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Wie spielt Ihr D&D?
Kinshasa Beatboy:
Versuche mich ja seit einiger Zeit in D&D4 hineinzudenken und gebe mir trotz einer sehr hinderlichen, anders orientierten bisherigen Rollenspielsozialisation dabei grosse Mühe. Dabei schaue ich mir bisweilen auch an, was im ORK und bei den Blutschwertern so diskutiert wird, und bin auf den folgenden Post aufmerksam geworden (Kointext: ein D&D 3.x-Fanboy beklagt sich über verlotterte Sitten bei D&D4-Spielern, aber hier nicht weiter von Belang), in dem eine scheinbar recht typische Szene geschildert wird:
--- Zitat von: irgendein D&D-Spieler ---Zweite Begegnung: Ein Skelettdrache, der durch eine Illusion als Baum getarnt war und erst angegriffen hat, nachdem es offensichtlich wurde, daß er enttarnt wurde. [...]
Es handelte sich um einen Skeletal Ancient Red Dragon. Nachdem ich im Nachhinein den Stat Block gesehen habe, muß ich konstatieren: Den im offenen Kampf zu besiegen, ohne Tote zu beklagen, war unmöglich. Genau die gleiche Meinung wurde völlig zutreffend auch schon im D&D-Gate geäußert. Die Challenge Rating der "Skeletal Dragon" Template ist einfach "way off", wie man so schön sagt - viel bessere Werte als die normale Skeleton Template, aber erheblich niedrigeres Challenge Rating. Selbst damit übrigens noch CR 11.
Aber: Offener Kampf wäre gar nicht nötig gewesen. Nachdem ich mir später die taktischen Optionen durch den Kopf gehen ließ, fiel mir dies ein.
Halt Undead. Skelettdrache hat keine Intelligenz und daher keinen Save, funktioniert garantiert gegen jede Anzahl HD, konzentriert besonders mit Fernkampf und Magie draufhalten, nächster Halt Undead.*
Ich bin mir relativ sicher, daß unser Nekromant den beherrscht. Entweder hatte er schon ihn ausreichend memoriert (oder kann man Domänenzauber eh reintauschen?), oder wenn nicht, hätte uns unser Travel Domain-Cleric wegteleportiert und wir wären später wiedergekommen. Vorbereitet!
Früher hätten wir diese Art von Planung auch gemacht. In unser vorherigen Kampagne wurde gebufft, taktiert, besprochen, was das Zeug hält. Und hier war die Gelegenheit da.
--- Ende Zitat ---
Nun habe ich dazu ein paar Fragen an die hier versammelte Fachpresse:
1. In meinen Runden würde es mit absoluter Sicherheit nie ein Skelettdrache auftauchen, der sich durch eine Illusion als Baum tarnt. Für mich klingt das vollkommen bescheuert, aber ich habe gelernt, dass ich meine Tabus ein wenig überdenken lernen muss. Daher die Frage: könnte das bei Euch vorkommen?
2. Die gesamte Betrachtung der Szene mutet auf mich erheblich technischer an als es für mich momentan vorstellbar wäre. Der mystische Charakter der Welt wird weitgehend durch eine sehr zahlen- und wertebezogene Betrachtung ersetzt. Läuft das Spiel in Euren Runden ähnlich ab?
3. Die entwickelte Kampfstrategie wirkt auf mich absurd. Bestimmt lässt sich die Strategie regeltechnisch so abbilden, aber sie spiegelt eine Sichtweise, in der das Gefühl für Dramatik nahezu komplett durch eine mechanistische Perspektive ersetzt wurde. Wenn die SC das so durchziehen und der SL parallel die NSC ähnlich agieren lassen würde, könnte ich mir eine funktionierende, konsistente und atmosphärisch dichte Welt kaum noch vorstellen. Seht Ihr das anders?
Wie einige von Euch vielleicht bemerkt haben, gebe ich mir momentan recht grosse Mühe, mich auf D&D4 einzulassen. Manchmal habe ich aber das Gefühl, noch sehr, sehr weit vom notwendigen Mindset entfernt zu sein. Die Lektüre des zitierten Posts war einer dieser Momente. Was meint Ihr, bin ich für D&D noch zu retten? Oder hat mich das hinterhältige Storytellingmonster für immer zum Betrüger an Regeln, Mitspielern und Setting gemacht und so in die unvermeidliche und endgültige Verdammnis gestossen?
Wäre Euch dankbar, wenn Ihr Euch in etwaigen Antworten direkt auf die drei konkreten Punkte beziehen könntet und bin gespannt auf Eure Gedanken ;)
Ein:
Nein, ich würde keinen Skelettdrachen als Baum tarnen. Ich würde den mit viel Getose aus dem Friedhof nach oben brechen lassen. Wer seine Insight nicht schafft, ist surprised. Danach geht es normal weiter.
Ansonsten ist die Mechanik da 3.x. In 4e ist so ein öder Kram soweit ich weiß garnicht drin. (Aber sicherlich belehrt mich da gleich einer des besseren ;) )
Enpeze:
ich hab 3.5 nie gespielt, aber die 1st edition und jetzt auch die vierte ein wenig. Also versuch ich Dir hier meine Sichtweise des "Rollenspiels" D&D darzulegen.
--- Zitat von: Kinshasa Beatboy am 19.10.2008 | 19:01 ---1. In meinen Runden würde es mit absoluter Sicherheit nie ein Skelettdrache auftauchen, der sich durch eine Illusion als Baum tarnt. Für mich klingt das vollkommen bescheuert, aber ich habe gelernt, dass ich meine Tabus ein wenig überdenken lernen muss. Daher die Frage: könnte das bei Euch vorkommen?
--- Ende Zitat ---
ich spiel derzeit die offizielle 4e campaign und skelettdrachen die sich tarnen kann ich mir da durchaus auch vorstellen. in einem normalen "Non-D&D Rollenspiel" würde sowas bei mir natürlich nicht vorkommen.
Das "Bescheuerte" ist für mich in D&D Legion. Es gibt z.B. bereits in den Grundregeln jede Menge "bescheuerte" Elemente. Ebenso ist das Niveau vieler Monster aus den Monsterhandbüchern und den D&D Miniatures das eines pubertierenden 15jährigen. Wobei natürlich für manche schon was bescheuert ist, was für andere noch durchaus im Rahmen des vorstellbaren liegt.
--- Zitat von: Kinshasa Beatboy am 19.10.2008 | 19:01 ---
2. Die gesamte Betrachtung der Szene mutet auf mich erheblich technischer an als es für mich momentan vorstellbar wäre. Der mystische Charakter der Welt wird weitgehend durch eine sehr zahlen- und wertebezogene Betrachtung ersetzt. Läuft das Spiel in Euren Runden ähnlich ab?
--- Ende Zitat ---
In D&D4e mit offiziellem Modul läufts bei uns auch relativ technisch ab. In einem "richtigen" Rollenspiel würd ich mir aber eher ein Loch ins Knie schießen bevor ich sowas veranstalte.
--- Zitat von: Kinshasa Beatboy am 19.10.2008 | 19:01 ---
3. Die entwickelte Kampfstrategie wirkt auf mich absurd. Bestimmt lässt sich die Strategie regeltechnisch so abbilden, aber sie spiegelt eine Sichtweise, in der das Gefühl für Dramatik nahezu komplett durch eine mechanistische Perspektive ersetzt wurde. Wenn die SC das so durchziehen und der SL parallel die NSC ähnlich agieren lassen würde, könnte ich mir eine funktionierende, konsistente und atmosphärisch dichte Welt kaum noch vorstellen. Seht Ihr das anders?
--- Ende Zitat ---
Nein. Seh ich nicht anders. Es gibt sicher Leute, die D&D irgendwie anders spielen und es mehr als traditionelles Rollenspiel sehen, aber die biegen dann eben was krummes gerade, anstatt gleich was grades zu verwenden (wie z.B. ein anderes System)
--- Zitat von: Kinshasa Beatboy am 19.10.2008 | 19:01 ---
Wie einige von Euch vielleicht bemerkt haben, gebe ich mir momentan recht grosse Mühe, mich auf D&D4 einzulassen. Manchmal habe ich aber das Gefühl, noch sehr, sehr weit vom notwendigen Mindset entfernt zu sein. Die Lektüre des zitierten Posts war einer dieser Momente. Was meint Ihr, bin ich für D&D noch zu retten? Oder hat mich das hinterhältige Storytellingmonster für immer zum Betrüger an Regeln, Mitspielern und Setting gemacht und so in die unvermeidliche und endgültige Verdammnis gestossen?
--- Ende Zitat ---
Ach was. Du darfst eben D&D4 nur als das sehen als das es mE von WotC gedacht ist. Als Boardgame (Plastikminis und Floorplans am besten auch gleich von WotC kaufen) mit Rollenspielansätzen. Was kann man auch von einem System erwarten, bei der nach einer "5-min. Terrine" (sprich 5 min. short rest) der Charakter von ziemlich tot!!! in blitzeseile auf pumperlgesund raufgeheilt wird? Sowas KANN kein echtes Rollenspielsystem ersetzen (wie z.B. CoC, Warhammer oder Harn) aber trotzdem ein sehr schönes Spielerlebnis sein. Man muß sich eben drauf einlassen, alles mit einem zynisch-ironischen Blickwinkel sehen und auf nur irgendeine wie auch immer geartete Realität scheissen. Dann klappts auch.
Grimnir:
Lieber Beatboy,
wir spielen nun schon seit mehreren Jahren D&D 3.5. Zu Deinen Fragen:
1. Nein, weil das auf uns affig wirken würde. Ein Skelettdrache, der sich als Baum tarnt, wäre für unsere Gruppe einfach zu absurd. Ich als SL würde das nie machen, sondern - wie Ein sagte - eine dramatischere Einführung eines solchen Gegners wählen. In der Gruppe, in der ich Spieler bin, hat unser SL ebenfalls ein gutes Gefühl für Dramatik. Die eine Szene, in der auch bei uns ein Skelettdrache auftauchte ist, hatte alle nötige Glaubwürdigkeit und Tiefe - inklusive Vorgeschichte des Drachen nebst Namen etc. (Übrigens ist der CR des Templates in der Tat viel zu niedrig angesetzt - bei uns gab es einen TPK mit anschließender Wiederbelebung).
2. Nach diesem TPK war unsere Diskussion auch wertezentriert. Das finde ich recht normal, wenn man mit einem überstarken Gegner mit m.E. falscher CR konfrontiert wird. Das halte ich bei eintsprechenden Situationen allerdings bei den meisten Rollenspielen für normal.
3. Die Strategie halt ich nicht für absurd für eine High-Magic-Welt. D&D 3 hatte immer schon die Problematik, dass die Überraschung einen zu starken Effekt hat - einen Gegner, den man vorbereitet mit Leichtigkeit packt, kann zu einem echten Problem werden, wenn man überrascht wird. Daher haben wir in höheren Stufen auch schon die Teleportations-Flucht mit anschließender Rückkehr gewählt. Unter der Voraussetzung, dass im Setting diese Möglichkeiten vorhanden sind, halte ich die Anwendung dieser auch für sehr konsistent. Ich sehe auch nicht unbedingt, dass da die Dramatik drunter leiden muss. Ein Beinahe-Tod mit knapper Rettung durch Teleportation, ein vorsichtiges neues Anpirschen und der Einsatz entsprechender Magie, um die Situation doch noch zu meistern, sehe ich als durchaus dramatisch an, wenn man es entsprechend spielt.
Ich persönlich sehe also die "Probleme" nicht in der Spielmechanik, sondern im von D&D vorgebenen High-Magic-Setting. Lässt man sich darauf ein, wirkt das Ergebnis recht konsistent, glaubwürdig und damit dramatisch innerhalb der Setting-Axiome. Ich persönlich präferiere eigentlich Low-Magic, aber da mir D&D mit meinen Freunden immer noch einen unheimlichen Spaß bereitet, akzeptiere ich das von Magie durchdrungene Setting.
Es grüßt
Grimnir
EDIT: Um auch noch auf den Thread-Titel zu antworten: Unsere Kerngruppe spielt relativ regelmäßig seit 1991 zunächst AD&D, dann D&D 3.5. Dabei waren wir immer relativ isoliert - wir hatten wir so gut wie keine Kontakte mit anderen Gruppen, und den Diskurs z.B. im Tanelorn verfolge ich erst seit knapp einem Jahr.
Daher haben wir uns auch eine relativ traditionelle Spielweise bewahrt: Vieles wird ausgespielt (wobei wir eigentlich noch nie gehartwurstet haben), häufig benutzen wir wörtliche Rede, wir basteln uns Hintergrundgeschichten etc. Lange Zeit haben wir auch Würfel gedreht, aber seit wir den Diskurs mitbekommen bzw. an ihm teilnehmen, schummeln wir nicht mehr und spielen ergebnisoffener - bis jetzt klappt es ganz gut. In Kämpfen schalten wir innerlich zu einer taktischen Sichtweise um, allerdings geschieht das fließend - Im Kampf wird schonmal in wörtlicher Rede mit dem Gegner bzw. den Gefährten kommuniziert. Hier sehen wir kein großes Problem.
Friedensbringer:
zu 1. wie lachhaft ist bitte, ein monster ohne intelligenz irgendwas tun zu lassen außer "braaaaaains" und angriff? vollkommen egal wo, wann, was, dass ist meiner meinung nach geistiger dünnpfiff.
zu 2. wie technisch d&d ist, hängt meiner erfahrung nach vom level ab. mit zunehmender macht nehmen auch die regeln und werte zu, die der spieler im kopf haben muss, was meiner erfahrung nach zu mehr technischer diskussion im kampf führt.
zu 3. die strategie ist meiner meinung nach in ordnung, obwohl ich als spieler davon ausgegangen wäre, dass es sich nicht um einen "gewöhnlichen" skelettdrachen handeln kann (immerhin hat er sich als baum getarnt ::)) und damit trotzdem ein rettungswurf da ist. mich stört diese strategie nicht beim erleben der welt, aber das ist wohl ansichtssache.
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