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[Hirnsturm]Was ist das richtige System für V:tM?
Dechse:
Ich habe da - glücklicherweise - ganz andere Erfahrungen mit Vampire gemacht.
Nicht beim ersten Mal: der Spielleiter steckt einfach einen Gangrel, eine Setitin, eine Toreador und eine Tzimisce in eine klassische Abenteurergruppe und präsentierte und einen Oberbösewicht. Geht mal und macht den kaputt. Mhm.
Seit einigen Jahren leitet mein Freund für mich, und mit bisher jedem Charakter war das Spiel für mich eine Höllenfahrt des persönlichen Konfliktes.
Ich weiß nicht, ob das damit zusammenhängt, dass das was ich in einem Rollenspiel an unangenehmen Situationen "ertragen" kann (ich als Spieler) recht weitgefächert ist, soll heißen, ich weiß nicht ob diese Vorgehensweise für jeden anderen Spieler das richtige ist.
Aber ich dachte mir, ich gebe es einfach mal zum besten - vielleicht kannst du die ein oder andere Anregung mitnehmen.
Beispiel 1: Mary-Lou Burke. Amerika, College. Normales Elternhaus. Kurz gefasst: Der Sabbat schnappt sie sich.
Der innere Konflikt entstand in dieser Runde hauptsächlich durch den beständigen Druck eines NPCs. Sie war die Neue, er hat sie sich gegriffe und sie gedemütigt, verletzt und benutzt wo er nur konnte. Soll nicht heißen, dass das alles ausgespielt wurde, aber eben gewisse Schlüsselszenen.
Und da fängt es schon an: Wenn dir jemand sagt, du sollst dich selbst als Hündchen bezeichnen, vielleicht ein wenig hecheln - anderes Beispiel, auch recht wirkungsvoll: die selbst den Daumen in den Mund stecken und dann reden - dann hast du da im Normalfall nicht wirklich Lust zu.
Du blamierst dich. Wird das (in diesem Beispiel) Hecheln und dabei reden oder Daumen in den Mund und dabei reden vom Spieler ausgespielt, haut es erst richtig rein. (Ist was ganz Anderes als "Jo, mein Charakter macht halt was der NPC da will.")
Moment mal, ich bin ein cooler, gefährlicher Vampir. Der da auch. Und alle, die zusehen. Ich werd nie wieder einen Fuß auf den Boden kriegen, wenn ich jetzt..
Ja. Aber wenn du es nicht tust, dann haut er dich zu Klump. So einfach ist das.
Beispiel 2: Viktoria Malkovich. Amerika, Cop. Nicht korrupt, im ständigen Kampf gegen die Gesetzlosen.
Wurde erschossen, Vampir war zur Stelle und hat sie verwandelt.
Die Clansälteste der Toreador wurde auf sie aufmerksam und wollte sie haben. Einfach so. Und sie hat sie bekommen.
Da stehst du dann als junger Vampir: wenn du klug bist, dann erkennst du sehr schnell, dass du diesem alten, mächtigen Clansältesten da drüben gefallen musst. Denn dein Leben ist nichts wert. Es sei denn, jemand der das entscheiden kann, misst dir Wert bei. (Sonst landest du im besten Fall auf der Straße, im Schlimmsten friert sie dich ein paar Jahre ein, und schaut dann mal, ob du jetzt gerne mitspielen willst..)
Sie will, dass du heiße Fummel trägst und dass du lernst sie anzubeten. Tu's besser.
Und sie will, dass du gut bist. Wenn du nicht gut bist, dann wirst du schnell langweilig. Macht ist sexy. Dabei wirst du Dinge tun müssen, die sich nicht mit dem Gesetz vereinbaren lassen. Vielleicht sogar foltern. Oh, sie mag es, wenn man ihr ab und zu ein Mädchen von der Straße entführt, dafür sorgt, dass es nicht mehr über sein Schicksal zetert sondern tut was sie will, und ihr dann schenkt? Um so besser, jetzt weißt du, wie du bei ihr landen kannst.
Dass du früher lieber Jeans und Pulli getragen hast, dein Job dir wichtig war, und was deine Bekannten über dich denken (die werden merken, dass du dich verändert hast, sicher finden viele deine Klamotten peinlich), das ist jetzt zweitrangig.
Oder entscheidest du dich dein altes Leben weiterzuleben, bockig zu sein? Nur zu tun, was nötig ist?
Tja, wenn du damit leben kannst, dass der Rest ihrer Fräuleins auf dir rumhackt? Klar, das tun sie auch so (Intrigen vom Feinsten, nachvollziehbar und der Realität nicht so fern wie die Jahrtausendealter). Aber solange du "ihr" besser gefällst hast du einen Bonus. Und wenn du's nicht tust, dann schickt sie dich denen vielleicht frei Haus.
Beliebt hier: Den Jungspunden die Vampirzähne ziehen. Die regnerieren sich nur sehr langsam (Jahrzehnte?). Wenn überhaupt.
Wichtig finde ich besonders folgende Punkte:
1 - Wir haben immer eine Weile den betreffenden Charakter als Mensch gespielt. Ihn kennengelernt. Seine Wünsche und Ängste gefunden und betrachtet.
2 - Immer wurde der kleine, frischgebackene Vampir mit jemanden konfrontiert der aus irgendwelchen Gründen stärker war. Körperlich oder einfach sozial. Jemand, der einem nicht nur echte Schwierigkeiten machen kann, sondern der dein Leben in den Händen hält.
3 - Platz ist begrenzt. Jeder andere Vampir ist für dich eine Bedrohung. Er kann dir Essen wegnehmen. Er kann dir deine Privilegien wegnehmen, weil der Alte, der sie dir gewährt hat ihn plötzlich lieber mag als dich. Jeder andere Vampir, den du kalt stellst (und Vernichtung ist nun mal verboten) der nutzt dir.
-> Es geht nämlich nicht darum, wie dein Charakter sich damit zurechtfinden kann, ein Vampir zu sein. Ich glaub, das würden die meisten hinkriegen. (Wenn sie so könnten, wie sie wollten.)
Es geht darum, was die anderen Vampire, die mächtigen zumindest, von dir erwarten, wie du dich zu verhalten hast. Wie man sich als Vampir zu verhalten hat.
Und du hast denen nichts entgegen zu setzen. Du verlierst nicht nur unter Umständen deine Menschlichkeit, sondern auch jede Nacht ein wenig deine Identität, wenn du mitspielst. Und wenn nicht, dann vielleicht dein Leben, oder den letzten kleinen Rest der es lebenswert, nicht ganz unerträglich oder verabscheuungswürdig macht.
Netter Nebeneffekt: Plötzlich macht es Sinn, selbst Macht haben zu *müssen*. Auch wenn man diese Säcke ganz oben eigentlich verachtet. Es zahlt sich aus.
Ich hoffe, das war jetzt nicht zu ausschweifend.
Ich glaube es hängt weniger von den Regeln ab. Sondern eher vom Szenario - Konzept - den NPCs.
Kleine Anmerkung noch: In Gruppen würde ich gewisse Dinge auch nicht ausspielen, oder wenn es nicht mein Freund wäre, der da leitet. Aber ift ist es auch schon wirkungsvoll, wenn der Spieler die Hände hinter dem Rücken halten muss, weil der Charakter gefesselt ist. Oder wenn der alte Vampir den SC anschnauzt er soll Haltung bewahren, weil der Spieler auf dem Sofa lümmelt.
Oder wenn du ab und zu nickst, weil du signalisieren willst, dass du zuhörst, und der SC bekommt die Ohrfeige seines Lebens (und vielleicht das Gelächter anderer im Raum), weil der Alte der Meinung ist mit deinem Nicken zwingst du ihn dich ständig anzusehen - das heißt Ja, sir - und wehe du sagst es nicht oft genug.
Ich denke du weißt was ich meine.
Funktionalist:
@Dechse
Danke für den ausführlichen Erfahrungsbericht!
Ich habe schonmal von einem Pärchen gehört, die V:tM als vieraugenspiel spielten und begeistert waren. Die GEschichten die sie erzählten klangen auch ähnlich deinen.
Ein gemeinsames Element ist die Ohnmacht.
Allerdings nicht nur die Ohnmacht des SCs, sondern die des SPielers.
DIeser Aspekt hat mich dann vom klassischen V:TM abgeschreckt und dafür gesorgt, dass ich immer CHars spielen wollte, die etwas außerhalb standen und denen es dann um Veränderung ging....leider wurde das nie unterstützt, bzw. sah das Spiel so aus, dass jede Handlung eine Schadensbegrenzung war, oder man einer Schiene zur Macht folgte.
--- Zitat ---Wichtig finde ich besonders folgende Punkte:
1 - Wir haben immer eine Weile den betreffenden Charakter als Mensch gespielt. Ihn kennengelernt. Seine Wünsche und Ängste gefunden und betrachtet.
2 - Immer wurde der kleine, frischgebackene Vampir mit jemanden konfrontiert der aus irgendwelchen Gründen stärker war. Körperlich oder einfach sozial. Jemand, der einem nicht nur echte Schwierigkeiten machen kann, sondern der dein Leben in den Händen hält.
3 - Platz ist begrenzt. Jeder andere Vampir ist für dich eine Bedrohung. Er kann dir Essen wegnehmen. Er kann dir deine Privilegien wegnehmen, weil der Alte, der sie dir gewährt hat ihn plötzlich lieber mag als dich. Jeder andere Vampir, den du kalt stellst (und Vernichtung ist nun mal verboten) der nutzt dir.
--- Ende Zitat ---
zu 1.
Das bietet sich durchaus an. Man freundet sich ersteinmal mit dem Char an, um zu wissen, was man spielen möchte, bevor das repressive Spiel beginnt.
haben wir auch ein paar mal so gemacht.
zu2.
das war meistens der Sire...meistens eine Vertrauensperson, Mentor und Beschützer des jungen Vampirs.
Immerhin wurde er mit Erlaubnis des Prinzen gezeugt und vorher ausgewählt. Sobald man natürlich unrechtmäßig ist, dann gibt es eh nur noch SC gegen Scourges und sherrif...
Ich bin, was diese Ohnmachtsfantasien angeht, nicht so begeistert, von dem SPielstil. Wahrs. weil ich ein, zwei mal Machtfantasien auf SL-Seite gesehen habe und ich nicht einsah, warum nur einer seinen Fetisch erfüllen sollte...
Mit dem Partner herrscht da natürlich eine ganz andere Vertrauensbasis für alle möglichen Arten von Spielen. ;)
(da meine Freundin allerdings kein P&P spielt....sitze ich also ein wenig auf dem Trockenen ;D )
--- Zitat ----> Es geht nämlich nicht darum, wie dein Charakter sich damit zurechtfinden kann, ein Vampir zu sein. Ich glaub, das würden die meisten hinkriegen. (Wenn sie so könnten, wie sie wollten.)
Es geht darum, was die anderen Vampire, die mächtigen zumindest, von dir erwarten, wie du dich zu verhalten hast.
--- Ende Zitat ---
Sehe ich anders:
Die Erwartungen der anderen Vampire sind zweitrangig.
Es geht nur um den persönlichen "horrotrip", dem Reifen des Chars bis er einen Weg gefunden hat, ewig stabil zu bleiben und einen SInn zu finden.
Was Du beschreibst, ist ein Spiel, das dem Spieler kaum kontrolle zugesteht und dem SL alle Arbeit aufhalst. Dabei kann der gewünschte Effekt herumkommen, ist aber sehr zerbrechlich.
Ich suche im Moment nach einer Möglichkeit, dass mehrere Spieler gleichzeitig Geschichten um einen Char im Umbruch erleben können.
Wenn jetzt der Sl für jeden einzelnen auch noch das Innenleben füttern muss, dann wird das ohne große Flaggen echt schwer.
sers,
Alex
P.S:
Schön, dass du ein paar schöne Runden erlebt hast!
Alice Crocodile Coltrane:
Puh, ich schätze, das wäre nichts für mich.
Das klingt in meinen Ohren nach geistigem Sado-Maso-Abgewanker.
Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.
Funktionalist:
OK, aber in dem Thread gibt es mindestens vier versch. Spielrichtungen:
Westerncity:
Kofliktorientiertes "Spieler gegen Spieler" ohne SL
Vampire stripped:
fokussiertes Vampire, bei dem aller ablenkender Firlefanz gestzrichen wird
mein Vorschlag:
Das miterleben eines Pfadwechsels, das vom System unterstützt wird.
Dechses intensive und intime Variante by the book.
Um diese einzelnen Varianten umzusetzen gab es hier auch mindestens drei versch. Systemvorschläge.
Traume et al.:
Teylen:
--- Zitat von: Destruktive_Kritik am 28.06.2008 | 02:56 ---Da hat man ja auch einen Sündenkatalog, den man mit einem Gewissenwurf nach dem Vorfall, verpacken kann. Allerdings gibt es dann keine Härte...
--- Ende Zitat ---
Das stimmt nicht ganz.
Wenn man den Gewissenswurf nicht schafft geht es auf der Menschlichkeitsskala eine Stufe abwärts. Wobei ich nun von einem Fehlschlag ausgehe und einem Patzer, also Geistesstörung mal außen vor.
Im System heißt es dann:
* Das der Würfelpool für soziale Aktionen nicht größer sein kann als die Anzahl der Punkte in MK
* Das der Charakter nicht mehr Würfel für Würfe auf Tugend, Gewissen und Mut haben darf als der Wert in MK
* Das der Charakter in Stufen anfängt wie ein Monster auszusehen
Das man einen Wechsel auf den Pfad schafft ist nach dem GRW von den Würfeln her eher unwahrscheinlich und man hat danach einen Pfadwert von 1-2 mit entsprechenden Einschränkungen auf Tugendwürfe.
Man kann den Pfad Wechsel, also auf eine andere Ethik, auch eigentlich nicht machen ohne das der Charakter mordet. Dazu fehlen regelmechanismen mit denen man die geänderten Tugenden überhaupt wie gefordert drücken kann.
Ansonsten, was ich bei Vampire gut finde ist:
Das System mit Attributen + Fähigkeiten.
Die Würfelmechanik mit der Pool Bildung, variabler Schwierigkeit und Patzer Mechanismus.
(Wobei letzterer Probleme bekommt wenn man nur 2 Punkte in einer Tugend hat)
Das dort ein soziales Kampfsystem angedacht ist.
Weniger gut:
Eher schlecht gehändelte Abbildung der Menschlichkeit / Menschlichkeitsveränderung.
[Man kann imho eher keinen z.B. Mafiosi in der Grauzone vernünftig spielen]
Das physische Kampfsystem.
Das Design der Diziplinen in Bezug zueinander sowie in Bezug auf den sozialen Kampf.
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