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Arcane Codex - Iluans Schicksal
Iluan:
In aller Eile stelle ich zwei von Syroxors Sesseln inmitten seiner Bibliothek zusammen. Dazwischen ein kleiner, runder Tisch, auf dem ich zwei Kelche anrichte und eine Flasche von Syroxors bestem Wein. So, wie Syroxor sich bei seinem Aufbruch gekleidet hat, war er auf dem Weg zu wichtigen Personen. Ich öffne die Flasche, damit der Tropfen atmen kann, bis mein Meister mit seinem Besuch kommt.
Zwischen den Sesseln und der Tür, die ins Labor führt, sind an der Decke metallene Ringe angebracht, in die ich nun, indem ich auf eine kleine Leiter steige, Ketten einhänge, die bis etwa auf meine Kopfhöhe herunterhängen, sich aber von unten auch bequem höher ziehen lassen und in Haken enden.
Auf einen zweiten Tisch in der Nähe dieser Ketten lege ich die "Spielzeuge": mehrere Peitschen und Gerten, verschiedene Messer, teils scharf geschliffen, teils stumpf und schartig, außerdem Phiolen mit diversen Giften, die, in frische Wunden gestrichen, auf nackte Haut aufgetragen oder in den Mund geträufelt, ganz unterschiedliche unangenehme Wirkungen entfalten. Daneben stelle ich ein kleines Terrarium mit einer Obsidian-Käfer-Kolonie. Diese kleinen, aggressiven Tierchen, jedes nicht größer als der Nagel meines kleinen Fingers, reagieren auf die kleinste Bewegung in ihrer Umgebung, indem sie sich mit ihren durchaus ansehnlichen Mandibeln in alles verbeißen, das nicht die Härte von Stein hat. Der Biss eines einzelnen Obsidian-Käfers ist schmerzhaft, von einer ganzen Kolonie angefallen zu werden, heißt es, kann ein Morai überleben, aber nicht ohne vor Schmerz den Verstand zu verlieren. Zum Schluss lege ich die Zange neben das Terrarium, mit der Syroxor die kleinen Biester aus ihrem Gefängnis heben kann, ohne sie zu verletzen, und werfe einen prüfenden Blick auf mein Arrangement.
Dann bereite ich mich selbst vor. Ich wasche mich gründlich an der Wasserschale hinten im Labor, schrubbe Schweiß und den rußigen Staub aus Amuns Höhle von meiner Haut und reibe mich dann mit dem duftenden Öl ein, das Syroxor mich ein paar Mal angewiesen hat zu benutzen, wenn wir wichtigen Besuch hatten. Ich streife mir ein schwarzes, eng anliegendes Kleid über, das Syroxor ebenfalls für solche Gelegenheiten für mich hat anfertigen lassen und das neben meinen Armen und einem Großteil meines Rückens auch meine Beine bis weit über die Knie freilässt. Um meinen Hals, ebenso wie um meine Handgelenke und meine Knöchel lege ich feste Lederbänder, an denen Metallringe befestigt sind, in die sich die von der Decke hängenden Ketten einhaken lassen. Zuletzt hole ich scharfe Haken, an denen feine Silberkettchen befestigt sind, und mit zusammengebissenen Zähnen schiebe ich mir die Haken unter die Haut von Unterarmen, Oberschenkeln und Schultern. Als ich das Blut abtupfe, da dabei aufgetreten ist, sind die Wunden schon verheilt, und die Haken sitzen fest. Die Enden der Silberkettchen befestige ich für den Moment an meinem Halsring.
Zufrieden mit meinen Vorbereitungen, setze ich mich ins Labor in die Nähe der Eingangstür, bereit bei der kleinsten Bewegung der Tür in eine knieende Haltung zu wechseln. Ich bin mir nicht sicher, wie kreativ Syroxor meine Vorbereitungen finden wird, aber ich gehe fest davon aus, dass sie ihm gefallen werden.
Zu meiner Überraschung gelingt es mir noch immer, meine Angst niederzudrängen und das, was kommen wird, als Herausforderung zu sehen, als eine Chance, mir selbst zu beweisen, dass ich mir die Willenskraft, die Sirra'Xorr in mir geweckt hat, nicht nur einbilde.
Richtenstahl:
Du musst noch eine Weile warten, bis du Schritte auf dem Gang hörst. Schritte von vielen Personen.
Die Tür schwingt auf und du kannst nur aus dem Augenwinkel die Schuhe der Besucher sehen, da du das Gesicht zu Boden gewand hast, aber es sind mindestens sieben oder acht Personen, die hereinkommen. Das Parfum mindestens einer Dame steigt dir in die Nase.
Syroxors Stimme begrüßt die Bescuher höflich in seinem Domizil, dann gibt er Befehle und du hörst das Rücken von Möbeln.
Währenddessen wendet er sich an die Ankömmlinge:
"Wie ich es Euch schon berichtete, hat Xyra´is mich etwas verärgert. Ich habe ihr erlaubt, ihre Strafe selbst festzusetzten und durchzuführen. Die Vorbereitungen, die sie getroffen hat, scheinen ja recht vielversrpechend.
Ich bitte Euch also, nehmt Platz, genießt einen Schluck dieses vorzüglichen Weines und erfreut euch an deisem Schauspiel.
Lange Jahre habe ich sie dessiert und hat sie von mir gelernt, jetzt wollen wir doch mal sehen, ob sie eine gelehrige Schülerin war und mir keine Schande bereitet."
Bei dem letzten Satz hat sich die kalte Schärfe einer Rasierklinge in seine Stimme geschlichen.
"Sklavin, beginne."
Du hebst den Kopf und erstarrst. Es sind vier Sessel zu einer Sitzgruppe zusammengestellt. Darauf niedergelassen haben sich Syroxor und drei Mitglieder des Haushaltes, die dir mehr oder weniger gut bekannt sind.
Xafir sprint dir als erstes ins Auge. Er steht hinter den Sesseln und hebt leicht sein Weinglas, als dein Blick auf ihn fällt. Sein erwartungsvolles Lächeln spiegelt die Jagdgier der Echsen wieder, die du in deinen Visionen gesehen hast.
Kazzor, der gemütlich zurückgelehnt in einem Sessel sitzt verblasst beinehe neben Xalessa, die in dem mittleren Sessel trohnt. Ihr kontrastreich gefärbten Gewänder umschmeicheln ihre schlanke, grazile Gestalt. Sie lächelt Syroxor mit einem tiefgründigen Lächeln an und ihre Augen funkeln im Kerzenschein.
Du weißt, wenn er Xalessa geladen hat, dann will er sie beeindrucken. Dann musst DU sie beeindrucken.
Die Enormität der dir gestellten Aufgabe scheint beinahe über dir zusammenzuschlagen udn du schwankst auf deinen Knien.
Doch dein Meister hat dir einen Befehl gegeben...
Iluan:
Er kann mich nicht töten, wiederhole ich in meinem Kopf, also kann er mich nicht besiegen. Und plötzlich wird mir klar, dass das genauso für Xafir gilt und wie viel von der Macht, die er immer über mich gehabt hat, in meiner Angst begründet liegt, nur in meiner Angst. Zum ersten Mal überhaupt in meinem Leben gelingt es mir, Xafir in die Augen zu blicken und seinem Blick stand zu halten. Ich erwidere sogar sein Lächeln, und ich habe das Gefühl, dass auch in meinem diesmal etwas Gefährliches liegt.
Dann wandert mein Blick zu Kazzor, und seine entspannte Haltung tut mir weh. Ich suche nach irgend einem Anzeichen dafür, dass sie nur gespielt ist, und er in Wahrheit lieber nicht zuschauen würde, wie ich leide, aber ich bin mir nicht sicher.
Ich erhebe mich, und hole noch einmal tief Luft. Nun hat es begonnen. Ich gehe zu dem Ende der an den Deckenringen befestigten Kette, das in einem eleganten, lederbezogenen Griff ausläuft, bringe es zu Xalessa und reiche es ihr mit einer tiefen Verbeugung.
Ohne mich groß zu beachten, den Blick immer noch auf Syroxor geheftet, nimmt sie es entgegen. Dann stelle ich mich unter die Ringe, die von der Decke hängen und befestige die Ösen an meinen Handgelenken an den herabhängenden Haken. Noch wäre ich jederzeit in der Lage, mir die Haken auch selbst wieder abzuhängen, aber sobald Xalessa am anderen Ende der Kette zieht, werden meine Hände so weit über meinen Kopf gezogen werden, dass ich mich aus dieser Position nicht von alleine werde befreien können.
Schon jetzt werden meine Handgelenke etwa in Kopfhöhe gehalten. Ich suche stabilen Stand, versuche meinen Atem etwas zu beruhigen und blicke dann wieder zu Xafir. Blicke ihm direkt in die Augen und genieße die Überraschung, die ich darüber in seinen sehe.
Richtenstahl:
Xalessa schaut erstaunt auf die Kette, die du ihr in die Hand gedrückt hast, und dann fragend zu Syroxor hinüber.
Dessen Stimme wird gefährlich weich, als er sich an dich wendet:
"Gut, Xyra´is, dass du uns mit dieser Geste zeigst, dass deine Pein in unserer Hand liegt. Und nun wirst. Du. Mit unserer Unterhaltung. Beginnen."
Iluan:
Ich blinzele vor Überraschung und bin für einen Moment verwirrt darüber, was nun von mir erwartet wird. Dann wird mir klar, wie perfide Syroxors Forderung ist. Er verlangt nicht nur die Kraft von mir, die Schmerzen zu ertragen, er verlangt die Kraft, sie mir selbst zuzufügen.
Ich beiße die Zähne zusammen. Was wollen diese Sith sehen? Bei Xafir ist die Frage einfach zu beantworten: Er will meinen Schmerz und meine Angst sehen. Das erste wird er bekommen, das zweite, so schwöre ich mir in einem Augenblick besonders großen Trotzes, nicht.
Was Kazzor will, ist mir ein Rätsel, und ich schrecke davor zurück, genauer darüber nachzudenken. Was Syroxor will, ist dafür wieder umso klarer: was auch immer Xalessa gefällt. Die große Frage ist also, was Markrendras Tochter will, und ich habe keine Ahnung. Nun, ich werde es herausfinden, und wenn nicht, Pech für Syroxor. Viel schlimmer als das, was er jetzt vorhat, kann es für mich kaum werden. Oder?
Ich löse mich also von den Ketten, die meine Arme halten, verbeuge mich noch einmal vor den Morai und trete an den Tisch mit den Folterwerkzeugen, den ich zwischen den Sesseln platziert habe, in denen nun Kazzor und Xalessa Platz genommen haben.
Ich stehe dadurch nun dicht vor Kazzor und lasse meinen Blick noch einmal suchend über sein Gesicht gleitend in der Hoffnung für irgendein Zeichen von Sympathie, aber es ist völlig leer. Da tritt Xafir einen Schritt vor und steht nun direkt gegenüber von mir auf der anderen Seite des Tisches. Ich blicke zu ihm auf und noch einmal in seine Augen, denn der Blick auf die Folterwerkzeuge hat mir deutlich gemacht, dass ich wahrscheinlich nicht mehr lange die Kraft haben werde, seinem Blick zu begegnen. Er scheint diese Unsicherheit zu spüren, denn sein Lächeln ist erfüllt von Vorfreude. Er streckt eine Hand über den Tisch und berührt mich sanft am Kinn, eine wohlbekannte Geste, unter der ich schon unzählige Male begonnen habe zu zittern. Diesmal aber entspannen ich mich und lege den Kopf leicht zur Seite, entblöße meinen Hals für ihn und denke: Siehst Du diese Geste der Unterwerfung? Komm näher, mein Feind, komm näher, damit ich meine Klauen in Deinen Leib rammen kann. Als hätte er meine Gedanken in meinen Augen gelesen ziehen sich seine Augen misstrauisch zusammen und er lässt die Hand sinken.
Diesen letzten Triumph auskostend wende ich meinen Blick nun zu Xalessa, während meine Hand, mit einem ganz leichten Zittern über die ausliegenden Folterwerkzeuge fährt. Ich habe nun ihre ungeteilte Aufmerksamkeit und ihr Blick folgt meiner Hand. Bei dem großen Arsenal an Peitschen und Gerten, zucken ihre Finger kaum merklich, als würde sie doch am liebsten selbst Hand anlegen, aber ich sehe kein Interesse daran, dass meine Hand sie aufnimmt. Bei den Messern weiten sich ihre Augen leicht vor Erwartung und als ich die Gifte erreiche, huscht ihre Zunge kurz über ihre perfekt geformten Lippen. Die Käferzange dagegen lässt sie völlig kalt.
Ich treffe also meine Wahl und nehme eines der scharf geschliffenen Messer zur Hand. Den ersten Schnitt an meinem linken Oberschenkel gelingt es mir, langsam und sorgfältig zu ziehen. Ich schneide tief und schaffe es, hinter zusammengebissenen Zähnen einen Schrei zu unterdrücken, obwohl mir Tränen in die Augen steigen und mir schwindelig wird. Zwei Atemzüge Pause, dann der nächste Schnitt an meinem rechten Oberschenkel, diesmal in einem schnellen Zug. Ich erschrecke ein wenig, als ich sehe, wie weit mein Fleisch aufklafft, aber mein Bein trägt mich noch, und ich habe noch immer keinen Laut von mir gegeben. Die Pause diesmal etwas länger, während ich Übelkeit niederkämpfe. Ich habe nun keinerlei Aufmerksamkeit für die Morai übrig, bin nur darauf konzentriert auf den Beinen zu bleiben und meinen Auftrag zu erfüllen. Der dritte Schnitt, mehr ein Hieb, der meinen linken Unterarm fast bis auf den Knochen öffnet. Diesmal kann ich ein Schluchzen nicht unterdrücken. Möglichst schnell, da ich nicht sicher bin, ob ich sonst dazu in der Lage wäre, der vierte Schnitt, mein linker Oberarm. Diesmal ein eher oberflächlicher Schnitt, denn meine Kräfte schwinden rasch, laufen in großen roten Strömen aus mir heraus. Doch es ist nicht nur körperliche Schwäche, ich spüre auch, dass ich nicht mehr lange in der Lage sein werde, die Waffe selbst zu führen. Zum Glück weiß ich dafür eine Lösung, die Xalessa gefallen sollte.
Ich taumle zum Tisch zurück, lasse das blutverschmierte Messer fallen und greife stattdessen nach einer Phiole aus dunkel getöntem Glas. Aus den Augenwinkeln bekomme ich mit, dass Xalessa erwartungsvoll die Luft einsaugt. Ich entferne den kunstvoll verzierten Korken des Fläschchens und lasse einen Tropfen des milchigen, zähflüssigen Inhalts auf den Boden fallen, damit meine Zuschauer sich davon überzeugen können, dass es sich tatsächlich um Lyrissium handelt, eines der beliebtesten Waffengifte der Morai. Seine Beliebtheit rührt unter anderem daher, dass es für den Verwender beim Auftragen relativ ungefährlich ist und erst bei der Berührung mit Blut seine außer Gefecht setzende Wirkung entfaltet. Und die Art, wie es seine Opfer außer Gefecht setzt ist zudem eine, die vielen Morai große Befriedigung verschafft.
Mit schnellen Bewegungen, da ich nicht viel Zeit habe, bis die Wirkung einsetzt, gieße ich jeweils einige Tropfen des Giftes auf meine vier Messerschnitte.
Es beginnt als ein Brennen, das schnell stärker wird und innerhalb weniger Herzschläge die Grenze zum Schmerz und dann zur Agonie überschreitet. Die Glasphiole entgleitet meinen Fingern, während mein Blut kocht und die Haut um meine Wunden Blasen wirft. Wimmernd sinke ich in die Knie, und krümme mich zusammen. Der Schmerz verbrennt meine Glieder, wütet in meinem Fleisch und stiehlt mir jeden klaren Gedanken. Schreiend winde ich mich am Boden.
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