Das Siebte Siegel
Autor: Mitchell, Scott; Grünhagen, MarcDer noch recht junge Kleinverlag NEO Publishing präsentierte auf den Internationalen Spieletagen in Essen vor wenigen Jahren die deutsche Ausgabe des Rollenspiels „The Seventh Seal“ von Creative Illusions. Die stilvoll auf 777 handnummerierte Exemplare limitierte erste Auflage wurde aus der Liebe eines Fanprojekts heraus von Verlagschef Marc Grünhagen und Mitarbeiterin Daniela Grundmann übersetzt. Herausgekommen ist ein wunderschönes Buch, dem man das investierte Herzblut in Sachen Layout, Übersetzungsarbeit und Gestaltung förmlich anmerkt.
Das Siebte Siegel ist ein Erzählspiel, in dem die Spieler die Rolle von so genannten Sentinels übernehmen. Auswählte gesalbte Krieger des Himmels, die gegen die Legion der Hölle im Kampf um die Erde antreten. Die Sentinels sind eigentliche normale Menschen, die allerdings durch ihren himmlischen Orden mit besonderen göttlichen Kräften und Gaben ausgestattet worden sind. Nur so sind die Sentinels überhaupt in der Lage gegen die Dämonen der Hölle und die gefallenen Engel Satans anzutreten.
Das in einer Welt der biblischen Mythologie angesetzte Rollenspiel, kann in jeder beliebigen Zeit gespielt werden (Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft). Noch ist das Siebte Siegel nicht gebrochen, und die Mächte des Himmels und der Erde können noch keinen offenen Krieg gegeneinander führen (die Apokalypse).
Daher sind beide Seiten darauf bedacht, ihre Machtkämpfe im Verborgenen zu führen, auch wenn die Legion der Hölle dabei deutlich weniger subtil vorgeht, als die Auserwählten Krieger Gottes.
Die Charaktererschaffung,
geht bei Das Siebte Siegel relativ schnell und unkompliziert von der Hand. Das Grundgerüst jedes neuen Sentinels ist die Trinitae. Gemeint sind damit die zwölf Attribute des Charakters, aufgeteilt in die drei Gruppen Körper, Geist und Seele. Je nach Ausrichtung seiner Attribute (die von 1 bis 7 gehen) wählt der Spieler danach für seinen Charakter die entsprechenden Fertigkeiten (abhängig des gewählten Hintergrunds) und einen Himmlischen Orden. Bei dem Hintergrund gibt es eine große Auswahl an Berufen, Tätigkeiten oder anderen Beschäftigungen, denen der Charakter vor seiner Salbung nachgegangen ist. Egal ob als Anwalt, Filmschauspieler, Obdachloser oder Universitätsprofessor. Die Liste ist lang, und lässt sich relativ leicht durch eigene Ideen ergänzen, falls sich der gewünschte Beruf seines Charakters nicht finden lassen sollte.
Etwas genauer muss man da schon bei der Auswahl seines Himmlischen Ordens sein. Hier hat man die Wahl zwischen den Orden der Erzengel Michael, Gabriel, Raphael und Uriel. Die Anhänger Michaels zeichnen sich durch ihr Führungstalent, und ihre Bereitschaft die Stellung des Anführers oder Leiters der Sentinel-Gruppe (kurz „Tsawa“ genannt) zu übernehmen aus. Ihnen zur Seite stehen die Anhänger Gabriels. Sie sind die Krieger des Himmels, sie Töten und Morden im Namen des Herrn. Ihre Stärke liegt mehr auf der rein körperlichen Konfrontation gegen das Böse. Raphael dagegen ist der Engel der Heilung sowie der Wahrheit und Aufdeckung. Die gesalbten Raphaels können mit ihren himmlischen Fähigkeiten Wunden heilen, oder Verborgenes sichtbar machen und aufdecken.
Der letzte Orden, der des Engels Uriel, vereint die Zauberkundigen und Magier unter sich. Anhänger Uriels können die vier Elemente beherrschen und kontrollieren.
(Ich persönlich bevorzuge es bei der Charaktererschaffung, wenn man statt Rumgewürfel und gerechne, einen kurzen Lebenslauf erfasst aus welchem man den Charakter baut.)Zu den Regeln:
Es werden ausschließlich sechsseitige Würfel verwendet. Wenn eine Probe auf ein Attribut oder eine Fertigkeit fällig wird, würfelt der Spieler mit einer gewissen Anzahl an Würfeln, abhängig seiner Werte (je mehr Würfel, desto größer die Chance auf einen Erfolg). Jede Probe ist einen Schwierigkeitsgrad zugeordnet. Nach dem Wurf, bestimmt die Anzahl der Erfolg, also alle Würfel die den Schwierigkeitsgrad erzielt haben, über das Ergebnis der Probe. Normalerweise reicht ein Erfolg aus, um ein einfaches Problem zu lösen. Schwierige oder gefährliche Situationen können allerdings auch drei, vier oder noch mehr Erfolge verlangen. Eventuelle Modifikator werden entweder mit dem Schwierigkeitsgrad der Probe oder weiteren Würfeln bestimmt.
