Autor Thema: [Filmgeschichte] Neue Monographie über Bud Spencer und Terence Hill erschienen!  (Gelesen 1301 mal)

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Offline Jed Clayton

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Hallo,

das folgende Buch habe ich gerade bei Amazon.de gefunden... offizielles Erscheinungsdatum ist - nach einer knappen Verzögerung - in knapp einem Monat, am 15. Juni 29. Juni 2009.

Es ist kein Reprint und auch keine Übersetzung, und tatsächlich auf dem aktuellsten Stand (geht vom Material her bis ins Jahr 2009!). Ein richtig solides Sachbuch für Filmfreunde also. Hier die Info:

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In der Nachfolge von Sergio Leones DOLLAR-Trilogie sorgte Mitte der sechziger Jahre der italienische Spaghetti-Western für Endzeitstimmung im angestaubten Wildwestfilm-Genre. Die neuen Helden vom Schlage eines Clint Eastwood, Franco Nero oder Lee Van Cleef waren maulfaule, gewalttätige Pistoleros, die sich mit lakonischem Zynismus ihren Weg durch die Prärie schossen, innerlich wie äußerlich verhärtet und empfindungslos. Als personifizierte Dämonen pessimistischer Lethargie ritten und mordeten sie sich bis zu Beginn der siebziger Jahre durch mehr als 300 Genreproduktionen, bis das Publikum im schieren Übermaß ihrer immer perfideren Grausamkeiten zu ertrinken drohte. In dieser Stunde höchster Not wies der ehemalige Kameramann Enzo Barboni den sehnlichst erhofften Ausweg aus dem Garten der Qualen. Mit seinen beiden Filmen DIE RECHTE UND DIE LINKE HAND DES TEUFELS (1970) und VIER FÄUSTE FÜR EIN HALLELUJA (1971) fegte er den apokalyptischen Trübsinn mit entschlossener Leichtigkeit aus den Kinosälen heraus und sorgte im Western stattdessen für schallendes Gelächter. Anstelle pathetischer US-Pioniere oder heimtückischer Outlaws à la Leone traten nun plötzlich zwei völlig neuartige Leinwand-Helden auf den Plan, die das Genre revolutionierten und es zugleich an seinen Endpunkt führten. In parodistischem Affront kreisten Barbonis Filme um ein ungleiches Brüderpaar, das sich statt blutiger Shootouts lieber skurrile Wortgefechte und schwungvolle Cartoon-Schlägereien lieferte und dabei mit verspielt-naiver Situationskomik die Herzen von Millionen Zuschauern eroberte. Für die Rollen des schelmischen, überdrehten Trinità und des bärbeißigen, grummelnden Bambino zog der Regisseur ein mehr als kurioses Darstellergespann aus dem Hut, das quasi über Nacht zu Europas führenden Leinwand-Stars avancierte: Unter ihren neuen Pseudonymen Terence Hill und Bud Spencer wurde aus dem ehemaligen Literatur-Studenten Mario Girotti und dem zweifachen Olympia-Schwimmer Carlo Pedersoli das erfolgreichste und populärste Schauspielduo des europäischen Nachkriegsfilms, das bis in die neunziger Jahre in insgesamt gemeinsamen siebzehn Filmen die Massen begeisterte. Darüber hinaus feierten beide auch in ihren Soloprojekten große Erfolge, sei es – wie Hill – als anonymer Wildwest-Taugenichts in MEIN NAME IST NOBODY (1973) oder – wie Spencer – als schlagkräftiger Polizei-Inspektor in SIE NANNTEN IHN PLATTFUSS (1973). Die von Barboni entwickelte Erfolgsformel variierten sie dabei im Laufe ihrer Karriere in den unterschiedlichsten Genres – vom Ritterfilm über die Polizeikomödie bis hin zu Science-Fiction und Fantasy.

