Ich denke es gibt halt auch ein Skill-Thema beim "Schummeln". Genauso wie es das auch beim "die Würfel fallen wie sie fallen" Stil und auch bei sowas wie Fanmail/Gummipunkte werden es richten gibt.
Und man kann das ganze ja theoretisch auch kombinieren, idealerweise mit Augenmaß und Sinn für Feinheiten.
Und so ein bissle wie Railroaden vor allem ein gewisser Stil ist, wenn er negativ auffällt, so ist es mit der Bezeichnung Schummeln auch. Nur wenn es auffällt UND negativ aufgefasst wird, würde man es üblicherweise als Schummeln sehen.
Wie andernorts erwähnt spiele ich üblicherweise mit Fanmail, da ist also schon ein Sicherheitsnetz vorhanden. Kürzlich durfte eine Spielerin einen geliebten Altcharakter nochmal für einen Oneshot hervorholen. Aber der Gegner war vielleicht etwas stark, die Würfel nicht auf ihrer Seite, vielleicht wurde auch eine Rückzugsmöglichkeit genutzt und Fanmailpunkte für anderes verbraten, jedenfalls wäre der Charakter eigentlich gestorben. Das war auch soweit klar. Ich habe dann aber gesagt, dass der Vampir nur in Starre fällt (und, vielleicht nach einer Verzögerung, durchaus nochmal gespielt werden könnte). Das war eine Beugung der Umstände (aber keine krasse Unmöglichkeit), aber diese Gnade wurde durchaus positiv aufgefasst. Also zumindest von der Spielerin, und um die geht es ja.
Eine andere Technik, die, gut gemacht, oft Spielspaßsteigernd sein kann, sind die Quantentrefferpunkte oder auch dramatische Verstärkung. Dabei haben dann Gegner mal mehr Leben (oder es kommen mehr Gegner) damit sich der Kampf nicht zu leicht anfühlt aber auch nicht im TPK endet. Man behält dabei als SL einfach im Auge, wieviel Ressourcen die Gruppe noch hat. Und dann fällt der Boss halt erst, wenn "der richtige Zeitpunkt gekommen ist" - es also etwas knapp wird bei der Gruppe, idealerweise aber halt den TPK vermeidend. Klar, wenn man das etwas ungünstig anfängt, hat dann einer mitgezählt und der Magiergegner hat 4mal soviel Leben gehabt wie nach Regeln möglich und es schleicht sich ein flaues Gefühl ein. Aber gut gemacht? Merkt das keiner und man hört vielleicht noch Jahre später: Ja, der Kampf gegen den roten Lich, die halbe Gruppe war down, und dann, auf dem zahnfleisch kriechend und mit dem letzten Smite, richtet der Pala das. Was für ein Kampf.
Letztlich ist ja das wichtigste, dass die Leute gut unterhalten werden, und manchmal ist halt das Problem nicht, dass "geschummelt" wird, sondern dass "schlecht geschummelt" wird. Aber man kann ja auch andere Sachen schlecht machen.

Man muss sich ja auch im Klaren sein: Die meisten Kämpfe in den meisten Rollenspielen sind ein abgekartetes Spiel. Feuersänger hat glaube mal irgendwo vorgerechnet, wieviele Encounter ein DnD 3 Charakter überleben muss für welches Level. Und die Chance getötet bzw. besiegt zu werden muss da einfach sehr gering sein, sonst wird eigentlich nie jemand hochstufig. Ich mein klar, es gibt auch Leute die mit hoher Tödlichkeit spielen, oder OSR. Aber bei sehr vielen Kämpfen bei sehr vielen Rollenspielen ist klar: die SC gewinnen die Kiste, solang sie keinen großen Quatsch machen. Aber da redet man auch nicht ständig drüber, sondern nutzt halt, so gut es eben geht, Showmanship um ne gute Zeit zu haben, vielleicht auch etwas Spannung aufzubauen. In gewisser Weise ist das ja schon schummeln beim Encounter-Building. Ist sicher nicht alternativlos, in meiner Wahrnehmung aber verbreitet. Und auch diese Technik, ich mag sie mal gebalancte Encounter nennen, kann nach hinten los gehen. Irgendwann merken die Spieler halt mitunter, dass die Bedrohung so skaliert wird, dass sie schaffbar ist. Und mitunter stellen sie das dann auf die Probe. Und dann? Schlägt man als SL mit der vollen Härte des Monster Manual zu? Hat man ein klärendes Gespräch? Macht man trotz allem einen schweren, aber schaffbaren Encounter?