(Keitaro, die Hallen der Mantis verlassend)
Unzählige Verbeugungen, unaufrichtige Komplimente, unerträglich vorhersehbare Respektsbezeugungen. Mit quälender Langsamkeit zog sich die Verabschiedungsszene scheinbar endlos dahin. Die Formen der Etikette, die er sonst so gerne als Schild vor sich her trug, wurden nun zur Belastung. In Keitaros Kopf drängte die Stimme von Naraka Kaori, diesen Ort zu verlassen. Der alte Mann spürte, dass die körperlichen und mentalen Reserven des Ritters beinahe erschöpft waren.
Fast geschafft.
Eine unerwartet plötzliche Bewegung stach aus dem bedächtigen Reigen heraus, weckte seine Aufmerksamkeit. Enkidis Blick traf den seinen, dann stürmte der Baron an ihm vorbei, hinaus. Ohne den Anwesenden Respekt zu zollen. Wie kleine Kinder! Sowohl der Graf, als auch der Baron. Aber dies hier war kein Kinderspiel!
Für einen verlockenden Augenblick war er versucht, dem Drängen der Maschine nachzugeben, den Raum in Schutt und Asche zu legen, die Zeugen samt und sonders für immer zum Schweigen zu bringen. Ein bemerkenswert unsinniger Einfall, angesichts der Sturmeinheit im Nebenraum. Trotzdem fast unwiderstehlich!
Lextius, steh mir bei! Es war nur ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit gewesen, den er Enkidi wütend hinterher gestarrt, das einstudierte Lächeln verloren hatte. Lange genug jedoch für ein geschultes Auge, um Schlüsse daraus zu ziehen. Als letzter Li Halan im Raum hätte er bleiben können, sogar müssen, erklärend, entschuldigend, rechtfertigend. Unmöglich! Die fragenden Blicke trafen ihn bereits wie gezielte Nadelstiche. Für verbale Attacken, in honigsüße Höflichkeiten gekleidet, und doch vor beißendem Spott triefend, würde sein innerer Panzer zu dünn, zu brüchig sein. Kein Blutvergießen!
Er fuhr herum, stapfte mit schweren Schritten dem Baron hinterher, begleitend vom Rasseln und Scheppern seiner Rüstung. Kurz vor dem Ausgang drehte er sich noch einmal der versammelten Menge zu, verneigte sich tief.
"Mein Lord Mandin, Haus Li Halan dankt für die Schaffung dieses eindrucksvollen Rahmens für den heutigen Zweikampf. Es war uns eine Ehre, Eure Gastfreundschaft in Anspruch nehmen zu dürfen. Meine Damen, meine Herren, Dank auch an Euch, die Ihr den Duellanten als Zeugen des Kampfes Ehre erwiesen habt. Ich wünsche eine gesegnete Nachtruhe."
Geschafft! Die Schlangengrube lag hinter ihm.
Hatte er als einfacher Ritter wirklich in dieser Weise für sein Haus sprechen dürfen? Einerlei! Er hatte heute bereits eine Passage aus dem Duellkodex zitiert, die zwar zweifelsohne in der einen oder anderen Form existierte, die er selbst aber nie gelesen hatte. Der Zweck heiligt niemals die Wahl der Mittel. Niemals! Zweifelnd biss er sich auf die Unterlippe. Er würde die Beichte ablegen müssen. Bald.
Enkidi und sein Gefolge waren schnell eingeholt. Keitaros Diener mühten sich, mit ihrem Herrn Schritt zu halten. Sein Kopf schmerzte, schien zerspringen zu wollen. So vieles, dass er noch durchdenken musste, bevor er für eine Konfrontation mit diesen hier gewappnet war! Morgen. Jetzt galt es, sich schnell zu verabschieden, die kritischen Themen zu vermeiden. Und zunächst einmal, die Situation zu meistern, ohne dass eine Seite ihr Gesicht verlor.
Die verschmierten Reste von Blut in Enkidis Gesicht, an sich alarmierend, kamen jetzt wie gerufen, mochten als Rechtfertigung für den unrühmlich plötzlichen Abgang dienen.
"Mein Lord Enkidi! Ihr seid verletzt?"