Pen & Paper - Spielsysteme > Savage Worlds Regelsystem
Hindrances und warum sie mir Bauchweh bereiten
Zornhau:
--- Zitat von: Edwin am 30.01.2010 | 15:54 ---Wenn ich jähzornig bin, werd ich belohnt wenn ich jähzornig handle.
--- Ende Zitat ---
Nein. Nur dann, wenn das jähzornige Handeln ZUM NACHTEIL gereicht hat! - Wenn Du also jähzornig daheim wegen jeder Kleinigkeit Deine Ehefrau schlägst, dann ist das noch keinen Bennie wert. - Wenn Du aber beim Abendessen zuhause bei Deinem Chef, zu dem alle Ehepaare der Führungskräfte eingeladen wurde, Deiner Frau eine reinhaust, DANN ist das einen Bennie wert.
--- Zitat von: Edwin am 30.01.2010 | 15:54 ---Wenn ich eine Schlangenphobie hab...werd ich belohnt weil ich immer wieder Schlangen aufsuche?
--- Ende Zitat ---
Nein, nicht "weil", sondern nur WENN. - Wenn Du eine Schlangengrube aufsuchst, DANN bekommst Du die entsprechenden Abzüge auf ALLE Eigenschaftswürfe und leidest somit SPÜRBAR unter dem Nachteil. Das ist dann auch einen Bennie wert, weil Du ja die Wahl hattest auf die Abzüge zu verzichten, indem Du Schlangengegenden meidest, oder Handlanger zum Umgang mit Schlangengruben usw. einstellst.
--- Zitat von: Edwin am 30.01.2010 | 15:54 ---Ihr werdet von Schlangen angegriffen. Willst du deine Phobie in Kauf nehmen? Also -2 und nen Bennie.
Find ich generell in Ordnung, wenn er keinen Bennie will kann er sich halt zusammenreißen.
--- Ende Zitat ---
In diesem Falle hatte der Spieler KEINE WAHL! - Das ist anders gelagert. Hier hat der SPIELLEITER entschieden "Ihr werdet von Schlangen angegriffen." - Damit bekommt der Charakter automatisch seinen Abzug von -2 oder gar -4, je nach Phobie-Intensität.
ABER: er hat, nachdem der Spielleiter ihm schon keine Wahl lies, sich Schlangen auszusetzen, immer noch die Wahl, ob er seinen Kameraden beisteht und gemeinsam mit ihnen - und unter den Abzügen leidend - die Schlangen bekämpfen möchte, oder ob er dieser Situation aus dem Weg gehen möchte, also FLIEHEN möchte.
Das Fliehen ist für die gesamte Gruppe eine viel unangenehmere Komplikation, diese "Rückgratlosigkeit" wird dem SC später noch vorgeworfen werden, DAFÜR gibt es dann den Bennie wegen der ausgespielten Phobie.
Wenn er sich zusammenreißt und dies NICHT auf Entscheidung des Spielers, sondern nur durch den starken Eingriff des Spielleiters notwendig wurde, dann ist es auch keinen Bennie wert.
Als Spielleiter bringt man Charaktere in Situationen, wo sie sich ENTSCHEIDEN können, ob sie ihren körperlichen oder seelischen Schwächen nachgeben, oder sie für den Moment überwinden, ausblenden, umgehen sollen. - Man führt die Spieler in Versuchung, und beim Einwilligen in die Versuchung gibt es einen Bennie für den NACHTEIL, d.h. die KOMPLIKATION in der Geschichte, die dieses Nachgeben der Versuchung bedeutet. (Andere Regelsysteme haben so etwas stärker formalisiert, wie z.B. Aspekte in Fate.)
--- Zitat von: Edwin am 30.01.2010 | 15:54 ---Aber wie ist das mit Lahm? Kann der sich zusammenreißen und plötzlich schnell laufen?
--- Ende Zitat ---
Die physischen, NICHT interpretierbaren, STÄNDIG wirksamen Nachteile sind genau für die Spieler gedacht, die sich eben NICHT ständig entscheiden wollen, ob und wie sie ihre Nachteile ausspielen können. Sie wirken IMMER und erfordern KEINE Entscheidung des Spielers im Laufe des Spielgeschehens. Da sie keine Entscheidung erfordern, kann ein Spieler auch keiner Versuchung nachgeben. Damit verkompliziert er deutlich seltener die Geschichte, und daher gibt es für solche Nachteile auch seltener einen Bennie.
