Autor Thema: Über das Vorantreiben des Plots mit gesicherten Informationen.  (Gelesen 9370 mal)

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Offline Joerg.D

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Welcher SL kennt es nicht? Man hat eine schöne Geschichte entworfen, alles ist logisch aufgebaut und bereit, von den Spielern entdeckt zu werden. Leider kümmern sich die Spieler nicht um die ausgelegten Informationen und verzweifeln, weil sie keine Lösung finden. Darum: Egal wie logisch es einem als SL erscheint, die Spieler müssen es nicht verstehen.

Das passiert vielleicht in der einen Gruppe häufiger und in der Anderen nicht, aber ich will das Thema trotzdem mal behandeln. Wenn ich Abenteuer entwerfe, plane ich die Plotpunkte fest als Informationen ein. Diese Informationen lasse ich den Spielern auf jeden Fall zukommen, denn sie sind elementar für das Verfolgen des Plots. So verhindere ich, das die Spieler wie ein kopfloser Haufen Hühner durch das Set stolpern und doch nichts finden.

Wenn also der Bösewicht in der Burg im Schattenwald ist, dann bekommen die Spieler das von mir als Information in einem "In Charakter" Gespräch. So bekomme ich, was ich möchte (direktes Verkörpern der Rolle und den Spaß dabei) und die Spieler die Informationen, welche sie benötigen. 

Anschließend kümmere ich mich um zusätzliche Infos, die den Spielern nützlich sein können. Dazu sehe ich mir an, was die Spieler für Fertigkeiten haben und entwerfe Informationen die sie über die entsprechenden Fertigkeiten bekommen können. Hier stufe ich zwischen einem Misserfolg, einem schlechten Erfolg, einem normalen Erfolg und einem guten Erfolg ab.  Die Spieler bekommen immer eine Minimum Info, auch wenn sie keinen Erfolg würfeln. Damit sorge ich dafür, das der Frust nicht all zu groß wird, wenn es einmal nicht klappt und bedenke den Status des Helden.

Ich sorge also dafür, dass die Charaktere ihre gelernten Fertigkeiten nutzen können und die Spieler beim Nutzen derselben ein kleines Spotlight bekommen. So könnte der Charakter mit der Fertigkeit Spuren Lesen einen Pfad zu einem Seiteneingang finden, oder der Charakter mit dem Verhören zusätzliche Informationen aus dem Aussagen filtern. Hauptsache ist die Spieler bekommen über ihre gelernten Fertigkeiten Informationen, die für den Plot wichtig sind und können glänzen. Aber selbst wenn die Spieler es wieder Erwarten alle nicht mit ihren Fertigkeitswürfen schaffen, wissen sie wo der Bösewicht ist und können zur Burg in den Wald.

Viele SLs mit denen ich über diese Methode, rede halten sie für zu leicht. Ich würde den Spielern alles auf dem Silbertablett servieren und sie wüssten es nicht zu schätzen. Ich hingegen habe die Erfahrung gemacht, das die Spieler es mögen, wenn sie nicht den halben Tag damit verbringen die Nadel im Heuhaufen zu suchen. Meine Herausforderungen sind andrer Natur, ich gebe den Spielern durchaus auch mal falsche Informationen, oder locke sie in Hinterhalte, wenn sie nicht aufpassen oder ihre wichtigen Würfe auf Fertigkeiten verreißen. Aber das verkraften die Spieler in meinen Runden meist besser, als eine erfolglose Suche nach Infos und den daraus erstehenden Frust.
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Offline Lord Verminaard

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Ich bin ja der Meinung, dass das Abenteuer erst richtig anfängt, wenn die Spieler alle relevanten Informationen haben. Gelegentlich habe ich Gruppen erlebt, in denen das Abenteuer eigentlich vorbei war, wenn die Spieler alle relevanten Informationen hatten, dann kam nur noch der Endkampf und dann war gut. In der ärgerlichsten Variante dieses Spielstils haben die Spieler nicht mal eine Chance die Informationen selber rauszukriegen, sondern sie bekommen sie genau nach Plan vom SL zugespielt.

Insofern ja und Amen zum Preisgeben von Informationen. Die Spieler sollten von Anfang an etwas haben, womit sie arbeiten können. Sie müssen nicht sofort alles wissen, aber sie müssen genug wissen, um handeln zu können. Und diese Informationen sollten in aller Regel auch zuverlässig sein.

Wenn ich nämlich eins genauso hasse wie das häppchenweise Verfüttern von Informationen durch den SL, dann ist es das Fischen im Trüben von lauter Gerüchten und zweifelhaften Informationen, die sich auch nicht näher aufklären lassen, sodass jede Art von Handlung nur ein Schuss ins Blaue sein kann.
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Offline Drudenfusz

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Offline Asdrubael

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Im D&D Bereich wird über die Skill Challenge diskutiert, die meines Erachtens einige dieder Probleme lösen kann.

http://tanelorn.net/index.php/topic,45678.0.html
Und ein Paladin ist nun mal ein Krieger und kein Therapeut.

Misantropie ist halt in der Gruppe lustiger  ;D

Offline Zornhau

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Man hat eine schöne Geschichte entworfen, alles ist logisch aufgebaut und bereit, von den Spielern entdeckt zu werden. Leider kümmern sich die Spieler nicht um die ausgelegten Informationen und verzweifeln, weil sie keine Lösung finden.
Wenn man KEINE "schöne Geschichte" entwirft, sondern einfach nur die FAKTEN in der Spielwelt festlegt, die Dynamik ohne Spielercharaktereingriff überlegt hat, und dann auf die Spieler-ENTSCHEIDUNGEN plausibel innerhalb der Spielwelt reagiert, dann ist es allein Sache der Spieler sich nicht offensichtliche Informationen zu verschaffen, und es ist allein Sache der Spieler daraus ihre Schlüsse zu ziehen und ihr weiteres Handeln selbst zu bestimmen.

Alles andere bedeutet, den Spielern ihre Entscheidungsfreiheit zu nehmen, ihr kreatives Mitspielen zu entwerten und sie zu Zuschauern zu degradieren.

Ohne die Möglichkeit auch wichtige Informationen zu übersehen oder deren Informationsträger einfach nicht angesprochen zu haben, verkommt das Spiel zu einem "Malen nach Zahlen"-Krampf. Die Spieler bekommen alles serviert, müssen - nein - DÜRFEN NICHT MITDENKEN!

Das mag manchen Spielern liegen. Ich kenne NICHT EINEN EINZIGEN, der solch eine lame-ass-all-you-can-eat-Informations-Infusion für sein Spiel interessant oder anregend fände.

Wenn ich Abenteuer entwerfe, plane ich die Plotpunkte fest als Informationen ein. Diese Informationen lasse ich den Spielern auf jeden Fall zukommen, denn sie sind elementar für das Verfolgen des Plots.
Es gibt offensichtliche Informationen in der Spielwelt, die einfach aus der Schilderung der Welt den Spielern zur Verfügung stehen müssen. - Ob eine Information "elementar für das Verfolgen des Plots" ist, KANN NICHT ein Grund sein, sie ihnen OHNE EIGENES ZUTUN einfach zuzuschieben!

