3. Beschreibung des Phänomens
So, nachdem es nun so erfreulich viel konstruktives Feedback gab, versuche ich die Ergebnisse der Diskussion mal hemmungslos subjektiv geprägt in einen Beschreibungsversuch zu packen.
Definition:
Ein Eingriff in Spielerentscheidungen liegt genau dann vor, wenn einer oder mehrere Spieler (inklusive SL) absichtsvoll die Zahl der Handlungsoptionen eines anderen Spielers einschränken.
Begleitumstände: Eingriffe in Spielerentscheidungen können auf verschiedene Weise erfolgen.
1. Offenheit des Eingriffs: Sie können offen erfolgen oder verdeckt werden. Ob das Verdecken erfolgreich ist, soll an dieser Stelle unerheblich sein. Vielmehr soll die Volition des Handelnden in den Vordergrund gestellt werden. Sprich: War das Verdecken beabsichtigt? Wir haben hier also praktischer Weise eine dichotome Variable mit den Ausprägungen ja und nein. Das ist doch schon mal praktisch für den Einstieg ;-)
2. Legitimation des Eingriffs: Gibt es eine implizite oder explizite Absprache der Gruppe dahingehend, dass einer der Beteiligten (üblicher Weise der SL, s.u.) die Zahl der Handlungsoptionen aktiv verkürzt? Ist also der Eingriff vom Gruppenvertrag gedeckt? Auch hier wieder als Optionen: ja oder nein.
3. Sphäre des Eingriffs: Beschreibt, auf welcher Ebene der Eingriff erfolgt und wird in 4 Kategorien klassifiziert. "Charakter" fasst Eingriffe zusammen, die mit der Darstellung des Charakters verbunden sind. "Regelanwendung" bildet Eingriffe in den formal im System geregelten Kontext ab (inklusive Würfeldrehen und goldener Regel). "Setting" meint Eingriffe in die Spielwelt (beginnend mit Settingwahl- und design). Und "Soziale Interaktion" schließlich umfasst Eingriffe in den Umgang der Spieler (!) miteinander.
Noch einige Worte im Hinblick auf den Gruppenvertrag: selbst in Gruppen, die sich übereinstimmend auf die Möglichkeit von Eingriffen in Spielerentscheidungen auch über Rules As Written (RAW) hinaus geeinigt haben, kann es vorkommen, dass Eingriffe dennoch nicht legitimiert sind. Das ist mutmaßlich besonders ausgeprägt bei impliziten Gruppenverträgen. Denn nicht nur die Existenz, sondern auch Quantität, Qualität und etwaige Einschränkungen der möglichen Eingriffe über RAW hinaus sind im Gruppenvertrag zu regeln. Dazu jeweils kurz: die Quantität entspricht der Zahl der Eingriffe in Spielerentscheidungen, die Qualität der Heftigkeit pro Eingriff in Spielerentscheidungen und unter Einschränkungen verstehe ich etwaige Ausnahmen im Gruppenvertrag, welche Spezialfälle regeln, in denen eingegriffen darf oder eben nicht (z.B. Regeleingriffe NICHT im Kampf und insbesondere kein Würfeldrehen bei kritischen Treffern). Ansonsten sind Hausregeln selbstverständlich Teil der RAW.
Ein zusätzlicher Kommentar noch: Dem Einwand von Markus, doch besser auf diese Einteilung zu verzichten, habe ich insofern versucht Rechnung zu tragen, als ich die Volition bei der Offenheit berücksichtige, die Quelle des Eingriffs nicht näher spezifiziere und den Gruppenvertrag ein wenig konkreter abhandle. Ich klassifiziere allerdings explizit nicht, wie vorgeschlagen, nach den Spielerentscheidungen selbst, weil das in eine aus meiner Sicht unnötig komplexe Beschreibung münden würde, welche die Erklärung und Vorhersage (die ohnehin schon heikel wird), erschweren würde. Stattdessen subsummiere ich diesen Punkt einfach unter dem Punkt des Gruppenvertrages. Es mag im Rahmen der Erklärung notwendig werden, dieses Bündel noch einmal aufzuschnüren. Für den Moment erscheint es mir jedoch sinnvoller, diese Büchse der Pandora geschlossen zu halten. Hoffe, das ist in Ordnung.
Schlußendlich kann man mit diesem einfachen Raster aus meiner Sicht schon die meisten Begrifflichkeiten der Forge leicht integrieren.
Force = Eingriff
Railroading = illegitimer Eingriff
Illusionismus = verdeckter, illegitimer Eingriff
Partizipationismus = legitimer Eingriff