Autor Thema: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel  (Gelesen 2964 mal)

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Offline Swanosaurus

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #25 am: 28.03.2025 | 17:54 »

Aber sich permanent ("oh ich habe eine Hand verloren und hab nun eine gute Gelegenheit in Cyber-Ware reinzuschnuppern fällt NICHT darunter) den Char verkrüppeln und das auch noch zu feiern statt als zu vermeidende aber reale Bedrohung zu sehen?
Muss sagen dass ich das dahinter stehende Mindset nicht nachvollziehen kann.

Was ich feiern würde, ist ja eher, dass die Bedrohung real ist und es trotzdem weitergeht, wenn sie eintritt. Finde ich zumindest reizvoller, als eine Bedrohung, die entweder nicht eintritt, oder nach Eintreten schnellsmöglich behoben wird oder das Ende des Charakters bedeutet, was ja letztendlich auch nur eine Form ist, das Handicap durch Ersatz der gehandicappten Figur zu "beheben".

Dahinter steckte in jedem Fall ein starkes "unsere Helden sind die Protagonisten, egal, was kommt"-Gefühl. Es brauchte nie eine Rechtfertigung dafür, dass es um sie ging.

EDIT: Ist Rollenspiel nicht eigentlich oft recht voll von solchen "Wir versuchen, es zu vermeiden, aber wenn es Eintritt, ist es oft toll und denkwürdig"-Momenten?
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Online Johann

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #26 am: 28.03.2025 | 17:56 »
Da tue ich mich jetzt aber echt schwer, den Unterschied zwischen dem "kompromisslos gespielten naiven Barbaren" und "Mein dummer Barbar zerstört den Bannkreis" (Taschenlampenfallenlasser) zu erkennen.
Ich meine klar, zum TLFL gehört, dass er den anderen die Tour vermasselt, aber das ist ja sehr auslegbar, und beim "kompromisslos gespielten naiven Barbaren" dürfte genau das - den anderen die Tour zu vermasseln - ja das zentrale Element sein (zumal es ja gar nicht in Spielerhänden liegt, ob man sich mit dem Verhalten des eigenen Charakters nur selbst ins Fleisch schneidet oder der ganzen Gruppe)."

Für mich klingt Taschenlampenfallenlassen erst mal so, als würde der verantwortliche Spieler (a) kurz die Rolle der Spielleitung an sich reißen und eine Moralprobe für den eigenen Charakter anordnen und (b) 'schummeln', indem er entscheidet, wie diese Probe ausfällt (hier: sie misslingt), um den Spielverlauf zu steuern (hier: für mehr Dramatik).

Wenn man sehr locker spielt ('Freeform'?), mögen die Grenzen zwischen Spielern und Spielleitung verschwimmen und das kann Spaß machen -- mehr als ein paar Abende Erfahrung habe ich damit indes nicht --, aber ich kann von gnadenlosem D&D berichten, dass meine Spieler manchmal ganz ohne Absicht agieren, als hätten ihre Charaktere quasi ihre Moralproben vergeigt (nur NSCs und Monster müssen die würfeln), wenn sie in Panik auf Spielerebene schlechte Entscheidungen treffen, deretwegen dann die ganze Expedition abraucht.

Und die Absicht ist entscheidend, d.h. *warum* ich eine taktisch schlechte oder katastrophale Entscheidung treffe. Und ich denke, dass die Mitspieler das i.d.R. gut einschätzen können.

a) Schwinge ich mich zum Spielleiter auf, gar um die Geschichte zu steuern?
b) Agiere ich in Panik auf Spielerebene?
c) Spiele ich konsequent meinen Charakter?

*-*-*

Extreme Charaktere - also Paladine, Praios-Geweihte, naive Barbaren, Trollslayer (à la Warhammer, d.h. mit Todessehnsucht auf der Suche nach suicide-by-monster) - sollte man m.E. mit der Gruppe abstimmen. Viele andere Charaktere würden vernünftigerweise mit so jemandem nichts zu tun haben wollen bzw. ihm ihr Leben anvertrauen, so dass es nicht fair ist, sie der Spielrunde aufzuoktroyieren -- schließlich müssen dann die anderen Spieler ihre Charaktere verbiegen, sich mit einem erhöhten Schwierigkeitsgrad abfinden oder - das ist vielleicht die eigentliche Befürchtung! - nervendes Rollenspiel ertragen.

Zu besagter Befürchtung: Ich kann mir theoretisch vorstellen, einen Charakter mit Logorrhö unter den Abenteurern zu haben -- aber nicht, das ständige Ausspielen dieser Störung am Spieltisch hinzunehmen (also tatsächliche Monologe des Spielers statt "mal wieder -4 auf die Charisma-Probe"). Nicht das Handicap ist das Problem, sondern die zugrundeliegende Absicht, z.B. raumgreifende Selbstdarstellung oder ein Steuern der Geschichte. Es gibt Spieler, denen traue ich einen Kender zu -- aber bei Fremden lässt der Wunsch einen zu spielen erst mal die Warnglocken bimmeln.

(Ich habe übrigens nichts gegen Systeme, in denen Spieler z.B. den Misserfolg ihrer Charaktere gestalten, sich regeltechnisch in Schwierigkeiten bringen können usw. -- aber ich möchte klare Regeln.)
« Letzte Änderung: 28.03.2025 | 18:03 von Johann »
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Offline Darius der Duellant

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #27 am: 28.03.2025 | 18:08 »
Was ich feiern würde, ist ja eher, dass die Bedrohung real ist und es trotzdem weitergeht, wenn sie eintritt.

Da stimme ich dir witzigerweise komplett zu.
Ein Shadowrun Magier der deswegen anfängt sich zu vercybern und damit sowohl zusätzliche Vor- als auch Nachteile mitnimmt ist in dem Kontext aber signifikant interessanter als ein DSA Zweihänderritters dem man halt einfach einen großen Teil seines Seins wegnimmt.


Was Tachenlampenfallenlasser in der Extremform "aber mein Charakter würde das so machen" angeht'
Imho zu häufig eine faule Entschuldigung weil die Handlung so dumm ist dass sie auch von einem extremen Charakter nicht getätigt würde, solange dieser ein Minimum an Selbsterhaltungstrieb und Effizienzdenken hat.
MMn ist bei solchen Spielern der Begriff "wrenchthrower" viel passender weil sie ganz bewusst Spaß daran haben ein Werkzeug ins Getriebe zu schmeißen und sich dann daran erheitern wie der Rest der Gruppe versucht sich wieder aus der Scheisse rauszuziehen.
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Offline Swanosaurus

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #28 am: 28.03.2025 | 18:10 »
Nicht das Handicap ist das Problem, sondern die zugrundeliegende Absicht, z.B. raumgreifende Selbstdarstellung oder ein Steuern der Geschichte. Es gibt Spieler, denen traue ich einen Kender zu -- aber bei Fremden lässt der Wunsch einen zu spielen erst mal die Warnglocken bimmeln.

(Ich habe übrigens nichts gegen Systeme, in denen Spieler:innen z.B. den Misserfolg ihrer Charaktere gestalten, sich regeltechnisch in Schwierigkeiten bringen können usw. -- aber ich bevorzuge klare Regeln.)

Ja, insofern lässt sich das TLFL-Verhalten natürlich nur höchst intersubjektiv bewerten. Ghoul ist in seinem verlinkten Beitrag ja auch schon ganz nah dran an der Erkenntnis, nur um kurz vorher doch nochmal scharf abzubiegen:

Das TLFL ist ggf. eine absolut funktionale Verhaltensweise in einer bestimmten Gruppe, aber nicht unbedingt deshalb, weil dort ein "schlechter SL" "schlechtes Spiel" prakitziert, sondern evtl., weil es in der entsprechenden Runde Usus ist, gemeinsam für die Herbeiführung von interessanten Gefahrensituationen zu sorgen. Das muss mitnichten ein "sich Aufschwingen zum SL" sein, sondern kann einfach dem Impuls geschuldet sein, aus wechselnden Perspektiven zu agieren und nicht nur "Darsteller", sondern immer wieder auch "Regisseur" zu sein.

Das kann gerade in einer eingespielten Runde auch bei klassischen Systemen ohne viel Gedöns um Erzählrechtvergabe bestens funktionieren und hat überhaupt nichts mit defizitärer Spielleitung zu tun (aber ein Ghoul-Beitrag kommt halt nicht ohne solche Abwertungen aus). Polemisch könnte man auch sagen: Funktioniert die Interaktion in so einer Gruppe, dann verschafft sich hier ein vielfältig gerichteter Spieltrieb Ausdruck, der noch nicht ausschließlich der (im Spiel so deprimierend überflüssigen) Leistungsmaxime unterworfen wurde.

