Autor Thema: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?  (Gelesen 28792 mal)

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Offline Merlin Emrys

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #50 am: 10.07.2008 | 00:56 »
Dann ist die Spielwelt zwar völlig inkonsistent und zu keinen Zeitpunkt wirklich in ihrem Inhalt definiert, aber man könnte sich das so vorstellen.
Man kann sich schon konsistenzsichernde Maßnahmen vorstellen, aber sie ist auch immer ein Stück weit inkonsistent, ja. Und die Spielwelt ist niemals völlig und rundrum definiert, aber sie ist teilweise wirklich definiert, nämlich in dem Teil, in dem ein stabiler gemeinsamer Vorstellungsraum besteht. (Gut, wie Beral sagt, kann man den jederzeit ändern, aber wenn man es nicht tut, ist der Vorstellungsraum wirklich stabil festgelegt.)

Eulenspiegel

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #51 am: 10.07.2008 | 03:12 »
@ Dr.Boomslang
Genau, diese Spielwelt ist prinzipiell erstmal inkonsistent. Und die intrinischen Regeln sind dann sozusagen konsistenzfördernde Regeln. (Hmm, das hört sich jetzt so wertend an. - Dabei ist das gar nicht wertend gemeint.)

Mal als Beispiel:
Wir haben einen Riesen und einen Hobbit, die gegeneinander kämpfen.
1) Wenn ich die Regel habe: "Wer stärker ist, der macht mehr Schaden.", dann stellen sich wohl die meisten Spieler vor, dass der Riese mehr Schaden macht. --> keine Inkonsistenz
2) Wenn ich die Regel habe: "Wer gewandter/flinker ist, der macht mehr Schaden.", dann stellen sich wohl die meisten Spieler vor, dass der Hobbit mehr Schaden macht. --> keine Inkonsistenz

3) Wenn ich jedoch die Regel habe: "Jeder Spieler kann Chips setzen. Der Char, der mehr Chips bekommt, ist stärker.", dann denken einige, dass der Hobbit stärker ist und andere denken, dass der Riese stärker ist. Das ist erstmal eine Inkonsistenz. (Diese löst sich natürlich in dem Augenblick auf, wo alle Spieler ihre Chips gesetzt haben. - Aber bis zu den Zeitpunkt, wo auch der letzte Spieler seine Chips gesetzt hat, herrscht halt noch Ungewissheit.)

Aber bei nochmaligen drüber nachdenken, denke ich, dass man Berals Modell auch aufziehen kann, wenn man nicht die Spielwelt, sondern nur den SIS betrachtet.

Ich vermute, dass das aus meinen bisherigen Postings in diesem Thema nicht ausreichend klar wurde, aber meine Ansicht ist, dass jedes Spiel eine Spielwelt braucht und auch eine hat.
Was verstehst du denn unter Spielwelt?
Weil ich habe schon Schach gespielt, ohne dass eine Spielwelt vorhanden war.
Und ich habe auch schon Skat gespielt, ohne dass eine Spielwelt vorhanden war.

Kann natürlich sein, dass wir zwei verschiedene Ansichten von "Spielwelt" haben. Aber was definierst du denn beim Skat oder beim Schach als "Spielwelt"?

Zitat
Und wenn jemand laut Regeln 50 Cent in die Kaffekasse zahlen kann, um Trolle intelligenter zu machen, dann ist auch sein privates Vermögen Teil der Spielwelt.
Gehen wir mal andersum an die Sache ran: Glaubst du denn, dass die 50 Cent Teil des SIS sind?
Sind die 50 Cent Teil des gemeinsamen Vorstellungsraumes?

Weil alles, was in der Spielwelt vorhanden ist, kann prinzipiell Teil des SIS werden.

Zitat
Zur Spielwelt gehört alles was (laut Spielregeln) Teil des Spieles ist. Es ist per Spielregeldefinition die Welt in der das Spiel statt findet.
Ja, die Spielwelt ist die Welt, in der das Spiel stattfindet. Das ist soweit schon fast tautologisch.
Aber, WAS ist denn nun deiner Meinung nach "die Welt"?

Zitat
Nur bestimmte fiktive Erzählungsfragmente als Spielwelt zu sehen
Hier habe ich Probleme, zu verstehen, was du unter "fiktiv" meinst:
Spieler gehören zwar zum Spiel, sind in meinen Augen aber weder fiktiv noch Teil der Spielwelt.
Geld gehört (z.B. beim Poker) auch zum Spiel, sind aber nicht notwendigerweise fiktiv. (Man kann Poker mit fiktiven Geld, aber auch mit realen Geld spielen.)
Ein Regelbuch gehört bei vielen Rollenspielsystemen ebenfalls zum Spiel, ist aber ebenfalls nicht fiktiv.

Offline reinecke

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #52 am: 10.07.2008 | 10:01 »
Sind wir jetzt etwa soweit, dass wir sagen Spielwelt = System (im Forge-Sinne) ?
Yeah, da haben wir ja viel gewonnen.

Offline Merlin Emrys

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #53 am: 10.07.2008 | 10:48 »
Zur Spielwelt gehört alles was (laut Spielregeln) Teil des Spieles ist. Es ist per Spielregeldefinition die Welt in der das Spiel statt findet. (Das deckt sich auch vollkommen mit der philosophischen Definition von Welt, die Du im allerersten Posting aus Wikipedia zitiert hast.)
Deshalb rede ich teilweise von der "fiktiven Spielwelt" oder der Fiktion - um genau das auszudrücken, daß es sich um eine ausschließlich in der Fiktion befindliche Größe handelt. In der auch nichts von all dem exisitert, was man als Stütze zum Aufbau der Fiktion verwenden könnte (Felle, Wildschweine, Speere); in der Fiktion befinden sich immer nur ihre Pendants.

Damit gehört bei weitem nicht alles, was laut Spielregeln Teil des Spiels ist, auch in die Spielwelt. Andererseits gehört viel mehr in sie, als in den Spielregeln zu finden ist. Es gibt einen Überlappungsbereich - aber nicht nur.

Damit deckt sich, das, worüber ich rede, wenn ich von der Spielwelt eines Rollenspiels rede, in keiner Weise mit dem, was in diesen Worten steckt:
Beim Schach bestünde die Spielwelt folglich aus zwei Spielern einem Spielbrett, den allseits bekannten Figuren und den Regeln, auf die man sich geeinigt hat. Das sind die Zutaten, die laut dem Regelbuch nötig sind, wobei das variiert werden kann. Bei einem Turnier gibt es noch eine Schachuhr und eine Notation. Wenn sich die Spieler drauf einigen und gut genug sind, kann man das Brett und die Figuren auch weg lassen.
Ich weiß nicht, was daran "Spielwelt" sein sollte. Es ist eine Ansammlung von Entitäten, die etwas mit einem Spiel zu tun haben, aber unter einer "Welt" stelle ich mir dann doch schon noch mehr vor. Wenn man unbedingt eine "Spielwelt" für jedes Spiel definieren will (was ich für nicht notwendige halte), sollte man vielleicht in Betracht ziehen, daß in einem bestimmten thematischen Bezug Worte eben verschieden gefüllt sind (wie "Nüsse", die je nachdem, ob man in der Küche oder unter Botanikern ist, zwei durchaus verschiedenen Kategorien sind). "Spielwelt" wäre im Schach dann eben nur das, was zum Schach gehört; in bezug auf Rollenspiel aber etwas anderes, nämlich einerseits nur ein Teil dessen, was zum Rollenspiel gehört (als fiktiver Seinsraum für alle möglichen fiktiven Elemente), andererseits aber etwas, was gar nicht in seinem ganzen Umfang zu den Spielregeln gehört, sondern von den Spielern selbst eingebracht und gestaltet wird.
Man kann die beiden unterscheiden, indem man der Spielwelt, um die es beim Rollenspiel geht, ein "fiktiv" voranstellt. Aber ich glaube, man kann auch einfach sagen, daß man das "fiktiv" ja weiß und es daher nicht jedesmal dazusetzen möchte, weil das so aufwendig und umständlich ist - eigentlich würde ich es jedenfalls gern so handhaben.

Sind wir jetzt etwa soweit, dass wir sagen Spielwelt = System (im Forge-Sinne) ?
Also ich jedenfalls nicht; denn zum forgianischen System gehören doch auch das Futter für die Spieler und die schlechte Laune des Spielleiters, wenn ich mich recht entsinne? Die sind aber in meinen Augen kein Teil der Spielwelt...

Eulenspiegel

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #54 am: 10.07.2008 | 13:30 »
@ Turning Wheel
Ich stimme Reinicke zu:
Das, was du beschreibst, ist bereits unter dem Begriff "System" bekannt. Unter Spielwelt ist etwas anderes gemeint.

