Autor Thema: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?  (Gelesen 28789 mal)

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Offline 1of3

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #100 am: 21.07.2008 | 17:52 »
Könntest Du das näher ausführen? Ich erkenne im Moment leider nicht, worauf Du abzielst. Bislang wurde noch keine Unterscheidung zwischen SC's und Charakteren getroffen.

Naja, du hast getan und dann mit den SCs weiter gearbeitet. Zur Erinnerung:

Zitat
Der Charakter ist das Alter Ego des Spielers in der Spielwelt. Von den Nicht-Spieler-Charakteren unterscheidet er sich in erster Linie durch die Anteilnahme des führenden Spielers an seinem Schicksal. Der Charakter ist nicht lediglich Werkzeug der Erzählungsgestaltung, sondern besitzt für den dazugehörigen Spieler einen über die gemeinsame Erzählung hinausgehenden Wert.

Was du da konstruierst, ist dabei eben irgendwie ganz merkwürdig, nicht sehr stringent. Einigen wir uns am besten darauf, dass alle wissen, was fiktiv ist.


Jetzt komm ich allerdings nicht mehr mit:

Zitat
Zentral war für mich, dass sowohl bei "Es gibt Berge" wie "Es gibt (mindestens) einen Berg" noch keine Interaktion im Raum steht.

??? Was für eine Interaktion?

Zitat
Ohne Interaktion mit einem bestimmten Berg (Nur dieser ist interaktionsfähig. Mit der generellen Existenz von Bergen in der Spielwelt kann m.E. kein Char interagieren.) unterliegt die Verhandlung anderen Gesetzmäßigkeiten. Keiner der Beteiligten an der Verhandlung hat ein spezifisches Interesse am Ergebnis der Verhandlung (jedenfalls nicht über persönliche Vorlieben hinaus).

??? Welches Interesse sollte ein Spieler überhaupt haben, die über seine persönlichen Vorlieben hinausgehen. Wenn überhaupt nur solche, die vom Regelwerk vorgegeben werden, aber die hat der Spieler abgesegnet, sich also zu eigen gemacht. Das wäre ein Widerspruch.

Zitat
Das ist anders, wenn es um konkrete Spielweltfakten geht. Da diese nur kreiert werden, wenn eine Interaktion beabsichtigt ist, kommt hier das Interesse der Spieler an der Erhaltung und Verbeserung ihrer SC's zum Tragen. Die Verhandlung wird "schärfer", das Bedürfnis nach konfliktbeilegenden Regeln wird größer.

Vorsicht! Es gibt auch Rollenspiele, wo man seinen SC möglichst kunstvoll zugrunde richten möchte. Es gibt auch Spiele, wo jeder mehrere "SCs", das heißt mehrere Charaktere, die für ihn mehr sind als Werkzeuge zur Erzählgestaltung. Überhaupt ist diese Zuordnung nicht eindeutig. Ich kann mich auch mit dem Charakter meines Mitspielers identifizieren. Wenn ich das nicht kann, fallen alle Spiele raus, wo es keinen eindeutig gegelten Charakter-Besitz gibt.

Auch ansonsten halte ich die Aussage für schwierig. Wieso werden Fakten nur kreiert, wenn man sie weiterbenutzen möchte. Ich kann festlegen, dass ein Charakter aus Norden kommt, aus einer kleinen Stadt namens Schnack-Puck. Das mag nun so durchgehen. Ist also Fakt. Trotzdem muss man damit nicht weiter interagieren. Das ist jetzt einfach so und in Tokyo fällt ne Schaufel um.

Zitat
Das erste ist reine soziale (in der Regel ungeordnete) Verhandlung, das zweite in der Regel streitige (regelungsbedüftige) Verhandlung. Hieraus erklärt sich auch, warum die Unterscheidung für PtA weitgehend irrelevant ist. Dort unterliegen sowohl soziale wie streitige Verhandlung dem gleichen (Meta-)Regelsystem. Oder aus einem anderen Sichtwinkel: alle Verhandlungen über die Fiktion sind "streitig".

Ich weiß jetzt nicht genau, was du mit "sozial" und "streitig" meinst.

Zitat
Aus diesem Grund habe ich auch Probleme mit dem Begriff "intrinsische" Regeln.

Hier versteh ich dich genau und kann vollen Herzens zustimmen: Der Begriff ist murks.

Auch das versteh ich:

Zitat
Bsp.:
Ein häufiges Beispiel ist der Schaden für Dolche und kleine Schusswaffen. In der Regel gibt es eine inplizite Vereinbarung dass die Regeln der realen Welt auch in der fiktiven gelten sollen, solange nichts anderes festgelegt ist. Die Regeln der wirklichen Welt besagen, dass jedermann an einem Dolchtreffer sterben kann. Die D&D-Regeln besagen, dass ein Dolch 1d4 Schaden anrichtet. Diese Festlegungen kollidieren und bedürfen einer Einigung. Der Schaden von Dolchen ist auch nicht so zentral für das Genre, dass man davon ausgehen könnte hier läge eine "andere Festlegung" im o.g. Sinne vor. Vielmehr werden es Simulationisten für einen Regelfehler halten, "regelorientierte" Spieler für eine strikte Festlegung, die von "reinem Fluff" nicht beeinflussbar ist.

Hier türmen sich diverse Probleme auf. Zunächst muss der Unterschied zwischen 30 HP und 1W4 Schaden überhaupt nichts ausmachen. Es darf nur nie passieren, dass ein Charakter einen Dolch in die Brust gestochen bekommt, solange er noch mehr als vier HP hat. Das aber nur nebenbei.

Viel wahrscheinlicher ist bei diesem Beispiel allerdings, dass der Spieler, der damit ein Problem hat, gar nicht erst mitspielen wird. Er wird die die Regel gar nicht erst akzeptieren. Wenn er leider versäumt hat das Regelbuch zu lesen, hat er selbst Schuld. Wenn seine Mitspieler nachsichtig sind, werden sie nachverhandeln, sonst zeigen sie ihm den Vogel. Volenti non fit iniuria.

Hieran kann man sehen, dass es sich wahrscheinlich gar nicht um einen Regelkonflikt handeln wird. Der kann erst auftreten, wenn man mehrere Regeln akzeptiert hat, die alle für sinnvoll und richtig hält und dann nicht klar ist, welche Priorität haben soll. Solche Situationen kriegt man gar nicht so einfach hin.

Hier ist es wahrscheinlich ein Konflikt darum, was eine gute Regel ist. Nun ist auf jeden Fall klar, dass man eine höhere Ebene braucht, um Regeln bewerten zu können. Man kann ein Regelwerk nicht an Hand seiner selbst evaluieren. Und genau auf dieser höheren Ebene liegt nun das Problem. Hier ist nicht die Frage, welche Regel Präzendenz bekommen soll, sondern zunächst einmal welche Regel man überhaupt einführen möchte.

Was hier also widerstreiten sind nicht Regeln, sondern die Geschmäcker von Leuten, die irgendwie erstmal Regeln machen müssen.

Offline Beral

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #101 am: 21.07.2008 | 17:54 »
Diese Aussage sagt mir dass unser Verständnis des grundlegenden Prozesses im Rollenspiel absolut unterschiedlich ist.
Natürlich. Deswegen verstehen wir einander auch nicht. Deswegen müssen wir auch die Annäherung suchen, statt einander weiter nicht zu verstehen.

Das Herbeiführen einer Einigung ist zentral, die Möglichkeit einer Einigung ist zentral, aber das ist ein ständiger laufender Prozess.
Das ist wie im wahren Leben. Wir können theoretisch jederzeit die Regeln des gesellschaftlichen Miteinander kippen. Wir tun das auch oft. Aber das ist ein winziger Prozentsatz, der unter einer unsichtbaren Grenze bleibt. Entscheidend für das Fortbestehen der Gesellschaft ist nicht das Kippen von Vereinbarungen, sondern ihre Einhaltung. Wenn der kleine Prozentsatz der Regelbrüche überschritten wird, bricht eine Gesellschaft zusammen. Genauso bricht das Rollenspiel zusammen, wenn zu viel abgelehnt wird. 
Ich verstehe nur nicht, was der dauernde Hinweis soll, dass wir jede Vereinbarung auch kippen können. Das ist eine triviale Feststellung, die absolute Allgemeingültigkeit hat und für Rollenspiel keine Exklusivität besitzt.

Wenn du den Raum der Möglichkeiten meinst dann ist mir alles klar.
Ich muss mir erst überlegen, ob "Raum der Möglichkeiten" identisch ist mit Spielwelt. Was genau ist ein Raum der Möglichkeiten?
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Offline 1of3

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #102 am: 21.07.2008 | 17:55 »
Wichtiger Hinweis! Beral, magst du den Thread vielleicht im Titel als [3-Ebenen-Modell] kennzeichnen und vielleicht im Eingangspost noch mal zu deinem anderen Thread verlinken, damit das klarer wird? Danke! :)

Dann geh ich direkt. Das Modell diskutier ich nicht weiter.

Offline Merlin Emrys

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #103 am: 21.07.2008 | 18:25 »
Alles was du da erzählst sind entweder nur individuelle Vorstellungen, die abhängig sind von Einschätzungen, Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten des weiteren Spielverlaufs, sowie von den Absichten des Spielers bezüglich dieses Verlaufs, oder eben weitere Exploration welche die Gruppe aber erst später macht. Nichts davon existiert in dem Moment, noch spielt es in dem Moment eine Rolle im Spiel.
Die Vorstellungen existieren schon mal (und zwar in dem Moment des Spiels, wenn auch nur als Vermutungen über eine fiktive Zukunft) - und vor allem haben sie eine in meinen Augen ganz bedeutende Funktion: An ihnen entscheidet sich, wie der Spieler seinen Charakter auch in diesem Moment handeln und interagieren läßt.
Ohne die Möglichkeit, sich Vorstellungen zur möglichen Zukunft zu machen, wären sinnvolle Entscheidungen jedenfalls nicht wirklich möglich; wenn jeder im gemeinsamen Vorstellungsraum beliebige Änderungen vornehmen dürfte (was praktisch durchaus möglich ist), erlaubt das keine Planung mehr. Die Spielwelt "stabilisiert" den Sinn von Entscheidungen, indem sie dem Vorstellungsraum Grenzen setzt - vielleicht auch zur Zeit noch unbekannte Grenzen.

Offline Beral

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #104 am: 21.07.2008 | 18:45 »
Die Definitionsfrage ist im Kontext des 3-Ebenen-Modells entstanden, aber das habe ich direkt im ersten Satz des Eingangsposts klargestellt.
Es geht mir aber nicht nur um meine Sichtweise der Spielwelt, sondern auch um eure Vorstellungen. Ich konnte ja vorher nicht wissen, was ihr mit dem Begriff verbunden habt und habe die Frage deswegen offen gestellt. Es hätte sein können - und kann immer noch sein - dass jemand eine andere Definition hat, die sinnvoller ist als meine. Die ist hier willkommen.

Mein derzeitiger Eindruck jedoch ist, dass der Begriff noch nicht in besonderer Weise definiert ist. Es werden auch nur wenige Alternativvorschläge gemacht, sondern der größte Teil der Diskussion dreht sich darum, meine Vorstellung als nutzlos oder unmöglich zu entlarven. Ich bin also nicht ganz freiwillig in die Rolle des Definitionsvorgebers reingerutscht, und dass ich in dieser Rolle natürlich meine eigene Vorstellungen zugrunde lege, ist klar. Das könnt ihr aber jederzeit ändern und den Thread offener gestalten.

Wenn ich die Spielwelt in Bezug auf das 3-Ebenen-Modell diskutieren möchte, werde ich das im anderen Thread tun. Hier habe ich also ohnehin keine Modelldiskussion vor. Ein Vermerk auf das Modell im Threadtitel würde nicht meine Absicht wiedergeben. Aber wenn ihr darauf besteht, kann ich das machen.
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Eulenspiegel

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #105 am: 21.07.2008 | 18:58 »
Es spielt nur dann eine Rolle wenn man sich auf diese Fakten einigt (SIS), oder wenn ein Spieler (z.B. der SL) sich das persönlich so vorstellt und danach im Spiel handelt.
Ja. Aber dann spielt es eine Rolle, ob der Ork dort schon seit 3 Wochen oder erst seit 3 Sekunden wartet.

Zitat
Wenn also der SL sich überlegt dass die Orks schon lange da lagern ist das nichts weiter als eine Absicht (für die Zukunft des Spielverlaufes) Fakten einzubringen die mit dieser individuellen Vorstellung in Einklang stehen.
Ja klar. Dem widerspricht auch niemand. Aber:
Im SIS existiert noch überhaupt keine Vorstellung, wie lange die Orks da sind.
In der persönlichen Vorstellung des SLs existiert seit drei Minuten die Vorstellung, wie lange die Orks da sind.
Auf der Spielwelt sind die Orks seit drei Wochen.

Zitat
Da ist weder Einigkeit noch eine Form von Existenz oder Faktizität bezüglich des Spiels oder der gesamten Spielgruppe, denn es kann "in Echt", im Spielverlauf, ganz anders kommen.
Klar. Dann kann sich herausstellen, dass die Spielwelt doch anders war, als es sich der SL vorgestellt hatte.
Das ist ja das, was unter "Entdecken" zusammengefasst wurde:
- Die Spieler dachten, dass es so weit südlich keine Orks gibt. Dann wurde auf der Zufallstabelle gewürfelt und die Spieler mussten entdecken, dass es so weit südlich doch Orks gibt.
- Der SL denkt, dass die Orks seit drei Wochen schon da sind. Dann kommt nachher irgendein Spieler und murrt rum und der SL muss sich eine neue Begründung für die Orks einfallen lassen.

Genau das ist doch damit gemeint, dass keiner wirklich weiß, wie die Spielwelt aussieht. Die Teile der Spielwelt, die im SIS liegen. Darüber herrscht Einigkeit. Die stehen mehr oder weniger fest. Aber den Rest der Spielwelt gilt es zu entdecken. Darüber kann man nichts genaues sagen.

Beim SIS ist klar: "Das gehört zum SIS und das gehört nicht zum SIS."
Bei der Spielwelt ist das nicht klar. Da kann man sich denken: "In dieser Spielwelt existieren keine Orks so weit südlich." Aber da kann man halt feststellen, dass seine Vorstellungen von der Spielwelt falsch waren. Da kann es einen passieren, dass man sagt: "Oh, die Spielwelt ist doch anders, als ich gedacht habe." Das ist beim SIS nicht der Fall. Beim SIS sind sich quasi per Definition alle Leute einig, wie er aussieht. Da kann es keine bösen Überraschungen geben.

Zitat
Jo, werd nicht drollig...
In diesem Thread geht es anders als du vielleicht vermutest nicht darum was du für eine Spielwelt hältst, sondern darum wie man eine Spielwelt definieren kann damit es Beral in sein Modell passt.
Richtig!
Und deswegen sind Sätze wie "Mit der Betrachtung einer hypothetischen Spielwelt kann man weniger sehen und beurteilen, als mit der Betrachtung der von mir genannten Elemente des Spiels." völlig fehl am Platze.
Denn wir sind uns ja einig, dass Beral für sein Modell sicherlich etwas sucht, was für sein Modell hilfreich ist. Er sucht für sein Modell sicherlich nichts, durch dessen Betrachtung man weniger sieht und beurteilen kann.
Ich weiß zwar nicht, was für eine Spielwelt Beral sucht. Aber augenscheinlich muss diese Spielwelt folgende Kriterien erfüllen:
"Mit der Betrachtung einer Spielwelt kann man mehr sehen und beurteilen, als mit der Betrachtung der von dir genannten Elemente des Spiels."

Es könnte natürlich auch sein, dass du deinen Satz oben anders gemeint hattest und bereits eine Vorstellung einer Spielwelt im Kopf hattest, als du deinen Satz geschrieben hast.

Offline Dr.Boomslang

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #106 am: 21.07.2008 | 18:58 »
Deswegen müssen wir auch die Annäherung suchen, statt einander weiter nicht zu verstehen.
Dann fang doch einfach schonmal an zu verstehen was ich sage: :)

Ich verstehe nur nicht, was der dauernde Hinweis soll, dass wir jede Vereinbarung auch kippen können.
Davon habe ich nämlich nie was gesagt, und keiner der ähnlich argumentiert hat wie ich hat das gemeint. Du bist da auf dem ganz falschen Trip was unter Einigung auf fiktive Inhalte zu verstehen ist. Da geht es nicht darum Vereinbarungen zu kippen, sondern überhaupt erstmal welche zu treffen! Man einigt sich in einem konkreten Fall im Spiel auf einen konkreten fiktiven Fakt. Diesem Prozess können noch so viel Einigkeit und guter Willen oder Regelung nicht vorgreifen, da Rollenspiel kreativ und interaktiv ist. Die einzige Form der Einigkeit die alles vorweg nehmen kann ist eine Form des Diktats, wenn man sich also darauf einigen würde alles was jemand sagt absolut bedingungslos anzunehmen. Das dürfte aber im Rollenspiel selbst beim schlimmsten Diktator-SL nicht zutreffen.

Dass Einigung meist schnell und stillschweigend stattfindet, völlig klar. Dass es meist keinen Diskussionsbedarf gibt weil alle den Vorgang als geregelt annehmen, sicher. Aber grade das ist der Einigungsprozess! Das System (Regeln und Konventionen unter den Spielern) strukturiert diesen Prozess und macht ihn so in den meisten Fällen einfach und problemlos. Auf das System hat man sich natürlich auch geeinigt und nimmt diesen Entschluss im Normalfall auch nicht zurück, zumindest nicht während des Spiels. Diese Form der Einigkeit ist nicht gemeint.
Alle Einigkeit bezüglich des Systems bedeutet nämlich noch lange nicht, dass dadurch irgend eine Fiktion feststehen würde, sonst bräuchte man doch nicht spielen. Die Entscheidungen der Spieler interagieren, ihre Kompetenzen berühren oder überlappen sich und es müssen im Einzelfall Lösungen getroffen werden, es gibt Zufallselemente die Aussagen machen welche erst interpretiert werden müssen usw. usf. Das ist der Prozess des Spiels, der Verhandlung von und Einigung auf Fiktion, auch Exploration genannt.

Was genau ist ein Raum der Möglichkeiten?
Ich meine hier die Menge der fiktiven Fakten die im Spiel möglich sind . Das ist das worauf die Spieler sich unter Anwendung des Systems einigen können (so eine Art Potenzmenge des SIS).


@ Merlin
Dass Spieler mit ihrer individuellen Vorstellung von der Spielwelt handeln und aufgrund von Vermutungen darüber handeln bestreite ich doch gar nicht, das ist doch genau das was ich auch sage.
Aber den Spielern muss bewusst sein, und ihnen ist das meist auch bewusst, dass es sich dabei nicht um irgend eine Spielwelt handelt, sondern nur um ihre eigene Vermutung über den Spielverlauf. Die Spieler sind doch nicht doof, die wissen dass das im Spiel noch nicht passiert ist.

Ich verstehe jetzt außerdem nicht wie das was du sagst zur Definition einer Spielwelt in Berals Sinn beiträgt.


Und dann nochmal @ Beral:
Es hätte sein können - und kann immer noch sein - dass jemand eine andere Definition hat, die sinnvoller ist als meine.
Uns fehlt ja dann völlig der Maßstab für eine Definition. Sinnvoll für was? Wenn du das so meinst dann brauche ich auch nicht mehr mit zu diskutieren (und eigentlich braucht das dann keiner). Ich dachte du wolltest auf irgendwas hinaus... Wenn dem nicht so ist, erklärt das natürlich den Diskussionsverlauf ::)
Wenn du nur ne lustige Frage stellst um dann zu sehen wie sich Leute 10 Seiten Definitionen um die Ohren knallen, dann kann ich darauf verzichten. Dieser Stil ein Thema zu diskutieren hat schon unendliche Male zu rein gar nichts geführt.

Offline Beral

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #107 am: 21.07.2008 | 19:14 »
Ich meine hier die Menge der fiktiven Fakten die im Spiel möglich sind . Das ist das worauf die Spieler sich unter Anwendung des Systems einigen können (so eine Art Potenzmenge des SIS).
Klingt für mich im Moment zutreffend. Eine feste Zusage zu dieser Alternativerklärung mache ich aber vorerst nicht, weil ich nicht wissen kann, ob das, was du darunter verstehst, wirklich identisch ist mit dem, was ich unter Spielwelt verstehe.

Uns fehlt ja dann völlig der Maßstab für eine Definition. Sinnvoll für was? Wenn du das so meinst dann brauche ich auch nicht mehr mit zu diskutieren (und eigentlich braucht das dann keiner). Ich dachte du wolltest auf irgendwas hinaus... Wenn dem nicht so ist, erklärt das natürlich den Diskussionsverlauf ::)
Selbstverständlich will ich auf etwas hinaus. Ich will sehen, ob mein Verständnis von Spielwelt verstanden wird. Außerdem wollte ich sehen, ob es andere Interpretationen von Spielwelt gibt. Da aber deiner Auskunft nach der Maßstab für eine Definition völlig fehlt(e), schließe ich daraus, dass es bisher keine Definition zu diesem Begriff gab. Sonst hätte es irgendeinen Maßstab gegeben.