Die Spielwelt KENNT KEINEN PLOT.

Die Spieler WOLLEN AKTIV sein.

Beides geht nicht zusammen mit dem "rundum-sorglos" Servieren von eventuell wichtigen Informationen.

So verhindere ich, das die Spieler wie ein kopfloser Haufen Hühner durch das Set stolpern und doch nichts finden.
Das SCHEITERN trotz eigenen Bemühens ist das VORRECHT der Spieler!

Ohne die Möglichkeit zu scheitern, ohne die Möglichkeit auch wichtige Informationen nicht zu finden, könnte sich KEIN Spieler als findiger Ermittler, als trickreicher Problembewältiger fühlen. - Alles ohne Anstrengung, ohne Risiko des Scheiterns zu schaffen, macht den Erfolg zu einer Selbstverständlichkeit und entwertet die spielerische Anstrengung, ja das gesamte spielerische Engagement aller Mitspieler.

Bei so etwas, bekommt man KEINE POWERGAMER (in meinem Verständnis dieses Begriffs), sondern nur antriebslose, willfährige Plot-Eisenbahnfahrer, die allenfalls ihre Freiheit nutzen mal aus dem anderen Fenster zu schauen, die aber NICHTS BEWEGEN können, weil ihnen NICHT GESTATTET wird, auch mal Fehler zu machen, oder eben mit genialen Einfällen aufzutrumpfen.

Anschließend kümmere ich mich um zusätzliche Infos, die den Spielern nützlich sein können. Dazu sehe ich mir an, was die Spieler für Fertigkeiten haben und entwerfe Informationen die sie über die entsprechenden Fertigkeiten bekommen können.
Das ist sogar noch übler: Es MÜSSEN doch die Spieler SELBST sein, die auf kreative Weise mit ihren Fertigkeiten neue Einsatzideen entwickeln. - Hier nimmst Du den Spielern all ihre mögliche Kreativität vorweg und machst daraus "mundgereche Häppchen", die sie nur noch schlucken müssen.

Ich weiß, daß ICH und daß MEINE Spieler in solch einer Art "Zwangsernährungsrunde" kein Spielvergnügen fänden.

Offline Crimson King

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Zu den Dingen, die mir als Spieler den echten Kick geben, gehört es, Zusammenhänge zwischen auf den ersten Blick völlig zusammenhangslosen Geschehnissen zu finden. Das heißt, diese Information darf nur indirekt an mich gegeben werden. Man muss sie allerdings nicht zu gut verstecken. Was aus meiner Erfahrung bremsend wirkt, sind Informationen, die in seitenlangen Handouts zu suchen sind und schlimmstenfalls auch dort nur zwischen den Zeilen stehen, während tausend rote Heringe einem direkt vor der Nase hängen.

Aha-Effekte erhält man nicht, indem man dem Spieler alles auf dem Silbertablett präsentiert. Die Zusammenhänge sollten nicht erklärt werden, sie sollten sich aus den übermittelten Informationen ergeben. Dabei schadet es sicher nichts, wenn dieses sich ergeben sehr offensichtlich ist. Die Frage nach dem Warum passieren diese Dinge? sollte sich der Spieler immer noch stellen müssen. Aber sie sollte auch leicht für ihn zu beantworten sein.
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J.W. von Goethe

Joe Dizzy

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Ich bin ja der Meinung, dass das Abenteuer erst richtig anfängt, wenn die Spieler alle relevanten Informationen haben.

Sehe ich auch so.

Ich kann mich aber auch überhaupt nicht mit der "Brotkrumen füttern"-Schule der Spielleitung anfreunden. Das Entdecken von Zusammenhängen und ähnlichem ist zwar essentiell wichtig fürs Spiel, aber nur Zusammenhänge entdecken, die der Spielleiter vorbereitet hat und mir häppchenweise zukommen lässt... nee... da läuft's mir kalt den Rücken runter. Egal ob ich SL bin oder Spieler.

Das führt mich jedoch immer in gewisse Schwierigkeiten, wenn ich Spiele wie Dogs in the Vineyard leite in denen ich dann mehr oder minder "Expositionsmonologe" oder "-dialoge" halten muss, bevor überhaupt was passiert. Wobei man mich (zu Recht) darauf hingewiesen hat, dass diese Expositionsmomente auch einfach nur nett darstellendes Spiel und Improschaustellerei liefern können, wenn man sie nicht als notwendiges Übel ansieht.

Offline Crimson King

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Ich bin inzwischen dazu übergegangen, die Herausgabe von Informationen nicht mehr direkt zu steuern. Es gibt eine Ausgangssituation, von der Teile den Spielern nicht bekannt sind. Es gibt NSCs, die Teile des Plots beleuchten können. Im Allgemeinen gibt es klare Spuren, denen die Spielercharaktere zwangsläufig folgen, weil sie entsprechende Eigenmotivation dazu haben.

Wenn das ganze aber in eine reine Schnitzeljagd ausartet, habe ich etwas falsch gemacht. Im Grunde müssen die Spieler die notwendige Information quasi beiläufig erhalten, wenn sie einfach nur spielen. Sie sollen sich nur in Ausnahmefällen gezielt auf die Suche nach einer bestimmten Information begeben.
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J.W. von Goethe

Offline Joerg.D

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Nun Zornhau, die Geschmäcker sind verschieden und ich gestehe Dir gerne zu, das DU keinen Geschmack an diesem Stil finden würdest. Aber für seine Runde zu sprechen, finde ich bei aller Qualität deines Postes für eingebildet.

Sicher gibt es verschiedene Geschmäcker, aber ich würde es mir es im Gegensatz zu DIR niemals anmaßen, zu sagen das meine Gruppe an einem Stil keinen Spaß hat.

Wir leiten schlicht und einfach unterschiedlich, deshalb stehst Du auch auf SW und ich auf Reign, weil die Systeme unserem jeweiligen Geschmack entgegenkommen. Mir ist die Story wichtig, der logische Aufbau einer Geschichte und die strategische und persönliche Entwicklung meiner Helden. Dabei ist der Plot das Gerüst an dem sich alles entwickelt. Du legste mehr Wert auf die Emulation der Umwelt und die Herrausforderung durch würfeln und Nachdenken.

Ich denke, das meine Runde vielleicht Spaß an deinem Stil hätte, aber ich maße es mir nicht an es zu sagen, was sie gut oder nicht gut findet, wenn jemand anders leitet.
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Offline Wormys_Queue

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Wenn also der Bösewicht in der Burg im Schattenwald ist, dann bekommen die Spieler das von mir als Information in einem "In Charakter" Gespräch. So bekomme ich, was ich möchte (direktes Verkörpern der Rolle und den Spaß dabei) und die Spieler die Informationen, welche sie benötigen. 

Ich hab allerdings die Erfahrung gemacht, dass man manchen Spielern die Informationen solange auf den Kopf hauen kann, wie man will, sie fangen trotzdem an, wegen eines unwichtigen Nebensatzes die wildesten Spekulationen anzustellen.