Kurz: Der sozial kompetente, kreative Spieler, der anderswo als "Taschenlampenfallenlasser" gedizzt wird, ist nicht "Gift" für eine anspruchsvolle Runde, er ist nur ein Fremdkörper in einer Runde mit einer starreren Rollenverteilung, als er sie gewohnt ist.

(Was überhaupt nicht den Fall ausschließt, dass jemand durch ständiges Taschenlampenfallenlassen auch das Spotlight klauen oder anderen Spielern bewusst schadenfroh dazwischenfunken kann. Dann liegt das Problem aber - wie du schreibst - gar nicht darin, dass der Spieler seinen Charakter nachteilig agieren lässt, sondern in der Intention und Penetranz, mit der er das tut.)
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Online nobody@home

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #29 am: 28.03.2025 | 18:59 »
...also, ich persönlich muß im Rollenspiel nicht unbedingt den Loser mimen. Das kann ich im richtigen Leben schon zur Genüge, da brauche ich das nicht auch noch in meinem Eskapismushobby. :P Ich hänge auch nicht der guten(?) alten Stormwind-Fallacy an, nach der nur der ein echter Rollenspieler ist, der mit einem möglichst untauglichen Charakter antritt...

...nichtsdestotrotz können ein oder zwei anständige Handicap einem Charakter allemal auch Profil verleihen, keine Rede. Nur, wenn die anfangen, sich zu häufen ("Also, dein Charakter hat nur noch einen Arm, zwei Holzbeine, ist auf beiden Augen blind und schwerhörig und paranoid obendrein...und den willst du trotzdem weiter spielen?" "JAAAHAAA!!!"), dann wird die Sache früher oder später zum unfreiwilligen Klamauk, den ich mir speziell in einer längeren "konventionellen" Kampagne lieber nicht antue. Vielleicht mal als Comedy-One-Shot zum 1. April...aber ich fürchte, mehr ist da einfach nicht drin.

Offline Issi

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #30 am: 28.03.2025 | 19:20 »
Wenn ich einen Charakter spielen will, der nix kann, spiele ich  :ctlu:

 ~;D

Ja, das nackte Überleben kann Spaß machen.

Noch kurz zu Verstümmelungen.
(Ich habe gerade herzlich gelacht, Danke dafür. ;D)

Tatsächlich habe ich aber noch keine verstümmelte Figur im Spiel gehabt.
Ok, doch eine: Die Wachen haben meiner Diebin, glaube ich, mal die Hand abgehackt.- Die hat sie dann mitgenommen, damit der Paladin sie hinterher wieder anheilen konnte.

Dieb ohne Hand ist irgendwie Mist.

Krieger ohne Hand ? Fällt mir Darth Vader ein.
Und Kapitän Hook.
Diverse Piraten mit Holzbein, und nicht zu vergessen die Augenklappen.

Glaube Figuren ohne Beine haben es auch nicht so leicht. Vielleicht am ehesten als Magier spielbar (Sofern den jmd. durchs Abenteuer trägt)

Vielleicht fehlt es mir auch an Vorstellungskraft



Online Isegrim

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #31 am: 28.03.2025 | 19:34 »
Krieger ohne Hand ? Fällt mir Darth Vader ein.
Und Kapitän Hook.
Diverse Piraten mit Holzbein, und nicht zu vergessen die Augenklappen.

Naja, da wird dann auch der große Vorteil der modernen Medizin* sichtbar: Körperteile zu verlieren ist gar nicht mehr so schlimm, wenn der mechanische Ersatz nur gut genug ist. Darth Vader & Son plus eine Legion von SR-Messerklauen würden dem wohl zustimmen, Captain Hook glaub ich nicht so wirklich... ;)

* respektive der große Nachteil der modernen Medizin natürlich, wenn man Verstümmelungen steht...
"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides

Offline Issi

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #32 am: 28.03.2025 | 19:59 »
(Mir ist gerade noch der Ritter aus " Ritter der Kokosnuss" eingefallen.
Kämpft der nicht auf einem Bein hüpfend weiter? Scherz)

Oh und natürlich: Jamie Lanister!
(Ist halt nicht mehr so gut wie davor)

Dann habe ich diverse Superhelden mit Gesichtsverstümmelungen vergessen.

Plus jene Verstümmelungen unterhalb der Gürtellinie, wie man sie zuweilen bei GoT findet.

Am ehesten spielbar sind wahrscheinlich "Narben".
Einen einzelnen Finger oder Zeh weniger, kann man vielleicht noch verschmerzen.

Im Ernst: Das Problem ist mMn, dass Spieler, das womöglich schlimmer finden als den Tod (Ihrer Figur)

Darauf dass das mehrheitlich als Chance zur Weiter - Entwicklung des Charakters gesehen wird, würde ich mich jetzt nicht verlassen.

Edit.
Das kann vielleicht in einer Gruppe mit Schwerpunkt "Storytelling" klappen, wenn die Betroffenen vorher ihr Ok gegeben haben.

Besonders schwierig stelle ich mir vor, als einziger innerhalb der Gruppe gehandicapt zu sein, während alle anderen ihre gewohnte Form behalten.
Es werden ja gewöhnlich nicht alle gleichzeitig um ihre Körperteile gebracht.
« Letzte Änderung: 28.03.2025 | 20:04 von Issi »

Offline Alter Weißer Pottwal

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #33 am: 28.03.2025 | 20:00 »
Der Unterschied ist wohl ob ich einen Charakter mit einem Handicap versuche sinnvoll und nachvollziehbar zu spielen oder nicht. Das wird dann den Unterschied ausmachen ob es nervig wird oder interessant.
« Letzte Änderung: 28.03.2025 | 20:38 von Alter Weißer Pottwal »
spielt: Labyrinth Lord bei Fezzik
leitet: Savage Pathfinder

Vermisst wird der Gelehrte Matthias aus Irlendom.
Sichtungen bitte bei mir melden!
Keine Einfangversuche unternehmen!

Offline Alexandro

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #34 am: 28.03.2025 | 20:03 »
Auf Verstümmelungen des Charakters stehe ich nicht so sehr, aber ich spiele recht gerne naive/leichtgläubige/gutgläubige Charaktere, die treudoof jeder "sob story" auf dem Leim gehen, welche ich im realen Leben auf 2,67 AU kommen sehen würde. Die machen einfach Spaß zu spielen, und das lasse ich mir nicht nehmen.

Auch nicht von gewissen sozial inkompatible Egoschweinen, welchen es anscheinend nicht ausreicht ihren eigenen Charakter als maximaleffizienten Teflonbilly zu spielen, sondern die auch noch "backseat gaming" für den Rest der Spielgruppe betreiben wollen - ja sogar der Meinung sind dies zu müssen, wenn Teile der Gruppe "nicht effizient genug" spielen, und sich in ihrer Freizeit entsprechende Abwertungen anderer Spielvorlieben (speziell solche, welche sich nicht an einer "Problemlösung" beteiligen wollen, weil ihnen das zu langweilig ist) ausdenken - statt das "Problem" mal wie erwachsene Menschen zu adressieren.
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Offline chad vader

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #35 am: 28.03.2025 | 20:08 »
So Verlust von Gliedmaßen wäre unter meiner Leitung immer was temporäres. Ein Problem, welches die Grupppe lösen muss, z.B. als Konsequenz einer Niederlage, vielleicht als Alternative zu einem Charaktertod.

Wobei mein aktueller D&D Charakter als sprechender Mamorkopf begann, den die Gruppe einen halben Spielabend mit sich rumtrug, bis sie einen passenden Warforged-Körper zum aufschrauben fanden.

Das war mein expliziter Wunsch an den SL.

Der Charakter ist der Geist eines vor hunderten Jahren gefallenen Legionärs, welchen Schwarzmagier in ein Konstrukt binden wollten. Sie wurden dabei von Orks unterbrochen, so dass der Kopf erst von der Gruppe aktiviert wurde. Es folgte ein Selbsterkenntnis-Prozess im Abenteuer, ähnlich Oswin aus  Asylum of the Daleks oder dem ersten Bob Replikant im Bobiverse, bei welcher der Soldat zunächst dachte, er wäre einfach verwundet in einem Lazaret gelandet und könnte seine Gliedmaßen verletzungsbedingt nicht bewegen.

Online Johann

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #36 am: 28.03.2025 | 20:27 »
Wenn ich meinen Charakter einhändig erstelle, dann bin ich irgendwie eine coole Sau, die die Herausforderung liebt, aber wenn ich es cool finde, wenn er im Spiel einhändig wird, bin ich irgendwie ein uncooler Loser und mein System ist langweilig?

Nein.

Ich finde bewusste Handicaps interessant, insbesondere Ehrenkodizes für 'Abenteurer', weil sich eben - zumindest ohne 'Schummeln' - die Frage stellt, ob man trotzdem zu einem ('hochstufigen' oder längere Zeit überlebenden) Held werden kann -- oder nur zu einem toten.

