Moin!
viel wurde in letzter Zeit im

geschimpft und diskutiert um das Thema Schummeln / Fudgen / Regelbeugen / Heimlich Würfeldrehen der SL. Abseits der Begriffsdebatte möchte ich euch hier mal 8+ Gründe präsentieren, warum ich Schummeln vermeide. Vielleicht überzeugen sie den ein oder anderen ja, öfter mal was anderes als Schummeln zu probieren ;-)
1. Vertrauen statt KontrolleWenn du offen und fair leitest, stärkt das das Vertrauen der Spieler:innen in dich. Sie wissen, dass ihre Entscheidungen zählen – und dass sie nicht in einer gelenkten Illusion spielen.
2. Spannung durch echte KonsequenzenWirkliche Gefahr entsteht nur, wenn es echte Risiken gibt. Wenn du Würfe nicht veränderst, sind Erfolge verdient – und Misserfolge dramatisch und erinnerungswürdig.
3. Spieler:innen übernehmen VerantwortungOhne „heimliche Rettung“, steigt das Bewusstsein der Spieler:innen, dass ihre Vorbereitung, Kreativität und Taktik wichtig sind. Das motiviert sie, tiefer einzusteigen und aktiver mitzudenken.
4. Klarheit schafft FairnessTransparente Regeln und ehrliche Ergebnisse bestätigen für eine faire Spielumgebung, in der niemand bevorzugt oder benachteiligt wird. Das verhindert Neid oder Misstrauen in der Gruppe.
5. Die Welt wird glaubhafterWenn NSCs und Monster konsequent gemäß Regeln handeln (auch mal danebenhauen oder fliehen), wirkt die Welt lebendig und konsistent, weniger wie ein Theaterstück.
6. Fokus und weniger Mental Load für die SpielleitungJohann hat es eigentlich schon perfekt erklärt. Als SL machst du dich frei von der Gesamtverantwortung für das Spielerlebnis der Gruppe. Stattdessen kannst du dich voll darauf konzentrieren, eine Welt zu präsentieren, Probleme aufzustellen und den Spieler:innen den Rest überlassen.
7. Die Gruppe wird resilienterDurch echte Rückschläge lernen die Spieler, kreativ zu scheitern, sich gegenseitig zu unterstützen und langfristig als Gruppe zu wachsen. Das fördert echten Zusammenhalt.
8. Du bist nicht der Erzählergott – du bist MitspielerWenn du dich als Mitspieler:in mit Sonderrolle verstehst statt als Puppenspieler, wird das Spiel kooperativer und emergenter. Geschichten entstehen gemeinsam – und sind oft besser als jeder geplante Plot.
Aber eins ist wichtig: Schummeln ist nicht böse! Die meisten von uns haben irgendwann schon mal als SL unabgesprochen für oder gegen die Gruppe improvisiert.
Wir Rollenspieler:innen schummeln, weil wir das Spiel verbessern wollen. Ich finde es falsch, das irgendjemandem abzusprechen.
ABER Schummel ist in seiner Funktion aus meiner Sicht immer ein
Quickfix, der kurzfristig vielleicht super, aber langfristig leider oft ungünstig wirkt.
- Es trennt die Gruppe in ihren Erlebnissen und Erfahrungen - Deine Freundin erinnert sich noch Jahre später, wie sie durch Glück und geschicktes Vorgehen dem Tod gerade noch von der Schippe gesprungen ist? - Als SL weißt du, dass es leider nicht so war.
- Heimlichkeit korrodiert - Rollenspieler:innen sind aufgeweckte Menschen, die es irgendwann durchschauen. Sie lesen selbst SL-Leitfäden. Sie bemerken überraschend positive Zufälle, ganz besonders wenn sie sich in kritischen Situationen häufen. Und die Erkenntnis, allein schon der Verdacht, dass schlimme Dinge passieren, nur weil Du sie zulässt, wird euer Spiel beeinflussen, selbst wenn keiner sich traut, es anzusprechen.
- Schummeln erzeugt den Bedarf für noch mehr Schummeln - Eure gewählten Spielregeln sind für euren Geschmack vielleicht zu tödlich? Spieler:innen haben noch wenig Erfahrung, wie sie mit Risiken und Krisen im Spiel geschickt umgehen können? - Klar kann man das mit Schummeln kompensieren, aber das verhindert Lernen und nachhaltigere Lösungsstrategien, weil es die eigentlichen Ursachen verschleiert. Aber die kommen ja wieder, und dann muss noch mehr Geschummelt werden…
Ich betrachte Schummeln ein wenig wie Panzertape in meinem Werkzeugkasten.Macht wahrscheinlich immer Sinn, eine Rolle da drin liegen zu haben. Es ist praktisch und ich nutze es ab und an. ABER
je weniger ich davon einsetze,
desto wertiger wird meistens das gemeinsame Erlebnis.
Wenn ich Panzertape einsetze, dann
nur bei kleinen und unwichtigen Problemen. An wirklich kritischen Punkten würd ich
dringend davon abraten.
Genau so mache ich's im Rollenspiel. Improvisieren, Handwedeln, unabgesprochen helfende Fakten ergänzen passiert höchstens im kleinen, wo es
für die gemeinsame Erfahrung im großen und ganzen keine Relevanz hat.
- Deine Gruppe sucht einen Heiltrank-Händler und du möchtest das schnell abhandeln? - Dann pflanz halt einen ins nächste Dorf. Who cares?
- Da stehen noch zwei halbtote Goblins mit dem Rücken zur Wand der vielfach überlegenen Heldengruppe gegenüber? - Kampf auswürfeln ist wahrscheinlich Zeitverschwendung.
Ich glaube, viele schummelkritischen Rollenspieler:innen machen das, und nehmen es aufgrund der marginalen Auswirkung gar nicht als "Schummeln" wahr.
Hab ich selbst bis vor kurzem nicht.Dieses Handling kann ich nur wärmstens empfehlen!Und wenn
wirklich mal was granatenmäßig schief läuft, und du das Gefühl hast, dass Regelanwendung die Gruppe unglücklich macht, dann spaltet Geheimniskrämerei doch nur. -
Löst es lieber zusammen und dauerhaft. Sprecht lieber als Gruppe drüber und stellt gemeinsam die Weichen, wie man jetzt und in Zukunft mit sowas umgeht.
Ich würde mich über eure eigenen Überlegungen, Ergänzungen und Fragen freuen. Mir wäre wichtig, dass wir hier dabei nicht anfangen, Formulierungen auf die Goldwage zu legen und das schlimmste unterstellen, aber auch nicht bewusst herablassend formulieren. Ich hoffe mir ist das hier besser gelungen als in anderen Threads der letzten Wochen, will mich vor Kritik aber nicht verstecken.