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Ist D&D kein Rollenspiel?
KhornedBeef:
--- Zitat von: Sashael am 15.02.2021 | 12:41 ---Also ich kann sehr prima Rollenspiel spielen, wenn mir das System die Möglichkeit gibt, in meiner selbstgewählten Rolle zu glänzen.
Da muss ich keine aufgeschriebenen und eindeutig festgelegten Hintergrundinformationen (z.B. Aspekte in Fate) zu meinem Charakter nutzen, da reichen mir die Zahlen auf dem Blatt.
Da das weiter oben mal angesprochen wurde:
Ein Brettspiel wie Risiko gibt mir diese Möglichkeit nicht.
--- Ende Zitat ---
Jetzt frage ich: Wenn Risiko die Regel beinhaltete, dass SpielerInnen nur miteinander verhandeln dürfen, wenn sie dabei eine Telefonhörer-Requisite in die Hand nehmen und mit britischem, russischem oder preußischem Akzent reden, wäre es dann ein Rollenspiel?
~;D
Sashael:
Guter Punkt.
Aber für mich nein, immer noch nicht.
Das Spiel an sich reglementiert nur den Strategiepart und es geht auch nur um die Strategie.
Man kann nebendran noch ein Rollenspiel spielen, aber Risiko ist kein Rollenspiel.
D&D hat dagegen selbst in der reduziertesten Variante soziale Attribute und Zauber für Sozialsituationen, die mit Figurenschubserei nicht oder nur extrem abstrakt abgehandelt werden können.
tartex:
--- Zitat von: Althalus am 15.02.2021 | 12:33 ---Dann hast du bis 2015 offenbar nie irgendwas mit Intrigen, Verrat, oder größeren Schlachten gespielt (oder den Spielern war's egal). Gerade das "Lügen erkennen" gehört für mich zu den frühesten Anwendungen eines Social Skills. In jedem System seit MERS wurden NSCs angezweifelt. ;D
Und dass ein Spieler nicht unbedingt Ahnung von Schlachtfeldtaktiken hat, der Char aber schon, ist auch nicht besonders abwegig.
--- Ende Zitat ---
Wir haben sehr viel mit Intrigen und Verrat gespielt, aber das wurde nie auf einen Skill-Wurf ausgelagert, sondern die Spieler haben selbst abgeschätzt, ob was glaubwürdig ist oder nicht. (Wir haben übrigens auch mehrere Jahre Rolemaster gespielt.)
Warum der Spielleiter unbedingt mehr Ahnung als die Spieler von "Schlachtfeldtaktiken" haben soll, ist mir auch nicht klar. Ansonsten kann er wohl nicht wirklich helfen. Da hat es einfach einen abstrakten Bonus gegeben und kein "Du ziehst jetzt deinen Charakter am besten dort hin!"
Persuasion- und Charisma-Proben haben wir übrigens von Anfang an genutzt.
Maarzan:
--- Zitat von: KhornedBeef am 15.02.2021 | 12:43 ---Jetzt frage ich: Wenn Risiko die Regel beinhaltete, dass SpielerInnen nur miteinander verhandeln dürfen, wenn sie dabei eine Telefonhörer-Requisite in die Hand nehmen und mit britischem, russischem oder preußischem Akzent reden, wäre es dann ein Rollenspiel?
~;D
--- Ende Zitat ---
Nein,das ist reine Fassade ohne Durchgriff auf die "Spielwelt" sprich den Spielablauf.
Zusätzlich ist es ein Detail alleine auf der Spielerebene und nicht der Figurenebene, also eigentlich gar kein Indiz für Rollenspiel.
Dazu macht auf so einer fließenden Skala kein einzelnes und insbesondere so geringfügiges Detail das Ganze dann zu einem Rollenspiel.
"Lügen erkennen" ist ein nennenswerter Beitrag zum Rollenspiel, weil es den Mangel an Sinneseindrücken und meist auch Darstellungs- wie Erkennungsdefizite der beteiligten Spieler kompensiert und die Fähigkeiten der Figur wieder in den Fokus stellt.
D. M_Athair:
... kodifizierte Handlungen, die als crunchy bits daher kommen, können - nach meiner Erfahrung - sehr effektiv Rollenspiel behindern.
