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[The Shadow of Yesterday] Der Besuch des Governeurs
Purzel:
Gestern hat sich meine Rollenspiel-Testrunde getroffen, und wir haben endlich "The Shadow of Yesterday" ausprobieren können. Ich hatte das Vergnügen Spielleiter zu sein. Da wir wussten, dass sie Charaktererschaffung durchaus etwas länger dauern kann, hatte ich für die zwei Spieler, die kommen sollten, drei SCs vorbereitet. Insgesamt hat sich meine Vorbereitung über 3 Tage verteilt, etwa 6 Stunden.
Setting und Charaktere
Als Setting wählte ich das sumpfige Flussdelta von Zaru, alle SCs waren Sklaven der Ammeniten-Familie Amoux und bildeten gemeinsam die lokale Widerstandszelle.
Der erste SC war Dayescha, ein Diener, der den Key der Rache besass: er hatte einen grossen Hass auf alle Ammeniten, weil er in jungen Jahren von seinen Eltern getrennt wurde. Wie er hörte war sein Vater gestorben, wahrscheinlich musste er sich auf den Reisfeldern zu Tode arbeiten. Bei der Familie Amoux war er als Diener eingestellt worden. Deyescha kannte sich demzufolge mit der feinen, hohen Gesellschaft aus, ausserdem hatte er alle möglichen Arten von Kontakten (Secret of Contacts). Er konnte etwas mit dem Bogen umgehen und er konnte stehlen und einbrechen.
Die andere SC war K'xor. Sie war offiziell bei den adligen Amoux als Arzt für die Sklaven eingestellt, in Wirklichkeit war sie so eine Art Laienpriesterin, die sich um die kulturelle Identität ihres Volkes sorgte (Key of Faith). Sie konnte geheime Treffen organisieren und so dafür sorgen, dass Planungstreffen der Widerstandszelle von den Wachen unentdeckt blieben. Sie konnte Leute durch beharrliches Reden beeinflussen. Ausserdem war es ihr gelungen das "Secret of Zu" zu erlangen -- das ist die Fähigkeit die alte, magische Sprache der Zaru effektiv zu benutzen.
Ungenutzt blieb der dritte Charakter liegen, der Fallensteller und Fährtensucher. Er wurde allerdings später als NSC interessant!
Einführung und Planung
Der Plot begann mit einem Planungstreffen der Widerstandszelle der "Mondleute". Man hatte erfahren, dass der Governeur der Region vorbeikommen sollte, um das Gehöf der Familie Amoux zu inspizieren. Geplant war ausserdem ein Jagdausflug der hohen Herren in den Sumpf. Die Ärztin sollte dabei sein, um eventuell Verletzte versorgen zu können. Der Diener ist auch für den Jagdausflug eingeteilt worden, er sollte die reichen Schnösel bedienen und ausnahmsweise mit einem Bogen gegen Krokodile beschützen.
Nun hatten die SCs ein wenig Zeit vor dem Eintreffen des Regionalen Governeurs. Sie waren sich schnell einig, dass sie den Ammeniten schaden wollten und planten schonmal einen "Unfall" für den Jagdausflug voraus. Wie genau der zustande kommen sollte wussten sie noch nicht, sie fingen erstmal an Informationen einzuholen.
Diener Dayescha schlich sich von seinem Dienst fort um in das Büro seines Herren einzudringen und ein paar Briefe zu lesen, die berichteten, dass der Governeur recht simple Absichten hatte: Inspektion, Inventur, Besprechung der jährlichen Abgaben, geschäftliche Dinge halt. Dayescha wusste von sich aus, dass der Governeur seinen Posten sicherlich nicht artig wie ein Beamter erfüllte, sondern ihn zur persönlichen Bereicherung und Machtverteilung unter den Sklavenhaltern nach seinem Gusto nutzte.
Der Deal mit Sklavenhalter Amoux
K'xor wurde von ihren Leuten angesprochen, die sie baten beim Herrn Amoux anzufragen, ob es möglich sei das traditionelle Sommerfest stattfinden zu lassen, denn der launische Sklavenhalter hatte Jahr für Jahr immer jedes bisschen kulturelle Identität verweigert. Die Ärztin schaffte es eine Wache zu überreden sie zum Herren Amoux vorzulassen.
