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[Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde

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גליטצער:

--- Zitat von: Andhur am  7.04.2010 | 10:52 ---Warum sollten Rollenspielwerke nichts erklären? Die Infos sind doch für den Spielleiter. Der sollte natürlich den Spielern nicht alles erklären. Oder habe ich deine Aussage falsch verstanden und du willst du dich beim lesen des Regelwerkes gruseln?

--- Ende Zitat ---

Nein, aber ich komme aus der Tradition des fliegenden Meisterwechsels, das heisst jeder von uns will auch gerne mal Spielen. Das macht natuerlich dann keinen Spass wenn die anderen Meister Ihre Monster nur aus dem Kompendium abkopieren, ohne eigene Ideen hinzuzufügen. ABer ich glaube das ist auch egal, bei uns ist Cthulhu in zwei Spieletraditionen zu untergliedern:

Variante A:
Die Spieler müssen die Welt retten unter Einsatz Ihres Lebens udn verlieren dabei ganz schnell den Verstand...

Variante B:
Die Spieler sammeln Mythoswissen udn werden die heimliche Elitekaste des Planeten...

Das ist beides irgendwie doof, daher spiele ich es nicht mehr aktiv sondern stelle es nur noch in den Schrank bis eines Tages wuerdigere Mitspieler auftauchen.

First Orko:
Der Cthulhu Mythos wie er in Lovecrafts Erzählungen auftaucht ist ein Anachronismus. Der Schrecken, der diese Geschichten damals begleitete entstand aus der Angst der Menschen vor dem Fremden, dem Unentdeckten und den Errungenschaften der Wissentschaft die dieses Unentdeckte ans Tageslicht brachten. Die Menschen hatten Angst vor dem, was man vielleicht aufdecken würde, viele waren wohl auch der Meinung, dass man besser nicht so genau nachschauen sollte. Daraus hat Lovecraft seine Alpträume, seine Wesen und deren Prinzipien entwickelt die den unseren so vollkommen entgegenstehen und die - und das ist das Erschreckende - unsere Gesellschaft schon seit Urzeiten formt und beeinflusst.

Wir können dieses Grauen heute nicht richtig nachvollziehen, denn wir sind in einer Welt aufgewachsen, die getränkt ist mit Wiedersprüchen, sich wiederlegenden Theorien und Prinzipien, neuen Entdeckungen und geseschaftlichen Wandel. Das ist das, wonach wir streben nicht wovor wir Angst haben.

Trotzdem lässt sich der Mythos auch in diese Welt integrieren, nur muss man anders vorgehen. In den Cthulhu Now!- Büchern wird da sehr schön drauf eingegangen. Das Grauen kommt auf, wenn sich unsere Errungenschaften gegen uns wenden, wenn wir feststellen, dass wir die ganze Zeit von falschen Vorraussetzungen ausgegangen sind. Was wenn es Außerirdische gibt - aber sie uns nur als "minderwertiges Spielzeug" ansehen und uns vielleicht sogar überdrüssig sind? Wenn ihre Technik die unsere beherrscht und wir uns auf nichts mehr verlassen können? Wenn der Große Plan ist, uns von eben dieser Technik abhängig zu machen, und diejenigen die dies erkennen gar nichts dagegen machen können?

Ein anderer Aspekt des Grauens ist die Verfremdung der Menschen voneinander. Persönliche Kontakte werden nur noch online gepflegt, für echte Freunde hat man weniger Zeit, man kennt sich kaum noch. Mehr und mehr menschliches geht verloren und man weiß nicht, womit sich der Nachbar beschäftigt...

Meiner Meinung nach kann man den Horror aus den Lovecraft Geschichten schon in die heutige Zeit transportieren. Aber das "Nachspielen" in den 20er Jahren hat mich persönlich auch nie wirklich gereizt. Mir fehlt da einfach der Bezug zur Lebensweise, zu den Vorstellungen und Ängsten der Menschen aus der Zeit, um mich ausreichend in die Charaktere zu versetzen und ein wenig von deren Horror spüren. Bei Merkwürdigkeiten in unserer Welt sieht das u.U. anders aus.

@Heretic: Lovecraft hat AUCH Pulp Ficiton geschrieben. Ein Großteil seiner phantastischen Geschichten und Romane bedient aber kaum die typischen Motive von Groschenromanen. Als Paradabeispiel kann man ihn also wohl kaum bezeichnen.

ErikErikson:
Ich halte die Theorie, das der Zeitgeist einen solchen Einfluss hat, und damit CoC praktisch veraltet ist, für falsch.

Ich persönlich fürchte mich eher davor, kein Geld zu haben oder an Ansehen einzubüßen. Genauso wie die Leute früher.

Mir gehts völlig am Arsch vorbei, was die Ausserirdischen machen und die Technik wächst mir auch nicht übern Kopf. Genauso glaub ich nicht, das damals außer nen paar Spinnern jemand Angst vor wissenschaftlichen Entdeckungen hatte.

Angst vor dem Fremden und Unbekannten ist universell, deshalb funzt CoC immer noch genauso. Trotzdem sollte mans IMHO eher in der Gegenwart spielen lassen, damit sich die Leute halbwegs vorstellen können, in was für einer Welt sie überhaupt agieren. 

Skele-Surtur:
Ich persönlich will mich bei CoC garnicht "gruseln". Ganz ehrlich: Ich hab in meinem Alltagsleben ausreichend Grund, mich zu ängstigen. Im Rollenspiel bin ich mit Spannung völlig zufrieden. Angst ist ja nur ein etwas verschlüsseltes Gefühl für Hilflosigkeit und wenn ich etwas nicht will, dann mich hilflos fühlen.

Die Grundidee des Cthulhu-Mythos ist ja, dass man Wahnsinnig wird, wenn man Dinge zu begreifen gezwungen ist, die unser Verstand sich eigentlich weigert zu akzeptieren. Im Grunde ist das ja auch, soweit ich da informiert bin, auch eine denkbare Theorie: Wenn der Verstand etwas nicht ertragen kann, dann entwickelt er gegenmaßnahmen. So soll es Fälle von Kindesmißbrauch gegeben haben, bei denen das Opfer, um sich zu schützen, eine multiple Persönlichkeit entwickelt hat.
Nun, und genau da liegt, wie der Threadstarter sehr richtig erkannt hat, ein Problem: Wenn sich der Verstand weigert, es zu akzeptieren, dann sind wir wohl kaum in der Lage, es in einem Spiel nachzuvollziehen.

Daher ist man als SL/Abenteuerschreiber/Autor auf andere, handfestere Dinge beschränkt: Absurdität, Splatter, unmittelbare oder mittelbare Gefahr. All diese Dinge hat aber der Cthulhumythos nicht für sich gepachtet. Einige Werke des Mythos wirken ja heute eher langweilig, weil Dinge nicht ausformuliert sind. Da steht dann halt: "Es war eine schreckliche Gestalt" oder so. Das nimmt der Leser zwar zur Kenntnis, wirklich ängstigen tut er sich dabei aber nicht. Aber wie soll man auch mit Worten etwas beschreiben, was so schrecklich ist, dass man es nicht beschreiben kann? Eben. Geht nicht.
Damit ist der Mythos im Prinzip für Horror nicht notwendig - er schadet aber auch nicht.

Xemides:
Hallo,

schon einiges wurde hier geschrieben, einiges kann ich unterstützen, anderes nicht.

Zum einen denke ich auch, dass es bei CoC (und bei allen anderen Rollenspielen) stark darauf ankommt, dass die Spieler sich auf das Spiel einlassen.

Ich erinnere mich noch daran, dass wir einst versuchten ADnD in Ravenloft zu spielen, der SL versuchte, Athmosphäre entstehen zu lassen und ein Spieler diese durch Scherze und witzige Sprüche zerstörte.

Nun habe ich gewiss nichts gegen solche Spieler und Witze und Sprüche am Spieltisch, doch wenn sie die Spannung und Stimmung zerstören sind sie halt kontraproduktiv.

Bei CoC spiele ich lieber in Lovecrafts Welt in den 20/30er Jahren als in der Gegenwart und habe auch kein Problem, mich in die Gedankenwelt hineinzuversetzen.

Und was die Anachronismen angeht, ist das nicht bei der Fantasy irgendwie dasselbe ? Ich versetze mich in eine Zeit und Welt hinein, in der es keine moderne Technik gibt, dafür Magie und Religiösität, obwohl ich evtl. nicht an die Existenz eines Gottes glaube. Das macht doch auch kein Problem.

Beim unserem Con hatte ich ein kurzes Gespräch mit Karsten darüber, wie schwer es ist, im Rollenspiel Horror und Angst zu verursachen. Ich glaube, dass es kein CoC-spezifisches Problem ist, sondern ganz allgemein ein Problem des Rollenspieles, weil ich halt nicht die Stilmittel des Buches oder des Filmes benutzen kann.

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