Für mich wäre es von Vorteil, wenn der Begriff tatsächlich mehr oder weniger jungfräulich und nicht schon mit verschiedensten Bedeutungen überladen ist.
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Eulenspiegel

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #108 am: 21.07.2008 | 19:22 »
Dann fang doch einfach schonmal an zu verstehen was ich sage: :)
Dann geh doch mit gutem Beispiel voran und fang an zu verstehen, was ich sage. ;)

Zitat
Dass Spieler mit ihrer individuellen Vorstellung von der Spielwelt handeln und aufgrund von Vermutungen darüber handeln bestreite ich doch gar nicht, das ist doch genau das was ich auch sage.
Dazu legst du aber wieder die Bedeutung des zu definierenden zu Grunde.
Du kannst nicht Sachen verwenden, ohne geklärt zu haben, was sie bedeuten.

Was verstehst du unter Spielwelt?
Wie soll man dich verstehen, wenn du schreibst:
Dass Spieler mit ihrer individuellen Vorstellung vom Grummeldings handeln und aufgrund von Vermutungen darüber handeln bestreite ich doch gar nicht",
ohne dass du uns verrätst, was du unter Grummeldings verstehst?  wtf?

Schreibe doch einfach mal, was du mit Grummeldings/Spielwelt meinst.
Dann kann dir auch irgend jemand sagen, ob dein Satz richtig oder falsch ist.

Zitat
Dass Spieler mit ihrer individuellen Vorstellung von der Spielwelt Grummeldings handeln und aufgrund von Vermutungen darüber handeln bestreite ich doch gar nicht, das ist doch genau das was ich auch sage.
Aber den Spielern muss bewusst sein, und ihnen ist das meist auch bewusst, dass es sich dabei nicht um irgend eine Spielwelt Grummeldings handelt, sondern nur um ihre eigene Vermutung über den Spielverlauf.
Hier muss man nicht wissen, was du mit Grummeldings meinst. Dieser Satz ist irgendwie trivial:
Die Kernessenz deines Satzes ist:
"Den Spielern muss klar sein, dass die Vorstellung von einer Sache nicht die Sache selber ist."

Ja, dem widerspricht sicherlich keiner. Die Vorstellung einer Spielwelt ist nicht das gleiche, wie die Spielwelt selber.
Aber damit machst du noch keinerlei Aussagen über die Spielwelt. Das trifft auf so ziemlich alles zu.

Zitat
Wenn du nur ne lustige Frage stellst um dann zu sehen wie sich Leute 10 Seiten Definitionen um die Ohren knallen, dann kann ich darauf verzichten. Dieser Stil ein Thema zu diskutieren hat schon unendliche Male zu rein gar nichts geführt.
Nein. Aber bevor man einer Definition ein Wort verpasst, ist es sinnvoll, vorher zu klären, ob das Wort schon vorbelastet ist.
Also stellt man die Frage: "Was stellt ihr euch unter dem Wort xyz vor?"
Und wenn die meisten Leute sagen: "Nichts. Ich stelle mir nichts unter dem Wort vor." dann ist das ein gutes Zeichen und ich kann das Wort verwenden.
Wenn jedoch die meisten Leute sich etwas darunter vorstellen, was meinem Definierenden ähnelt, aber sich in wichtigen Punkten davon unterscheidet, dann ist es schlecht, das Wort zu wählen.

Und ich habe die leise Vermutung, dass du auch bereits eine vorgefasste Vorstellung davon hast, was "Spielwelt" bedeutet. Sonst machen Sätze wie:
- "Mit der Betrachtung einer hypothetischen Spielwelt kann man weniger sehen und beurteilen, als mit der Betrachtung der von mir genannten Elemente des Spiels."
- "Dass Spieler mit ihrer individuellen Vorstellung von der Spielwelt handeln und aufgrund von Vermutungen darüber handeln bestreite ich doch gar nicht, das ist doch genau das was ich auch sage."
keinen Sinn.

Diese Sätze ergeben nur dann Sinn, wenn der Autor dieser Sätze auch eine Vorstellung davon hat, was Spielwelt eigentlich ist.

Offline Ebenezer_Arvigenius

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #109 am: 21.07.2008 | 19:53 »
Was du da konstruierst, ist dabei eben irgendwie ganz merkwürdig, nicht sehr stringent. Einigen wir uns am besten darauf, dass alle wissen, was fiktiv ist.

Nur zur Erinnerung: Die Umstellung von "Charakter" (ich) zu SC war von Dir. Warum Du mir sie jetzt vorhälst ist mir ein Rätsel.

Naja, du drehst dich im Kreis, weil du jetzt zwar weißt, was einen SC (ich nenn so einen Identifikationscharakter mal so)

Ja, OK. Schöne Erklärung für SC.

Wär schon nett, wenn Du Dich mal entscheiden würdest, ob Du die Definition magst oder nicht ;).

??? Was für eine Interaktion?

Na die:

Die Spielwelt ist die Gesamtheit jener Regeln, bei denen sich die Spieler einig sind, dass die Charaktere mit ihnen interagieren können.

??? Welches Interesse sollte ein Spieler überhaupt haben, die über seine persönlichen Vorlieben hinausgehen. [...] Vorsicht! Es gibt auch Rollenspiele, wo man seinen SC möglichst kunstvoll zugrunde richten möchte. Es gibt auch Spiele, wo jeder mehrere "SCs", das heißt mehrere Charaktere, die für ihn mehr sind als Werkzeuge zur Erzählgestaltung. Überhaupt ist diese Zuordnung nicht eindeutig. Ich kann mich auch mit dem Charakter meines Mitspielers identifizieren. Wenn ich das nicht kann, fallen alle Spiele raus, wo es keinen eindeutig gegelten Charakter-Besitz gibt.

Interessen =

Der Charakter ist das Alter Ego des Spielers in der Spielwelt. Von den Nicht-Spieler-Charakteren unterscheidet er sich in erster Linie durch die Anteilnahme des führenden Spielers an seinem Schicksal. Der Charakter ist nicht lediglich Werkzeug der Erzählungsgestaltung, sondern besitzt für den dazugehörigen Spieler einen über die gemeinsame Erzählung hinausgehenden Wert.

Auch ansonsten halte ich die Aussage für schwierig. Wieso werden Fakten nur kreiert, wenn man sie weiterbenutzen möchte. Ich kann festlegen, dass ein Charakter aus Norden kommt, aus einer kleinen Stadt namens Schnack-Puck. Das mag nun so durchgehen. Ist also Fakt. Trotzdem muss man damit nicht weiter interagieren. Das ist jetzt einfach so und in Tokyo fällt ne Schaufel um.

Die Spielwelt ist die Gesamtheit jener Regeln, bei denen sich die Spieler einig sind, dass die Charaktere mit ihnen interagieren können.

Ob sie's dann auch tun bleibt ihnen überlassen. Dafür sind sie freie Menschen und können Schaufeln umwerfen, wann sie wollen.

Ich weiß jetzt nicht genau, was du mit "sozial" und "streitig" meinst.

Wie bereits oben gesagt. Es ist für den Einigungsprozess von Bedeutung, wie umstritten die Frage sein wird. Fragen bei denen Spieler potentiell "Stakes" haben sind gefährlicher als solche die (u.U. weit im Vorfeld) geklärt werde. Bei der Einigung auf die Spielwelt als solche agiert man im rein "zwischenmenschlichen Bereich". In der Regel werden hier lediglich "milde" Vorlieben zum tragen kommen. Im Gegensatz dazu geht es bei Spielkonflikten oft um das heiklere "gewinnen oder verlieren". Ob sie dann gewinnenindem sie ihren Charakter am besten zu Grunde richten oder dadurch, dass sie am schnellsten leveln ist für den Konflikt irrelevant.

