Das Tanelorn spielt > [FS] Sinful Stars Archiv

[Tag 3] Raumstation Bazaar

<< < (8/21) > >>

Bazaar:
Sir Vincents Lippen kräuselten sich, als der Wechsel in seiner Hand landete wie ein Vogel auf der Pfote einer Katze. Sorgfältig überprüfte er, ob alles seine Richtigkeit hatte, trennte dann den Belegstreifen ab und drückte seinen Siegelring in das seidig schimmernde Papier. Er schob den Beleg über den Tisch und ließ den Rest des Wechsels in seiner Westentsche verschwinden.
 
"Eine beachtliche Summe, Miss Noy. Sicherlich genug, um einen angenehmen Ruhestand zu verbringen – sofern man umsichtig damit umgeht, nicht wahr?
Eine Chance, die Ihr werter Herr Vater leider nicht wahrgenommen hat. Aber wie dem auch sei – ich betrachte die Angelegenheit damit als vom Tisch." 
Ein öliges Lächeln. 

"Es war mir eine Freude, mit Ihnen Geschäfte zu machen." 

Azzu:
Keine Drohung. Ein Handel. Ein wenig enttäuscht lockerte Mwerron seinen Griff um die silberne Kanne. Goss eine Tasse Tee ein.

"Jack." Mit einer seidenen Serviette wischte er sich das rötliche Rinnsal vom Kinn, während seine Augen sich wieder auf den gierig schlingenden Sternfahrer richteten. "Wer ist. Sir Vincent?"

Jack Hawkins:
"Sir Vincent?" gab Jack zwischen Kauen und Schlucken von sich, leckte sich genüsslich die Reste eines Cremetörtchens von den Fingern und warf dann einen prüfenden Blick über die Tellerberge vor sich. Unschlüssig darüber, ob er sich der Fruchtschale oder den geräucherten Fischfilets widmen sollte, fand er Zeit Monns Frage zu beantworten.
"Die Fleisch gewordene Kreditanstalt Bazaars, für die, die schnell und ohne Fragen Bares brauchen. Wär sein Arsch nicht in Seidentüchern auf die Welt gekommen, würde er einen hervorragenden Scraver abgeben." Er grinste und häufte sich Fruchstücke auf den Teller.

"Hoffe, Niz hat keine Probleme mit ihm, das endet meist unschön." Er nahm einen Schluck Kaffee und warf über den Tassenrand einen längeren Blick zum Nachbartisch,  wenn auch durch das dichte Blattwerk nur Schmen zu erkennen waren. War da drüben alles in Ordnung?

Megan:
Resigniert verließ sie den Kirchensektor, entfloh dem Geruch von feuchten, verschwitzten Lumpen und ungewaschenem Mensch. Entweder Enkidi war nicht da, oder sie hatte ihn im Getümmel übersehen. Angesichts der Menschenscharen war dies kein Ort, an dem er hätte in sich gehen können.

Sie überlegte einen Augenblick, ob er zur Azara gegangen sein könnte, doch das erschien ihr absolut ausgeschlossen - er, der immer mit soviel Widerwillen an Bord ging, und stets der erste war, der nach Landung durch die Schleuse stürmte.

War er in ein Bordell gegangen? Der Gedanke schoß wie ein böser Spuk durch ihren Kopf und zerrte Bilder des vergangenen Tages wieder vor ihr inneres Auge. Ja, das musste es sein. Wohin sollte er sonst gegangen sein. Nicht zu den Decados zurück, oder doch? Es fiel ihr schwer, ihn einzuschätzen. Er schien stündlich sein Wesen zu wechseln. Schwer seufzend schob sie sich durch die Pilgerer. Seit sie hier waren hatten sie noch nichts konstruktives auf die Beine gestellt. Ihr Auftrag war zu einer Nebensächlichkeit verkommen. Während die anderen darauf warteten, dass sie mit wichtigen Informationen schnellstmöglich zurückkehrten erlebten sie hier ihren persönlichen kleinen Horror in aller Symbolträchtigkeit, die ihm innewohnen konnte.

Megan erreichte den Handelssektor, schlenderte gedankenverloren über den Markt ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Hier hatte das Desaster angefangen, hier waren sie mit den Decados zusammengetroffen.

Eine knappe halbe Stunde später, nachdem sie Stände und zweifelhafte Etablissementes passiert hatte - nicht ohne die eine oder andere Erinnerung mit aller Kraft wieder in die entlegenen Winkel ihrer Erinnerungen zurückgedrängt zu haben - erreichte sie einen ruhigeren Teil der Station und es war wie ein Aufatmen für die Seele.

Dann sah sie den Garten. Megan brauchte selten Natur. Ihr Lieblingsort war irgendwo zwischen den Sternen. Dort, wo man immer weit genug weg war. In der Natur konnte man verloren gehen. Im Raum hatte man seine Technik. Neugierig näherte sie sich der Anlage, die die Natur so unerbittlich in ihre Abhängigkeit gedrängt hatte - so, wie sie das mit ihr und all den anderen Menschen hier oben getan hatte, wie es ihr schlagartig bewußt wurde.