Gerade in Spielen wie Pathfinder, Shadowrun oder bei Genesys kommt man schnell in die Situation, dass eine Spielerin eine Aktion beschreibt und man als Spielleitung dann nur sagen kann: "Nach den Regeln bräuchtest Du dafür das Feat X oder die Spezialfähigkeit Y ..."
Das ist nicht, was ich mir unter rollenspielfördnernden Regeln vorstelle.
Dasselbe Phänomen kann man auch mit langen Fertigkeitenlisten haben.
... am Ende ist es mMn ganz erheblich Geschmackssache.
Die Frage ist: Helfen viele und ausdifferenzierte Regeln und beflügeln sie die Phantasie der Spielenden oder ist es eher so, dass sie die Phantasie der Spielenden mit Regeln und Mechaniken belasten.
Dieselbe Frage gilt auch für den Kampf. Man kann auch mit einem so abstrakten und simplen System wie "Prince Valiant Storytelling" taktische Kämpfe haben. Die funktionieren aber völlig anders aus als z.B. in D&D 4 oder Splittermond und referenzieren ganz andere Einflussfaktoren.
... am Ende ist die Frage "Ist D&D kein Rollenspiel?" nicht anders als ne Variante von "Kann ich einem Rollenspiel, das ich nicht mag oder nicht verstehe durch Rationalisierung meiner Bias das Rollenspiel-Sein absprechen?"
--- Zitat von: nobody@home am 15.02.2021 | 11:08 ---Ein kleiner persönlicher Lackmustest in Sachen "Rollenspielunterstützung" sieht für mich nebenbei wie folgt aus: gesetzt den Fall, ich kriege einen ausgefüllten, aber unkommentierten Charakterbogen in die Hand gedrückt und soll damit losspielen -- wie gut vermittelt mir der, wer diese Wertesammlung eigentlich sein soll (und wieviel Arbeit ist ggf. damit verbunden, das herauszuklamüsern)?
--- Ende Zitat ---
Von der Sicht der Dinge bin ich mittlerweile ganz abgekommen.
Spielwerte müssen nicht deskriptorisch sein. Tatsächlich war der Versuch von DSA 4 einen Charakter sehr deutlich über Spielwerte und Fertigkeiten wie "Töpfern" abzubilden etwas, was das Spiel unglaublich sonderregellastig und zäh gemacht hat.
Oder: 3.X/Pathfinder, Shadowrun und DSA 4 sind für mich DIE klassischen Beispiele, die zeigen, dass die Vernüpfung von Barbie-Spiel und Regeln letztlich dem Spiel eher nicht helfen.
Andererseits gibt es auch Regelwerke wie Heroquest (Moon Design), bei denen freie verbale Beschreibung als Regeln funktionieren.
Da hat man die Unterscheidung zwischen Spielregel und Beschreibung nicht so direkt.
Und es gibt Old School und Indie Kram, bei dem der Charakterbogen manchmal kaum was über die Persönlichkeit eines SC sagt, sondern nur das regelseitig Relevante draufpackt.
Das sind alles grundsätzlich valide Möglichkeiten. Was hinhaut und was nicht, hängt wesentlich von Spielpräferenzen, Spielstilen und RSP-Sozialisation ab.
... worauf man noch schauen könnte ist die Spielkultur.
Da gibt es in D&D-Gefilden auch (aber nicht nur) Traditionen, die Hack-&-Slay oder strikt Combat as War oder Combat as Sport spielen.
Für manche beißt sich das mit "Rollenspiel". Für andere nicht ...
Regelseitig ... kann man nur festhalten, dass Charakterspiel von D&D nicht besonders gefördert wird und dass andere Facetten des Rollenspiels mehr im Fokus stehen. Das kann man aber für Spiele wie Fate (die Storycrafting fördern) oder Spiele wie Genesys oder 2d20 (Fokus auf coole Charakterhandlungen legen) auch feststellen. Auch hier hängt wieder alles an der persönlichen Definition von "Rollenspiel" bzw. den eigenen Ansichten, was für Rollenspiel wesentlich ist ...
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