Nachteile wirken unterschiedlich stark als Komplikationskeime. Die Nachteile mit "always on" Qualität sind meist schwache Keime, während die "weichen" Nachteile mit ständiger Entscheidungsnotwendigkeit des Spielers starke Keime darstellen. - Je nach Spielerneigung und Tagesform können letztere einfach schneller und mehr Bennies einspielen als erstere.
--- Zitat von: Edwin am 30.01.2010 | 15:54 ---Oder der Hässliche plötzlich normal aussehen?
--- Ende Zitat ---
Ein häßlicher Charakter könnte z.B. sein Gesicht nicht zeigen, nur per Telefon kommunizieren, sich im Schatten halten, per Internet flirten, usw. - Beim ERSTEN (und NUR beim ersten!) Treffen wirkt dann Ugly reaktionsbeeinflussend. Aber diese Hindrance kann im Spiel bei längerem Kontakt überwunden werden. (Die Schöne und das Biest - sie verliebt sich in den Häßlichen, aber für den Rest der Welt ist er immer noch häßlich.)
Was bei Ugly auch geht: Schminke, Kleidung, plastische Chirurgie usw. - Das alles ist nur temporär, aber kann für gewisse Zeit oder wichtige Begegnungen die Ugly Hindrance "zurückstellen" helfen oder zumindest mildern.
Edwin:
Nochmal: Hier gehts nicht darum wann es Bennies gibt und wann nicht. Das wurde schon an anderer Stelle (tot)diskutiert.
Nochmal
Vll noch mal in Kurz und verschärft: Warum soll ich mir nicht sämtlichen Weichen "Nachteile" holen, und bei Bedarf Bennies einsacken?
Sollte eine Person, die auf Nachteile verzichtet nicht dafür mehr Edges oö. bekommen (anstatt WENIGER), weil sie auf Benniequellen verzichtet?
Darkling ["beurlaubt"]:
Ich glaube, deine These hinkt genau da, wo du Nachteile bloß noch als (potentielle) Benniequelle siehst und eben nicht mehr als Nachteile, die sie nunmal noch immer sind. Du versuchst Nachteile als reine Vorteile darzustellen, aber es sind Nachteile, für die du eine Belohnung bekommst, wenn sie sich nachteilig auswirken. Du hast ganz richtig erkannt, dass Nachteil und Ausgleich nicht immer im ausgeglichenen Verhältnis stehen (müssen und sollen sie ja auch garnicht), aber du ziehst den Schluss, dass der Ausgleich in Form von Bennies immer schwerer wirkt als die (weichen) Nachteile. Das halte ich für falsch.
Zornhau:
--- Zitat von: Master Li am 30.01.2010 | 16:29 ---Ich finde man vergisst hier schnell das Feingefühl, das für jede Gruppe von Nöten ist, mit einzubeziehen.
--- Ende Zitat ---
Das scheint mir bei den Forderern nach "harter, strikter Regelung" für Bennie-Vergabe auch das Hauptproblem zu sein.
Der Spielleiter ist hier als "Bewertungsinstanz" auf sein Feingefühl, sein Gespür, seine Menschenkenntnis, seine Kommuniktionsfähigkeit (insbesondere seine Achtsamkeit!), und seine Urteilskraft angewiesen. - Spielleiter mit NULL Feingefühl, die wie die Axt im Walde ohne Gespür für ihre Mitspieler agieren, die WOLLEN sich ja überhaupt nicht auf solchen achtsamen Umgang innerhalb der Gruppe einlassen. - Und genau diese sind es dann, die eben stets HARTE, STRIKTE Vergaberegeln fordern bzw. anwenden, weil sie sich hier auf eine rein mechanistische Position zurückziehen können, und so ihre VERANTWORTUNG für den Spielfluß an einen Mechanismus abgeben wollen.
Savage Worlds ist aber eben NICHT für solche "kybernetischen" Spielleiter gedacht, sondern für MENSCHLICHE, für Spielleiter, die im "Old School"-Sinne zu leiten vermögen. (Eine Kunst, die leider hierzulande beklagenswert in Vergessenheit geraten ist.)
--- Zitat von: Master Li am 30.01.2010 | 16:29 ---Ich finde auch die Regelung mit "harten" und "weichen" Nachteilen eher unglücklich. Bei Harten muss man schon ganz viel als Spielleiter mitdenken, um dort auch mal einen Benny anzubringen. Wenn man das nicht macht wird es schnell mal unausgewogen zwischen den Nachteilen, insofern stimme ich hier Edwin zu.