Ich habe allerdings aufgehört, mir deswegen den Kopf zu zerbrechen. Ich bereite den Plot vor und lassen ihn mit den Charakteren kollidieren, um zu sehen, was dabei herauskommt. Die Vorbereitung des Plots sehe ich dabei vor allem als Mittel, die Reaktion der Umwelt auf unvorhergesehene Handlungen der Spieler leichter bestimmen zu können.

Informationen füttere ich nur dann zu, wenn abzusehen ist, dass die Spieler sonst in einer Sackgasse stecken bleiben. Ansonsten reagiere ich auf das, was die Spieler tun und entwickle mit ihnen zusammen den Plot neu (wie stark der neue Plot vom alten abweicht oder damit übereinstimmt, hängt vor allem an den Spielern; da meine an einer guten Geschichte durchaus interessiert sind, gibt es dabei normalerweise wenig Konflikte).
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Offline Joerg.D

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Wenn meine Spieler sich für etwas anderes interessieren oder nicht auf die Hinweise reagieren, dann greift die Improvisation und ich leite entsprechend der neuen Interessen meiner Spieler.

Wenn sie nicht wollen, dann nicht. Aber das wird von mir dann in einem späteren Abenteuer mit Konsequenzen versehen, die eventuell auf die Gruppe zurückfallen.

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Offline Crimson King

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Jörg, verwendest du auch komplexe Plots, und wenn ja, verteilst du die Informationen dann auf mehrere In-Charakter-Dialoge? Wenn ja, dann dürftest du das ziemlich genauso handhaben wie ich.

Ich habe andererseits ein ernsthaftes Problem damit, einfache Plots vorzubereiten, und ziehe auch mehr Spaß aus den komplexen Sachen, selbst in einem 5-Stunden-Oneshot.
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Offline Joerg.D

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Es kommt immer ganz darauf an, was Du unter komplex verstehst.

Ich halte den Plot des Tages meistens bewusst simpel um die Spieler nicht zu verwirren. Wenn ich es zu komplex gestalte, dann können meine Spieler erfahrungsgemäß nicht mehr folgen und bemängeln dieses auch. Das hatte ich öfter in der Freeport Kampagne.

Dennoch habe ich langfristig gesehen recht komplexe Plotlinien, da meine Handlungsstränge sich oft über 4-6 Spieltage strecken und ich auch oft Informationen oder Ereignisse einstreue, welche erst ein paar Abenteuer später wichtig werden. Zusätzlich kommt die Verbindung der jeweils personalisierten Plots meiner Protagonisten und ihre Verbindungen mit den 3 Plottfäden für die Gruppe.

Also langfristig gesehen eher komplex, fürs Abenteuer eher simpel.

Da ich jetzt aber 2 neue Spieler bekomme, kann sich das durchaus verschieben. Ich denke, dass man die Komplexität immer an der Gruppe und ihren Vorlieben ausrichten sollte.
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Offline Zornhau

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Aber für seine Runde zu sprechen, finde ich bei aller Qualität deines Postes für eingebildet.
...
Sicher gibt es verschiedene Geschmäcker, aber ich würde es mir es im Gegensatz zu DIR niemals anmaßen, zu sagen das meine Gruppe an einem Stil keinen Spaß hat.
Du unterliegst hier einer Fehleinschätzung: Ich WEISS, daß meine Gruppen an solchen "Instant-Clues, just add water"-Vorgehensweisen KEINEN Spaß haben.

Der Vorteil vom Spielen im Verein und von regelmäßigen Con-Besuchen ist unter anderem, daß man selbst als Spieler ZUSAMMEN mit den Spielern der Runden, die man sonst so leitet, mitspielen kann. Und man bekommt dabei aus erster Hand die Eindrücke über die unterschiedlichen Spielleitungsweisen diverser Spielleiter im Verein und außerhalb. - Und da ich mit meinen Spielern SPRECHE, auch über deren Con-Erlebnisse und da gerade über die Runden, in denen wir gemeinsam gespielt haben, WEISS ich SICHER, daß sie mit solch einem oben beschriebenen Spielstil unzufrieden SIND (nicht etwa "wären"!).

Nimm meine Aussage über die Spieler meiner Runden als FAKTEN und nicht als "Vermutungen" oder gar "Anmaßungen". - WIR reden über unsere Erlebnisse mit unterschiedlichen Spielleitern in unterschiedlichen Runden.

Es sind deswegen Spieler in MEINEN Runden, weil hier eine GEMEINSAME Vorliebe für eine Art zu spielen vorliegt. - Spieler, die meine Art nicht mögen, sind bestenfalls wenige Male bei Proberunden bei mir Spieler. Für sich herauszufinden, was man am Spiel mag, und was nicht, dazu ist die Durchmischung und der Spielleiterwechsel im Rollenspielverein ja (unter anderem) da. Und daß man mit seiner Meinung über Runden, die man mit gemischten Gefühlen oder gar mit aufkommender Langeweile gespielt hat, NICHT hinterm Berg hält, sondern darüber redet, sollte eigentlich normal sein, oder?

Wir leiten schlicht und einfach unterschiedlich, deshalb stehst Du auch auf SW und ich auf Reign, weil die Systeme unserem jeweiligen Geschmack entgegenkommen.
Hättest Du statt "Reign" hier eher "Gumshoe" geschrieben, dann hätte ich das nachvollziehen können. - Aber auch bei Reign entwertet man solche Fertigkeiten wie Eerie, Empathy, Intimidate, Lie, Hearing, Sight und - ganz besonders - Scrutinize (die Liste ist nicht vollständig, da es immer sehr davon abhängt, was der jeweilige Charakter kann und was der Spieler daraus macht).

Mittels Plead einen widerspenstigen Informanten zur Preisgabe seiner Informationen zu bringen, mittels Scrutinize, was ja DIE Fertigkeit für Informationsbeschaffung aus der Umgebung (statt von anderen Leuten) ist, seltsame Indizien zu sammeln, das sind ERFOLGSERLEBNISSE, um die man die Spieler bringt, wenn sie alles auf dem Silbertablett serviert bekommen.

(Und selbst Gumshoe verbindet nebem dem "Schenken" der Grundinformation noch ein Resourcen-Abwägen, um mehr aus der Grundinformation herauszuholen. - Auch hier darf der Spieler noch etwas entscheiden, auch hier liegt es in den Händen des findigen Resourcen-Einsatzes des Spielers, ob er ein Erfolgserlebnis beim Ermitteln bekommt, oder nur mit dem "Hergeschenkten" vorlieb nehmen muß.)

Ob man die Spieler für Informationen mit Herausforderungen konfrontiert und diese durch Spielerentscheidung überwinden läßt, oder ob man den Spielern alles an Informationen per Anzeigetafel offenbart, das kann man (mit der Ausnahme des Gumshoe-Systems) NICHT an irgendeinem Regelsystem festmachen. - Daher ist es fruchtlos auf SW, Reign oder irgendein anderes Rollenspiel (mit der Ausnahme des Gumshoe-Systems) zu verweisen.

Die Frage ist doch, wie man mit den jeweils zur Verfügung stehenden Reglen UMGEHT.

Ich bevorzuge es, die Regeln auch anzuwenden.

Ich bevorzuge es, die Spieler mit der Spielwelt UND ihren Charakteren UND den Regeln spielen zu lassen. - Das macht für mich Rollenspiel an sich aus.

Daher sind in der Spielwelt alle Informationen enthalten. Wahre und Falsche. Zuverlässige und bald nicht mehr aktuelle oder gar veraltete. - Die Charaktere verfügen über eine Vielzahl an Mitteln, mit denen sie mit der Spielwelt interagieren können, um an diese Informationen zu gelangen (zielgerichtet abgeholt, oder auch mal zufällig gefunden, je nach Art der Information). Wenn ein Bewohner der Spielwelt den Charakteren Informationen aufdrängt, dann besteht immer die Möglichkeit, daß er damit eine zweite Absicht verfolgt. - Das führt bisweilen dazu, daß der allzu bereitwillige Informant in den Brennpunkt der Ermittlungen gerät, stark durchleuchtet wird, weil man ihm mißtraut. Das passiert ja auch bei realen polizeilichen Ermittlungen so. - Die Regeln sind das Vehikel, mit dem die Möglichkeiten der Charaktere Informationen zu bekommen, FAKTEN in der Spielwelt schaffen können. Daher ist der souveräne Umgang mit den jeweiligen Regeln ein Vorteil bei der Informationsbeschaffung.

Im Zusammenspiel von vorhandenen Informationen, dem Potential der Charaktere sie zu bekommen, und der Souveränität der Spieler im Umgang mit den Regeln das Beste aus ihren Charakteren herauszuholen, bekommt man spannende Ermittlungs-Szenen, die für die SPIELER und auch die Charaktere BEDEUTUNG haben. - Hier liegt die Möglichkeit Erfolgserlebnisse zu bekommen - gerade (aber nicht nur) bei Charakterkonzepten wie Detektiven, Pinkertons, Law Dogs, aber auch bei klassischen Dungeon-Crawl-Gruppen, die sich natürlich IMMER über Dungeons, Historie, Bewohner, Monster in der Gegend, usw. informieren, bevor sie den riskanten Trip in einen Dungeon wagen.

Wenn man den Spielern Informationen einfach so herschenkt, dann wendet man die Regeln nicht an. Das kann - je nach Regelsystem - sogar effektiv ein Bruch der Regeln darstellen! - Zudem entwertet man die Rolle, die Bedeutung der Charaktere in der Spielwelt, das diese nicht mehr die findigen Ermittler sein dürfen, sondern alles Wichtige "serviert" bekommen. - Damit nimmt man den Spielern, die oft gerade zum Preis von weniger Kampfeffizienz ihrer Charaktere deren Ermittlungsfähigkeiten stärker ausgeprägt haben. Durch NICHTANWENDEN der Regeln sind die Spielwerte der Charaktere nutzlos. Somit hätten diese Spieler besser ihre Charaktere zu besseren Kämpfern machen sollen, da Ermittlungsaufgaben nicht unter Verwendung des Regelsystems vom Spielleiter "gelöst" und somit hergeschenkt werden.

Ich sehe daher den im Eingangsbeitrag geschilderten Ansatz für Spieler, die GERADE bei Ermittlung von Informationen ihren Spaß aus der Herausforderung an diese Informationen zu kommen, ziehen, als sehr problematisch an. - Bei MEINEN Spieler weiß ich das sicher, daß sie hier keine "Plot-Stützräder" haben wollen.

Offline Crimson King

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Dennoch habe ich langfristig gesehen recht komplexe Plotlinien, da meine Handlungsstränge sich oft über 4-6 Spieltage strecken und ich auch oft Informationen oder Ereignisse einstreue, welche erst ein paar Abenteuer später wichtig werden. Zusätzlich kommt die Verbindung der jeweils personalisierten Plots meiner Protagonisten und ihre Verbindungen mit den 3 Plottfäden für die Gruppe.

Also langfristig gesehen eher komplex, fürs Abenteuer eher simpel.

Da ich jetzt aber 2 neue Spieler bekomme, kann sich das durchaus verschieben. Ich denke, dass man die Komplexität immer an der Gruppe und ihren Vorlieben ausrichten sollte.

Dann handhaben wir das schon weitgehend ähnlich. Wobei ich da zwischen Spielabend innerhalb einer Kampagne und Oneshot noch einen Unterschied mache. Ein Kampagnenabend darf ruhig simpel sein, die Komplexität kommt mit der Zeit fast zwangsläufig, wenn man viele Fäden parallel laufen lässt, die sich auch noch miteinander verheddern. Ein Oneshot sollte mindestens einen guten Plottwist oder ein interessantes Geheimnis beinhalten.
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Offline Joerg.D

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Ich sorge also dafür, dass die Charaktere ihre gelernten Fertigkeiten nutzen können und die Spieler beim Nutzen derselben ein kleines Spotlight bekommen. So könnte der Charakter mit der Fertigkeit Spuren Lesen einen Pfad zu einem Seiteneingang finden, oder der Charakter mit dem Verhören zusätzliche Informationen aus dem Aussagen filtern. Hauptsache ist die Spieler bekommen über ihre gelernten Fertigkeiten Informationen, die für den Plot wichtig sind und können glänzen.

Wie Du siehst, lasse ich meinen Spielern die Möglichkeit, durch die in den Regeln festgelegten Fertigkeiten zusätzliche Informationen zu bekommen, sei es durch Scutenize, welches ich zum Fährten Lesen benutze, durch Verhören, Einschüchtern oder was auch immer. Die Spieler erhalten die Grundinformation (die Burg des Bösewichtes ist im Wald) und der Rest ergibt sich aus dem Spielgeschehen. Die Fertigkeiten werden von mir eingesetzt um den Spieler Spotlights zu geben und die Nischen auszufüllen, in welchen die Spieler glänzen sollen. Die Fertigkeiten werden also nicht entwertet, sondern für Spotlights benutzt. EDIT: Da ich bei den Gegnern und Kämpfen sehr starken Wert auf taktische Herrausforderungen lege, ist es sogar sehr wichtig für meine Spieler die Informationen zu bekommen um Taktische Vorteile (Wissen ist Macht) zu erlangen

Reign beschreibt in den Regeln ausdrücklich, das ein Misserfolg für ein einfach nicht geschafft stehen und der SL sich überlegen muss wie wichtig es für den Plot ist. Der Charakter fällt also beim Klettern nicht von der Klippe, er schafft es einfach nicht schnell genug oder traut sich nicht.
« Letzte Änderung: 9.02.2009 | 15:01 von Jörg.D »
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Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Die Spielwelt KENNT KEINEN PLOT.

Gibt es in Deiner Welt Antagonisten?
Falls ja, haben diese Ziele?
Falls ja, haben verfolgen sie diese aktiv?

So, wenn Du diese drei Fragen mit "ja" beantwortest HAT DEINE SPIELWELT PLOT. Oder besser Story, aber diese Unterscheidungen sind in diesem Strang sehr verwaschen.

Wenn Du diese Fragen mit "nein" beantwortest - was genau spielt ihr?
« Letzte Änderung: 9.02.2009 | 18:27 von Lorom »
I'm not nice. I'm on medication.

Butt-Kicker 75% / Tactician 75% / Method Actor 67% / Specialist 67% / Power Gamer 67% / Storyteller 58% / Casual 0% (Schubladen)

Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

Zitat von: Dolge
Auf Diskussionen, was im Rollenspiel realistisch ist und was nicht, sollte man sich nie unter gar keinen Umständen absolut gar überhaupt vollständig nicht einlassen.

Offline Falcon

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Zornhau schrieb:
Zitat
Der Vorteil vom Spielen im Verein und von regelmäßigen Con-Besuchen ist unter anderem, daß man selbst als Spieler ZUSAMMEN mit den Spielern der Runden, die man sonst so leitet, mitspielen kann. Und man bekommt dabei aus erster Hand die Eindrücke über die unterschiedlichen Spielleitungsweisen diverser Spielleiter im Verein und außerhalb. - Und da ich mit meinen Spielern SPRECHE, auch über deren Con-Erlebnisse und da gerade über die Runden, in denen wir gemeinsam gespielt haben, WEISS ich SICHER, daß sie mit solch einem oben beschriebenen Spielstil unzufrieden SIND (nicht etwa "wären"!).
Respekt, daß du das so zielsicher und absolut unzweifelhaft sagen kannst. Ich habe nie eine andere Methode gespielt als Spieler UND SL in denselben Runden und nach all den Jahren kenne ich immer noch genug Mitspieler, die selber noch nicht mal wissen, was sie wollen geschweige denn, wie sie es erreichen können. Sie können scheinbar nur zwischen den Zuständen Langeweile und Spass unterscheiden (ohne systematisch benennen zu können, wie es dazu kommt).


nichtsdestotrotz spiele ich lieber ein Mittelding zwischen freiem Rollenspiel und vorgeplotteten Informationen. Das kann ich aber auch nur deswegen tun, weil ich in den Runden abschätzen kann zu welchen Szenen es wohl kommen wird, ohne die Spielerfreiheit einzuschränken zu müssen (ich weiss eben wie die Spieler handeln).
Bei mir stellt sich also gar nicht das Problem eine Info nicht bringen zu können. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.
« Letzte Änderung: 9.02.2009 | 18:08 von Maltese Falcon »
Roll and ROCK! GetSavaged!
             still counting: "... dieses EINE Mal stimme ich Falcon zu..."
hoch ist gut Sowas wie'n Blog

Ludovico

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@Jörg
Erstmal Respekt, daß Du Zornhaus Buch äh Post durchgearbeitet hast.

Desweiteren finde ich die Methode recht gut. Kenne es selber von früheren Erfahrungen, daß Spieler Informationen anders interpretieren als man selber und schnell einen Weg einschlagen, der nicht zum Ziel führt. Das Ergebnis ist Frustration auf allen Seiten.

Deshalb klingt das alles in allem sehr vernünftig, was Du da schreibst. Im Endeffekt geht es nur darum, Spielern die Infos zukommen zu lassen und sie sollen dann sehen, was sie damit machen.

Offline Bad Horse

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Ich ziehe bei entscheidenden Infos eine gewisse Redundanz vor - sprich: Sie sind öfter vorhanden, man kann sie ignorieren oder nicht. Was gar nicht geht, sind SLs, die ihre Infos im Kämmerlein horten und wehe, die Spieler kommen in die Nähe. Vielleicht gibt´s dann mal ein Häppchen, aber das verwirrt dann auch eher.
Hatte ich schon: Es ging um ein riesiges Geflecht an Infos, und wir waren echt interessiert, haben mit allen möglichen Personen geredet, sind auf Questen gegangen und sonstwas, und ja, wir haben Infos gekriegt. Aber immer nur so einzelne Puzzelstücken, die sich nie zu einem Bild (oder einem Teilbild) gefügt haben. Dazu kam, dass der SL seine Hintergrundgeschichte hin und wieder um "süße Ideen" erweitert hat... Trotz Mitschrieb und diverser Brainstorms kamen wir einfach nicht vom Fleck.

Oder, noch besser: Die Gruppe durchsucht den Raum, findet die Infos aber nicht, weil sie ja nicht gesagt haben, dass sie auch den Schreibtisch durchsuchen. Das ist einfach nur noch Blödsinn.

Mit Redundanz meine ich folgendes: Ich habe mal die Midgard-Kampagne "Smaskrifter" geleitet. Am Ende kann man die Hauptgegner nur dann besiegen, wenn man sein Bild unter zwölf identischen findet, die sich nur dadurch unterscheiden, dass sie alle verschiedene Früchte in der Hand haben. In dem Abenteuer selbst gibt es einen einzigen Hinweis darauf, dass es der Kerl mit dem
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ist, den man angreifen kann. Und der ist irgendwo in einem Rätsel eingewickelt, dem man aus dem Weg gehen kann.
Da ich das etwas arg vage fand, habe ich behauptet, dass es in der Stadt, um die es ging, keine
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gab. Da wuchsen auch keine
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. Die Char waren eine Weile in der Stadt, und ich habe diese Tatsache zwei- oder dreimal erwähnt (über 33 Stunden Spielzeit verteilt). Das ist bei einem Spieler hängen geblieben, und daran hat er schließlich den Endgegner erkannt.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

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@ Ludovico

So unteschiedlch leiten Zornhau und ich wohl nicht einmal, denn auch mir sind die Fertigkeit und würfe auf sie sehr wichtig. Ich verlange von meinen Spieler auch, das sie ihre Fertigkeiten und die Regeln gut kennen.

Aber ich ich gebe die entscheidende Information halt im In-Charakter Gespräch preis, statt sie erwürfenl zu lassen, was immer daneben gehen kann. Dann hat man den Salat und muss weitere Infos streuen um die Gruppe doch noch zum Ziel kommen zu lassen oder sie schafft es nicht und man macht was anderes. So habe ich früher geleitet und meine Spieler waren oft frustriert.

Vash the Stampede hat mich da mal drauf gebracht. Er nennt es den Berg, der immer im Hintergrund zu sehen ist und den man mal grollen lassen kann, wenn die Gruppe zu sehr abschweift oder das Ziel nicht verfolgt. Jeder weiß, dass es den Berg zu besteigen gilt, doch das will erst einmal vorbereitet werden. Man sollte laut seiner Aussage den Berg nie aus den Augen verlieren.
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Pyromancer

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Mit Redundanz meine ich folgendes: Ich habe mal die Midgard-Kampagne "Smaskrifter" geleitet.

Du hast Smaskrifter geleitet? Echt jetzt? In 33 Stunden? Hast du da zufällig einen Diary-Eintrag in der Hinterhand dazu?

Und was die Preisgabe von Informationen angeht: Ich stehe als SL auf NSCs mit Mitteilungsbedürfnis! Es ist besser und spannender, wenn die SCs fünf unterschiedliche, sich widersprechende Versionen der Geschichte haben, als wenn sie überhaupt nichts wissen.
« Letzte Änderung: 9.02.2009 | 18:53 von Wilhelm von Blitzen »

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Ich stehe als SL auf NSCs mit Mitteilungsbedürfnis! Es ist besser und spannender, wenn die SCs fünf unterschiedliche, sich widersprechende Versionen der Geschichte haben, als wenn sie überhaupt nichts wissen.

Das kann man so machen, aber diese Methode wende ich eher auf die unwichtigen Fakten an. Eine anderer Trick ist es, eine Geschichte aus zwei Perspektiven zu erzählen. Der Böse und der Gute wechselt je nach Ansicht.
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Offline Xemides

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Moin,

aus der Erfahrung meiner Cthulhu-Runde heraus kann ich sagen, dass es meine Spieler sehr frustriert hat, wenn sie bei ihren Ermittlungen nichts oder nur sehr wenige Informationen bekommen, nur weil sie nicht die richtigen Personen fragen oder an den richtigen Orten suchen.

Also streue ich jetzt auch zumindest einige wichtige Hinweise so ein, dass die Spieler sie dort bekommen, wo sie fragen, wenn es halb-wegs logisch begründbar ist.

Häufig gibt es ja Passanten, Zeugen, Klatschreporter etc. die etwas wissen oder gesehen haben und gerne bereit sind, zu fragen, wenn man sie nur fragt.

Wie gesagt, wichtig ist auch mir:

1. Die Spieler werden zu mindest aktiv und machen etwas, niemand kommt zu ihnen und liefert ihnen die Informationen freu Haus.

2. Es muß zumindest logisch sein, dass derjenige die Information hat.


Desweiteren gibt es natürlich Dinge, bei denen die Fertigkeiten eingesetzt und für diese gewürfelt wird.

Wenn die Spieler das Wissen haben, dass sie in ein Haus einbrechen müssen, dann wird den Regeln gemäß gespielt.

Desweiteren bei der Gewinnung von Zusatzinformationen.

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Offline Benjamin

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Meine Traveller-Crew erhält in ihrer selbst gewählten Funktion als Dienstleister jedes Mal einen bestimmten Auftrag, deswegen ist die Richtung immer klar: Zur Not hält man sich buchstabengetreu an den Vertrag. Ob im Vorfeld weiter geforscht oder wie mit sich ergebenden (technischen, moralischen, ...) Problemen umgegangen wird, liegt allein in der Hand der Spieler.
Aber am Anfang steht bislang immer ein "Erledigen Sie X für Y unter Einhaltung von Z." Wenn selbst das in die Hose geht, geht es halt in die Hose.

Tja, aber einen Plot gibt es da eigentlich nicht, also ... falscher Thread. ;)

Offline Hector

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Wieviel Gewicht auf das Besorgen von Informationen gelegt wird, hängt in meinen Runden stark vom System ab. Bei Cthulhu drehen die Spieler von Anfang an jeden Stein um, vermuten hinter jedem Windhauch eine böse Macht, schreiben sich kilometerlange Notizzettel und verrennen sich in alle möglichen Ideen. Bei actionbetonteren Spielen, insbesondere bei modernen/SciFi-Settings, wird das teilweise völlig vernachlässigt. Da erwarten die Spieler quasi, dass ihnen ihr SL die plotrelevanten Informationen in mundgerechten Häppchen auf dem Silbertablett serviert. Ich muss manchmal explizit sagen: "Hey, es könnte sein, dass ihr wichtige Hinweise überseht, macht euch lieber ein paar Notizen zu dem, was ihr so herausfindet." Das frustriert mich mitunter. Denn eigentlich mag ich Detektivgeschichten und ich liebe es, wenn sich ein Plot langsam aus dem Nebel herauskristallisiert, und wenn man weiss, dass man die dazu nötigen Informationen selbst erworden hat. Mag sein, dass ich als Kind zuviel Miss Marple, Charlie Chan und Tatort gesehen habe.

Andereseits ist es bestimmt furchtbar frustrierend für eine Spielergruppe, wenn der SL mit Informationen geizt und in der Story die wichtigen Dinge hinter so abstrusen Konstruktionen versteckt sind, dass kein normaler Sterblicher im Traum darauf kommen würde. Ich habe mich viele Jahre mit Midgard beschäftigt und finde die Kaufabenteuer, auch wenn sie teils von hoher Qualität sind, diesbezüglich abgrundtief. Ein gute Plot sollte aus mehreren verschiedenen Richtungen zugänglich sein, und es den Spielern auch dann noch ermöglichen, ihn zu knacken, wenn sie nicht exakt die gleichen Gedankengänge wie der Autor der Hintergrundgeschichte an den Tag legen. Daran kranken viele Kaufabenteuer, und man sollte (meiner Meinung nach) als guter SL immer überlegen, wo man zusätzliche Informationsquellen einstreuen kann. Das heisst nicht, dass man sie den Spielern aufdrängen muss. Aber es sollte für diejenigen, die sich ehrlich bemühen und ihre Fertigkeiten sinnvoll einsetzen, immer eine Lösungsmöglichkeit geben. Eine Attitüde wie (überspitzt): "Wenn der Spieler seine Wahrnehmungsprobe an dieser Stelle vergeigt, ist das Abenteuer gelaufen, das ist halt so. Die Spielwelt nimmt eben keine Rücksicht auf gescheiterte Würfelwürfe und die innere Logik ist mir wichtiger als die Story" ist für meinen Geschmack auf Dauer stimmungstötend. Und ein Abenteuer, bei dem der Erfolg oder Misserfolg von einer Würfelprobe abhängt, ist Schrott.
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Offline Falcon

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@Topic: ich kann da ehrlich gesagt keine besondere Methode erkennen, da ich quasi immer so gespielt habe, wobei ich natürlich besser geworden bin, die Spieler nicht mehr in Sackgassen rennen zu lassen (auch weil ich sie besser kenne).
Wenn da stehen würde "und dann setzen wir uns hin und tun so als wären wir jemand anderes, wobei ich  besonderen Wert darauf lege, daß wir dieselben Regeln benutzen..." hätte es sich nicht kurioser gelesen. Da wird einfach Rollenspiel beschrieben. Also viel Wind um Nichts.

Wobei ich mir schon lange abgewöhnt habe meine Vorbereitung als Geschichte zu bezeichnen (nein, ehrlich gesagt hiess es schon immer "Abenteuer"). Für eine Geschichte, die sich jemand anhören wollen würde, reicht ein Abenteuer auch nicht, meistens sind es eben doch nur 2-3 Stationen. Die Unterschied zwischen Geschichte und Spielweltfakten ist da nicht mehr besonders groß. Eine Romangeschichte kann ich da nie erkennen. Auch in Nacherzählungen stehen immer nur besondere Spieleraktionen oder coole Situationen im Vordergrund aber ich noch nie habe ich einen Rollenspieler über die Geschichte reden hören, die er erlebt hat.
« Letzte Änderung: 28.09.2009 | 10:57 von Falcon »
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Wenn die Gruppe ein Detektiv Abenteuer spielt, ist es klar, dass sie die Informationen nicht auf dem Silbertablett geliefert bekommt. Aber auch bei Miss Marpel oder oder Charly Chan ist es stets eine Mischung aus den Verhören, welche die Investigatoren führen und ihren Fertigkeiten die Indizien zu bewerten/auszuwerten, die zur Auflösung der Geschichte führen.

Der Hintergrund bei dieser Art zu leiten ist die Annahme, dass die Spieler sich oft in einer fixen Idee verbeißen oder auf ganz offensichtliche Informationen nicht reagieren. Da kann man als SL prima mit den Gesprächen arbeiten und die Gruppe so auf ein Spur setzen. (es muss ja keine richtige sein, die Gruppe kann auch gezielt desinformiert werden und daraus ihre Schlüsse ziehen)

Es muss meiner Ansicht nach immer mehrere Wege geben, zum Ziel zu gelangen und es gibt nur wenige Sachen, die Gruppen nach meiner Meinung nach so frustrieren, wie ein verrissener Wurf, der das ganze Abenteuer unlösbar macht.

Klar kann man auf Realismus pochen und das Ganze hart durchziehen, doch ich spiele mit meinen Spielern, damit sie Spaß haben und nicht, um sie zu frustrieren. Zusätzlich ist die Möglichkeit über SLC an wichtige Informationen zu kommen auch immer ein guter Punkt um den Ruf der Gruppe zu spiegeln. Gute und ehrenhafte Abenteurer bekommen die Infos, weil jemand auf ihre Hilfe hofft. Böse Gruppen werden eventuell von dem Bösewicht angesprochen, oder er versucht sie aus dem Weg zu räumen und schafft damit neue Ansatzpunkte.
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Offline Benjamin

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Zitat
Es muss meiner Ansicht nach immer mehrere Wege geben, zum Ziel zu gelangen und es gibt nur wenige Sachen, die Gruppen nach meiner Meinung nach so frustrieren, wie ein verrissener Wurf, der das ganze Abenteuer unlösbar macht.
Siehst Du, was ist denn das "Ziel"? Vielleicht ist das Problem, allzu verbissen auf ein bestimmtes Ende zuzusteuern? Man muss doch den ganzen Tag Entscheidungen treffen, ob sie richtig waren sieht man immer erst hinterher.

Offline Joerg.D

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Das Ziel ist immer das, was die Gruppe dazu macht.

Ich habe keine festen Prämissen, was die Gruppe aus der Situation macht. Sie kann entweder versuchen den Bösewicht im Wald zu schnappen oder sich ihm anschließen um die Macht in seiner Gruppe von innen zu übernehmen.

Ziele können auch wechseln und neu definiert werden.

Wichtig ist was die Gruppe aus der angebotenen Situation macht und nicht, was ich mir vorgestellt habe. In der Regel ist ergebnisoffenes Spiel für mich als SL schöner zu leiten, weil ich mich von den Reaktionen meiner Spieler überraschen lassen kann und am Anfang selber nicht weiß, wie die Geschichte ausgeht.

 

Das hat auch für mich als SL einen erheblichen Mehrwert.

In so fern gibt es also bei mir keine richtigen oder falschen Entscheidungen. Es gibt Entscheidungen die von mir als SL bearbeitet werden, um die Handlung mit Hilfe meiner SLC und weiter zu entwickeln. Kaum ein Plan überlebt den Kontakt mit der der Gruppe, also kann ich auch ohne festen Plan arbeiten und einfach Spaß an der sich entwickelnden Geschichte haben.
« Letzte Änderung: 28.09.2009 | 11:54 von Joerg.D »
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Offline Oberkampf

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Andereseits ist es bestimmt furchtbar frustrierend für eine Spielergruppe, wenn der SL mit Informationen geizt und in der Story die wichtigen Dinge hinter so abstrusen Konstruktionen versteckt sind, dass kein normaler Sterblicher im Traum darauf kommen würde. Ich habe mich viele Jahre mit Midgard beschäftigt und finde die Kaufabenteuer, auch wenn sie teils von hoher Qualität sind, diesbezüglich abgrundtief.

Oh ja. Einige Abenteuer aus den späten 90ern sind wirklich zum fürchten.

Zurück zum Thema:
Wenn ich "Detektivabenteuer" oder "Storyabenteuer" entwerfe (ja, kommt vor), versuche ich mich mitlerweile an ein Schema zu halten, das ähnlich ist wie das von Jörg.D in seiner Eingangspost beschriebene.

Die "storytreibenden" Informationen gibt es in Schlüsselszenen. Jede Schlüsselszene kann man (im Idealfall) auf 3 Arten lösen: minimal, gut und sehr gut (man kann sie natürlich auch komplett verhauen). Minimale Lösung ist einfach (fast ohne Anstrengung) und liefert ausreichend Informationen, um das Abenteuer weiter zu verfolgen.

Gute Lösung ist abhängig von Fertigkeitseinsatz und Spielerideen und liefert Bonusinformationen. Sehr gute Lösung ist durch brilliante (d.h. auch unterhaltsame) Spielerideen und risikobewussten Einsatz von Fertigkeiten möglich und liefert ein Extraplus an Hinweisen (oder eröffnet sogar eine Zusatzspur). Gute Lösungen skizziere ich vor, bei sehr guten Lösungen versuche ich mich von den Ideen meiner Spieler überraschen zu lassen.
Allerdings besteht immer die Möglichkeit, dass die Spieler gute Ideen verhauen, wenn sie bei der Umsetzung schlecht planen oder die falschen Leute mit den Aufgaben betrauen. Ich versuche, meinen Spielern die Extraboni nicht zu schenken.  

Beispiel: Die Spieler suchen einen Schmuggler in einer beliebigen Fantasystadt. Eine Spur, die sie verfolgen, führt zu einer Hafenkneipe. In der Kneipe erfahren sie recht schnell (nach dem Spendieren von ein paar Bier usw.), wie das Schiff des BBEG heißt und an welchem Pier es liegt (minimaler Erfolg: eine weitere Spur). Mit ein paar Würfen auf Gassenwissen, Bluffen usw. oder ein paar gezielten Fragen bei den "richtigen" Leuten erfahren die Spieler auch, was der BBEG geschmuggelt hat, ggf. erfahren sie auch, wer das Schiff in der Abwesenheit des Schmugglers bewacht (guter Erfolg). wenn den Spielern was richtig gutes einfällt, leg ich noch einen drauf und verrate ihnen, was die Bewacher für Schwächen haben, oder wo die Charaktere auf dem Schiff suchen können, um das Schmuggelgut zu finden, oder wo die Ware vertickt wird usw.

Ist praktisch wie das Finden von Geheimtüren im Dungeon: Man kommt ohne sie voran, aber mit ihnen kürzt man Wege ab oder entdeckt zusätzliche Schätze/Abenteuer.

Falls die Spieler aus irgendeinem Grund die Spuren in den Schlüsselszenen nicht verfolgen/finden, sondern eigene Wege gehen wollen, bereite ich ein paar Informationen vor, die man dann als Gerüchte o.ä. einstreuen kann. So bleibt der Frust aus, daer entsteht, wenn Spieler eigene gute Ideen der Spurensuche haben und dann trotzdem dafür nichts an Hinweisen herausfinden. Auf dieses Problem hat mich z.B. ein älteres Midgardabenteuer aufmerksam gemacht (womit der Bogen zum Beginn des Postings geschlossen ist, es war "Sieben kamen nach Corrinis").
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Ja, das hört sich vernünftig an.

Ich plane bei Abenteuern in Städten fast immer eine Gegenpartei mit ein, die den Spielern notfalls Informationen zukommen lassen kann um sie für ihre Interessen zu Instrumentalisieren oder gegen die meine Gruppe mit einer anderen Partei vorgehen kann, wenn sie sich für einen anderen Weg entscheidet.

Im Schmuggler Beispiel wären das vielleicht Gesetzeshüter oder eine rivalisierende Bande, welche die Konkurenz loswerden möchte.

Muss aber nicht so sein. Es gilt auch als SL immer ein wenig unberechenbar zu sein.
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man kann die notwendigen Informationsbröckchen auch so einbringen, daß sie nicht gezwungen wirken, sondern als Ereignis der Spielwelt logisch erscheinen.
Dann kann man als SL seine geplanten Stationen durchbringen, die Spieler entscheiden sich "frei", weil alles nunmal plausibel abläuft und im Endeffekt spielt man doch normales Rollenspiel, daß sich von offenen Spiel durch nichts unterscheidet (ohne RR und Plotdurchprügeln).

mit anderen Worten: die Szenen, die ich mir überlege, sind mir als SL wichtig, aber ich lege die Situationen so aus, daß es auch sehr wahrscheinlich ist, daß sie eintreten.
In meiner jetzigen Kampagne spielt Hellsehen eine zentrale Rolle. Das ist eine SEHR gute Übung  :D
« Letzte Änderung: 28.09.2009 | 12:34 von Falcon »
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Sollte man auch nicht aus den Augen verlieren. Natürlich kann man vor lauter Mühe und Enthusiasmus, den Spielern die Lösungshäppchen zu servieren, die zur "Königslösung" (derjenigen, die dem SL vorschwebt oder dem Autor des Kaufabenteuers, falls es sich um ein solches handelt, vorgeschwebt hat) führen, völlig übersehen, dass die Spieler vielleicht etwas ganz anderes erleben wollen, als ursprünglich geplant war. Nehme wir an, die Abenteurer nehmen an einer Party teil, in deren Verlauf ein anwesender Politiker ermordet wird. Der SL sieht vor, dass die Spieler den Fall lösen. Was, wenn sie mittendrin feststellen, dass die Lösung des Mordfalls für sie völlig zweitrangig ist und sie mehr Interesse an der Recherche des korrupten Hintergrundes des Toten entwickeln, um ihre Ergebnisse an eine Zeitung zu verkaufen? Was, wenn sie sich so in eine (zur Irreführung eingestreute, aber für die Königslösung völlig unwichtige) Nebenhandlung verbeißen, dass alles andere unwichtig wird? Mit anderen Worten, die Spieler haben ein Recht darauf, sich dem Plot zu verweigern und angebotene Lösungsmöglichkeiten zu ignorieren, und dann muss man gut balancieren, um ihnen nicht etwas aufzudrängen.
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Sie haben nicht nur ein Rech darauf, man kann auch coole Folgeabenteuer aus der Sache basteln. Der Täter wurde nicht geschnappt? Schön, dann macht er weiter und bringt die Sache wirklich in Schwung.
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Ja, das hört sich vernünftig an.

Ich plane bei Abenteuern in Städten fast immer eine Gegenpartei mit ein, die den Spielern notfalls Informationen zukommen lassen kann um sie für ihre Interessen zu Instrumentalisieren oder gegen die meine Gruppe mit einer anderen Partei vorgehen kann, wenn sie sich für einen anderen Weg entscheidet.

Im Schmuggler Beispiel wären das vielleicht Gesetzeshüter oder eine rivalisierende Bande, welche die Konkurenz loswerden möchte.

Muss aber nicht so sein. Es gilt auch als SL immer ein wenig unberechenbar zu sein.

Wie managest du die Gegenpartei (wenn sie z.B. im wettlauf mit den Scs ist)?

Ich habe das mit einer Konkurrenztruppe bisher nicht voll durchgezogen, sondern nur zwei oder dreimal als "Hintergrundmusik" benutzt, aber ich überlege, wie man es einigermaßen fair umsetzen könnte. Mit "Siegpunkten" bei der Spurensuche vielleicht, die dokumentieren, wie schnell die Scs und die konkurrierenden NSCs ihre Informationen gewinnen?  
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Offline bobibob bobsen

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Ich habe die Erfahrung gemacht das man insbesondere mit Tempoänderungen gute erfolge erzielen kann.
1. die Gruppe bekommt einen Hinweis, erlebt etwas etc das sie in den Plot bringt.
2. Ich streue leicht zu mittelnde Hinweise, Fakten etc. das gibt den Spielern das Gefühl das sie auf der richtigen Spur sind und gut vorankommen. Gleichzeitig steigert das die Motivation.
3. Die SC setzen ihre Fähigkeiten ein und so werden die Möglichkeiten die in Phase 2) noch breit gefächert waren eingeschränkt.
4. Die nächsten Fakten sind schwer zu bekommen (man muß mit einem Sträfling sprechen, die Frau die das wissen könnte ist schwer krank). Dieser Part kann sich ziehen, wenn die Spieler aber eine gut Idee haben dann kann es auch sehr schnell gehen. Hier werden auch schwere Fertigkeitswürfe benutzt um abkürzungen zu nehmen (den Gefängniswärter einschüchtern um mit dem Gefangenen zu reden).
5. Die Hinweise haben sich auf einen verdichtet und wenn alles gut gelaufen ist es sogar auf den richtigen. Wenn es der Falsche war springe ich zu 4. zurück es sei denn dies wäre unlogisch. Am schönsten ist es wenn das ganze mit einem AHA-Erlebnis endet.

@Crimson King
deinen Ansatz finde ich klasse und werde mal versuchen ihn in meiner Runde umzusetzen auch wenn ich die Befürchtung habe das sich meine Spieler verzetteln bzw. die Zusammenhänge gar nicht verstehen. Versuch macht aber bekanntlich kluch und wer nichts wagt der nichts gewinnt.

Offline Joerg.D

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Wie managst du die Gegenpartei (wenn sie z.B. im Wettlauf mit den SCs ist)?

Ich lasse die Gegenpartei von einem der Spieler würfeln oder würfel selber. Das geht in Reign sehr gut, da man dort immer anhand eines Wurfes sehen kann, wie schnell die Gruppe an Informationen bekommt (die Breite des Pasch) und wie hoch die Qualität der Informationen ist (die Höhe des Pasch). Wenn ich einen Blick auf meinen Zeitstrahl werfe, dann sehe ich, wer die Informationen zuerst bekommt und die jeweils zweite Gruppe trifft auf ausgeräumte Dungeons, umgebrachte oder ersetzte Informanten und andere Hindernisse.

Mann könnte es aber auch mit einer Art Victory Point System oder den Anhäufen von Erfolgen wie beim Hacken und SR 4.0 handhaben, bis man bei einer bestimmten Anzahl von Punkten/Erfolgen ist um die nächste Stufe zu erreichen.

Das Würfeln lassen der Gegner bringt zusätzlich noch Schwung in die Geschichte, weil die Spieler dann wissen, dass noch jemand anders an der Sache drann ist. Dann werden Ego-Tripps echt selten oder von der Gruppe selber sanktioniert.

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