Elisabeth Hawkwood:
Und noch einmal drängte sich die kleine Gruppe durch die Menge. Doch in Richtung auf die Kapelle der Eskatoniker zu wurde es leerer und leerer. Nur wenige Pilger hatten sich hierher verirrt. Etwas verloren standen sie herum, sich leise unterhaltend.
Wahrscheinlich wollten sie tatsächlich nicht hierher. Sie wissen gar nicht wie gut sie es haben, wollen sie wirklich gegen die Enge und den Gestank bei der Orthodoxie tauschen? Ach ja, ich vergaß die wunderschönen roten Samtvorhänge und all die netten anderen kleinen Kostbarkeiten, die Vater Valentinian angesammelt hat. Der Allschöpfer möge mir meine ketzerischen Gedanken verzeihen. Er allein weiß was Vater Valentinian sich dabei denkt und wie er es meint. Ich denke nur immer mehr, daß die Eskatoniker mir mehr liegen. Auch wenn man oft nicht genau weiß wie sie etwas meinen, das sie sagen.

Die Luft in der Kapelle war kuehl und leicht staubig. Es war leer, so wie sie gehofft hatte. Leer und ruhig. Fast hätte sie einen Seufzer der Erleichterung ausgestoßen, unterließ es dann jedoch lieber in Anbetracht ihrer jungen und noch unerfahrenen Begleitung.
Sie merkte wie sie ruhiger wurde. Langsam machte sie eine Runde durch die Kapelle, ehe sie sich zum Beten niederließ.

Sie spuerte, daß ihre Beine ein wenig steif wurden, doch noch war ihr nicht danach die stille Kapelle wieder zu verlassen. Ihre Gedanken wanderten zurueck zur gestrigen Trauerfeier. Wenn Bruder Erland gewußt hätte wie gut manche der Phrasen gepaßt hatten. Ob man ihm vertrauen konnte?
Ich muß mit Jemandem ueber all das reden, Jemandem der nicht zu nah am Adel steht. Ich brauche einen Rat! Und ich dachte, ich hätte genug gelernt, um nie wieder Rat von Jemandem zu brauchen, aber dies hier geht ueber das hinaus was ich gelernt habe. Wieviel Menschenleben hätten geschont werden können, wenn wir das eher gefunden hätten.
Vor ihrem inneren Auge erschienen wieder die wenigen Sätze, die sie mit Hilfe gewisser Elemente hatten auslesen und uebersetzen können:

N-ue- Befe-l: -ie –ec-dos w-ll-n uns hi-terg--en, --- So-n d-r –awkwo-d darf -icht ---geliefert wer-en. Töte- a-le v-n ihn-n --- der U-ber-abe bis auf ei--n un- versucht ---ausz-finden was --- vorhatten. Hi—ermä—e- und Komplizen sind heraus—fi-de-. Der Junge ---- erst einmal – Lebe- bleib-n, wir werden spä--r weiter---en. Behandelt --- angeme-se-.

Der Hauptteil des Logbuches hatte gefehlt, Chief Legayo hatte die Vermutung geäußert, daß das Schiff zu dem das Verzeichnis urspruenglich gehört hatte zerstört worden war. Aber sicher war er nicht. Und beim letzten Kampf war es weiter beschädigt worden. Ob man die Reste retten konnte war noch nicht sicher. Und noch immer wußte sie nicht was danach aus ihrem Sohn geworden war. War er im Kampf ums Leben gekommen? War er bei den Barbaren gelandet? Doch bei den Decados? Aber warum? Sie dachte an all die Vermutungen, die Rahmhorst und Legayo aufgestellt hatten, eine wilder als die vorhergehende.

Wo liegt die Wahrheit? Wieviele Barbaren haben wir fuer nichts und wieder nicht getötet? In sinnloser Rache, die sie gar nicht verdient hatten, diesmal nicht.

Als Rahmhorst sie in der letzen Schlacht in einer der kurzen Verschnaufpausen angesehen hatte, wußte sie daß er dasselbe gedacht hatte. Die Barbaren hatten immerhin einen guten Grund fuer ihre Rache... . Und dann hatte ihn die Axt getroffen....und er hatte einfach weitergekämpft, als ob nichts passiert wäre.
Einen der besten meiner Leute verloren fuer nichts als sinnloser Schlachtwahnsinn! Wie gut, daß Vater das nicht mehr erleben muß.

Plötzlich hustete Fjärill hinter ihr. Mit einem Schlag war sie wieder in der Kapelle der Eskatoniker. Etwas verwirrt blickte sie auf. Staub flimmerte in der Luft. Schritte zerrissen die Stille.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln