Autor Thema: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?  (Gelesen 7430 mal)

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Offline Jiriki

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #50 am: 5.07.2011 | 11:14 »
Naja, die Darstellung typischer "europäischer" Kulturen zeichnet sich auch nicht gerade durch ein differenziertes Bild aus, oder?

Ich hab Religion einfach mal als Bestandteil der Kultur herausgegriffen, kann natürlich ein unpassendes Beispiel sein.

Offline Auribiel

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #51 am: 5.07.2011 | 11:15 »
Abgesehen von der Frage, wie viele Rollenspieler mit türkischem Hintergrund es tatsächlich gibt, wäre vielleicht die Frage zu stellen, ob es vielleicht a) in der Rollenspielszene und b) in gängigen deutsprachigen Rollenspielen vielleicht etwas gibt, was Nichtweisse allgemein oder Menschen mit türkischem Migrationshintergrund im Speziellen ausschließt.  Und wenn ich mir das allzeit beliebte DSA anschaue, dann würde ich zumindest zu Punkt b) sagen, dass da jede Menge rassistische und orientalistische Klischees bedient werden, die für Rollenspielcharaktere die nicht der weißen Norm entsprechen eigentlich nur die Rolle des Exoten übrig lassen. Mich würde sowas abtörnen.

a) Hauptsetting von DSA ist (und das wird auch durch die Dichte der Publikationen belegt) das Mittelreich und das Horasreich, also Ritter-Renaissance Setting in Mittel-/Südeuropa. Das dann die meisten anderen Kulturen nur Exoten sein können, lässt sich da wohl leider nicht verhindern.

b) Werden doch auch was die weißen Völker Aventuriens angehen nur Klischee bedient. Man betrachte sich dazu doch bitte einmal die Darstellung der Weidener, der Koscher, der Almadanis, der etc.pp.


Zitat
Übrigens scheint mir das bei DND etwa anders zu sein. Da wird meines Eindrucks nach in den Illustrationen eine weiße Norm eher vermieden und wenger rassistischen Stereotype reproduziert.

Dafür bekommt man dann bei DND den totalen Einheitsbrei, bei der an irdische Vorbilder angelehnte Kulturen jegliche Individualität verlieren. Und trotzdem findet man noch Klischees. Dann doch lieber DSA, mit etwas mehr Identifikationsmöglichkeiten. Für's Bullshit-Bingo: Integration ja, Assimilation nein danke!
Da spiele ich lieber ein rein orientalisches/indisches/sonstwas Setting, in dem meine reale Kultur die exotische ist und klischeehaft dargestellt wird*, als das Gemansche bei DND zu haben.

*Ich finde das eher interessant zu sehen, wie andere Kulturen die eigene wahrnehmen und würde mich auch nicht dran stoßen, wenn die Deutschen als kulturlos, spröde, übermäßig strebsam, ohne Rhythmus, überkorrekt, unhöflich, etc. dargestellt werden. Die columbienstämmige Mitspielerin hat immer noch nicht verkraftet, dass wir in D eine Hundesteuer haben, sie dachte, wir wollen sie nur veräppeln.


Zitat
Ich habe sowieso den Eindruck, dass die USA in solchen Fragen an einigen Stellen fortschrittlicher ist als Deutschland, wo Menschen mit Migrationshintergrund im allgemeinen Sprachgebrauch erstmal gar keine Deutsche (oder bestenfalls hybriden) sein können, selbst wenn sie es wollten.

Kommt immer drauf an, wie sich die Deutschen mit Migrationshintergrund selber sehen. Wenn ich meine türkischstämmigen Schüler frage, dann antworten sie erstmal "Türke" oder "Kurde" und ich muss nachfragen: "Du hast doch einen Deutschen Pass, dann bist du doch Deutscher?" ehe ich eine eindeutige Aussage bekomme. Also bitte den Schuh nicht nur den Deutschen anziehen!

Zitat
Nebenbei finde ich es etwas merkwürdig im Kontext von "Türken" zu sprechen, schließlich dürften die Meisten der entsprechenden Personen die deutsche Staatsbürgerschaft haben.

Wobei auch türkischstämmig noch falsch wäre, wie man sieht sind wir ja schon bei den Libanesen und Halbiranern gelandet. Orientalischer Abstammung also?

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Online Suro

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #52 am: 5.07.2011 | 11:39 »
Dafür bekommt man dann bei DND den totalen Einheitsbrei, bei der an irdische Vorbilder angelehnte Kulturen jegliche Individualität verlieren. Und trotzdem findet man noch Klischees. Dann doch lieber DSA, mit etwas mehr Identifikationsmöglichkeiten.
Das mag daran liegen, dass DND kein Setting ist, sondern im höchstfall einen Kern mitgibt (wie sehen DND-Kobolde aus? Was sind die Standard DND-Zauber?), der dann in den jeweiligen Settings integriert wird. Und gut, du kannst auch Dark Sun und Eberron Einheitsbrei vorwerfen, aber - warum poste ich in diesem Faden? Das gehört doch eigentlich sicher woanders hin.
Suro janai, Katsuro da!

