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300

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Preacher:

--- Zitat von: Ludovico am 11.01.2007 | 08:49 ---Gibt auch Leute, die Tolkiens Werke als "faschistoid" bezeichnen.
--- Ende Zitat ---
Echt? Oh ja, das ist echte Differenzierung ::)

Ludovico:
Klar! Man kann das ganze echt simpel mit dem Dritten Reich verbinden. Die Orks sind die Juden und all die anderen Völker, die die Nazis als "nicht lebenswert" betrachten (kann man schon daran erkennen, daß die Orks schwarz sind) und ihnen gegenüber stehen die weißen Heerscharen.

Man kann es so sehen. Wer es so sehen will, bitte! Ist nicht mein Bier. Ich mag die Geschichte.

Joe Dizzy:
Wie kann man eigentlich so beschränkt sein und "faschistoid" und "Nationalsozialismus" nicht auseinanderhalten können? Seid ihr etwa der Meinung das Deutschland das einzige Land das den Faschismus für sich in Anspruch nehmen kann? Das die Nazis die Ur-Form des Faschismus sind und jeder andere nur müde Nachahmer?

Ersteinmal heisst "faschistoid" Faschismus ähnelnd, nicht gleichbedeutend mit Faschismus.

Zweitens ist Faschismus nicht nur eine Staatsform, sondern auch eine Ideologie: eine Sammlung an Werten und Ansichten die dafür formgebend sind.

Frank Miller hat in einigen seiner Bücher, hier und da bestimmte dieser Werte und Ansichten übernommen und sie auf eine Art und Weise in Szene gesetzt, die man zumindest reflektieren sollte, bevor man sich einfach darin ergeht.

In 300 zumindest sammelt sich sehr viel davon an. Bei Frank Miller ist es aber auch die Tatsache, dass ähnliche Themen immer wieder auf ähnliche Weise in seinen Geschichten auftauchen, die es nahe legen, dass das kein Zufall ist.

Im Einzelnen ist das:
- die Romantisierung des gewaltvollen Todes für "die Sache"; die durch das Zusammenfallen von Katharsis-moment der Erzählung und Tod der 300 Spartaner noch unterstrichen wird
- die Erhebung von körperlicher Stärke zum Erkennungszeichen des moralisch gerechtfertigten Helden
- die Verknüpfung von Gewaltanwendung mit Sympathiemomenten der Hauptfiguren; Gewalt macht die Figuren interessant und sympatisch

Jeder einzelne Punkt allein macht kein Werk "faschistoid", es ist die Ansammlung der Punkte und deren Stellenwert in der Erzählung. Es steht jedem frei, wie stark das in seiner Bewertung des Buchs oder des Films einfließt. Mich hat es sehr gestört, andere mögen darüber hinwegschauen können. Aber diese Dinge stecken da nachweislich drin und das mal anzusprechen hat nichts mit PC zu tun.

Preacher:
So, es geht ja auch (fast) ohne Beschimpfungen, also dann doch noch eine Antwort.
Zu deinen Ausführungen über Faschismus, die Abgrenzung zwischen "faschistoid" und "Nationalsozialismus" und der Faschismus als Ideologie hab ich nichts hinzuzufügen - das stimmt einfach. Ich behaupte aber auch mal frechweg, daß das jedem hier klar ist.


--- Zitat von: Georgios am 11.01.2007 | 10:46 ---- die Romantisierung des gewaltvollen Todes für "die Sache"; die durch das Zusammenfallen von Katharsis-moment der Erzählung und Tod der 300 Spartaner noch unterstrichen wird
--- Ende Zitat ---
Gut, lass ich gelten.
Wobei mir der Comic auch nicht das Gefühl gibt, daß das was erstrebenswertes ist - im Gegenteil: Diese Opferungsgeschichte ist was ziemlich dämliches. Gut, das gefühl gab mir auch Black Hawk Down und da sind andere auch der Ansicht, das sinnlose Opfer der Soldaten, die die Leichen verteidigen würde als etwas erstrebenswertes dargestellt.
Aber ich muss bei solchen Szenen immer an ein Zitat von Patton (der allerdings auch eine "seltsame" politische Einstellung hatte): „Es ist nicht das Ziel des Krieges, für dein Land zu sterben, sondern den anderen Bastard für seines sterben zu lassen.“


--- Zitat von: Georgios am 11.01.2007 | 10:46 ---- die Erhebung von körperlicher Stärke zum Erkennungszeichen des moralisch gerechtfertigten Helden
--- Ende Zitat ---
Erster Knackpunkt.
Wenn Du das als "Schwachsinn" titulierte Interview bzw. mein Zitat daraus gelesen hättest, dann wüsstest Du, daß die Spartaner eben NICHT die moralisch gerechtfertigten Helden sind. Nicht ohne weiteres. Miller sagt explizit, daß es in "300" vor allem um die Barbarei der Spartaner geht, daß er sie zwar im Sinne der Dramatik gut aussehen lassen will, daß sie aber letztlich eine Horde Arschlöcher sind, die (zum Beispiel) den Gesandten und sein Gefolge abschlachten.