Hier türmen sich diverse Probleme auf. Zunächst muss der Unterschied zwischen 30 HP und 1W4 Schaden überhaupt nichts ausmachen. Es darf nur nie passieren, dass ein Charakter einen Dolch in die Brust gestochen bekommt, solange er noch mehr als vier HP hat. Das aber nur nebenbei.

Bei allem Respekt, das war jetzt pure Rechthaberei. Ausgegangen wurde von einer streitigen Situation. Dass eine Situation nicht streitig ist, wenn es keinen Streit gibt ist trivial und vorausgesetzt. Die Kritik könnte ich allenfalls akzeptieren, wenn Dir das (Standard)Problembeispiel völlig unbekannt wäre, was allerdings im folgenden von Dir selbst widerlegt wird.

Viel wahrscheinlicher ist bei diesem Beispiel allerdings, dass der Spieler, der damit ein Problem hat, gar nicht erst mitspielen wird. Er wird die die Regel gar nicht erst akzeptieren.

Das ist angesichts der üblicherweise umfangreichen Regelwerke reine Abstraktion ohne Wert. Hätte er die Regel vorher gesehen hätte er eventuell nicht mitgespielt. Man beachte die Konjunktive. Beschrieben wird aber gerade eine Problemsituation in der das Problem eben gerade nicht vermieden wurde.

Wenn Du nicht gerade behaupten willst, das solche Situationen in Wirklichkeit nicht vorkommen, ist Dein Einwand hier irrelevant.

Wenn er leider versäumt hat das Regelbuch zu lesen, hat er selbst Schuld. Wenn seine Mitspieler nachsichtig sind, werden sie nachverhandeln, sonst zeigen sie ihm den Vogel. Volenti non fit iniuria.

Hmpf. Leider ist Rollenspiel keine Gerichtsverhandlung und "Recht haben" in sozialen Kontexten eher wertlos. Will man im Bereich der Theorie schauen, wie Konflikte im Spiel vermieden oder erleichtert werden können ist ein "wir stellen fest wer Recht hat und die anderen müssen das dann schlucken" kein brauchbarer Ansatz.

Hieran kann man sehen, dass es sich wahrscheinlich gar nicht um einen Regelkonflikt handeln wird. Der kann erst auftreten, wenn man mehrere Regeln akzeptiert hat, die alle für sinnvoll und richtig hält und dann nicht klar ist, welche Priorität haben soll. Solche Situationen kriegt man gar nicht so einfach hin.

S.o. Du spielst schon zu lange indie-games mit Regeln von 3 gefalteten Din-A-5 Zetteln oder? ;) In der Regel erfolgt die Einigung auf ein (oft nach dem Bekanntheitsgrad ausgewähltes) Regelsystem ohne detaillierte Kenntnis der Einzelregeln. Und übersehen kann man immer was.

Du kannst Dich dann natürlich mit einem "selber schuld" aus der Problematik schleichen, aber was willst Du dann noch mit Rollenspieltheorie?

Hier ist nicht die Frage, welche Regel Präzendenz bekommen soll, sondern zunächst einmal welche Regel man überhaupt einführen möchte.

Wenn man es auf dieser Ebene abfängt braucht man in der Regel keine Rollenspieltheorie um zu Ergebissen zu kommen. Da genügt Sozialkompetenz. Interessant wird es doch eigentlich erst, wenn der Idealprozess an einer Stelle gescheitert ist und man das abfangen muss.

OT: Hattest Du einen schlechten Arbeitstag? Oder hätte ich oben keine Ungenauigkeit zugeben dürfen und Du bist jetzt im "feeding frenzy"? Ich glaube nicht, dass ich schon mal einen so abrupten Umschlag von produktiver Diskussion zu anpöbeln hatte. Es ist fast als würden auf dem Account zwei verschiedene Leute posten  wtf?.

Liegt das an mir oder ist das normal?
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Offline Ebenezer_Arvigenius

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #110 am: 21.07.2008 | 19:57 »
@ Ebenezer Arvigenius
Ich habe dir mal hier im Thread 3-Ebenen-Modell geantwortet, da ich denke, dass die Antwort dort besser hinpasst.

Danke Dir! Aber hier (und dort ;)) laufen mir im Moment zu viele Diskussionen durcheinander. Ich fürchte in der mir zu Verfügung stehenden Zeit kann ich mich nicht ausreichend in alle Threads einlesen und fundiert posten. Deshalb bleibe ich erstmal hier.

Ich stehe für eine (langsamere :)) Diskussion aber immer gerne in einem eigenen Thread oder per PM zur Verfügung.

Cheers, E_A.
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- Dieter Hildebrandt

Offline Dr.Boomslang

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #111 am: 21.07.2008 | 20:05 »
@ Eulenspiegel
Ich meine mit Spielwelt nichts Besonderes, außer eine fiktive Welt in der man spielt (was man hoffentlich nicht erklären muss). Ansonsten geht das was ich meine aus meinen Erklärungen deutlich hervor.
Ich habe nie Spielwelt besonders definiert und versuche das auch nicht. Genauso egal ist mir was du unter Spielwelt verstehst, weil du das völlig im luftleeren Raum lustig vor dich hin definierst, was für mich keinen Nutzen hat. Ich versuche zu verstehen was Beral unter dem Begriff versteht, alles andere ist mir hier erstmal egal.

@ Beral
Wenn dich irgendwer verstehen soll und wenn irgendwer irgendwas von dem Thread hier haben soll, dann musst du schon etwas mehr verraten als "vielleicht vielleicht aber auch nicht". Stell Fragen, erzähl wie du mich oder andere verstanden hast, ob du damit was anfangen kannst oder nicht und warum. Sag was du meinst oder nicht meinst und fertig, sonst hat die Veranstaltung hier keinen Sinn.

Offline Beral

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #112 am: 21.07.2008 | 20:13 »
@ Beral
Wenn dich irgendwer verstehen soll und wenn irgendwer irgendwas von dem Thread hier haben soll, dann musst du schon etwas mehr verraten als "vielleicht vielleicht aber auch nicht". Stell Fragen, erzähl wie du mich oder andere verstanden hast, ob du damit was anfangen kannst oder nicht und warum. Sag was du meinst oder nicht meinst und fertig, sonst hat die Veranstaltung hier keinen Sinn.
Dann lies doch mal den Thread. Alles, was du einforderst, habe ich meines Erachtens getan.
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Offline Merlin Emrys

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #113 am: 21.07.2008 | 20:14 »
Dass Spieler mit ihrer individuellen Vorstellung von der Spielwelt handeln und aufgrund von Vermutungen darüber handeln bestreite ich doch gar nicht, das ist doch genau das was ich auch sage.
Aber den Spielern muss bewusst sein, und ihnen ist das meist auch bewusst, dass es sich dabei nicht um irgend eine Spielwelt handelt, sondern nur um ihre eigene Vermutung über den Spielverlauf. Die Spieler sind doch nicht doof, die wissen dass das im Spiel noch nicht passiert ist.
Die Spieler wissen, daß die fiktive Zukunft eine fiktive Zukunft ist, sicher. Aber sie haben eine Theorie (als ein in sich möglichst widerspruchsfreies Konglomerat von Einzelthesen und Einzeltheorien) im Hinterkopf, nach der sie entscheiden, was mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten wird, wenn sie jetzt eine bestimmte Aktion durchführen. Und diese Theorie ist nicht der gemeinsame Vorstellungsraum, sie muß zwangsläufig über ihn hinausgehen (da sie ja Sachen behandelt, über die erst später verhandelt werden soll). Sie ist etwas im individuellen Vorstellungsraum, aber auch nicht mit ihm identisch, denn sie enthält Unsicherheiten über diesen Vorstellungsraum ebenso wie "Leerstellen" für später noch zu verhandelnde Dinge, geht also auch über ihn hinaus.
Diese Theorie bzw. dies Theoriegebilde ist - zumindest für mich - ein Etwas, das als vergleichsweise solides Etwas sinnvoll zu betrachten ist. Und weil es sich auf eine Umgebung oder Umwelt bezieht, halte ich die Bezeichnung "Spielwelt" für durchaus angemessen.