--- Ende Zitat ---
Es ist NICHT der Spielleiter, der "mitdenken" muß, "um dort auch mal einen Bennie anzubringen", sondern es ist der SPIELER, der in den vom Spielleiter geschilderten Situationen findig die GELEGENHEITEN SELBST SUCHEN (oder auch selbst SCHAFFEN!) muß, wenn er für harte Nachteile einen Bennie bekommen will.
Die harten Nachteile sind eben "always on" und es ist schwer den Spieler "in Versuchung" zu führen. - Wenn die Spieler AUSSCHLIESSLICH auf "Angebote" des Spielleiters warten, sich also nur von ihm anspielen lassen, dann hat man es mit ausgesprochen PASSIVEN Spielern zu tun. - Dann sollte man bei seiner Bennievergabe mehr Feedback für AKTIVES Handeln der Spieler geben, um nicht zum reinen Bespaßungspräsentator zu werden.
--- Zitat von: Master Li am 30.01.2010 | 16:29 ---Aber es gibt eben keine allgemeingültige Regel, wie man das lösen kann. Da ist eben die jeweilige Gruppendynamik zu unterschiedlich. Auch die Settings bauen auf unterschiedlichen Benniefluss.
--- Ende Zitat ---
Eben WEIL es KEINE allgemeingültige Regel geben KANN, ist ja auch das gesamte Bennie-Thema so frei gestaltet. - Nochmals die "Old School"-Seite bemüht: Was NICHT EXPLIZIT geregelt ist, das ist sowieso schon immer von jeder Gruppe unterschiedlich AUSHANDELBAR gewesen. - Das betrifft bei SW SEHR VIELE Bereiche der Regeln!
Die Empfehlungen, die Hinweise, all das, was im Regelwerk zur Bennie-Vergabe steht, sind KEINE harten Regeln. - Und seltsamerweise spielen seit 2003 Savages in aller Welt mit diesem Regelsystem und mit Bennie-Vergaben. - Das scheint überall zu funktionieren, außer bei denen, die FÜR ALLES die maximale Regeldichte brauchen, um ihre eigene Unsicherheit beim Spielleiten zu kaschieren (vergeblich!).
--- Zitat von: Master Li am 30.01.2010 | 16:29 ---Insofern muss jede Gruppe ihre eigene Balance finden, wie das mit dem Bennie für Nachteil ausspielen zu handhaben ist und in welchem Maß das ganze stattfinden soll.
--- Ende Zitat ---
Genau! - Und da ja in NORMALEN Gruppen auch miteinander GEREDET wird, und da ein NORMALER Spielleiter das "Hört auf die Spieler!"-Prinzip verstanden hat und in der Praxis umsetzt, ist das "Einspielen" in einen für ALLE befriedigenden Modus eine Sache von einer Spielsitzung, schlimmstenfalls einer kleinen Handvoll an Spielsitzungen.
Nur die Spielerkleinhalter kommen damit nicht klar, weil sie eben NICHT am Dialog mit den Spielern Interesse haben, sondern nur Monologe führen wollen.
Feuersänger:
--- Zitat von: Edwin am 30.01.2010 | 16:42 ---Vll noch mal in Kurz und verschärft: Warum soll ich mir nicht sämtlichen Weichen "Nachteile" holen, und bei Bedarf Bennies einsacken?
--- Ende Zitat ---
Ich würd mal sagen, WEIL das Kumulieren aller möglichen Hindrances für deine Mitspieler nicht so lustig sein könnte. Deswegen habe ich zB auch einer Shadowrun-Mitspielerin abgeraten, sich mit Flaws wie Jähzornig, Rachsüchtig etc. zu bepacken, nur um mehr Edges rauszuschinden. Entweder pisst du damit deinen Kameraden direkt ans Bein, und es kommt zum CvC (im schlimmsten Fall PvP), oder du bringst die Gruppe in prekäre Situationen, indem deine Hindrances ihre Pläne sabotieren.
Wie gesagt: den Bennie sollst du nur bekommen, wenn die Hindrance in der Situation wirklich einen Nachteil bedeutet. Der Nachteil betrifft aber dann nicht nur dich, sondern die gesamte Gruppe. Aber nur du hast was davon. Es sollen also alle Mitspieler eine Verschlechterung der Situation in Kauf nehmen, nur damit du einen Bennie mehr verjücken kannst.
Vielleicht geht's ja nur mir so, aber ich find sowas asozial.
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