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Wushu: Handlungsstruktur und Illusionismus

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Fredi der Elch:
Wird ja viel über Wushu geredet in letzter Zeit. Und da wollte ich mal meine Analyse von zwei Eigenschaften von Wushu präsentieren.

Herausforderungen und Handlungsstruktur
Wushu stellt eigentlich nur eins bereit: Regeln für Herausforderungen. Es geht ausschließlich darum, ob der Charakter etwas schafft oder nicht. Für das wie, warum, was, was dann usw. werden keine Regeln bereitgestellt, man muss hier also Freeformen.

Wie fast immer, wenn ein Spiel Regeln zur Verfügung stellt, werden sie im Spiel verwendet. Und so (und ich denke, dass das jeder Wushu-Spieler bestätigen kann), verbringt man beim Wushu-Spielen ein großen Teil der Zeit damit, diese Herausforderungen zu beschreiben. Klassischerweise finden ein paar Kämpfe in verschiedenen Set-Pieces statt, die Zeit dazwischen wird in bester Feng-Shui-Manier kurz gehalten. Die Herausforderungen müssen natürlich keine Kämpfe sein, andere Dinge gehen auch gut. Aber im Kern laufen die Herausforderungen natürlich darauf hinaus, dass der Charakter etwas erreichen will und man sich dann gegenseitig Color-Details erzählt bis die Szene vorbei ist.

Die Handlungsstruktur, die Wushu unterstützt, besteht also aus mehreren Herausforderungen, die nacheinander überwunden werden. Ich würde sagen: die Struktur ist herausforderungslastig. Das ist nichts Schlimmes. Ich denke nur, dass Wushu deswegen mit Genres, in denen es klassischerweise auch stark um Herausforderungen geht, besser zurecht kommt. Herausforderungs- und Zielorientierte Genres wie Action oder Ermittlungsarbeit lassen sich deswegen in Wushu leicht umsetzen. Bei Genres, in denen Herausforderungen keine große Rolle spielen, wie z.B. Drama, Komödie, Romanze usw. ist schon mehr Arbeit der Spieler gefordert, um Wushu passend zu machen. Es ist sicher nicht völlig unmöglich, solche Genres mit Wushu zu spielen, aber Wushu kommt mit herausforderungsorientierten Genres sicher besser zurecht als mit anderen.


Illusionismus
Wushu ist Anti-Pool. Nein, nicht das Anti-Pool. Wushu ist der genaue Gegensatz zur Grundidee von The Pool. The Pool ist ein System, das Illusionisten frisst. Wushu hingegen ist ein Paradies für Illusionisten. Klingt komisch, ist aber so. (wenigstens meiner Meinung nach)

Wie vorher erläutert, besteht Wushu zu großem Teil aus Herausforderungen. Auf den Ausgang der Herausforderungen haben die Spieler allerdings quasi keinen Einfluss.

Man nehme den klassischen Mookfight. Der SL kann über den Threat-Level (im durch die Würfel vorgegebene statistischen Rahmen) steuern, ob die SC den Kampf gewinnen werden, oder nicht. Jetzt wird der gewiefte Leser einwenden, dass das bei D&D doch auch so ist. Stimmt. Aber bei D&D können die Spieler durch taktische Entscheidungen ihre Chancen erhöhen, einen Kampf zu gewinnen. Bei Wushu geht das nicht (taktische Verteilung der Ying und Yang Würfel ist kaum möglich). Jeder vernünftige Wushu-Spieler bewegt sich bei jeder Aktion genau am Würfellimit (oder knapp darunter). Somit variiert die Zahl der gewürfelten Würfel fast nicht. Erfolg oder Misserfolg hängen also ausschließlich vom Threat-Level, also eine SL-Entscheidung ab (+ dem Zufallsfaktor, bei dem der SL aber durch extrem schlechte Ying-Yang-Verteilung etwas nachhelfen kann).

Dasselbe gilt für Nemesis-Kämpfe, auch wenn die Komplexität es dem SL eventuell etwas schwerer macht, die richtige Schwierigkeit abzuschätzen. Interessanterweise gilt es nicht für Scrab-Rolls. Bei denen hat der SL keinen Einfluss (der Spieler allerdings auch nicht). Da diese Würfe aber nur in unwichtigen Situationen eingesetzt werden, ändert das wenig an der Gesamteinschätzung.

Ist das jetzt schlimm? Nein, natürlich nicht. Man sollte sich einfach nur im Klaren sein, welche Möglichkeiten man als Spieler bei Wushu hat (und damit aus dem Illusionismus Partizipationismus machen ;) ). Man sollte wissen, dass man keinen Einfluss darauf hat, wann welche Set-Pieces kommen, ob man die gewinnt oder nicht und wie die Geschichte ausgeht. Das alles sollte man dem SL überlassen und nicht enttäuscht sein, dass man das nicht beeinflussen kann. Und wenn man das akzeptiert hat, kann man sich voll auf die Rolle des Spielers bei Wushu konzentrieren: jede Menge schöne Color liefern. Wenn alle Spieler das berücksichtigen, wird Wushu ein voller Erfolg.

Mann ohne Zähne:
Yep, coole Analyse vom Elch.
Wushu macht Illusionismus schön :)

8t88:
Klingt echt klasse, und ergibt auf anhieb auch Sinn! :)

Ausser dass die Spieler den Ausgang nicht steuern können:
Du Spielst beim Nemesis Fight um das erzählrecht.
Bedeutet: Wenn ich als Spieler gewinne, kann ich immer noch sterben (wenn ich das denn will).

Oder habe ich diesen Teil der Aussage falsch verstanden?

Fredi der Elch:

--- Zitat von: 8t88 am 28.06.2006 | 16:44 ---Ausser dass die Spieler den Ausgang nicht steuern können:
Du Spielst beim Nemesis Fight um das erzählrecht.
Bedeutet: Wenn ich als Spieler gewinne, kann ich immer noch sterben (wenn ich das denn will).

--- Ende Zitat ---
Das habe ich jetzt nicht verstanden. Was meinst du damit? Bei Wushu spielt man ja nicht um das Erzählrecht, sondern erst einmal um den Konfliktausgang, so wie bei z.B. D&D auch. Wenn ich den KAmpf gewinnt, haue ich den Gegner um. Wenn ich die Spurensuche gewinne, finde ich die Spur / den Mörder. Wo das immer mit dem Erzählrecht herkommt, ist mir unklar. Es steht auch jeden Fall nichts davon in den Regeln (denke ich).

8t88:
Nein, wenn das Threatrating down ist, oder der Nemesiskampf für mich entschieden ist, dann hab ich das erzählrecht, was nicht bedeutet dass ich gewonnen haben muss.

Du kannst genausogut den Nemesis gehen lassen, ihn Umbringen, oder was auch immer.

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