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Skills und 3W6 Erfolgswahrscheinlichkeiten in Hero

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Jed Clayton:
Hier sind ein paar Bemerkungen zu bestimmenden Merkmalen von Hero, die mir gestern Abend wieder in den Sinn kamen:

Eigentlich hat das Folgende eher allgemein mit der 3W6-Verteilung (der typischen "bell curve") zu tun. Immer wieder stoße ich in Internet-Foren und Podcasts auf Spuren eines "Glaubenskrieges" zwischen den Leuten, die für ihr Spiel ein Roll-High-System (mit dem W20, W12 oder W10 möglichst hoch würfeln, immer lineares System) bevorzugen und denen, die ein Prozentsystem mögen. Schätzungsweise ist die Fraktion der Prozent'ler kleiner.

Gerade gestern bin ich auf eine Sache gestoßen, die sicherlich manchen Spielern, die ein Roll-High-Verfahren bevorzugen, nicht so gut gefallen könnte.

In Hero beginnen Skills fast immer mit 11- (d.h. 11 oder weniger würfeln auf 3W6), abgesehen von manchen Abzügen für besondere Erschwernisse. Das ist mehr als 60%. Eigentlich eine sehr schöne Erfindung, wenn man bedenkt, das Hero ja "Helden" als Protagonisten haben will und keine Luschen mit 15% oder 20% in ihren Skills. Selbst eine Fifty-Fifty-Chance (10-) wäre mir für einen "gelernten" Skill ehrlich gesagt zu schlapp. Deshalb ist eine Chance von 60+% eigentlich genau richtig.

Hat ein Charakter erst einmal eine 12-, was ja schon für weniger Charakterpunkte möglich ist, würfelt er in ca. 74% aller Fälle einen Erfolg, bei 13- in 83% der Fälle. Daher haben auch viele der vorbereiteten Beispielcharaktere in Hero kaum Skills auf mehr als 13-.

Es lohnt sich natürlich, in einem solchen 3W6-System auch mal Skills auf 17-, 18- und mehr hochzukaufen. Die natürliche "18" bleibt hier zwar immer der Misserfolg, aber die statistische Wahrscheinlichkeit für 18 liegt mit 3W6 bei unter 1%. Ab etwa 20- wird das Investieren in einen Skill für die meisten Leute uninteressant (point of diminishing returns). Es gibt zwar gelegentlich einen Malus auf den Skill-Wert, aber häufig nur -3 oder -4.
Habe ich aber einen Skill-Wert von 23-, interessiert mich die -3 doch eh nicht mehr.

Warum sollte also ein Spieler im Hero System noch in einen bestehenden Skill Charakterpunkte investieren? Einen Anreiz für ein langfristiges, wohlüberlegtes Investieren und "Hochziehen" eines Skills gibt es dort zumindest nicht, da die "Levels" auch linear gleich viel kosten (jeweils +1 oder +2 Punkte für ein Level, anders als in GURPS!). Mit anderen Worten: Man ist einfach sehr schnell im Bereich der hohen Skill-Werte angekommen.

In verschiedenen Roll-High-Systemen wie d20 oder auch in Cartoon Action Hour und allen anderen, in denen der Wert zum Würfelergebnis addiert wird, lohnt es sich aber durchaus, immer höher und höher zu klettern. d20 und CAH:S2 haben darüberhinaus gemeinsam, dass die Chance für einen "Patzer" auf der 1 immer gleich bleibt, sogar bei irrsinnig hohen Skills.

Lyonesse:
Ich finde, das relativ grobe Skill-System ist nach wie vor die größte Schwäche des Hero-Systems. Die Charaktere sehen sich, gerade in heroischen Genres, viel zu ähnlich und es gibt praktisch keinen Anreiz großarig Punkte in Skills zu investieren. In der 6ten Auflage ist daran aber vielleicht/hoffentlich etwas gedreht worden.

Jed Clayton:
Hmm, interessant, wie sich die Meinungen von Spielern doch unterscheiden.

Ich hätte jetzt das Skill-System nie und nimmer als größten Schwachpunkt von Hero genannt. Da gibt es andere Dinge, die mich (in Edition 4 und 5) üblicherweise mehr gestört hätten. Die Skills sind kein großes Problem, die sind eben so wie sie sind. Was mich am Anfang nur verwundert hat, war, dass es keine "Default Skills" gab, weil ich GURPS vor Hero gelesen hatte und dieses defaulting eben von GURPS kannte.

Die Skills sind übrigens in der 6. Edition immer noch so wie in der 5. Edition. Manche Namen haben sich geändert, aber das Prinzip 9+(Char/5) = Wert für 3 Punkte, +1 für je 2 Punkte ist überall noch da.

Den meisten meiner Spieler hat das bislang sogar ziemlich gut gefallen: Man startet i.d.R. nicht mit Ausgangswerten von unter 50%, im Gegensatz zu so manchem Prozentsystem (Cthulhu, RuneQuest, Stormbringer), wo Charaktere auf einem Gebiet "Profis" sein konnten und trotzdem nur 35% in dem betreffenden Skill hatten. Zudem ist das System meiner Meinung nach nicht besonders grobkörnig. Eine 14- ist anders als eine 13- und diese ist wiederum etwas anderes als 12- und 11-. Richtig grobkörnig sind für mich nur diejenigen Spielsysteme, in denen es generell nur 3-4 Stufen für Fertigkeiten gibt: z.B. Savage Worlds (wo aber der Wild Die und andere Effekte das Spiel lustig halten).

Gestern habe ich mit einem alten Mitspieler aus meiner Runde gesprochen, der sehr viele Systeme kennt und sie mathematisch analysiert hat. Er meinte, Hero sei schon okay, denn ein "langfristiges Hocharbeiten" in Fertigkeiten und Boni gehöre für ihn zu alten Hack&Slay-Rollenspielen, die er sowieso nicht mag. Wir haben mal in einem Gedankenspiel typische Hero-Charaktere (Heroic Level) mit typischen RuneQuest-Helden verglichen und kamen dann sehr schnell zu dem Urteil, dass Hero "heroischer" ist als BRP/RuneQuest.

Selganor [n/a]:
Die Default Skills sind die Everyman Skills (zumindest bis 5. Edition - sind die in 6th gestrichen?), allerdings unterscheiden die sich von Setting zu Setting

Jed Clayton:
Guten Morgen!

Ja, die Everyman Skills gibt es ebenfalls noch. Da hat sich nicht viel getan. Das sind eben die, die man am Anfang automatisch auf 8- nehmen kann.

Ich meinte aber nur die GURPS-Konvention, dass man eben von einer Target Number (Attribut oder Skill) etwas abziehen kann, um einen (anderen) Skill, den man nicht gelernt hat, damit zu improvisieren. Das ist aber nicht wirklich wichtig. Viele Rollenspielsysteme funktionieren ohne das.

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