Moralisch gerechtfertigt ist da nicht viel. Und Dialoge wie "Das ist Wahnsinn" - "Wahnsinn? Das ist SPARTA" (gefolgt von der Ermordung des Gesandten) sind imho auch nicht dazu angetan, die "Helden" moralisch zu rechtfertigen. Meine Assoziation: "Spartaner sind Irre. Und anscheinend noch stolz drauf. Deppen."


--- Zitat von: Georgios am 11.01.2007 | 10:46 ---- die Verknüpfung von Gewaltanwendung mit Sympathiemomenten der Hauptfiguren; Gewalt macht die Figuren interessant und sympatisch
--- Ende Zitat ---
Auch hier sehe ich echt nicht, wie Du darauf kommst. Die Gewalt macht die Figuren für mich nicht sympathisch. In keinem seiner Comics. Ich hab bei seinen Protagonisten eigentlich immer das Gefühl "was für kranke Wichser". Allen voran bei Marv.
Um ehrlich zu sein finde ich nicht, daß Miller besonders viel Sympathie für seine Protagonisten aufbringt oder im Leser zu wecken versucht, weder in Sin City noch in Year One noch in The Dark Knight Returns. Überall sind die Hauptfiguren Getriebene, die sich weder in ihrer Haut noch in ihrer Rolle besonders wohl fühlen und deren Moralkodex als mehr als fragwürdig dargestellt wird.


--- Zitat von: Georgios am 11.01.2007 | 10:46 ---Aber diese Dinge stecken da nachweislich drin und das mal anzusprechen hat nichts mit PC zu tun.
--- Ende Zitat ---
Ich persönlich find die Interpretation ein "wenig" übersensibel. Aber jetzt kann ich deine Vorwürfe wenigstens nachvollziehen.

Ludovico:

--- Zitat von: Georgios am 11.01.2007 | 10:46 ---Wie kann man eigentlich so beschränkt sein und "faschistoid" und "Nationalsozialismus" nicht auseinanderhalten können?
--- Ende Zitat ---

Das geht ganz einfach. Siehst Du ja. Außerdem hast Du selber immer wieder in Verbindung mit Frank Miller braun als Färbung genannt, was ganz eindeutig auf die Nazis schließen läßt.


--- Zitat --- Seid ihr etwa der Meinung das Deutschland das einzige Land das den Faschismus für sich in Anspruch nehmen kann? Das die Nazis die Ur-Form des Faschismus sind und jeder andere nur müde Nachahmer?
--- Ende Zitat ---

Ich glaube, zuerst kamen die Italiener. Die haben den Begriff geprägt.


--- Zitat ---Frank Miller hat in einigen seiner Bücher, hier und da bestimmte dieser Werte und Ansichten übernommen und sie auf eine Art und Weise in Szene gesetzt, die man zumindest reflektieren sollte, bevor man sich einfach darin ergeht.

In 300 zumindest sammelt sich sehr viel davon an. Bei Frank Miller ist es aber auch die Tatsache, dass ähnliche Themen immer wieder auf ähnliche Weise in seinen Geschichten auftauchen, die es nahe legen, dass das kein Zufall ist.

Im Einzelnen ist das:
- die Romantisierung des gewaltvollen Todes für "die Sache"; die durch das Zusammenfallen von Katharsis-moment der Erzählung und Tod der 300 Spartaner noch unterstrichen wird
- die Erhebung von körperlicher Stärke zum Erkennungszeichen des moralisch gerechtfertigten Helden
- die Verknüpfung von Gewaltanwendung mit Sympathiemomenten der Hauptfiguren; Gewalt macht die Figuren interessant und sympatisch

--- Ende Zitat ---

Also hat Frank Miller diverse Punkte, die man als faschistoid bezeichnen könnte in 300 vereint, wobei sämtliche Punkte in diversen historischen Werken vorkommen wie der griechischen und auch nordischen Sagenwelt.
Okay, sind Herkules, Beowulf und co. faschistoid.
Und die diversen Actionfilme, die Hollywood produziert, gehören ebenfalls dazu. Wie hieß nochmal dieser Schwarzenegger-Film, wo er gegen den wiedergeborenen Teufel antritt? Eindeutig faschistoid!

Na ja, man kann so ziemlich alles irgendwo hineininterpretieren. Man kann aus Tolkien anhand des Herren der Ringe einen Nazi machen, Arnold Schwarzenegger zum Fascho-Helden und auch Ernie und Bert als Werbung für homosexuelle Beziehungen.
Wer Spaß daran hat... Ich schau mir den Kram lieber einfach an und genieß ihn, ohne mir zwanghaft bittere Hintergedanken basteln zu müssen.

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