Pen & Paper - Spielsysteme > Fading Suns
[Setting] Lehensverwaltung
Azzu:
Mir ist gerade aufgefallen, dass ich mir so ein feudales Lehenssystem bisher etwas zu einfach vorstellt habe - Lehnsherr, Lehnsmann, Untertanen, fertig. Weil sich mein Verständnis von Verwaltung und Wirtschaft leider auf den gesetzlichen Rahmen im Deutschland der Gegenwart beschränkt, die Frage zur allgemeinen Diskussion:
Wie stellt ihr euch vor, dass ein Lehen verwaltet wird?
- Ein Rittergut, eine Baronie, eine ganze Grafschaft?
- Wie sieht es mit Gilden- und Kirchenterritorien aus?
- Welche Posten und Einrichtungen sind zu schaffen, um die laufenden Angelegenheiten zu erledigen, was macht der Lehnsherr selbst?
- Wer bekommt diese Posten? La Familia? Politische Gegner, um sie glücklich zu halten? Oder etwa gar qualifizierte Guilder?
- Wer übt sonst noch Einfluss aus, und wie?
- Ändert sich etwas durch den Techlevel des Lehens?
- Welche essentiellen Fragen habe ich noch vergessen, hier zu stellen?
The_Kossack:
Du brauchst einen Maier/Schulten pro Dorf. Der macht Verwaltungsaufgaben und sorgt dafür, daß die Abgaben bezahlt werden - und die Position ist unabhängig davon, ob es priesterliche oder weltliche Lehen sind, da selbst auf dem Boden von Klöstern Verwaltungsaufgaben anfallen.
Zu nennen ist noch der weltliche Schutzherr eines Klosters: Der Vogt, der das Kloster bei Rechtsstreitigkeiten vertritt, und es im Notfall auch militärisch verteidigt. Dafür bezieht er Einkünfte aus dem Kloster, eine art "Schutzgeld" (ja, das Verhältnis zwischen Kloster und Vogt konnte an "räuberische Erpressung" erinnern).
Es is tein sehr weites Feld, aber mit den beiden kommst du vielleicht schon ein Stück weiter. :)
Denize Noy:
Weil ich jetzt nicht gradeaus denken kann, nur ein völlig wirres Brainstorming.
- Soweit ich das verstanden habe, ist der oberste Lehnsherr bei FS schonmal NICHT der Imperator, oder?
- Wenn also einzelne Territorien den Adelsfamilien, Kirche, Gilden, blabla >gehören<, dann können sie die auch aufteilen, wie sie wollen, verpachten, Unterlehen draus machen, auf bestimmte/unbestimmte Zeit, wie auch immer. Sogar verkaufen/verschenken.
- Bürgerrecht ist ein interessantes Schlagwort. Vollbürger werden mehr Rechte haben als die Plebs. Und damit auch Zugang zu höheren Stellen in der Verwaltung und bei Hof. Das Bürgerrecht kauft man sich oder kommt von allein mit einem gewissen Steueraufkommen, das man zahlt.
- Gildenwelten werden wahrscheinlich Magistrate haben. So von jeder Gilde ein Rat o.ä. Oder die Macht resultiert auch wieder aus dem Einkommen und Ansehen der Personen. An manchen Stellen ist das System bestimmt schon so eingefahren, dass es an Erbämter grenzt.
- Kirchenlehen werden ein nominelles Oberhaupt haben, das einen ganzen Schweif an Beratern und Beamten hinter sich herzieht.
- So ein Graf/Baron wird sicher selbst herzlich wenig Verwaltungsarbeit leisten, sondern mit möglichst vielen Untergebenen protzen. Da ist sicherlich jede Menge niederer/verarmter Adel in den Rängen der Beamtenschaft, weil das relativ sichere Posten sind und noch einigermaßen standesgemäßer Broterwerb.
- ein Ritter, der nur ein handtellergroßes Lehen hat, wird alles allein machen, auch nur ein besserer Bauer sein, jeden Untertanen mit Namen kennen und wenn's brennt auch mal selber auf dem Feld stehen, um die Ernte einzubringen. Im besten Fall schimpft sich der dann Realist, im schlimmsten is es ein verbitterter Zyniker.