(Ich bin mir sogar aus bestimmten Gründen sicher, daß nicht alle Menschen die Ansicht teilen, es müsste jederman klar sein, daß eine solche fiktive Welt immer nur Gedankenprodukt ist und der freien Verfügung unterliegt. Es gibt einfach Momente und Abläufe, bei denen die Welt eine Art "Eigenleben" zu entwickeln scheint - und sich zu einem "richtigen Gegenüber" mausert. Aber das kann man auch einer übereifrigen und zu einer solchen Einstellung bereiten Phantasie zuschreiben.)

Offline Ebenezer_Arvigenius

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #114 am: 21.07.2008 | 20:28 »
Sie ist etwas im individuellen Vorstellungsraum, aber auch nicht mit ihm identisch, denn sie enthält Unsicherheiten über diesen Vorstellungsraum ebenso wie "Leerstellen" für später noch zu verhandelnde Dinge, geht also auch über ihn hinaus.
Diese Theorie bzw. dies Theoriegebilde ist - zumindest für mich - ein Etwas, das als vergleichsweise solides Etwas sinnvoll zu betrachten ist. Und weil es sich auf eine Umgebung oder Umwelt bezieht, halte ich die Bezeichnung "Spielwelt" für durchaus angemessen.

Ist die Diskussion über diesen Punkt tatsächlich nötig? So weit ich erkennen kann meinen beide Seiten den "Raum der Möglichkeiten". Unklar ist allenfalls, ob man ihn nun der Spielwelt zurechnen soll (weil er die potentiellen Variationen in der gemeinsamen Fiktion betrifft) oder ob er (wie ich es vertrete) davon getrennt ist, weil man mit einem Potential nicht interagieren kann.

An diesem Punkt ist tatsächlich keine Entscheidung darüber möglich, was sinnvoller wäre, da immer noch nicht geklärt ist wozu das ganze jetzt gut sein soll  >;D.
Es hilft nichts, das Recht auf seiner Seite zu haben. Man muss auch mit der Justiz rechnen.
- Dieter Hildebrandt

Offline Dr.Boomslang

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #115 am: 21.07.2008 | 20:36 »
Soll ich jetzt erzählen was ich mir unter sinnvollen Definitionen von Spielwelt vorstelle, oder wie?
Ich brauche die eigentlich nicht. Für mich sagt das natürliche Verständnis des Begriffs genug aus um ihn gelegentlich zu benutzen. In solchen Diskussionen wie diesen vermeide ich ihn aber, da er natürlich unterschiedliche Bedeutungen haben kann, die eventuell auch widersprüchlich sind.

Was ich glaube was Leute meinen wenn sie Spielwelt sagen:

A) Eine fiktive Welt die aus dem Spiel hervorgegangen ist und hervorgeht (=SIS oder je nach Verständnis von "Welt" nur ein Teil davon)

oder

B) Ein fiktionaler Kanon der im Spiel verwendet werden soll oder kann (=das was Autoren über eine fiktive Welt gesagt haben + eventuell das was die Gruppe erspielt hat, also entweder inklusive A oder nicht).

oder

C) Eine individuelle Vorstellung über A oder B und die betreffende Erwartung über das Spiel.

Keine dieser Definitionen passt so wie ich das sehe zu dem was Beral gesagt hat und auch nicht in das Modell.
Alles davon könnte man sinnvoll als Definition gebrauchen und man könnte es auch Spielwelt nennen, nur eben nicht alles zusammen.

Offline Merlin Emrys

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #116 am: 21.07.2008 | 20:41 »
Ist die Diskussion über diesen Punkt tatsächlich nötig? So weit ich erkennen kann meinen beide Seiten den "Raum der Möglichkeiten".
Zumindest ich meine schon mehr, denn auch der Bereich dessen, was schon festgelegt ist, gehört dazu. Also Dinge, zu denen es längst keine Alternative mehr gibt und die ich insofern auch nicht mehr als "Möglichkeit" bezeichnen würde.

Was die Interaktion mit den Möglichkeiten angeht, weiß ich jetzt nicht, wie "Interaktion" zu fassen ist. Ist es eine "Interaktion mit Möglichkeiten", wenn ich bei einem Versicherungsabschluß überlege, ob ein bestimmtes Risiko sinnvoll ist in die Versicherung mit einzubeziehen?

Edit:
@ Dr. Boomslang: Ich habe meine Schwierigkeiten mit A und B2, und C verstehe ich nicht. Ich meine, mehr als individuelle Vorstellungen kann es ohnehin kaum geben, wenn es um eine dynamische Größe geht? Sogar das, was in eventuell vorhandenen Quellenbänden steht, wird ja schon im Moment des Lesens zu einer "individuellen Vorstellung".

A) Eine fiktive Welt die aus dem Spiel hervorgegangen ist und hervorgeht (=SIS oder je nach Verständnis von "Welt" nur ein Teil davon)
Das würde strenggenommen bedeuten, daß die Informationen aus vorgefertigtem Material (Quellenbände) usw. nicht zur Spielwelt zählen würden, da sie ja nicht "aus dem Spiel hervorgehen".

B) Ein fiktionaler Kanon der im Spiel verwendet werden soll oder kann (=das was Autoren über eine fiktive Welt gesagt haben + eventuell das was die Gruppe erspielt hat, also entweder inklusive A oder nicht).
B2 würde wiederum alles aus der Spielwelt ausnehmen, was im Spielverlauf an Entitäten eingefügt wurde, also unter Umständen ganze Dörfer und "geschichtsbewegende Geschehnisse".
« Letzte Änderung: 21.07.2008 | 21:02 von Merlin Emrys »

Offline Dr.Boomslang

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #117 am: 21.07.2008 | 21:32 »
Ich weiß jetzt wieder nicht ob das hier irgend wen außer uns beiden interessiert...

Sogar das, was in eventuell vorhandenen Quellenbänden steht, wird ja schon im Moment des Lesens zu einer "individuellen Vorstellung".
Nur ist es ein Unterschied ob es irgendwo steht oder nicht. Es kommt ja darauf an ob ich sage: Die Spielwelt ist das was ich mir vorstelle (weil ich z.B. einen Text gelesen habe).  Oder: Die Spielwelt ist das was der Text beschreibt.
Im ersten Fall hängt es nur von mir ab was die  Spielwelt ist (und dann kann ich in der Form damit nicht direkt spielen). Im zweiten Fall müssen sich alle klar werden (und eventuell explizit einigen) was da steht, und in dem Fall kann es auch jeder selbst überprüfen.

Das würde strenggenommen bedeuten, daß die Informationen aus vorgefertigtem Material (Quellenbände) usw. nicht zur Spielwelt zählen würden, da sie ja nicht "aus dem Spiel hervorgehen".
Sie gehen dann aus dem Spiel hervor wenn sich die Gruppe für das Spiel darauf geeinigt hat (Definition des SIS). Was die Spieler tun um sich zu einigen (z.B. auf Quellenmaterial zu verweisen) ist dabei egal. Diese Variante schließt nur die Anteile des Quellenmaterials aus, auf die sich die Gruppe nicht geeinigt hat. Und viele Leute meinen genau das wenn sie z.B. "unsere Spielwelt" sagen.

B2 würde wiederum alles aus der Spielwelt ausnehmen, was im Spielverlauf an Entitäten eingefügt wurde, also unter Umständen ganze Dörfer und "geschichtsbewegende Geschehnisse".
Ja richtig, aber das ändert nichts daran dass ich glaube dass Leute das manchmal so meinen. Bei "Hintergrund" oder "Setting" ist das ähnlich, manche nehmen da das was im Spiel geschehen ist aus, manche nicht.
Wenn ich z.B. sage: "In der Spielwelt Aventurien wurden grade Sprengstoffe erfunden.", dann werden mir die meisten widersprechen, obwohl sie ja das Spiel meiner Gruppe gar nicht kennen. Da wird der Begriff des offiziell kanonischen Aventurien als Spielwelt zugrunde gelegt.

Offline Merlin Emrys

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #118 am: 21.07.2008 | 21:54 »
Im ersten Fall hängt es nur von mir ab was die  Spielwelt ist (und dann kann ich in der Form damit nicht direkt spielen). Im zweiten Fall müssen sich alle klar werden (und eventuell explizit einigen) was da steht, und in dem Fall kann es auch jeder selbst überprüfen.
Naja, "was da steht" ist halt immer so eine Sache. Aber man kann sich auf eine gemeinsame Auslegung verständigen. Spielwelt wäre in C also wahlweise nur die Ansicht eines Einzelnen oder das, worauf man sich gemeinsam verständigt hat?

Sie gehen dann aus dem Spiel hervor wenn sich die Gruppe für das Spiel darauf geeinigt hat (Definition des SIS).
Hm, eigenartige Wortbedeutung von "hervorgehen". Sie wird zugrundegelegt für den gemeinsamen Vorstellungsraum, aber sie kommt ja schon von außen herein. - Aber ich denke, abgesehen von der konkreten Formulierung ahne ich, was Du meinst. - Es geht in diesem Fall um die Summe aller Einigungen bezüglich einer Welt, die eine Gruppe getroffen hat?

Wenn ich z.B. sage: "In der Spielwelt Aventurien wurden grade Sprengstoffe erfunden.", dann werden mir die meisten widersprechen, obwohl sie ja das Spiel meiner Gruppe gar nicht kennen. Da wird der Begriff des offiziell kanonischen Aventurien als Spielwelt zugrunde gelegt.
Das geschieht aber ja nicht im Rollenspiel, sondern außerhalb, also in einer Diskussion über Rollenspiel. Und darin sehe ich dann schon einen Unterschied. Bezogen auf die Runde im Rollenspielgeschehen würde, wenn es als Fakt akzeptiert wurde, eben keinen Widerspruch mehr geben können. - "Spielwelt" wäre dann die Summe aller Einigungen bezüglich einer fiktiven Welt, die außerhalb der konkreten Runde getroffen wurden?

Offline Dr.Boomslang

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #119 am: 21.07.2008 | 22:50 »
[Die Spielwelt] wird zugrundegelegt für den gemeinsamen Vorstellungsraum, aber sie kommt ja schon von außen herein.
Es kommt alles durch die Spieler herein, nur dass sie sich natürlich nicht alles selbst ausgedacht haben müssen. Alles wird aber nur für das Spiel festgelegt. Mit "für das Spiel" meine ich dann auch "im" Spiel falls dich das irgendwo irritiert haben sollte.

Es geht in diesem Fall um die Summe aller Einigungen bezüglich einer Welt, die eine Gruppe getroffen hat?
Ja, bei A.

"Spielwelt" wäre dann die Summe aller Einigungen bezüglich einer fiktiven Welt, die außerhalb der konkreten Runde getroffen wurden?
Bei B exklusive SIS sind natürlich nicht alle Fakten gemeint die irgendwer irgendwo festgelegt hat. Ich meine nur einen Kanon, also eine Sammlung von Fakten die explizit von einer Autorität festgelegt wurde, dieser Kanon muss schon bestimmt sein und die Autorität anerkannt. Im Rollenspiel besteht dieser Kanon meist aus den Quellenbänden und die Autorität sind Autoren und Herausgeber des Systems. Die Autorität kann aber auch ein Spieler sein der die Welt erfunden hat, oder jemand der nicht mitspielt und sich die Welt ausgedacht hat.
Mit einem konkreten Spiel muss der Kanon auch gar nichts zu tun haben. Er stellt nur deshalb eine Spielwelt dar, weil man die beschriebene Welt zum Spielen benutzen kann, oder weil sie zum Spielen gedacht ist.

Entscheidend bei B inklusive SIS ist hingegen dass die Spieler einen Kanon verwenden der irgendwie explizit festgelegt wurde. Damit meinen sie dann die Festlegungen die Autoren gemacht haben und auch die darauf aufsetzenden innerhalb des Spiels (A).
Eine Frage ist auch ob dieses B inklusive A nun wirklich mehr ist als A. Das ist eine knifflige Sache. Ich habe das nur unterschieden weil manchmal Wert auf Quellenmaterial gelegt wird, auch wenn es nicht speziell für das Spiel festgelegt und explizit vollständig übernommen wurde. Das ist die (ungeklärte) Frage ob Fiktion mittels Verweis auf Quellenmaterial als angenommen gelten kann, auch wenn nicht alle oder u.U. niemand von der Gruppe weiß worum es konkret geht. In dem Fall ist unklar ob sowas im SIS ist oder nicht (bzw. hängt dann davon  ab ob man es da drin haben möchte oder nicht).
« Letzte Änderung: 21.07.2008 | 22:53 von Dr.Boomslang »

Offline Erestor

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #120 am: 8.08.2008 | 17:54 »
Hallo, ich habe das hier die letzten Tage mal gelesen und will nun meine Ideen dazu mitteilen:
Es hätte sein können - und kann immer noch sein - dass jemand eine andere Definition hat, die sinnvoller ist als meine. Die ist hier willkommen.

