Die ersten beiden (englischen) Bände fand ich hervorragend, den dritten gut. Jetzt lese ich "A Feast For Crows", habe etwa 400 Seiten hinter mir, und bin entsetzt. Wie ein Autor, der so stark angefangen hat, so übel abbauen kann, ist mir ein Rätsel.
[RANT]
Es passiert schlicht und einfach: gar nichts! In Rollenspielbegriffe übersetzt, wäre das eine lange Kampagne bei einem railroadenden Hartwurst-SL, dem außer Landschaftsbeschreibungen aber auch gar nichts einfällt.
Vorsicht: SPOILER! (Auch wenn's nicht viel zu verraten gibt, es passiert ja nichts.)
Wir erleben, Brienne, die planlos über den Kontinent wandert, um Sansa zu finden. Dabei wissen wir von Anfang an, dass Sansa bei Littlefinger in (relativer) Sicherheit ist. Spannend! Trotzdem verbraucht der Autor dafür mehr Seiten, als andere Autoren für einen kompletten Roman. Zahllose, sich oft wiederholdende Rückblenden informieren uns darüber, dass Brienne in ihrer Vergangenheit oft gehänselt und gedemütigt wurde. Das überrascht uns treue Leser jetzt wirklich!
Auch Samwell Tarly ist bisher nur unterwegs, ohne dass etwas passiert. Ein Stum kommt auf, er reihert über Bord. Mit dem Wind, er hat dazugelernt. Spannend! Wieder mit dabei: Rückblenden über die ach so tragische Kindheit, die uns absolut nichts Neues erzählen.
Cersei derweil tut überhaupt nichts, außer mäßig bis schlecht zu regieren und sich grundlos über ihre Mitmenschen aufzuregen. Nur echt mit vielen Rückblenden. Cersei war also früher in Rhaegar verliebt? Das wollten wir schon immer wissen! Schade nur, dass Rhaegar längst tot ist und mit der Handlung gar nichts zu tun hat. Echte Konflikte (außer denen, die sich Cersei einbildet)? Auch hier: Fehlanzeige!
Die Fischköpfe wählen sich einen König. Wer's wird, war ja von vornherein klar. Hier braut sich wieder ein Sturm zusammen, der wahrscheinlich erst im übernächsten Buch (das nächste wird ja dieselbe Zeitspanne abdecken, wie AFFC) losbrechen wird.
Anya bekommt den nächsten Level-Up auf dem Weg zum Super-Assassinen. Sonst passiert: Nichts!
Wenigstens im Süden der Versuch einer Intrige, die aber ein Rohrkrepierer bleibt. Andeutungen auf einen mysteriösen Bruder, der wahrscheinlich irgendwann (genau, im übernächsten Band...) mit einer Sölderarmee auftauchen und beim Game of Thrones mitmischen wird.
Und schließlich Littlefinger, der so souverän intrigiert, dass nicht einmal der leiseste Hauch von Spannung aufkommt.
IMHO hat der Autor die Kontrolle über seine Handlung und Charaktere verloren. Statt Spannung aufzubauen, pumpt der den gequälten Leser mit nutzlosen Informationen voll, die sich dieser schon längst selber zusammengereimt hat. Statt wie bisher in düsterer, harter Stimmung zu schwelgen, glaubt man in diesem Band eher den moralischen Zeigefinger des Autors zu erahnen. Ach, die arme unterdrücke Frau Brienne! Das arme Weichei Samwell! Die armen Deserteure, zu deren Gunsten ein ansonsten bedeutungsloser Priester einen zweiseitigen Monolog halten darf! Was ist Cersei nur für eine schlechte Mutter!
[/RANT]
So. Jetzt lese ich das Buch zu ende, und hoffe auf wenigstens eine kleine Entschädigung für die ersten zwei Drittel.