« von
System Of A Down als wolle Euch das Schicksal verhöhnen…
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Aussicht auf den weiteren Fortgang der Geschichte für den Erzähler:| Es gilt die Gegebenheiten der Zwielichtwelt zu ergründen und das Rätsel um die vermissten Menschen aufzudecken. Die Rückkehr in die Heimatwelt bildet den Abschluss der Geschichte.
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Dieser Text von Kappadozius steht unter CC BY-SA 4.0 . Erstellt wurde er anlässlich der Tanelorn-Challenge „Tolle Abenteuereinstiege 2025“.