Allgemein kann man sagen, dass sich das Regelwerk ohnehin auf einen relativ kleinen Regelanteil beschränkt. Der Schwerpunkt liegt also ganz klar im Erzählanteil des Spiels. Dies merkt man auch an dem recht erbarmungslosen Kampfsystem. Keine Frage, Kämpfe in Das Siebte Siegel sind hart und schnell. Und wenn man bedenkt dass die meisten Dämonen der Legion übermenschliche Stärken besitzen, sollte sich ein einzelner Sentinel genau überlegen ob und wie er seinen Gegner angreift. Verwundungen werden in einzelnen Stufen abgehandelt, wobei dieser zwischen Schlagschaden sowie tödlichen und übernatürlichen Schaden unterteilt wird. Wie gut ein Charakter Im Nah- oder Fernkampf trifft hängt mit seinem Geschick und dem jeweiligen Wert in der passenden Fertigkeit zusammen. Waffen richten stets eine gewisse Anzahl an Würfeln als Grundschaden an. Je nach Stärke des Sentinels, oder je nachdem wie gut er mit einer Schusswaffe trifft, wird der Schaden um weitere Würfel gesteigert.
(Bedingt dadurch, das es ein recht hartes System ist, gibt es schon mal den ein oder anderen Toten ind unserer Gruppe ...)Fazit:
Das Siebte Siegel drängt natürlich einen Vergleich mit anderen Systemen mit ähnlichem Hintergrund wie z.B. World Of Darkness auf (und hierbei vor allem mit Hunter). Nun, die Ähnlichkeiten sind natürlich vorhanden. Vor allem zwischen den Sentinels und den Huntern. Doch bei genauerem Hinsehen erkennt man doch ganz klare Unterschiede. Die biblische Mythologie hat nicht viel mit Werwölfen oder Vampiren zu tun, und die Sentinels zeichnen sich gegenüber den Huntern vor allem durch ihre direkte Verbindung zu ihren himmlischen Orden aus. Die Legion hat die Weltwirtschaft fest im Griff, ist für Kriege und Katastrophen, Weltreligionen und Massenhysterien verantwortlich. Die Sentinels führen in dieser Welt eine Art Nomadenleben, außerhalb der Gesellschaft und im Verdeckten gegen die Mächte der Hölle kämpfend. Weitere Ähnlichkeiten drängen sich wohl mit dem Rollenspiel KULT auf. Doch während KULT eher eine Art Matrix meets Himmel/Hölle Hintergrund hat, und die Charaktere deutlich kaputter sind, stehen die Sentinels auf der Seite der Guten. Die Welt ist keine falsche Realität, aber dafür auf dem besten Weg hin eine zu werden, falls die Mächte der Hölle den Kampf gewinnen sollten.
Das Regelwerk ist schnell und unkompliziert, aber auch nicht so oberflächlich um als reines Storytelling-System abgetan zu werden. Vor allem bei dem Einsatz der himmlischen und göttlichen Gaben kommen die Regeln noch ordentlich zum Einsatz. Es darf also gewürfelt werden.
Man kann das Spiel also ganz klar als absoluten Geheimtipp für jene Spieler ansehen, die auf spannende mystische Settings stehen, aber nicht unbedingt WOD, KULT oder Cthulhu mögen.
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Meine persönliche Meinung:
Ich spiele seit einigen Jahren "Das Siebte Siegel - hab es auf der erwähnten Essener Messe gekauft. Um die Umgebung mystischer zu gestalten verwende ich Nebelmaschinen, Lichteffekte, Kirchl. Ambiente und Tonaufnahmen (Geräuscheffekte u.ä). Ich habe mittlerweile knapp über 50 Abenteuer geschrieben - unsere Gruppe spielt im Jahr 1950 - 1960. Zeitweise habe ich es bereits auf RollenspielCons geleitet und in einem Verein als Spielleiter verwendet - Es ist ein klasse Rollenspiel, allein die Tatsache das man es theoretisch in jedem Jahr in jedem Land spielen kann macht es interessant. Ich kann es nur empfehlen* PS: Obwohl ich auch gern KULT oder Cthulhu spiele