Aber noch lieber mag ich, wenn ein System oder das Spielgeschehen zu drastischen Konsequenzen führt -- Stichwort Rolemaster, aber auch diverse Verluste (ob emotional oder materiell) und Traumata  -- und man das annimmt und damit weiterspielt.
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Offline Streunendes Monster

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #37 am: 28.03.2025 | 20:45 »
Genervfte SC sind ja keine TLFL. TLFL sind aber generfte SC.

Ich mag es, wenn es klar kommuniziert wird.
Nicht: "Ich bin halt so, ihr müsst mich nehmen, wie ich bin."
Sondern: "Ey liebe Mitspielende, ich werde einen gehandicapten Charakter spielen, nehmt das mal offen an."


Aber ... Schwank aus meiner aktuellen HârnMaster-Runde:

Ich spiele einen magisch begabten Charakter auf einer homebrew Welt mit Kirche, Inquisition und vielen Vorurteilen in der Gesellschaft gegen solcherlei Kräfte. Außerdem ist mein SC das mind der Gruppe und kennt sich mit dem wildesten shit aus. Dazu kann er sehr gut werfen (magisch aufgeladene Steinchen) und einigermaßen mit einem Schwert umgehen. Also auf Abenteuer vorbereitet. Leicht gerüstet ist er auch.
Jetzt sind die Kampfregeln eh schon nicht ohne und wir gehen entsprechend vorsichtig in jeden Kampf.
Befreien eine gefangene Kräuterhexe von so Kopfgeldjägern, die sich als Ordensritter ausgeben.
Wie es kommen muss, Kopftreffer bei meinem Charakter nach verpatzter Parade - schwere Wunde - Ohnmacht.
Nochmal: wir spielen HârnMaster. Nur mein SC kann magisch heilen ... und das nur rudimentär. Und der SL hatte meine Bitte nach einem passiven Heilzauber für meinen SC abgeblockt. Zu mächtig, passt ihm nicht ins Konzept.
Sahnehäubchen: weil ihm die Wund- und Heilungsregeln nicht zusagen, hat er sich überlegt, was für Spätfolgen so ein langschwertiger Kopftreffer wohl realistischerweise (!!) haben könnte. Also zusätzlich zu den eh schon harten Regeln.
Schwierigkeiten sich zu konzentrieren = Malus auf alle Fertigkeiten mit Nachdenken. Also alle.
Stottern und Wortfindungsschwierigkeiten = Zauberei kann ich vergessen.
Vergesslichkeit = alle Wissensfertigkeiten zusätzlich zur Erschwernis nochmals blockiert.
Somit kann mein SC gerade alleine essen, mitreisen und ambeinklotzen. Spielspaß circa 0,001%, ergo homöopathisch vorhanden.

Diverse Telefonate mit dem SL zu der Situation geführt.
Am Ende rausgehandelt, dass es irgendwann einmal die Möglichkeit zu einer Heilung geben könnte. Modalverb im Konjunktiv ... man, was bin ich happy.

Das ist gerneft sein werden, ohne dass es Spaß macht.


Wenn ich aber einen lahmen Hexer in RoleMaster spiele, der durch einen Nachteil in der Bewegungsreichweite behindert ist, einen sehr markanten Gang hat, einen Gehstock braucht ... dann ist das cool. Auch wenn in RM jeder Meter Bewegung im Kampf zählt. Weil eben nicht komplett beschränkt und ambeinklotzig. Naja, der ist tatsächlich ambeinklotzig ... aber anders eben  >;D und er kann trotzdem seinen Teil beitragen.
Und ja, solche SC spiele ich sehr (!) gerne.
Zuletzt einen Zwergen-Dieb (attributstechnisch in RM eine Abscheulichkeit!) mit einer überlebten durchgeschnittenen Kehle, der also nur noch heiser flüstern kann ... und passenderweise "Flüster" heißt. Also keine lauten Rufe übers Schlachtfeld sowie eingeschränkt in Standard-Diebes-Attributen. Und trotzdem ein sehr, sehr cooler SC gewesen.
"Considerate la vostra semenza: fatti non foste a viver com bruti, ma per seguir virtute e canoscenza"

> brings more HârnMaster and RoleMaster to the par:T: <

Offline Feuersänger

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #38 am: 28.03.2025 | 22:40 »
Ich mag es, wenn es klar kommuniziert wird.
Nicht: "Ich bin halt so, ihr müsst mich nehmen, wie ich bin."
Sondern: "Ey liebe Mitspielende, ich werde einen gehandicapten Charakter spielen, nehmt das mal offen an."

