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FATE Smalltalk
aikar:
--- Zitat von: nobody@home am 24.05.2022 | 11:29 ---Wobei allerdings Fate Core durchaus ein paar gezielte Worte zum Umgang mit und der Handhabung von Szenen verliert -- in der deutschen Fassung ab S. 246 ("Die erste Szene planen") bzw. 248 ("Was ist eine Szene"), je nachdem, wie man's sehen will -- und die in der Tat mehr in Richtung aktives Management als in die von "laß die Sache einfach vor sich hinplätschern, irgendwann kommen die Spieler schon wieder zum interessanten Teil" gehen.
Da das ganze Kapitel "Szenen, Sitzungen und Szenarien" weniger ein "hartes" Regel- als ein SL-Ratschlagskapitel ist, läuft es natürlich eher mal Gefahr, beim einen oder anderen Kenn-ich-alles-eh-schon-Leser keinen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
--- Ende Zitat ---
Das muss ich dann wohl wirklich mal (wieder) lesen ;D
Blechpirat:
--- Zitat von: haste nicht gesehen am 24.05.2022 | 10:07 ---Ich bin rollenspieltechnisch so erzogen worden, dass man als SL die Spieler frägt, was sie als nächstest tun möchten. Aus den Antworten ergibt sich dann die nächste Szene. Allerdings kann das auch bedeuten, dass die Charaktere erst mal was zu Mittag essen gehen, auf dem Markt ihre Vorräter auffrischen, beim nächsten Schmied ihre Waffen schärfen lassen usw.
Ich habe mir für Fate einige Actual Plays angesehen. Dabei ist mir aufgefallen, dass in sehr vielen davon der Spielleiter einfach irgendwann direkt die nächste Szene einleitet. Ich nehme an, dass es sich dabei um das sog. "aggressive scene framing" handelt. Spielt Ihr so? Hat jemand Erfahrungen damit und kann darüber berichten?
--- Ende Zitat ---
Ich mache das auch so, also aggressiv "framen". Hab ich so von Jörg.D gelernt, und es ist eine gute Idee - setzt aber eine gewisse Änderung im Spielleitstil voraus.
Natürlich kann ich nicht hart schneiden "ihr seid im Dungeon, es ist dunkel, ihr seht nix" und dann auf die Frage nach Fackeln antworten, die hätte man sich halt vorher kaufen müssen. Das ist aber auch nicht der Stil von Fate - bei Fate gibt es für sowas Mittel wir den Resourcenskill und Flashbacks. Die Spieler müssen aber lernen, dass sie keinen Nachteil aus dem harten Framing haben - und wer vorher anders, nennen wir es mal "herausforderungsorientiert" gespielt hat, der hat das Vertrauen evtl. nicht.
Sind aber alle cool damit, schafft man UNGLAUBLICH VIEL PLOT in kurzer Zeit.
haste nicht gesehen:
Kannst Du dazu irgewas empfehlen zum nachlesen oder ansehen? Oder kannst Du selbst noch ein wenig erzählen, wie Du das genau machst? Wie viel bereitest Du beispielsweise vor? Wann machst Du so einen Schnitt und was machst Du wenn ein Spieler dann z.B. mit "öhm eigentlich wollte ich nox X machen" reagiert?
Blechpirat:
--- Zitat von: haste nicht gesehen am 1.06.2022 | 15:46 ---Wann machst Du so einen Schnitt und was machst Du wenn ein Spieler dann z.B. mit "öhm eigentlich wollte ich nox X machen" reagiert?
--- Ende Zitat ---
Puh, sehr knifflige Frage. Vorab: Natürlich bin ich nicht perfekt und mache jede Menge Fehler. Man muss das also als Erfahrungsbericht, nicht als Anleitung verstehen. Ich werde das Thema zweiteilen müssen, in Anfang der Szene und Ende der Szene.
Anfang der Szene:
Bleiben wir beim Dungeonbeispiel. Jetzt kommt es für den guten Schnitt in die Szene schon darauf an, welches "Thema" wir bespielen. Action/Pulp erlaubt es dir, mit dem ersten Anzeichen einer Gefahr zu beginnen, etwa: "Unter deinem Stiefel knackt etwas verdächtig. Instinktiv bist du erstarrt - das fühlte sich wie eine Falle an. Was machst du?
Will ich eine gruselige Szene, wäre das der falsche Anfang, weil man dann ja viel mehr Stimmung aufbauen muss.
Ganz falsch wäre es natürlich, die Spieler um Möglichkeiten zu berauben. Habe ich das nicht getan, weil ja der Spieler bei mir keine Chance hatte, die Falle zu bemerken? Ja, aber "Fallen bemerken" ist nach meinem Gefühl eine schelchte Investion in Spielzeit (Ich erinnere mich da an AD&D-Zeiten, wo wir jeden Quadratzentimeter Boden abgetastet haben...) Das kann dann befriedigend sein, weil man sich clever fühlt, wenn man eine Falle umgeht. Action ist aber was anderes, und das wollte ich ja.