Offline Beral

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #55 am: 10.07.2008 | 13:38 »
Sind wir jetzt etwa soweit, dass wir sagen Spielwelt = System (im Forge-Sinne) ?
Nein. Das ist definitiv nicht das gleiche. Zumindest nach meiner Definition von Spielwelt.
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Offline reinecke

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #56 am: 11.07.2008 | 16:13 »
Nein. Das ist definitiv nicht das gleiche. Zumindest nach meiner Definition von Spielwelt.
Gut, dann bin ich beruhigt. :)
Ich wollte ja auch mehr einen Kommentar zu Diskussion abgeben. Eulenspiegel hat das gut aufgefasst.

Allerdings habe ich auch meine Mühen mit "Spielregeln implizieren die Spielwelt". Ich gehöre zu der (austerbenden?) Fraktion, die Spielwelt und Spielregeln getrennt voneinander betrachten (zwar gibt es Synergien und Wechselwirkungen).

Offline Beral

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #57 am: 11.07.2008 | 16:51 »
Allerdings habe ich auch meine Mühen mit "Spielregeln implizieren die Spielwelt". Ich gehöre zu der (austerbenden?) Fraktion, die Spielwelt und Spielregeln getrennt voneinander betrachten (zwar gibt es Synergien und Wechselwirkungen).
Von wem stammt dieses Zitat?
Eine der Hauptaussagen des 3-Ebenen-Modells ist, dass Spielwelt und Spielregeln eindeutig voneinander getrennt sind. Von einer aussterbenden Fraktion würde ich nicht sprechen. ;)
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Offline Beral

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #58 am: 16.07.2008 | 23:53 »
Ich zitiere aus dem anderen Thread:
Mal ein Beispiel aus Empire in Earth:
  • Der Spieler der Franzosen stellt sich vor, dass die Preußen einen französischen Botschafter beleidigt haben und dass Frankreich Preußen deswegen den Krieg erklärt.
  • Der Spieler der Preußen stellt sich vor, dass Preußen Ländereien annektiert hat, auf die Napoleon scharf wahr und das deswegen der Krieg erklärt wurde.
  • Der österreichische Spieler stellt sich vor, dass Österreich Napoleon ein Angebot unterbreitet hat, dass er nicht ablehnen kann und dass er deswegen den Preußen einen Krieg erklärt hat.

Jeder hat eine andere Vorstellung, wieso es zum Krieg kam. In einem Rollenspiel müsste man sich also irgendwie darauf einigen, welche Vorstellungen denn nun richtig sind und welche nicht.
Bei Empire in Arms ist das nicht notwendig. - Hier kann jeder Spieler seine eigene ganz persönliche Vorstellungen vom Geschehen haben, die mit den anderen Vorstellungen nicht konform geht, ohne dass es das Spiel beeinträchtigt.
Daran kann man meiner Meinung nach sehr schön den Unterschied zwischen SIS und Spielwelt erkennen. Die Gemeinsamkeit der drei Vorstellungen ist, dass Frankreich Preußen den Krieg erklärt. Natürlich gibt es dafür eine Erklärung in der Spielwelt. Aber sie ist nicht im gemeinsamen Vorstellungsraum. Sie ist vielleicht in keinem einzigen individuellen Vorstellungsraum, sondern liegt außerhalb davon. Eine Tatsache in der Spielwelt muss den Spielern nicht bekannt sein, um Bestandteil der Spielwelt zu sein.

Ich fasse den bisherigen Stand zusammen:

Die Spielwelt ist die Realität, in der die von den Spielern übernommenen Charaktere existieren. Diese Realität kann fiktiv, real oder eine beliebige Mischung von beidem sein. Die Spielwelt ist eine Parallelwelt, die von den Spielern (oft mit Hilfe von Zusatzmaterial) geschaffen und am Laufen gehalten wird.

Die Spielwelt ist genau wie die reale Welt zu großen Teilen unbekannt. Das ändert nichts an ihrer Existenz. Genauso wie wir die reale Welt entdecken und unser Wissen darüber vermehren, verbessern und teilweise komplett revidieren, passiert das auch mit der Spielwelt. Wir entdecken sie und manchmal stellen wir fest, dass frühere "Entdeckungen" Irrtümer waren, dann korrigieren wir die Anschauung von der Spielwelt. Genau wie in der Realität. Der einzige Unterschied ist, dass die Entdeckungen in der Spielwelt von den Spielern selbst festgelegt werden. (Das ist eins der tollen Dinge an Rollenspiel. Wir können uns mit der Wahl des Rollenspiels auch die Art der Entdeckungen aussuchen und damit genau unseren Geschmack treffen.)

Prinzipiell kann es Spielwelten geben, in denen es nichts zu entdecken gibt, weil sie bis ins kleinste Detail bekannt sind. Das kommt in der Praxis vermutlich nie vor, weil solche Spielwelten sehr klein, wenig komplex und ziemlich uninteressant wären.