Das ist eh nochmal ein Thema für sich. Wenn jemand von Anfang an einen Charakter mit Handicap spielen will, als Bauergamer oder was auch immer, muss er sich auch die Frage gefallen lassen: Warum sollten wir dich mitnehmen? -- Wenn er wenigstens irgendeine benötigte Kompetenzlücke füllt, okay, siehe oben, kann man verhandeln. Wenn die anderen Spieler alle kein Problem damit oder sogar Bock darauf haben, ein Maskottchen mitzuschleppen das man ständig babysitten muss, meinetwegen. Aber nur weil das der Dieter ist und Dieter sich für die Runde angemeldet hat? -- nuh uh.
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Offline Alexandro

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #39 am: 28.03.2025 | 22:48 »
Das mag stimmen, aber ebenso muss sich eine Spielende welche alles Spiel als transaktionell betrachtet und immer versucht den maximalen Vorteil herauszuholen (oder um jeden Preis Nachteile zu vermeiden) die Frage gefallen lassen: warum sollten wir einen solchen Psychopathen in unserer Gruppe mitschleppen?  ;)
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Offline Feuersänger

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #40 am: 28.03.2025 | 22:59 »
Hä. Was hat denn jetzt "Es soll bitte jeder etwas zum Gruppenerfolg beizutragen haben" mit Psychopathie zu tun?
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Offline Alexandro

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #41 am: 28.03.2025 | 23:18 »
Es geht ja nicht um "Es soll bitte jeder etwas zum Gruppenerfolg beitragen" (das tun ja auch einhändige ehemalige Zweihandschwertkämpfer durchaus).
Sondern um "Es soll bitte jeder das Maximale (oder zumindest einen gewissen, willkürlichen, Performancestandard) zum Gruppenerfolg beitragen." (gerne kombiniert mit Betrachtung der Spielwelt als mögliche Ressourcen) - das hat schon ein gewisses Geschmäckle, alá "Wer nicht performed, der ist nichts wert", daher Psycho.
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Offline Feuersänger

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #42 am: 29.03.2025 | 00:12 »
Es geht ja nicht um "Es soll bitte jeder etwas zum Gruppenerfolg beitragen" (das tun ja auch einhändige ehemalige Zweihandschwertkämpfer durchaus).

Da du mit deinem vorherigen Beitrag auf meinen geantwortet hast: doch, EXAKT darum geht es. Alles andere, insbesondere "jeder muss das Maximum rausholen", ist einfach eine Unterstellung von dir und nichts anderes.
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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #43 am: 29.03.2025 | 00:18 »
Warum seh ich grad den etwas paranoid um sich guckenden, einarmigen Veteran vor mir, der seine Kumpanen anfährt: "Diesmal werdet ihr mir den Arm nicht heimlich wieder annähen, während ich schlafe! Diesmal nicht!" Ach, was Leistungsdruck aus Helden machen kann... ;)

Naja, ich weiß nicht, ob ich einen stark gehandicapten Charakter weiter spielen wollen würde. Kleinere Geschichten mit eher vernachlässigbaren Folgen hatte ich schon (und hab ich als SL schon verteilt), aber ein krasser, nicht korrigierbarer Nachteil? Käm vermutlich ganz schwer auf die Umstände an.

Was das bei Mitspielern angeht, sollen die meinethalben machen, solange es nicht anfängt, gegen jede IG-Logik zu verstoßen. Dabei geh ich allerdings von einem Spielstil aus, bei dem die SL sowas berücksichtigt, weil ich das gewohnt bin. Bei anderen Spielstilen seh ich schon, das ein Handicap für einen ein Handicap für alle darstellt, und da dann auch alle ne Meinung zu haben dürfen.

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #44 am: 29.03.2025 | 06:18 »
Meine Mitspieler nennen mich eh schon Charaktermasochist bzw. -sadist. Von daher bring it on! Ich würde es allerdings nicht "nerfen" nennen. Im Gegenteil! Solche Schicksalsschläge (und um es nochmal deutlich zu machen. Der Threadersteller redet von nerfen während des Spieles und nicht bei der Charaktererschaffung. Das ist für mich was ganz Anderes.) sind für mich als Spieler Teil des Rollenspiels (damit lassen sich auch tolle dramatische Dilemmata aufbauen. Nimmst Du in Kauf, ein Auge zu verlieren, umdie Dörfler vor ihrem sicheren Tod zu retten?
Allerdings sollte klar sein, dass davon die Mitspieler nur mitbetroffen sein sollten, so weit sie damit einverstanden sind. Ich will ja schliesslich nicht ins Charakterspiel der anderen Spieler eingreifen.

