Autor Thema: Kampagnenstrukturen aufbrechen ohne Entwicklungsverluste einzubüsen  (Gelesen 2201 mal)

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Ein

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Der eine oder andere hier (gerade die älteren Semester) mag das Problem kennen, man hat weniger Zeit für Rollenspiel und man hat höhere Ansprüche ans Rollenspiel. Dies führt oft zu der Konsequenz, dass sehr oft die Systeme oder zumindest die Kampagnen sich abwechseln.

Im Resultat führt es meist dazu, dass die Spieler immer wieder mit neuen Charakteren spielen müssen, womit ihnen das Entwicklungspotential verloren geht. Sie haben fünf Sitzungen Zeit, um ihren Charakter zu steigern, danach beginnt wieder eine neue Kampagne mit neuen Charakteren, die oftmals wieder bei Null beginnen.

Ich bin nun auf der Suche nach Designkonzepten, die eben dieses Problem umgehen und dem Spieler ermöglichen seinen Charakter auch über den Verlauf verschiedener Kampagnen weiterzuentwickeln.

Ad hoc, bin ich dabei vorerst auf die Schauspieler-Lösung gekommen. Die Charaktere in den einzelnen Kampagnen sind keine fiktiven Persönlichkeiten, sondern Rollen einer einzigen fiktiven Persönlichkeit. Dieser Schauspieler entwickelt einen bestimmten Stil, der sich darin auszeichnet, dass er gewisse Grundeigenschaften annimmt, die sich in jeder seiner Rolle wieder findet.

Meine momentane Idee ist es, dass die Attributswerte dem Schauspieler zu gerechnet werden und für weitere Rollen nur modifiziert werden dürfen. Fertigkeiten starten beim nächsten Charakter auf einem bestimmten Teilwert der letzten Fertigkeitswerte. Wer einmal der große Verführer war, behält dieses Image.

Probleme habe ich momentane noch damit, wie man die Rückschreibung auf den Schauspieler handhaben soll, wenn dieser Schauspieler parallel in zwei Kampagnen spielt. Sollte man da wirklich soweit gehen und einen seperaten Schauspielerbogen führen?

Was haltet ihr grundsätzlich von dem Konzept der Fortentwicklungen von Charakteren über Kampagnengrenzen hinweg?
Was haltet ihr von meiner Schauspieler-Lösung und ihrer Umsetzung?

Offline Vale waan Takis

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Der eine oder andere hier (gerade die älteren Semester) mag das Problem kennen, man hat weniger Zeit für Rollenspiel und man hat höhere Ansprüche ans Rollenspiel.
Oh ja...leider leider

Zitat
Dies führt oft zu der Konsequenz, dass sehr oft die Systeme oder zumindest die Kampagnen sich abwechseln.
Stimmt. Das bietet Chancen und Probleme.

Zitat
Im Resultat führt es meist dazu, dass die Spieler immer wieder mit neuen Charakteren spielen müssen, womit ihnen das Entwicklungspotential verloren geht.
Was ich persönlich auch äußerst bedauerlich finde, da für mich die Charakterentwicklung zu einem sehr wichtigen Element des Rollenspiels gehört. Aber schon längere Pausen machen die Identifikation mit dem Char schwer. In unserer momentanen Fading Suns Kampagne spielten wir ja bisher zum Glück einmal im Monat aber selbst diese Pause ist eigentlich fast schon zu groß und es dauert immer wieder bis man sich neu reinfindet.

Zitat
Sie haben fünf Sitzungen Zeit, um ihren Charakter zu steigern, danach beginnt wieder eine neue Kampagne mit neuen Charakteren, die oftmals wieder bei Null beginnen.
Jo.

Zitat
Ich bin nun auf der Suche nach Designkonzepten, die eben dieses Problem umgehen und dem Spieler ermöglichen seinen Charakter auch über den Verlauf verschiedener Kampagnen weiterzuentwickeln.
Diesen Grundansatz finde ich zwar schön, denke aber das es nicht möglich ist.
Warum?
Das Problem ist nicht der Charakter sondern der von dir beschriebene Anspruch bei mangelnder Zeit. Ginge es nur um das weiterführen von Werten könnte man den selben Charakter ja auch einfach in verschiedenen Kampagnen spielen. Was aber wirklich fehlt sind Tiefe, Entwicklung und vor allem anderen Identifikation.

Zitat
Ad hoc, bin ich dabei vorerst auf die Schauspieler-Lösung gekommen. Die Charaktere in den einzelnen Kampagnen sind keine fiktiven Persönlichkeiten, sondern Rollen einer einzigen fiktiven Persönlichkeit. Dieser Schauspieler entwickelt einen bestimmten Stil, der sich darin auszeichnet, dass er gewisse Grundeigenschaften annimmt, die sich in jeder seiner Rolle wieder findet.
Ist für mich persönlich etwas abstrus.
Warum dafür etwas einführen? Jeder Spieler entwickelt eh einen eigenen Stil und wenn ihm das gefällt was er tut werden sich zwangsläufig auch die Charaktere ähneln.