Fragen? Kritik?
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Offline Merlin Emrys

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #59 am: 17.07.2008 | 01:17 »
Vor allem in einem Punkt bin ich nicht einverstanden.

Diese Realität kann fiktiv, real oder eine beliebige Mischung von beidem sein.
Die Spielwelt muß meines Erachtens aus theoretischen Erwägungen vollständig fiktiv sein.
Man kann reale Gegenstände verwenden, um die Fiktion mit genaueren Vorstellungsbildern auszustatten - aber wenn Klaus der Spieler in der Wirklichkeit einen Bierhumpen mit einem Zug leert, um zu zeigen, was Dorm der Barbar in der Fiktion tut: dann leert der wirkliche Spieler einen wirklichen Humpen und der fiktive Charakter einen fiktiven Humpen. Der fiktive Charakter kann keinen realen Humpen greifen oder leeren; was er tut, tut er durch die Vermittlung realer Wesen (die seine Handlungen beschreiben oder im weitesten Sinne bildhaft wiedergeben).
Der einzige Fall, wo beides tatsächlich in eins fallen würde, wäre ein Rollenspiel, in dem man sich selber spielt - in exakt all den Bezügen, in denen man aktuell steht. Aber ich weiß nicht, ob das dann ein "Rollenspiel" wäre oder nicht einfach nur das ganz normale Leben... in all den Rollen, die man so tagtäglich eben einnimmt.

Offline Beral

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #60 am: 17.07.2008 | 13:23 »
Jo, guter Einwand. Ich formuliere um:

Die Spielwelt ist fiktiv, kann sich aber in Teilen mit der realen Welt überschneiden.
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Offline 1of3

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #61 am: 18.07.2008 | 01:45 »
Zitat
Die Spielwelt ist die Realität, in der die von den Spielern übernommenen Charaktere existieren. Diese Realität kann fiktiv, real oder eine beliebige Mischung von beidem sein. Die Spielwelt ist eine Parallelwelt, die von den Spielern (oft mit Hilfe von Zusatzmaterial) geschaffen und am Laufen gehalten wird.

Die Spielwelt ist genau wie die reale Welt zu großen Teilen unbekannt. Das ändert nichts an ihrer Existenz. Genauso wie wir die reale Welt entdecken und unser Wissen darüber vermehren, verbessern und teilweise komplett revidieren, passiert das auch mit der Spielwelt. Wir entdecken sie und manchmal stellen wir fest, dass frühere "Entdeckungen" Irrtümer waren, dann korrigieren wir die Anschauung von der Spielwelt. Genau wie in der Realität. Der einzige Unterschied ist, dass die Entdeckungen in der Spielwelt von den Spielern selbst festgelegt werden. (Das ist eins der tollen Dinge an Rollenspiel. Wir können uns mit der Wahl des Rollenspiels auch die Art der Entdeckungen aussuchen und damit genau unseren Geschmack treffen.)

Und genau da seh ich unübrückbare Widersprüche. Wenn die Spieler die Welt erschaffen, exisitiert sie nicht. Wir können uns vorstellen, dass ein fiktiver Charakter glaubt in einer existierenden Welt zu leben und dass diese Welt aus seiner Sicht vollständig ist, aber dann gibt es sie trotzdem noch lange nicht. Es gibt sie insbesondere in keiner Weise, die mit unserer realen Welt vergleichbar ist und die Spieler können sie auch nicht entdecken, denn sie erschaffen sie.

Zudem stellt sich da ein Problem mit deinem 3-Ebenen-Modell: Wenn die Spielwelt also, wie du sagst, über den Kenntnisstand der Spieler hinausgehen kann, ist sie nicht vernünftigerweise in der Spielrunde enthalten. Das habe ich schon mal ausgeführt: Wenn wir die Spielwelt so annehmen, hat sie in der Tat überhaupt nichts mehr mit den Leuten am Tisch zu tun. Wir sind dann irgendwo, aber nicht mehr bei Rollenspieltheorie.
« Letzte Änderung: 18.07.2008 | 01:47 von 1of3 »

Eulenspiegel

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #62 am: 18.07.2008 | 01:58 »
Zudem stellt sich da ein Problem mit deinem 3-Ebenen-Modell: Wenn die Spielwelt also, wie du sagst, über den Kenntnisstand der Spieler hinausgehen kann, ist sie nicht vernünftigerweise in der Spielrunde enthalten
Natürlich ist sie noch in der Spielgruppe enthalten. Es ist nur so, dass unterschiedliche Sichtweisen existieren:
Der eine Spieler stellt sich den Drachen rot vor und der andere Spieler stellt sich den Drachen grün vor. Und der dritte Spieler war abgelenkt und weiß gar nicht, dass dort überhaupt ein Drache ist. Und der SL grinst, weil er als einziger weiß, dass der Drache nur eine Illusion eines Magiers ist.

Aber trotzdem ist das alles Teil der gleichen Spielwelt.

Offline 1of3

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #63 am: 18.07.2008 | 02:15 »
Was einen gänzlich anderen Punkt berührt, als ich ihn angesprochen habe. Beral sagt, dass die Welt Informationen enthalte, von denen die Spielrunde noch nicht mal wisse, dass sie sich darüber Gedanken machen wolle.

Offline Merlin Emrys

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #64 am: 18.07.2008 | 10:49 »
Wenn die Spieler die Welt erschaffen, exisitiert sie nicht. Wir können uns vorstellen, dass ein fiktiver Charakter glaubt in einer existierenden Welt zu leben und dass diese Welt aus seiner Sicht vollständig ist, aber dann gibt es sie trotzdem noch lange nicht. Es gibt sie insbesondere in keiner Weise, die mit unserer realen Welt vergleichbar ist und die Spieler können sie auch nicht entdecken, denn sie erschaffen sie.
Es gibt die fiktive Welt aber in der Wirklichkeit als gemeinsame Fiktion. Und es gibt auch die "unentdeckte Welt, die aber existieren muß" als ein Gedankenkonstrukt in der Gemeinschaft derer, die sich über diese Welt einig sind. Es ist eine Leerstelle, aber die Löcher in einem Sieb lassen sich durchaus als Löcher in diesem Sieb fassen, obwohl sie sich ja nun nur durch die Abwesenheit von etwas definieren.
Und die Welt kann mit unserer je nach Wunsch der Spieler mehr oder weniger vergleichbar sein. Nicht vergleichbar in bezug auf ihre Existenzebene, da sind die Dinge klar. Aber es gibt Welten, die von unserer sehr direkt abgeleitet wurden und für die die gleichen Gesetzmäßigkeiten gelten sollen. Diese Gesetzmäßigkeiten wiederum bringen etwas ein, das die Spieler zwar faktisch "erschaffen", aber nicht "frei gestalten können", was also emotional eher einer "Entdeckung" gleicht. ("Wenn wir nicht von unseren Vereinbarungen abweichen wollen, daß die Gesetzmäßigkeiten der Fiktion den uns vertrauten entsprechen, dann kann es nur so sein, daß...") Und mit dem, was in dieser Weise in den Vorstellungsraum eingebracht wurde, müssen die Spieler dann umgehen (vielleicht, weil es ihnen Möglichkeiten verschließt oder eröffnet), und zwar unabhängig davon, ob sie ein paar Sekunden vorher darauf abgezielt haben oder nicht.

Offline Beral

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #65 am: 19.07.2008 | 14:32 »
Beral sagt, dass die Welt Informationen enthalte, von denen die Spielrunde noch nicht mal wisse, dass sie sich darüber Gedanken machen wolle.
Das ist korrekt. Welten haben das so an sich, dass sie Dinge enthalten, über die du keine Ahnung hast. Das bedeutet nicht, dass sie nicht existieren.

Du redest dauernd von Widersprüchen in meiner Theorie. Ich rede im Gegenzug von Unzulänglichkeiten in deiner Argumentation. Das dreht sich schon so lange im Kreis, dass ich vorherzusagen wage, dass wir so nicht weiterkommen.

Ich versuche eine Annäherung. Die Widersprüche sind gar nicht in irgendeiner Theorie. Die Widersprüche ergeben sich, weil wir den gleichen Sachverhalt von unterschiedlichen Seiten angehen. Nicht in der Theorie liegt der Fehler, sondern in den Grundannahmen, die wir der Theorie jeweils zugrunde legen. Ich kann noch nicht explizit benennen, welche Grundannahmen das sind, aber vielleicht kommen wir irgendwann dahin.

Du sagst, die Spielwelt existiert nicht. Ich sage: doch. Wenn ich DSA spiele, stelle ich mir eine Spielwelt vor, Aventurien, in der mein Charakter agiert. Ich kenne diese Spielwelt nicht vollständig, aber wo ist das Problem? Die reale Welt kenne ich auch nicht vollständig, trotzdem ist sie da. Ich könnte auch annehmen, dass nur die Teile da sind, die ich kenne, aber diese Annahme mache ich nicht. Ich gehe davon aus, dass mein Horizont begrenzt ist und darüber hinaus etwas existiert. Genau die gleiche Annahme treffe ich für die Spielwelt. Und weil die Spielwelt etwas von mir erschaffenes ist, kann sie so sein, wie ich sie mir vorstelle. Und ich stelle mir eben vor, dass die Spielwelt mehr ist als das, was ich im Moment über sie weiss. Dass das, was ich über die Spielwelt entdecke, teilweise auch das Produkt meiner augenblicklichen Kreativität ist, kann ich problemlos miteinander vereinbaren. Das ist in der realen Welt auch nicht anders, ich erschaffe permanent ein Stück Realität. Im Rollenspiel habe ich die Freiheit, etwas mehr Realität zu erschaffen, als es mir in der realen Welt möglich ist.

Ich benutze absichtlich den Begriff Spielwelt, weil er meine Denkweise über Rollenspiel unterstützt. Fiktion, SIS oder sonstwas tun das nicht ausreichend. Sie sparen genau die Dinge aus, die ich nicht ausgespart haben will. Ich will Rollenspiel nicht als Vereinbarung eines gemeinsamen Vorstellungsraums verstehen, sondern als Interaktion in einer Spielwelt. Auf Letzteres kommt es mir an. Die Vereinbarung des Vorstellungsraums ist nur ein notwendiges Vorgehen, um gemeinsam in einer Spielwelt zu interagieren, aber Rollenspiel ist mehr als das. Und dieses Mehr will ich erfassen.

Das ist die Denkweise, die ich meiner Theorie zugrunde lege. Ich würde gern auch deine Denkweise so weit verstehen, dass ich in der Lage bin, unseren Disput auf das wirkliche Problem zu beziehen.
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Offline Dr.Boomslang

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #66 am: 19.07.2008 | 17:10 »
Die reale Welt kenne ich auch nicht vollständig, trotzdem ist sie da. Ich könnte auch annehmen, dass nur die Teile da sind, die ich kenne, aber diese Annahme mache ich nicht. Ich gehe davon aus, dass mein Horizont begrenzt ist und darüber hinaus etwas existiert. Genau die gleiche Annahme treffe ich für die Spielwelt.
Der wesentliche Unterschied von Realität und Fiktion ist in diesem Punkt wohl, dass die Realität dich auch beeinflussen kann durch Dinge die außerhalb deiner Wahrnehmung und deines Willens liegen, die Fiktion kann das nicht. In der Fiktion ist dein Wille die einzige Ursache für alles, in der Realität nimmst du das normalerweise nicht an.
Wenn du ein konstruktivistisches Weltbild hast, dann ist das hier allerdings alles ein philosophisches Problem. Du kannst natürlich jeder Fiktion die gleiche Form der Existenz zugestehen wie der Realität. Die meisten Menschen tun das nur nicht. So auch hier.

Offline Merlin Emrys

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #67 am: 19.07.2008 | 17:21 »
Der wesentliche Unterschied von Realität und Fiktion ist in diesem Punkt wohl, dass die Realität dich auch beeinflussen kann durch Dinge die außerhalb deiner Wahrnehmung und deines Willens liegen, die Fiktion kann das nicht.
Dafür wird sie ja von Mitspielern mitgestaltet - und von Würfeln... ;-)

Offline Dom

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #68 am: 19.07.2008 | 17:42 »
Zitat
Du sagst, die Spielwelt existiert nicht. Ich sage: doch. Wenn ich DSA spiele, stelle ich mir eine Spielwelt vor, Aventurien, in der mein Charakter agiert.
Mit dieser Aussage habe ich auch ein Problem. Etwas, was ich mir nur vorstelle, existiert nach meinem Verständnis nicht. Denn ich stelle es mir ja nur vor, d.h. es existiert eine Vorstellung von der Spielwelt, die Spielwelt selbst aber nicht real. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass die Spielwelt größer ist, als das, was ich kenne.

Im Falle von DSA und anderen Rollenspielen, bei denen es Quellenbücher usw. gibt, haben sich andere Leute tatsächlich Gedanken darüber gemacht, wie die Spielwelt außerhalb meines Wissens aussieht. Allerdings handelt es sich dabei auch nur um Vorschläge, die ich annehmen kann oder nicht, d.h. selbst bei DSA ist nicht festgelegt, wie Festum aussieht, wenn ich noch nie in Festum gespielt habe.

Das bedeutet, dass mein Problem mit dem obigen Satz ist, dass die Spielwelt a) nur in meiner Vorstellung existiert (die Spielwelt existiert also nicht, sondern nur eine Vorstellung davon) und b) dass alles, was ich noch nicht bespielt habe, was ich also nicht kenne, nicht definiert ist.

Man kann jetzt von "Erforschung" oder "Entdeckung" der Spielwelt reden, wenn man damit meint, dass man sich von seinen Mitspielern und den Würfeln überraschen lässt. Dadurch kann nämlich der Eindruck entstehen, dass die Spielwelt unabhängig von meiner Vorstellung existiert. Das tut sie aber nicht – alles, was andere über die Spielwelt sagen kann ich ablehnen und mir was anderes vorstellen, genau dasselbe, was ich auch mit dem Vorschlag der Redaktion machen kann.

Offline Joerg.D

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #69 am: 19.07.2008 | 18:06 »
Eine Spielwelt ist die beliebig definierbare fiktive Umgebung, welche benötigt wird um den ebenfalls fiktiven Charakteren im Rahmen der Simulation Handlungen zu ermöglichen (Gespräche zwischen Charakteren benötigen keine definierte Umgebung). Sie wird für gewöhnlich mit einer Spielweltlogik (Regeln) ausgestattet, die es den Spielern ermöglichen eine Einflussnahme auf die Spielwelt zu simulieren (etwas zu machen).

Die Spielweltlogik (Regeln) wird dabei "pseudo logischen" Gesetzen unterworfen, die  eine direkte Auswirkung auf die zu simulierende Umgebung haben. Diese Gesetze versuchen dabei eine für die Spieler nachvollziehbare reelle Spielwelt-Physik zu erschaffen, in deren Rahmen Handlungen simuliert werden können. Wird diese Spielwelt-Physik für die Spieler nachvollziebar dargestellt, gelingt es diesen leichter in die Spielwelt einzutauchen (Immersion zu erleben). Die SoD endet, wenn die Spieler Teile der Spielwelt-Physik oder die Logik von Regeln anzweifeln.

Neben den direkten physischen Gesetzen werden meist auch definierende Elemente benötigt um die Spielwelt für die Spieler konkret vorstellbar zu machen. Das sind z.B eine konkrete Geographie, Topographie, Länder, Städte, Bauwerke, ein Phanteon, Tiere Botanik und NSCs. Alle diese Elemente werden benötigt um den Spielern nicht nur Rahmenbedingungen zum simulieren von Handlungen zu geben, sondern auch eine vorstellbare Umgebung.

Aus diesen Elementen erwächst dann die SIS, welche die Grundlage für das gemeinsame Spiel der Gruppe bildet.
« Letzte Änderung: 19.07.2008 | 18:20 von Jörg.D »
Wer schweigt stimmt nicht immer zu.
Er hat nur manchmal keine Lust mit Idioten zu diskutieren.

Offline Merlin Emrys

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #70 am: 19.07.2008 | 18:08 »
Das tut sie aber nicht – alles, was andere über die Spielwelt sagen kann ich ablehnen und mir was anderes vorstellen, genau dasselbe, was ich auch mit dem Vorschlag der Redaktion machen kann.
Auch noch, wenn (mal angenommen) die Einigung besteht, daß erstens der Spielleiter das Recht hat, Dinge verbindlich festzulegen (d.h. ein Spieler sie eigentlich nicht ablehnen kann) und zweites das Quellenmaterial als gültig angesehen wird?

Wobei es letztlich gar nicht nötig ist, so konsequente Einigungen zu fordern. Immer, wenn ich einer Setzung, die jemand anders getroffen hat (sei es aus eigenem Gutdünken oder in Auslegung der Spielwelt-Gesetzmäßigkeiten, die Jörg.D genannt hat), zustimme, bestätigt sich ja "der Eindruck ..., dass die Spielwelt unabhängig von meiner Vorstellung existiert".
« Letzte Änderung: 19.07.2008 | 18:09 von Merlin Emrys »

Offline Dr.Boomslang

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #71 am: 19.07.2008 | 18:12 »
Dafür wird sie ja von Mitspielern mitgestaltet - und von Würfeln... ;-)
Das stimmt ja. Genau wie Dom sagt ist das ja auch ein exzellentes Mittel eine Form von Externalität zu erzeugen, also den Eindruck das etwas von außen auf mich zukommt, dass ich nicht kontrolliere und nicht bestimme, dass ich also etwas entdecke oder erforsche und nicht kreiere. Da es sich aber immer noch um Fiktion handelt müssen wir im Auge behalten, dass dies eine absichtlich aufgebaute Illusion ist. Es kommt etwas von außen auf mich zu, aber das hat nicht direkt was mit einer Spielwelt zu tun.