- Posten:
Kanzlei, die Urkunden ausstellt etc. - da könnte sich so ein niederer Adliger noch drin wohlfühlen. Ein Priester ist sicher auch gut geeignet. Oder ein Reeves-Anwalt.
Finanzverwaltung/Steuern - das übernehmen bestimmt gerne die Reeves. Sie könnten sogar sehr ungehalten werden, wenn sie das nicht dürfen. Der Adlige, der sich mit der Gilde gut stellen will, sollte sie wohl zumindest in seinen finanziellen Angelegenheiten konsultieren, wenn er nicht sogar einige der netten Leutchen dauerhaft beschäftigt.
Militär - je nach Größe des Lehens wird das nach Bedarf aus Bauern ausgehoben, ist ein stehendes Heer mit entsprechenden Posten (wieder was für die Kleinen und den Cousin dritten Grades) usw.
Rechtsprechung - für die kleineren Vergehen könnte man örtliche Behörden einsetzen, bzw. das irgendwelchen Rittern überlassen, damit sich die auch mal wichtig fühlen. Bei den großen Sachen schaltet sich irgendwann der Landesherr selber ein.
- Bei der Verteilung der Posten, wird sich der Landesherr bestimmt gelegentlich in den Allerwertesten beißen wollen, wenn er eigentlich gern jemand qualifizierteren an einer Stelle hätte, aber der Familie verpflichtet ist und dem unterbelichteten kleinen Bruder oder demjenigen, der ihm seine Streitkräfte in Kriegszeiten stellen kann, das Privileg erteilen muss.
Sicherlich werden einige Posten/Lehen auch vergeben und wieder weggenommen, je nachdem wen man sich wie und warum bei der Stange halten will/muss und wer mal einen Schuß vor den Bug nötig hat, weil er übermütig geworden ist.
- Ich glaube, dass der Techlevel relativ wenig Auswirkungen hat. Vielleicht wird's mit steigender Technik bürokratischer. Aber das will ich mal nicht so ohne weiteres unterschreiben.
- Mehr Fragen fallen mir auch grad nicht ein. Im allgemeinen habe ich mich bei der Darstellung an dem orientiert, was in meinem Seminar zum Hochstift Regensburg und meiner Barbarossa-Arbeit hängengeblieben ist.
Elisabeth Hawkwood:
Wieviel sich ein Adliger selber um die Verwaltung bemueht ist sicherlich erstmal auch eine Frage der Persönlichkeit. Generell hat er immer, zumindest rein auf dem Papier die Oberaufsicht und kann alles pruefen was seine Verwalter, Wesire und Sekretäre so verzapfen. wenn er das ueberhaupt nicht niemals nie kontrolliert ist die Gefahr, dass seine lieben Untertanen Geld unterschlagen recht hoch, egal wie loyal die sonst dem Haus gegenueber sein mögen. Meine arme Baronin Nenezareh musste das am eigenen Leibe erfahren ;), die hat sich aber generell recht viel dann um ihre Verwaltung gekuemmert. Wir hatten in unsere Runde aber auch schon Adlige, die nur "Ja mach mal" zu ihren Untergebenen gesagt haben... .
Das fällt mir so spontan ein. Aber generell: gute Frage :d!
Nomad:
Tja, um jetzt mal eine dumme Antwort zu geben ohne sagen zu wollen, das es eine dumme Frage war:
Kommt doch auch sehr drauf an wie groß das Lehen ist.
Bei ein paar Dörfern mit Weiher die außer Landwirtschaft nichts zu bieten haben reicht wohl der jeweilige Adlige selber aus.
Recht wird er aus dem Bauch heraus sprechen und wer soll sich beschweren wenn die Bauern vielleicht nicht mal wissen das die Reeves überhaupt existieren.
Seine Abgaben wird er in Naturalien erhalten und im Zweifelsfall den zehnten für die Kirche gleich miteinziehen.
Wie das ganze bei größeren Lehen mit Städten und einem höheren Bildungslevel funktioniert ist natürlich eine andere Sache. Ich denke da werden sich viele Adlige einfach Sachkundiger Stellvertreter bedienen. Entweder intelligenterer niedriger Adel oder oft auch Gildenmitglieder.
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
Zur normalen Ansicht wechseln