Mein derzeitiger Eindruck jedoch ist, dass der Begriff noch nicht in besonderer Weise definiert ist. Es werden auch nur wenige Alternativvorschläge gemacht, sondern der größte Teil der Diskussion dreht sich darum, meine Vorstellung als nutzlos oder unmöglich zu entlarven.
Im Rollenspiel ist das Spiel mit einer Rolle (oder mehreren Rollen) wesentlich. Diese Rollen werden, davon gehe ich jetzt mal aus, durch je einen Charakter fiktiv verkörpert. Diese Charaktere sind nicht allein sondern in einer fiktiven Welt. Unter Spielwelt verstehe ich diese Welt, in der die Charaktere sich befinden.
Ich verstehe Ansonsten nicht was hier für ein Begriff von Existenz verwendet wird, vermutlich eher ein Ideologischer, so nach Platon, oder wovon wird hier gesprochen?
Für die Existenz genau einer Spielwelt pro Rollenspiel (zu Ausnahmen sie unten) mach ich eine Anleihe aus der Mathematik: In der Mathematik werden unter anderem Axiomensysteme aufgebaut und etwas untersucht, was diese Axiome erfüllt. So existiert z. B. ein Gruppe und einige ihrer Eigenschaften können untersucht werden. Ob diese untersuchte Gruppe nun die ganzen Zahlen mit der Addition oder eine andere Gruppe ist, ist bei diesen Betrachtungen unerheblich. Es kann dennoch von "einer Gruppe" bzw. "der Gruppe" geschrieben werden. So wie diese Gruppe der mathematischen Betrachtung existiert, so existiert für mich die Spielwelt.
Was auch in der Mathematik/Logik vorlommt, ist eine Aussage, es existiere etwas (z. B. O genannt), das bestimmte Eigenschaften besitzt. Sofern diese Existenz bewiesen werden kann, kann dann mit diesem einen O weitergearbeitet werden, ohne O selbst genauer zu bestimmen. Aber O soll genau ein solches existierendes Objekt bezeichnen, nicht alle Objekte, die die Bedingung erfüllen.
Du sagst sie ist nicht SIS. Deine weiteren Aussagen interpretiere ich so, dass der SIS jederzeit einen Ausschnitt der Spielwelt enthalten kann. Er kann nichts anderes als Ausschnitte der Spielwelt enthalten (also nichts was nicht in der Spielwelt ist), und er kann auch die ganze Spielwelt enthalten, falls diese nur aus wenigen Informationen besteht.
Für mich ist der SIS das wesentliche Kriterium dafür, um zu sehen, ob eine beliebige fiktive Welt die Spielwelt sein kann, ob sie die Bedingung erfüllt: Trifft der Teil des SIS, der sich auf die Vorstellung der Spieler über die Welt der Charaktere bezieht, auf die fiktive Welt zu, so kann die fiktive Welt die Spielwelt sein. Wiederspricht die fiktive Welt dem SIS, so ist sie nicht die Spielwelt. Ich denke, im SIS kann auch etwas sein, was sich nicht auf die Welt bezieht sondern auf Abmachungen der Spieler. Z. B. wenn vereinbart wurde, das Rollenspiel soll eine soziale Intriege ohne Gewalt durchspielen, ist zwar das "ohne Gewalt" in der gemeinsammen Vorstellungen der Spieler, aber sie schließt nicht Gewalt in der Spielwelt aus. Wenn nun ein Ereignis "Charakter A wird weinend im Nebenraum gehört" im SIS ist, kann aus dem "ohne Gewalt" gefolgert werden, dass er nicht wegen Gewaltanwendung weint sondern z. B. eher aus Trauer oder Enttäuschung.
Ändert sich nun der SIS durch Handeln der Spieler, so kann dies sowohl eine zeitliche Entwicklung innerhalb der Spielwelt in die Vorstellung aufnehmen als auch eine weitere Einschränkung, welche fiktiven Welten nun noch die Spielwelt sein können.
Die Spielwelt enthält ja auch Sachen, auf die sich die Gruppe nicht geeinigt hat:
Der Bauer hat einen Namen, obwohl sich die Spielwelt nicht auf den Namen geeinigt hat.
Ansonsten existiert nunmal ein Name.
Wenn mein Krieger zum Wirt geht und ihn nach seinen Namen fragt, dann ist es vollkommen legitim vom SL zu sagen: "Der Wirt sagt dir einen Namen. Ich bin mir zu faul, ihn mir jetzt auszudenken, aber dein Char kennt ihn jetzt."

Dieser Name ist nicht Teil des SIS, weil jeder Spieler einen andere Vorstellung von dem Namen hat. Vielleicht haben einige Spieler (inklusive des SLs) nichtmal eine Vorstellung des Namens. Dennoch hat der Wirt einen Namen und mein Krieger kennt ihn. Dieser Name muss also in der Spielwelt enthalten sein.
Diesen Ausführungen stimme ich zu. In der Spielwelt hat der Wirt einen Namen. Das sehe ich so wie folgendes: Es gibt (mindestens) eine eineindeutige Abbildung der Natürlichen Zahlen auf die Rationalen Zahlen. Eine solche Abbildung werde e genannt. Nunn wird in e die natürliche Zahl 2 genau auf eine rationale Zahl abgebildet, auch wenn wir weder e noch diese rationale Zahl genauer festgelegt haben. So hat auch in der Spielwelt der Wirt einen Namen.
Wenn du seine Familie fragst, wie lange der Wirt schon Alrik heißt, wird sie dir antworten, dass er so seit seiner Geburt vor 30 Jahren so heißt.
Wenn du jedoch einen Spieler fragst, wie lange der Name des Wirtes im SIS ist, wir er dir antworten: "Seit 5 Minuten."
Nein, die Einigung findet genau so statt, wie beim SIS.
Der Clou ist jedoch, dass diese Elemente schon lange in der Spielwelt sind, bevor sie überhaupt im SIS landen.
Hier widerspreche ich. Die reale Zeit, in der die Spieler spielen, ist nicht identisch mit der Zeit in der Spielwelt. Also ein Zeitpunkt in der Spielwelt kann nicht vor einem Zeitpunkt der realen Zeit liegen. Deshalb sind die beiden Zeitdauern "30 Jahre" und "5 Minuten" ohne Widerspruch beide möglich: Seit 5 realen Minuten ist der SIS so geartet, dass nur fiktive Welten, in denen der Wirt seit der Geburt vor 30 fiktiven Jahren so hies, die Spielwelt sein kann.
Aber dann enthält die Spielwelt nun zu jeden Zeitpunkt die gleichen Informationen für die Spieler wie der SIS. Wo ist der Unterschied für die Spieler?
Die Spielwelt und der SIS sind eng miteinander verbunden, da der SIS bestimmt, welche fiktive Welt Spielwelt sein kann. Doch mit Hilfe des Begriffs Spielwelt lassen sich jene Veränderungen des SIS voneinander trennen, die eine (fiktiv zeitliche) Entwicklung innerhalb der Spielwelt beschreiben und denen, die die Auswahl der möglichen fiktiven Welten weiter einschränken:
Wenn in den SIS der Fakt hinzukommt, ein Char habe eine Tür geöffnet, so ist das eine Entwicklung innerhalb der Spielwelt. Wenn in den SIS der Fakt hinzu kommt, einige Chars treffen an Ort X drei Orks, dann werden alle fiktiven Welten aussortiert, in denen dort keine drei Orks sind.

Oben schrieb ich von Ausnahmen zu der Aussage, es gäbe zu einem Rollenspiel genau eine Spielwelt. Die Ausnahme sehe ich dann, wenn die Spieler übereinkommen, Fakten zurückzunehmen: Wenn sie sich einigen, dass das, was sie eben noch als in der Spielwelt geschehen festgelegt hatten, nun doch nicht mehr geschehen sein sollte. Dann hat für mich die Spielwelt gewechselt: von der mit diesem Geschehen zu einer ohne ihm.

Gruß Andreas