Es begann eine lange Verhandlung: Amoux wollte den Sklaven eigentlich nur einen einzigen freien Abend gewähren, wofür die Sklaven ihm helfen sollten gut vor dem Governeur dazustehen, vor allem aber, dass sein Gehöf ärmlicher erscheinen sollte, als es wirklich war. Teile der Ernte sollten versteckt werden, die Sklaven sollten krank und erschöpft wirken etc. K'xor wollte dem Governeur entgegen kommen, aber für ihre Leute einen ganzen freien Tag rausschlagen. Das schaffte sie auch (nach einer Runde "Bringing Down the Pain").
K'xor erholte sich von der langen Verhandlung bei ihren Leuten, um ihnen die freudige Nachricht zu überbringen (und ihren ausgelaugten Instinct-Pool aufzufrischen).
Der Betrüger wird betrogen
Dayescha entwickelte die Idee seinen Herren Amoux mit seinen Betrugsversuch vor dem Governeur auflaufen zu lassen. Mit seinem Secret of Contacts verschaffte er sich die Bekanntschaft mit einem Ratling, der im Sumpf lebte. Der Ratling schuldete Dayescha einen Gefallen, da der Mensch ihm einst vor dem Verhungern gerettet hatte. Der Ratling liess sich überreden den Governeur bei seiner Anreise aufzuhalten und Dayescha eine Vorwarnung von gut einem Tag zu geben.
Das Sommerfest der Sklaven fand statt, Dayescha nutzte es um sich wieder pool-mässig aufzuladen und ein Schwert von einer Wache zu stehlen. Ausserdem erfuhren die SCs von einem Elfen, der im Sumpf leben sollte, und Leute wahnsinnig machen würde.
Der Ratling tauchte wieder auf, warnte Dayescha vor der baldigen Ankunft des Governeurs. Der Ratling bekam als Dank einen Sack Reis, ausserdem erklärte er sich bereit das Schwert für Dayescha an einer Stelle im Sumpf zu verstecken, wo der Jagdausflug vorbeikommen sollte. Zudem wusste der Ratling dass der Governeur sich brüstete ein magisches Wort der Zaru gestohlen zu haben, und dass dieser zum Spass Dinge zum Brennen bringen konnte.
Jetzt fing der Diener an, seinen Plan in Gang zu setzen. Mithilfe von K'xor schaffte er es nochmal ins Büro einzudringen und die doppelte Buchführung seines Herren durch Umsortieren der Inventur-Unterlagen zu korrigieren. Die Widerstandszelle einigte sich darauf, dass dem Governeur das magische Wort abgenommen werden musste.
Der Governeur ist da
Am nächsten Tag kam der Governeur tatsächlich auch an. Während die Sklaven artig das vereinbarte Schauspiel für den Governeur abzogen und der Hof wirklich ärmlich wirkte, entdeckte der Governeur in den Unterlagen des Herren Amoux die Unstimmigkeiten über Menge der Ernte und tatsächlich vorhandene Vorräte. Erbost darüber wollte der Governeur seine Wut bei der Jagd abkühlen.
K'xor versuchte eine der Wachen zu bekehren, was nach einer kleinen Rauferei auch gelang. Im Allgemeinen zeigten sich die Ammeniten aber nicht besonders der Kultur der Zaru zugänglich.
Das Jagd-Desaster
Bei der Jagd gelang es den SCs die beiden reichen Schnösel, Herr Amoux und den Governeur, mithilfe eines einheimischen Fährtensuchers zu einer bestimmten Stelle im Sumpf zu bringen, denn sie wollten irgendwie provozieren, dass der Governeur sein magisches Wort einsetzen musste, damit man es stehlen konnte.
K'xor tauschte ihren "Key of Faith" gegen den "Key of the Collector" mit der Begründung, dass der Charakter nach den zähen Bekehrungsversuchen mit dem Ammeniten ziemlich frustriert gewesen sein musste. Stattdessen verlegte sie jetzt ihre Aufgabe im Spiel auf das Sammeln der magischen Worten ihres Volkes. Mit den übrigen freigewordenen XPs nahm sie sich ein besseres Talent im Umgang mit der magischen Sprache, so dass es ihr später besser gelingen sollte das Wort vom Governeur zu stehlen.