Aber ja. Ich habe meine eigenen Charaktere schon verstümmelt und seine oder ihre Liebsten verloren usw. Und es machte jedes Mal sehr viel Spass und bereicherte das Rollenspiel.
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Nicht Sieg sollte der Zweck der Diskussion sein, sondern
Gewinn.

Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline gilborn

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #45 am: 29.03.2025 | 07:56 »
Viel hängt hier einfach vom Ziel der Gruppe auf Metaebene ab.

Geht es um das Überwinden von Encountern?
Geht es darum, eine Machtfantasie auszuleben?
Geht es streng Richtung Kampagnenziel?
Oder ist der Weg das Ziel?

Je nachdem wie die Antworten ausfallen, hat man unterschiedliche Ergebnisse, und dass es da zu Spannungen in der Gruppe kommt, wenn es keine Einigkeit gibt, kann man sich auch vorstellen.

Offline Eleazar

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #46 am: 29.03.2025 | 08:24 »
Ich habe einen Mitspieler, der in echt etwas naturverpeilt ist: Selektiv unaufmerksam, dann wieder ein Gedächtnis wie ein Elephant. Manches läuft an ihm vorbei, dann geht er plötzlich wieder forsch zur Sache. Im Gespräch ist er leicht unter Stress zu setzen und redet sich dann manchmal um Kopf und Kragen. Aber ein durch und durch liebenswerter Kerl.

Dieser Mitspieler hat so ziemlich am Anfang seiner Rollenspielkarriere einen nach Midgard exportierten Kender gespielt. Das war ein kongeniales Zusammenspiel eines etwas verwirrten Spielers mit einem anarchischen Charakterkonzepts. Dazu kam, dass seine Figur im Spiel oft unbeschreibliches Dusel hatte, dass der Kender oft relativ unbeschadet inmitten des Sturmes stand, den er selbst entfesselt hatte. Auf der anderen Seite brillierte er in an sich sicheren Situationen oft mit kritischen Fehlern und unfassbaren Aussetzern.

Wie anderen Mitspieler und deren Figuren waren eher ernst unterwegs. Es ging viel um Ehre, alte Rechnungen, Intrigen und feste Moralvorstellungen. Die Kampagne war auch gewaltig ernst: Es ging um nicht weniger als die Rettung der Welt, die wir durch unser erstes Abenteuer überhaupt erst in Gefahr gebracht hatten.

Ich will sagen, dass der Kender über Jahre immer wieder für Chaos, aber auch für unfassbar viel Gelächter gesorgt hat. Er war der komische Charakter, den man ja auch in manchen Thrillern oder Actionfilmen hat - einer der die allzu ernste, vielleicht verbissene Stimmung aufbricht und immer wieder für emotionale Entlastung sorgt. Ein Katalysator, der das Gruppengeschehen ein ums andere Mal wieder angekurbelt hat, wenn eine Figur ihm am liebsten den Hals umdrehen und wer anderes ihn aber in Schutz nehmen wollte.

Das Geheimnis dahinter war vielleicht, dass der Spieler unterm Strich gar nicht so "ernst" oder "effektiv" spielen kann, dafür aber sehr, sehr witzig. Jede seiner Figuren in den inzwischen mehr als 30 Jahren ist mindestens eine Handbreit neben der Spur. Und oft nervt sie die anderen Spielfiguren. Aber den anderen Spielern tut er unfassbar gut.

Ich will ihn und seine Spielweise nicht missen, weil sie unserer Gruppe die nötige Würze verleiht. Kein anderer kann das. Na ja, eine andere vielleicht doch.

Und ja: Ich mag es auch, wenn das Spiel ironisch gebrochen ist. Bierernste, verbissene Rollenspieler finde ich im Grunde viel, viel nerviger. Und solche, die es als gutes Rollenspiel und ihre Aufgabe ansehen, anderen Spielern auf die Nerven zu gehen, natürlich auch. Aber wenn das natürlich und aus dem Bauch heraus geschieht, dann ist es okay.

Online Zed

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #47 am: 29.03.2025 | 08:52 »
@Eleazar
Eine wunderbare Schilderung! Wir haben in unserer Runde auch einen SC „neben der Spur“. Tim spielt seinen Aranik immer noch mit der Frechheit, Größenwahn und dem vorgeschobenen Egoismus eines 13 Jährigen, denn so alt war Tim, als wir vor fast 30 Jahren in der Gruppe zu spielen begonnen hatten.