Zitat
Meine momentane Idee ist es, dass die Attributswerte dem Schauspieler zu gerechnet werden und für weitere Rollen nur modifiziert werden dürfen. Fertigkeiten starten beim nächsten Charakter auf einem bestimmten Teilwert der letzten Fertigkeitswerte. Wer einmal der große Verführer war, behält dieses Image.
s.o. Irgendwie überzeugt das nicht.
Erstens ändert das wenig am Grundproblem und obendrein schränkt es den Spieler auch noch zusätzlich ein. Für manche ist eine neue Kampagne ja auch die Chance endlich mal was neues auszuprobieren und eben nicht auf ein Klischee das sich die anderen von ihm gemacht haben festgelegt zu sein.
Dem höheren Anspruch bringt das imho wenig.

Fazit: Es wäre echt schön wenn sich für das Problem eine Lösung finden ließe, aber das Schauspieler-Konzept zeigt das für mich leider leider nicht.
Ich werde mich wohl damit abfinden müssen in Zukunft eher stimmungsvolle One-Shots zu spielen und leider den Traum von tiefgründigem Rollenspiel mit Charakterentwicklung ablegen müssen.
Denn das Problem ist nicht das Spiel , es sind die Spieler. Ohne Zeit kann man keine große Entwicklung erwarten und seien Ansprüche ändern.

Aber ich lasse mich gerne eines besseren belehren  ;)

Auf Ein, zeig`s mir  :d
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Ein

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Gut, mir geht es hier rein um die gamistische Komponente des "Ertrags der Arbeit". Charakterentwicklung lässt sich leider nicht konservieren und schon gar nicht übertragen, soll aber auch nicht Exkurs dieses Threads sein.

Offline critikus

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Das Problem kenne ich.
Wir haben das in unserer Gruppe (Liquid 1880) eigentlich ganz geschickt gelöst: wir haben quasi einen Grundplot, nicht wirklich eine Kampagne, aber ein lockerer Hnadlungsfaden, den jeder SL (aktiv 2, inaktiv 2) auf seine Art weiterspinnen kann. Dabei kann jeder auf vorhergehende NPCs, Handlungsstränge oder Abenteuer zurückgreifen, wenn er will oder sich neue ausdenken. Die Abenteuer sind eher locker vebundene 1- bis 3-Teiler, die mit unterschiedlicher Besetzung gespielt werden. Es funktioniert bisher sehr gut. Die Spieler haben eine Figur, die sie ganz unterschiedlich, je nach Szenario, spielen. Manche haben auch weitere Charaktere. Da wir mit Liquid spielen, liegt der Schwerpunkt darauf, den Charakter individuell zu entwickeln und nicht Punkte zu raffen.
»Einem wahrhaft intelligenten Menschen ist nichts, wohlgemerkt nichts, unmöglich!«
Prof. Dr. Dr. Dr. Augustus S. F. X. van Dusen

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Offline Vale waan Takis

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Gut, mir geht es hier rein um die gamistische Komponente des "Ertrags der Arbeit". Charakterentwicklung lässt sich leider nicht konservieren und schon gar nicht übertragen, soll aber auch nicht Exkurs dieses Threads sein.
Gut dann habe ich das falsch verstanden.

Dann bleibt aber immer noch der etwas schlechte Beigeschmack, dass im Schauspieler-Konzept der Spieler stark eingeschränkt wird.
Der "Ertrag" kann dabei schnell zur Belastung werden.

So ganz hab ich das mit dem Entwicklungspotential wohl auch net gerafft, wenn es sich dabei nicht um Charakterentwicklung handelt.
Vielleicht hast du ein kleines Beispiel? Beispiele helfen mir immer besser ein Problem und einen Lösungsansatz zu begreifen  ;)
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Ein

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@critikus
Jo, innerhalb eines Setting habe ich bisher auch sehr gute Erfahrung damit gemacht, allerdings bin ich niemand, der länger als max. 2 Jahre ein- und dasselbe Setting spielen kann, weil mir irgendwann selbst das Liebste sauer aufstösst. Womit wir (IMO) beim Kern des Problems sind, wenn man etwas stärker den gamistischen Gedanken mit reinnimmt. Man verliert den Lohn seiner Mühe beim Wechseln des Settings.

Anm.: Ich hätte oben wohl besser Setting statt Kampagne schreiben sollen.

@vale
Okay, ich schon ich bin etwas zu abstrakt.

Gut, wir haben zwei Spieler Sven und Rudi. Und es wird im Monster-&-Mazes-Setting gespielt.

Sven verkörpert Henry Howard, ein Weichei von Hollywood-Schauspieler, der den Halbelfendieb Tinker spielt, während Rudi den Arnold Obertupfen, Ex-Bodybuilder, verkörpert, der in dieser Kampagne den Barbaren Mayhem spielt.