Ende der Szene:
(Vorab: Ich bin besser darin, das richtige Ende zu finden, wenn es um Action geht, als bei emotionalen Szenen. Vor allem meine (larpenden) Spielerinnen möchten solche Szenen austropfen lassen, ie. genießen. Ich nicht.)
Beispiel: Der Konflikt geht um einen Hinweis, der verteidigt wird. 5 Verteidiger, drei stehen noch und kämpfen, als ein PC durch die Reihe der Verteidiger bricht und den Hinweis ergreift - CUT. Das Schicksal der drei noch lebenden Verteidiger bleibt unklar; wie die PCs aus dem Raum gekommen sind, auch. Nächste Szene beginnt entweder (wenn Krimielemente) wie die PCs über den Tisch gebeugt den Hinweis studieren oder (wenn Pulp) in der folgenden Szene, wo ein Konflikt existiert. Wie genau es dazu kam, dass sie jetzt plötzlich im Urwald sind? Egal, oder wenn nicht egal, dann Flash-Back. Wichtig ist, weil Fate: Die Konsequenzen aus dem Kampf um den Hinweis haben sie natürlich noch, wenn sie im Urwald sind, auch die leichte. Ist ja die NÄCHSTE Szene...
EDIT: Warum schneide ich da raus? Weil es ja um den Konflikt mit der Frage geht, ob die Opposition verhindern kann, dass die Spieler den Hinweis finden. Als der PC den Hinweis ergriffen hatte, war die Frage geklärt - also war die Szene ab da nur noch Füllmaterial. Das muss man nicht so machen, aber der Rest des Kampfes ist nur noch unter der Frage spannend, welche Resourcen die Spieler (Spellslots, Hitpoints, Heiltränke) die Spieler investieren müssen. Und das modelliert Fate praktisch nicht und ist unter Pulp-Perspektive auch nicht von Interesse.
Spielerin L wollte aber noch einen der Verteidiger des Hinweises verhören, wie sie mir erzählt, als ich schon den Urwald anerzähle. Darauf antworte ich: Wenn ihr gleich mal nicht weiter wisst, machen wir einen Flashback und gucken, ob das Verhör nicht hilfreich sein kann! Und dann kommt das Verhör eben genau dann, wenn noch Infos fehlen. Oder eben auch nicht, wenn die Spieler keine Infos mehr brauchen. Natürlich kostet das dann keinen Fatepunkt für L, denn das war ja ich, der ihr die Möglichkeit genommen hat.
EDIT: Fazit:
Es ist also extrem wichtig, sich bei jeder Szene zu überlegen, um was es eigentlich geht. Michael Mingers hat mal voller Verwunderung in seinem Podcast gesagt: In Fate ist ja jede Szene wichtig, da geht es immer um etwas! - Ja, hat seine SL richtig gemacht. Es geht immer um etwas, es gibt immer Widerstand, es ist immer relevant. Deshalb stelle ich mir vor jeder Szene die Frage, um was es gehen wird. Das kann die Frage sein, ob die Spieler aus dem Tempel der Mu fliehen können, oder ob A es schafft, von B geküsst zu werden - aber erst wenn ich die Frage nach dem Inhalt geklärt habe, weiß ich wann ich in die Szene rein muss. Geht es um den Kuss, kann des gut geframt sein, im Käfig auf dem Tempel des Affegottes gefangen zu beginnen. Weil es nicht um die Frage gehen wird, wie wir da rauskommen. Das ist erst wichtig, nachdem die Frage nach dem Kuss geklärt ist - also andere Szene. Und in der anderen Szene haben die Bösewichte A&B vielleicht aus dem Käfig geholt und B auf den Opferaltar gebunden...
haste nicht gesehen:
Vielen Dank für die ausführliche und wirklich hilfreiche Antwort. Da habe ich nun einiges zum Nachdenken :d
--- Zitat von: Blechpirat am 2.06.2022 | 15:55 ---Es ist also extrem wichtig, sich bei jeder Szene zu überlegen, um was es eigentlich geht. Michael Mingers hat mal voller Verwunderung in seinem Podcast gesagt: In Fate ist ja jede Szene wichtig, da geht es immer um etwas! - Ja, hat seine SL richtig gemacht. Es geht immer um etwas, es gibt immer Widerstand, es ist immer relevant. Deshalb stelle ich mir vor jeder Szene die Frage, um was es gehen wird.
--- Ende Zitat ---
Schaffst Du das mit Improvisation oder bereitest Du das vor? Ich finde es extrem schwierig so etwas gut adhoc zu entwerfen.
Und besprichst Du das irgendwie mit den Spielern? Es gibt ja durchaus Gruppen, die das scheinbar tun, also so in etwa "Wird B es schaffen A zu küssen?".
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