Ich beobachte auch: Humor tut der Gravitas, die wir manchmal im Spiel haben, keinen Abbruch, sondern ermöglicht sie erst.

Zitat Tim, als sein Charakter Aranik bei den umstehenden NSC höchst theatralisch einen besonders besorgten und altruistischen Eindruck machen wollte:

„Ich beuge mich über den sterbenden Bauern, zerreiße mein Hemd und verbinde ihn damit. Dabei rufe ich: Möge meine Macht ihn retten, den guten Landmann!“

Raunen in der Runde, sowohl bei den NSCs als auch bei der Spielrunde. Tim denkt kurz nach:

„Korrektur: Ich beuge mich über den sterbenden Bauern, zerreiße SEIN Hemd und verbinde ihn damit. Dabei rufe ich: Möge meine Macht ihn retten, den guten Landmann!“

Offline Eleazar

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #48 am: 29.03.2025 | 09:26 »
Meine Lieblingsszene in einem 26-stündigen Detektivabenteuer-Marathon: Die Spitzbübin hatte eine problematische Schriftrolle vor der Auslieferung an den Tempel bewahren wollen. Sie brauchte 24 Stunden, um eine Fälschung anfertigen zu lassen. Dafür hatte sie die Schriftrolle in einen Safe eingeschlossen, heimlich wieder rausgeholt und zu einem Fälscher gebracht. Am nächsten Morgen behauptete sie, dass der Schlüssel verschwunden sei.

Im Verdacht stand natürlich sofort der Kender. Der sagte den folgenden Satz: "Nein, ich war das nicht. Ich habe die ganze Nacht geschlafen. Oder hat irgendwer irgendwas gehört?"

Der Witz dabei: Die Spielerin der Spitzbübin hatte die Aktion mit dem Spielleiter draußen vor der Tür besprochen. Niemand außer ihr und dem SL wusste, was tatsächlich geschehen war. Eigentlich war die Spitzbübin als moralisch flexibel bekannt und stand unter Verdacht, die Sache fingiert zu haben. Nach der Aussage des Kender-Spielers aber nicht mehr.

Da der Kender nicht nur furchtlos und kleptomanisch veranlagt war, sondern auch noch unter Amnesie litt, hat der Spieler entweder genial den Ball aufgenommen, als der angeflogen kam. Oder der Spieler wusste selbst nicht mehr genau, was er eigentlich gemacht hatte.

Auf jeden Fall sind dem SL und der Spielerin der Spitzbübin die Unterkiefer runtergeklappt und der Kender musste alle Taschen ausleeren. Nun ja, und der Schlüssel fand sich "zufällig" wieder an, nachdem der Fälscher seine Arbeit getan hatte.

Offline ghoul

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Re: Krasses Nerfen von Charakteren als geiles Rollenspiel
« Antwort #49 am: 29.03.2025 | 09:46 »
@swanosaurus:
Was Johann sagt.
Natürlich sind die Grenzen des TLFL fließend und es kann nur an den subjektiven Reaktionen der anderen Beteiligten gemessen werden, was gut ankommt und was nicht. Das ist dennoch kein Hexenwerk.
Es gibt ganz klare, echt erlebte Fälle von TLFLn.
Wenn einer im dramatischen Finale seine Taschenlampe fallen lässt, um seine Play-to-loose-Story gegen alle Abenteuerrollenspieler am Tisch durchzudrücken, beraubt das sogar den SL seiner Aufgaben.
Wenn die Spieler hektisch agieren, um Spionage-Aktionen zu betreiben und den Plot unter Kontrolle zu bringen, dabei die Fähigkeiten eines dritten SC bitter benötigen - und der Spieler sagt einfach: " Mein Charakter sitzt in der Badewanne und trinkt Cognac", dann weiß ich, dass ICH mit den Leuten nicht mehr zu spielen brauche. Ich sehe auch überhaupt nicht ein, warum ich nicht abwertend über so ein Verhalten sprechen sollte.

Wenn ich "langweilig" sage, ist das natürlich auch subjektiv, was sonst.

@alexandro: Mit Verlaub, ist den regelmäßiges Pochen auf "erwachsen" (oft im Gegensatz zu "pubertär") nicht manchmal ein wenig kindisch?  ;)

Außerdem: was Feuersänger sagt.
Tactician: 96%
PESA hilft!
PESA diskutiert.
Desweiteren: Alle deine Probleme wurden bereits in AD&D 1e gelöst.