Dayescha setze sein "Secret of Contacts" ein, um eine Bekanntschaft mit dem Elfen aus dem Sumpf zu haben. Er wusste aus einer früheren Begegnung, wo der Elf sich meistens aufhielt, und dass dieser Störungen seiner Ruhe überhaupt nicht wünschte.
So traf die Jagd-Gesellschaft bei einem wunderschönen, grünen See auf einen Elfen, der über das Wasser ging und nicht besonders freundlich aussah. Die Ammeniten schossen mit Bögen auf den Elfen, doch dieser hatte sich entstofflicht, so dass die Pfeile einfach durch ihn hindurch flogen.
Darauf versuchte der Governeur den Elfen mit seinem magischen Wort zu attackieren und versuchte die geisterhafte Gestalt zu verbrennen. Darauf hatte K'xor nur gewartet: im mentalen Konflikt konnte sie dem Governeur das Wort aus dem Gedächnis stehlen. Bevor der Governeur begriff, wie ihm geschah setzte der Elf überraschenderweise ebenfalls ein magisches Wort ein: "Wahnsinn". Der Governeur wurde irre und rannte in den Sumpf.
Abschluss
Alles im allen hatten die SCs es geschafft aus dem Treffen mit dem Governeur ein Desaster zu machen, ohne dass man die Schuld auf sie hätte drehen könnten. Der Governeur hatte seinen Verstand verloren, der Herr und Sklavenhalter Amoux verlor viel seines Reichtums und politischen Einflusses. Ein magisches Wort war dem Feind entwunden worden, der Diener hatte es geschafft seine Rache umzusetzen. Insgesamt sind gute 21 XPs an die beiden Spieler gegangen.
Skyrock:
Sehr cooler Spielbericht :)
Es juckt mich sowieso schon länger in den Fingern TSoY mal anzuspielen (v.a. wegen der Skalierbarkeit von Konflikten in große und kleine Schritte), und dieses Transkript schafft es mich wirklich heiß darauf zu machen.
Fredi der Elch:
Wie immer hätte ich gerne mehr zur Interaktion zwischen den Spielern und zur Wirkung der Mechanik. Kannst du da noch etwas zu sagen? Keys, Bonus Dice, Bringing Down the Pain usw.: was war gut, was war schlecht, was war wie?
Purzel:
Natürlich war der Spieleabend noch nicht ideal. Ich habe etwas überlegt was mit aufgefallen ist:
Manöverkritik
Vorsicht: schamlose Benutzung von Forge-Sprech hier und da
Schwierigkeitsgrad
Als Spielleiter hätte ich die Konflikte durchaus schwerer machen können. Auch in der Anleitung steht, dass ich mich nicht zurückhalten soll. Die Spieler hatten weit mehr Reserven übrig als ich dachte. Da die NSCs generell kaum Bonuswürfel erhalten würde ich empfehlen, den Antagonisten in ihren offensichtlichen Kompetenz-Bereichen gute Fähigkeiten zu geben (Adepten-Level, 2 Punkte). Schliesslich halten auch die Spieler nicht zurück und benutzen schamlos ihre besten Fertigkeiten.
Man sollte die Spieler mehr fordern ihre Pools zu benutzen und anregen die Mitspieler um ihre Gunst in der Form von Gift Dice mit tollen Aktionen zu umwerben. Oder aber mal einen unwichtigen Konflikt auch für verloren zu erklären und sich lieber was anderes zu überlegen.
Gift Dice
Wurden noch zu wenig eingesetzt, ich hatte noch zwei übrig. Die Spieler haben auch nicht alles ausgegeben. Hier gibt es sicher noch Platz zum Ausweiten.
Stakes und Konflikte
Ich denke, dass ich vernümpftige Stakes aufgesetzt habe, viele der Konflikte hatten mit den Keys und somit den persönlichen Zielen der SCs zu tun. Doch ich kann besser werden, und sollte mehr die Spieler ermuntern mit mir zusammen diskutierend die Stakes aufzusetzen.
Patt
Worauf ich nicht besonders vorbereitet war, waren die Situationen, in denen es in einem Konflikt ein Patt gibt. Das sollte ich besser hinbekommen.
Zu
Ein grosser Fehler meinerseits war, dass ich die Regeln für die magischen Worte der Sprache "Zu" nicht besonders gut durchgelesen hatte, obwohl ich das Thema ins Spiel eingebaut hatte. Soll nicht wieder vorkommen, Asche auf mein Haupt!
System
Das System macht einen sehr durchdachten Eindruck, wir brauchen nur deutlich mehr Übung damit,
um es flüssiger hinzubekommen. Uns fehlte vor allem eine grundlegende Vertrautheit mit dem Setting, und es wäre nicht schlecht, wenn man als Spieler schonmal ein paar Secrets und vor allem Keys kennt, die man potentiell gegen XPs eintauschen kann.
Anfangs schien uns das System sehr komplex, doch die Rechnerei hielt sich in Grenzen, und wir entdeckten keine widersprüchlichen, fehlerhaften Regeln.
Pool Refreshment
Das Pool Refreshment war etwas zu zäh. Es fiel den Spielern recht schwer sich Szenen auszudenken, die zum Charakter passen. Hätten sie die SCs selbst generiert, hätten sie sich schon mehr Gedanken darüber gemacht, wie die SCs sich üblicherweise von Strapazen erholen. Braucht mehr Color!
Eindruck von der Spielweise
Wir haben mit diesem System keine Form der Immersion (Hineinversetzen in einen Charakter mit "Flow"-Erlebnis) hinbekommen, dazu waren wir zu sehr mit dem Begreifen und Ausprobieren der Mechanik beschäftigt.
Und wahrscheinlich würde ich es weiter immersions-arm spielen, dafür aber Color in die Konflikte einbringen, um diese etwas vorstellbarer auszugestalten. Bisher waren die meisten der Beschreibungen etwas lieblos und unsicher.
Umsetzung der Vorbereitungen
Das Testspiel hat etwa 3 Stunden und 45 Minuten gedauert. Meine vorbereitete Idee eines Governeurbesuchs mit Jagdausflug habe ich als Spielleiter einsetzen und mit den Zielen der SCs verbinden können. Alle 4 wichtigen NSCs sind benutzt worden, vorbereitet hatte ich den Governeur, den Herrn Amoux, die Sklavengemeinde und den Elfen. Auch der dritte, unbenutzte SC hat als NSC seinen Einsatz im Spiel gefunden. Alle meine Vorbereitungen sind also zu 100% genutzt worden.
Plotende
Natürlich hatte ich mir keinen festen Ausgang für den Plot ausgedacht, aber ich hätte erwartet, dass der Governeur vielleicht verletzt, vielleicht sogar getötet werden würde -- auf jeden Fall wollte ich sehen, dass die Spieler dem Governeur und dem Herrn Amoux etwas antun. Als Dayescha eine Waffe stahl habe ich dem Spieler dafür ein Gift Dice gegeben, denn ich rechnete damit, dass dann bald Blut fliessen würde.
Dass der Governeur stattdessen vom Elf mit Wahnsinn geschlagen wurde fand ich überraschend und sehr passend: die SCs sind alle kulturell eher Pazifisten und als Nicht-Kämpfer ausgelegt gewesen.
Dom:
Zur Spielerinteraktion: Da sich unsere Charaktere eher ergänzt haben, als widersprüchlich zu sein, gab es keine Konflikte zwischen Eva (K'Xor) und mir (Dayescha), was ich irgendwie schade fand. Auf der anderen Seite haben wir uns gut ergänzt und zusammen Pläne gegen die fiesen Sklavenhalter geschmiedet -- und die haben auch noch alle funktioniert. >;D
Zu den Charakteren: Ich hatte im Nachhinein so das Gefühl, dass es besser gewesen wäre, Eva hätte sich statt des Priesters den Fallensteller ausgesucht. Die ganze Situation war von Purzel (vielleicht unbewusst) eher auf den Fallensteller ausgelegt. Den Priester jedenfalls hätten wir wahrscheinlich nicht als NSC "gebraucht", im Gegensatz zum Fallensteller.
Dom
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