Heute, mehr als vierzig Jahre nach ihrem Debüt, sind Bud Spencer und Terence Hill so populär wie eh und je. Während ersterer seine anspruchsvolle Rolle in Ermanno Olmis preisgekrönten Autorenfilm CANTANDO DIETRO I PARAVENTI (2003) zuletzt ebenso mühelos schulterte wie seinen kuriosen Gastauftritt in der deutschen Kino-Komödie MORD IST MEIN GESCHÄFT, LIEBLING (2009), erzielt letzterer nunmehr schon seit Jahren mit der kultigen Krimiserie DON MATTEO (2000ff.) absolute Traumquoten im italienischen Fernsehen. Hierzulande sind die großen Komödien-Klassiker aus den siebziger und achtziger Jahren inzwischen längst zu massentauglichen Kultfilmen geworden, die als feste Größen des heimischen TV-Programms nach wie vor beachtliche Einschaltquoten garantieren. Unterstützt durch die sehr freien Dialog-Bearbeitungen des populären Synchronregisseurs Rainer Brandt, versprühen Titel wie SIE NANNTEN IHN MÜCKE (1977), DER SUPERCOP (1980) und VIER FÄUSTE GEGEN RIO (1984) auch gegenwärtig noch den Charme vergangener Zeiten – und sorgen inzwischen bei gleich mehreren Generationen für selige Kindheitserinnerungen. Die vorliegende Publikation, die anlässlich Bud Spencers achtzigsten und Terence Hills siebzigsten Geburtstag im Jahr 2009 erscheint, liefert die erste filmhistorische Monographie über die beiden sympathischen Leinwand-Helden. In bewusster Abgrenzung zu oberflächlichen Trivial-Infos und sensationsgieriger Star-Reportage bemüht sie sich um eine Einordnung des Phänomens Spencer/Hill in den kulturhistorischen Kontext, untersucht die komischen Wirkungsprinzipien ihres dualistischen Spiels und stellt die wichtigsten Köpfe und Motive ihres filmischen Universums vor. In einem umfangreichen, bislang beispiellosen Anhang werden sämtliche Filme von Bud Spencer und Terence Hill mit Stabangaben, Inhalt und Kurzkritik vorgestellt. Ein eigenes Kapitel zur deutschen Verleih- und Synchrongeschichte rundet die Arbeit ab.
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Christian Heger. Die rechte und die linke Hand der Parodie - Bud Spencer, Terence Hill und ihre Filme. Schüren Verlag, 2009. Gebunden, 256 S.
ISBN-10: 3894726644
ISBN-13: 978-3894726645
(Neupreis ist 24,90 Euro.)
« Letzte Änderung: 1.07.2009 | 14:07 von Jed Clayton »
"Somewhere there is danger, somewhere there's injustice, and somewhere else the tea is getting cold."

(Doctor Who, Survival, 26th season, serial 4, part 3)

Offline Jed Clayton

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So, das Buch von Christian Heger ist heute bei mir angekommen. Druckfrisch vom Verlag. Es ist wirklich sehr flott und frisch geschrieben, großartig lesbar, super recherchiert und ehrlich. Wie ich schon vermutet hatte, handelt es sich um die erweiterte und bebilderte Fassung einer Filmwissenschaft-Magisterarbeit (eingereicht Ende 2005).

Heger hat alles Mögliche zu Spencer und Hill recherchiert, sogar ihre TV-Serien-Auftritte, Interview-Sendungen, alte Zeitschriften-Interviews, neue Solo-Projekte usw. Den wiederkehrenden Nebendarstellern aus den Spencer/Hill-Filmen ist ein eigenes kurzes Kapitel gewidmet.

Besonders gut gefallen mir auf den ersten Blick solche Kapitel wie: "Das komische Duo als Spiegel des italienischen Nord-Süd-Gefälles" und "Essensschlachten gegen das amerikanische WASP-Ideal" (!), d.h. also katholische italienische Fresserei und Sinnenfreuden gegen den spießigen, enthaltsamen Protestantismus.

Es gibt eine Filmografie sämtlicher Spencer-, Hill- und Spencer/Hill-Duo-Produktionen mit allen üblichen Daten, einer Handlungszusammenfassung und je einer Kurzkritik, die es auch in sich hat (keine lahme Lobhudelei also). Die deutsche Pseudokomödie "Mord ist mein Geschäft, Liebling" von 2009 wurde darin auch ordnungsgemäß verrissen. Recht so. Bud Spencer war zwar gut darin, aber der Film insgesamt ist grauenvoll schlecht.
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