Der Kampagne geht so dahin, es werden zwei-, dreihundert Monster erschlagen, aber irgendwann hat, die Runde keine Lust mehr auf staubige Dungeons. Der SL schlägt vor das Heavy-Metal-Setting Bikes & Babes zu spielen. Sven und Rudi sind Feuer und Flamme.

Rudi will seinen "Charakter" mit in die neue Kampagne nehmen. Wer, wie Arnold Obertufen, einen Barbaren miemen kann, der wird sich auch nicht mit einem Biker schwer tun. Er übernimmt einen Teil der Werte von Mayhem (das Image des Schauspielers) mit in die neue Kampagne.

Sven aber denkt, dass er einen neuen Schauspieler für diese Kampagne braucht. Er war es eh leid, das Weichei zu spielt. Also bastelt er sich einen neuen Schauspieler für die Kampagne, der etwas tougher daher kommt.

So gesehen haben wir hier also eine Multilayer-Struktur.

Spieler -> Pool von Schauspielern
Schauspieler -> Pool von gespielten Rollen

Schauspieler, so zumindest meine Idee, nehmen ein gewisses Image an, denn die Mitspieler wissen ja, ah den Arnold Obertupfen, den spielt der Rudi nur, wenn er dumme Machosprüche platzieren will, wie zB in Monster&Mazes 5: Raid of the Swadonish Harem. Aber naja, wenigstens ist ein Schauspieler, der vernünftige Krieger verkörpert.

Ich gestehe aber gerne ein, das es sicherlich eine etwas obstruse Idee ist, und wahrscheinlich mit der Grund, warum HKAT! nie erfolgreich wurde.

Offline Vale waan Takis

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Okay, jetzt hab ich`s  ;D
Danke.

Naja, für mich wäre das dennoch nix... weil noch mehr verwaltungs Aufwand. Nicht nur das ich mir ungefähr meine Charaktere merken muss, nein jetzt auch noch ein Schauspieler Profil  ::)
Aber die Idee paßt ganz gut in die schöne neue Rollenspielwelt von Inspectres zu Dogs über Polaris, PtA und wasweißich  ;)
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Indras

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Ad hoc, bin ich dabei vorerst auf die Schauspieler-Lösung gekommen. Die Charaktere in den einzelnen Kampagnen sind keine fiktiven Persönlichkeiten, sondern Rollen einer einzigen fiktiven Persönlichkeit. Dieser Schauspieler entwickelt einen bestimmten Stil, der sich darin auszeichnet, dass er gewisse Grundeigenschaften annimmt, die sich in jeder seiner Rolle wieder findet.

Da gabs mal ein System das genau in diese Kerbe geschlagen hat. Hieß glaub ich Dreampark und war von der Idee her an die Filme von West World angelehnt.
Kurz zum Hintergrund Dramparks(TM) ist ein großer Konzern der Urlaubshungrigen das Bietet was sie wollen in riesigen Kuppeln mit weitläufigen Anlagen, wo jeder Besucher sich seinen Urlaub buchen und so zusammen stellen kann wie er möchte.
NSC sind je nach komplezität einfach Roboter oder Schauspieler. Ausserdem kennt jeder Seid StarTrek Holosuiten also muss das ganze garnicht so riesig werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten; die Spieler erleben die gebuchten Abenteuer, oder wie bei West World ein Roboter dreht durch nach dem er zum xten mal getötet wurde und die Spieler müssen sich durch verschiedene Stettings kämpfen bis sie den Robot irgendwie deaktivierne können.

Als Systeme dazu fallen mir mehrere Mögliche ein ohne das man zu viel Hirnschmalz reinhauen muss da ja nicht sicher ist ob die Spieler das überhaupt wollen. Zu erst die Klassiker was Multiuse angeht :) GURPS, TORG, Masterbook.
Ohne viel Anstrengung sollte das ganze auch mit D20 gehn da es da ja sowohl Fantasy als auch Modern gibt; ka wie das gelöst werden kann. Dann natürlich andere Regelwerke die das gleiche schon kennen wie z.B. Midgard (Fantasy, 1880 und Perry Rhodan(als SF)). Natürlich geht das ganze bestimmt sehr gut mit Wushu (auch wenn ich das jetzt nicht kenn). Die Liste der möglichen Systeme ist bestimmt riesig je länger ich hier Sitze desto mehr fallen mir ein  ;D .

Offline Selganor [n/a]

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Erinnert mich irgendwie an das "Amazing Engine"-Konzept das TSR damals hatte...
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Offline Stahlfaust

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Ich finde die Idee gut als Lösung für dein Problem. Natürlich vorausgetzt die SLs machen da mit. Ist wirklich eine sehr interessante Idee, auf diese Weise werden nicht nur die Charaktere des Spielers besser, sondern auch Kampagnen- und Settingübergreifend der "Spieler".
With great power comes greater Invisibility.

Ein

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@Selganor
Sagte mir vorher nichts, aber nachdem ich mich informiert habe, klingt es wirklich recht ähnlich. Zumindest habe ich aber eine Erklärung für den Player Core. ;)