Medien & Phantastik > Sehen

"der untergang" - die letzten tage hitlers

<< < (4/9) > >>

wjassula:
Schöne Kriitik von Diedrich Diedrichsen, die mich darin bestärkt, den Film nicht sehen zu müssen:

http://www.taz.de/pt/2004/09/15/a0202.nf/text

"Die von Moral dominierten Analysen der geschmähten 68er wollten wenigstens wissen, wie die Barbarei politisch möglich ist. Und konnten zeitweilig einen fragilen, nie selbstverständlichen moralischen Konsens in Deutschland herstellen. Statt aber andere Fragen zu stellen, belässt es "Der Untergang" bei der Psychologie der Fernsehunterhaltung. Die hat aber längst eine strukturelle Moral. Allerdings eine, die sich an keine historischen Einsichten mehr andocken lässt, sondern nur an Kategorien wie Rabenmutter oder an die Autorität eines SS-Arztes, der die Kräfte des menschlichen Deutschlands da um sich sammelt, wo schon lange das ideologische Zentrum der deutschen Fernsehunterhaltung steht: im Krankenhaus."

Und dass das so gehobenes Fernsehspiel ist, wo man sich über die Menschlichkeit Hitlers gruseln soll, dachte ich mir schon.

Oder die, ist auch nicht schlecht:

http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/235/39196/

Das beste deutsche Filmkunstwerk seit langem, dass ich kenne, ist "Gegen die Wand". Da geht's auch um Themen, die mich mehr interessieren.

Lord Verminaard:
Ganz ehrlich: Die schlechten Kritiken für den Film bestärken mich eher darin, Feuilleton-Kritiken nicht lesen zu müssen. Ich habe ihn gestern gesehen. Ja, die hohen Herren bemängeln, dass der Film tatsächlich spannend erzählt ist und man sogar 2-3 Mal lachen kann. Wie kann es ein Regisseur oder Drehbuchautor wagen, bei diesem Stoff die Regeln der Dramaturgie zu beachten? Die Zuschauer sollen doch nicht unterhalten werden, die müssen sich da durchquälen!

Und wer sich an einen solchen Stoff wagt, muss Antworten geben, darf nicht wertfrei schildern. So wie in der Schule jedem Kind nicht nur die Tatsachen vermittelt werden, sondern die richtige Meinung gleich noch dazu. Praktisch, dann muss man sich keine eigene Meinung mehr bilden. Dann wird es auch gar nicht mehr erforderlich, sich ernstlich damit auseinander zu setzen.

Scheiß auf diese dämlichen Kritiken. Der Film hat sich größtenteils sehr genau an die historischen Quellen gehalten, mit ein paar unbedeutenden Zugeständnissen an die Dramaturgie. Die Schauspieler spielen durchweg hervorragend, vor allem die Darstellung der Eva Braun hat mich sehr berührt. Dieser Film hat keinen erhobenen moralischen Zeigefinger, und das ist das, was ich ihm am höchsten anrechne. Trotzdem zeigt er die Ereignisse, die wichtig sind, um sich eine Meinung zu bilden, nicht nur im Führerbunker, sondern auch in der Frontstadt Berlin: 12-jährige Volkssturm-Rekruten, die sinnlos abgeschlachtet werden, fanatische SS-Schergen, die sich selbst das Leben nehmen, aber vorher in ihrem Wahn noch viele vermeintliche Fahnenflüchtige erhängen.

Und ja, einer der SS-Ärzte ist ein Sympathieträger des Films. Na und? Wenn die taz sich profilieren muss, indem sie dort eine Parallele zu "Alpha Team" und "Schwester Stefanie" konstruiert, bitte, ich halte das für billig und geradezu lächerlich. Im Lazarett sind die Verwundeten. Dort werden Arme und Beine abgesägt, dort hallen die erbärmlichen Schreie eines Mannes mit offenem Brustkorb wider. Es sind die Gräuel des Krieges, im Kontrast zu den bizarr anmutenden Ereignissen im Führerbunker und der alten Reichskanzlei. Zweifellos sehr wirkungsvoll. Ich kann mich nur wiederholen: Scheiß auf die dämlichen Kritiker.

Ich fand den Film hervorragend, und ich bin wirklich kein unkritischer Zuschauer. Und: Wer schon alles weiß, was man in diesem Film lernt, der hat wirklich ein ausgesprochen profundes Geschichtswissen.

Allerdings erfordert der Film auch eine gewisse Vorbildung. Unser Standard-Skin ohne Hauptschulabschluss wird viele Szenen nicht im richtigen Licht betrachten, weil ihm einfach das Rahmenwissen fehlt. Nun ja, hätte man das auch noch aufnehmen wollen, wäre der Film dreieinhalb Stunden lang geworden statt nur zweieinhalb.

Boba Fett:
@Lord V: 100% Full Ack

Ich werde mir den Film auch ansehen, aber erst auf DVD.
Nicht, weil ich ihn nicht so interessant finde, sondern genau deswegen - weil ich ihn ungestört geniessen möchte.
Und da ich auch keine Lust habe, mich durch irgendwelche Leute ablenken zu lassen, die meinen Kommentare geben zu müssen, schau ich mir den lieber daheim an.
Dann habe ich auch keine Haarlosen Deppen nebenmir, keine gekünstelt entsetzten Schwachmaten und keine kreischenden Kiddies.
Und genau deswegen lese ich auch die Kritiken nicht - weil es mich inzwischen nicht mehr interessiert, was aufmerksamkeit heischende Publizisten von sich geben. Die meisten Kritiker schreiben nicht, um eine Bewertung zu geben, sondern, um gelesen zu werden. Und je schriller man schreibt, desto mehr aufmerksamer werden alle.
Kann man sich sparen.

Lord Verminaard:
Ich glaube ja auch, es ist eine Eigenart der deutschen Kritiker, dass sie dieses weinerliche Lamentieren anfangen, sobald irgendwas auch nur nach Drittem Reich riecht. Bin gespannt auf die Stimmen aus dem Ausland.

Jestocost:
Naja - die ersten (englischen) Stimmen haben den Film erst mal verteufelt - und haben den Film als "Beweis" angeführt, dass die Deutschen mit ihrer Verantwortung für das Dritte Reich abgeschlossen haben, da Hitler im Film als "normaler Mensch" gezeigt wird...

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln