Die Wirtschaft der westlichen Welt kränkelt. Zwar gibt es keine Bedrohung durch ein übermächtig scheinendes Japan und die "Tiger" mehr, aber die Zukunftsangst ist überall greifbar. [...]
Die Zeit für Optimisten ist vorbei. Die Menschen fühlen sich in ihrer Existenz bedroht. Ihre Antwort ist aber keine Auflehnung gegen die Mächtigen, sondern im Gegenteil die totale Anpassung, um nur nicht negativ aufzufallen und den eigenen Arbeitsplatz zu gefährden.
Ebend. Es gibt immernoch Zukunftsängste. Sie sind aber teilweise anderer Natur.
Im Cyberpunk tragen alle großen Firmen japanische Namen. In heutigen Zukunftsromanen würden dies nicht so extrem sein. Alle Länder hätten große Konzerne und nicht nur die Japaner.
Im klassischen Cyberpunk identifiziert man sich mit einem Outlaw, der gegen die Konzerne vorgeht. In heutigen Zukunftsromanen würde der Protagonist wohl eher ein Konzernangehöriger/Militär sein, der sich gegen die terroristischen Outlaws auflehnt.
Einige Zukunftsvisionen haben sich bewahrheitet:
- So hat das Internet bis auf die 3D doch alle Eigenschaften der Matrix. (OK, und Wächterprogramme sind nicht als kleine Männchen in schwarzen Anzügen erkennbar.)
- Mit dem einhergehend ist es auch viel leichter an Informationen zu gelangen.
- Die Globalisierung hat stattgefunden. (Allerdings ist sie bei weitem nicht so negativ ausgefallen, wie man früher befürchtet hatte.)
- Klimaerwärmung findet statt. (Wer's nicht glaubt, der erinnere sich, wann früher der 1. Schnee fiel und wieviel Schnee im Dezember rumlag.)
Andere Zukunftsvisionen sind kein Thema mehr:
- Künstl. Gliedmaßen und Organe sind nur etwas für kranke Menschen und Unfallopfer. Kein gesunder Mensch würde sich freiwillig eine Prothese einsetzen lassen.
- Es bilden sich keine neuen Subkulturen. (Kulturelle Differenzen - vor allem in Ghettos der USA - bleiben zwar bestehen und lösen sich nicht auf. Es fand aber keine Verschlechterung statt.)
- Früher hatte man Angst vor der Machtübernahme durch Konzerne (und der damit einhergehenden Entmachtung des Staates). Heutzutage, hat man nicht Angst, dass der Staat zu wenig sondern zu viel Macht bekommt.
Aber heutzutage gibt es auch einige Zukunftsängste, die früher keine Rolle spielten:
Terrorismus, Großmacht USA
Ob man heutige Nah-Zukunftsromane noch Cyberpunk nennt, hängt davon ab, was man mit Cyberpunk verbindet:
Ist es die totale Vernetzung und Informationsfreiheit? Dann ist Cyberpunk noch immer aktuell.
Oder ist es die totale Kapitalisierung und Entmachtung des Staates? Dann ist Cyberpunk nicht mehr aktuell.
Und irgendwo dann noch der Gedanke "Was passiert, wenn sich ein Decker die Daten schnappt? Ist es dann auch noch egal?"
Ja, was kann passieren, wenn sich ein Hacker meinen Fingerabdruck holt?
Er kann mit sehr viel Aufwand ein Bewegungsprofil von mir erstellen. Das kann er aber leichter, wenn er mich beschatten lässt.
Und was kann er sonst noch mit meinem Fingerabdruck anfangen?