Ich als Spieler weiß dass das was ich mir vorstelle von anderen Spielern kommt, die ein Spiel spielen und darin bestimmte Absichten verfolgen. Ich weiß, dass das was ich mir vorstelle nicht verursacht wurde durch Dinge in der Fiktion, die ich nicht kenne, sondern durch meine Mitspieler, ihre Entscheidungen und durch den Verhandlungsprozess des Spiels. Gehe ich von einer eigenen Existenz der Welt aus, leugne ich diesen Vorgang und bin damit Teil der Illusion des Spiels. So kann ich nicht vernünftig analytisch über das Spielgeschehen nachdenken.

Offline Dom

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #72 am: 19.07.2008 | 18:22 »
Auch noch, wenn (mal angenommen) die Einigung besteht, daß erstens der Spielleiter das Recht hat, Dinge verbindlich festzulegen (d.h. ein Spieler sie eigentlich nicht ablehnen kann) und zweites das Quellenmaterial als gültig angesehen wird?

Ja, auch wenn der SL das Recht hat, Dinge verbindlich festzulegen und das Quellenmaterial als gültig angesehen wird, muss ich die Dinge, wenn ich sie das erste Mal höre, annehmen. Wenn ich das nicht tue (weil ich das, was da vorgeschlagen wird, Kacke finde), dann kommt es zum Konflikt, keine Frage. Wie der Konflikt endet, ist eine andere Frage. Vielleicht nehme ich die Dinge ja doch (zähneknirschend) an, oder ich lasse es bleiben und spiele dann im Zweifelsfall nicht mehr mit.

Was den Eindruck angeht: Ja, klar. Das stimmt natürlich.

Offline Merlin Emrys

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #73 am: 19.07.2008 | 21:18 »
Gehe ich von einer eigenen Existenz der Welt aus, leugne ich diesen Vorgang und bin damit Teil der Illusion des Spiels. So kann ich nicht vernünftig analytisch über das Spielgeschehen nachdenken.
Nun, eine Fiktion ist in meinen Augen eine existierende Entität. Es ist ja durchaus etwas da. Warum sollte ich über dies Etwas nicht auch analytisch so nachdenken können, daß ich feststelle:
- Ein Teil meiner Fiktion (und zwar der weithin größte) wird von mir selbst geliefert.
- Aber es gibt auch Quellen fiktiver Elemente, die für mich von außen kommen:
- - Die Fiktion anderer Spieler (und ggfs. des Quellenmaterials), die ich als gegeben akzeptiere (wie viele oder wenige auch immer das sein mögen).
- - Die Ergebnisse eines Zufallsgenerators, die ich als gegeben akzeptiere.
- - Die Elemente, die sich aus der Akzeptanz gewisser Gesetzmäßigkeiten der fiktiven Welt ergeben, sobald man diese Gesetzmäßigkeiten anwendet.
Inwieweit man den dritten und vielleicht sogar den zweiten dieser Punkte dann als eine "Eigenständigkeit" der fiktiven Welt betrachtet, ist dann vermutlich eine philosophische Frage.

Ja, auch wenn der SL das Recht hat, Dinge verbindlich festzulegen und das Quellenmaterial als gültig angesehen wird, muss ich die Dinge, wenn ich sie das erste Mal höre, annehmen.
Aber sofern Du irgendetwas von den Vorschlägen annimmst, ist die Welt nicht mehr ganz unter Deiner Kontrolle. Und damit, denke ich, ist das, was Dr. Boomslang zunächst geschrieben hatte, in meinen Augen eben so nicht ganz korrekt:
Der wesentliche Unterschied von Realität und Fiktion ist in diesem Punkt wohl, dass die Realität dich auch beeinflussen kann durch Dinge die außerhalb deiner Wahrnehmung und deines Willens liegen, die Fiktion kann das nicht. In der Fiktion ist dein Wille die einzige Ursache für alles, in der Realität nimmst du das normalerweise nicht an.
Die Fiktion kann einen Spieler (vor allem emotional) tief beeinflussen - eben weil Dinge außerhalb seines Willens liegen (und vielleicht gar an Würfel delegiert waren), vielleicht sogar welche, die außerhalb seiner Wahrnehmung waren.
« Letzte Änderung: 19.07.2008 | 21:23 von Merlin Emrys »

Offline Dom

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Re: Definitionssuche: Was ist eine Spielwelt?
« Antwort #74 am: 19.07.2008 | 21:20 »
Ähm, Merlin, Boomslang!=Dom ;)