MadMalik

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #53 am: 5.07.2011 | 11:45 »
Die kulturelle Integrität meines ausgedachten Volkskörpers wird durch Überfremdung zum Einheitsbrei.  :'(

Offline Auribiel

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #54 am: 5.07.2011 | 11:49 »
Das mag daran liegen, dass DND kein Setting ist, sondern im höchstfall einen Kern mitgibt (wie sehen DND-Kobolde aus? Was sind die Standard DND-Zauber?), der dann in den jeweiligen Settings integriert wird. Und gut, du kannst auch Dark Sun und Eberron Einheitsbrei vorwerfen, aber - warum poste ich in diesem Faden? Das gehört doch eigentlich sicher woanders hin.

Zugegeben: Für Dark Sun (Eberron kenne ich leider nicht) mag das nicht gelten, ich dachte gerade eher an Forgotten Realms oder Dragon Lance oder auch Ravenloft.

Und ja: Das sollte man in einen eigenen Thread überführen.
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AcevanAcer

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #55 am: 5.07.2011 | 11:53 »
Ach, typische DSA Fanboys. Neulich hat jemand versucht mir zu erzählen DSA hat das Point Buy erfunden.

Ein

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #56 am: 5.07.2011 | 11:59 »
@Auribiel
Sicher, dass du schon mal auf den FR gespielt hast? Abgesehen vom Umstand, dass D&D stark über Rassen differenziert, gibt es unzählige Menschenvölker und verschiedene Regionen. Und die Calishite werden sich bedanken mit den Chondathan, den Illuskan und anderen Barbarenvölkern in einen Topf geworfen zu werden.

Da man bei D&D aber vor allem damit das zu tun, womit bei DSA vor allem NSC beschäftigt sind, bleibt natürlich wenig Zeit daneben zu stehen und aus Langeweile seine Lokalkolorität (lustige Minderheitensprachen und bunte Trachten) zu betonen.

El God

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #57 am: 5.07.2011 | 12:00 »
Ein Tiefschlag zwar, aber ein Treffer.

Offline Oberkampf

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #58 am: 5.07.2011 | 12:47 »
Edit rät mir, in Zukunft Threads bis zum Ende zu lesen, damit ich keinen dreimal gesagten Brei wiederhole. Naja, ich lass es mal verspoilert drin.

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*Ich finde das eher interessant zu sehen, wie andere Kulturen die eigene wahrnehmen und würde mich auch nicht dran stoßen, wenn die Deutschen als kulturlos, spröde, übermäßig strebsam, ohne Rhythmus, überkorrekt, unhöflich, etc. dargestellt werden.

Und wieder eine meiner Lieblingsempfehlungen: Spiel(t alle mehr) Warhammer  :d
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« Letzte Änderung: 5.07.2011 | 12:57 von youth nabbed as sniper »
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Offline Minne

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #59 am: 5.07.2011 | 14:58 »
Zitat
Das ist doch nicht abwertend von den anderen gemeint. Es geht doch nur darum, die Mentalitäten unterschiedlicher Herkunft zuzuordnen und zu verstehen. Wo ist es denn "Bullshit-Bingo" ??

Kleiner Exkurs:

Personen allein aufgrund ihrer Herkunft bestimmte Mentalitäten zuzuordnen ist alles andere als unproblematisch, ich wäre dabei sehr zurückhaltend. In der Regel werden dabei nur rassistische und völkische Bilder reproduziert, auch wenn man dabei von "Kulturen" anstatt von "Rassen" redet. Das Konstrukt von diskreten und sich gegenüberstehenden Kulturen, die im Prinzip unveränderliche Wesenskerne haben, ist nämlich im Prinzip die Weiterführung eines rassistischen Diskurses, der den Biologismus durch den Kulturalismus ersetzt. Die Grenzen die dadurch gezogen werden in der Regel schlicht willkürlich und haben oft die Funktion Ausschluss oder Herrschaft zu legitimieren. Erklärungsmodelle wie "Kulturkreise" gehören deshalb in mein Bullshit-Bingo, und werden übrigens auch von der modernen Ethnologie nicht mehr verwendet.

Zitat
Inwiefern schlägt sich denn der christliche Sozialisationshintergrund in DSA nieder? I.d.R. sind Glaubenssysteme in Fantasysettings polytheistisch angehaucht. Mal abgesehen davon das der Religionsvergleich eh etwas hinkt, da man in der den meisten Settings die Existenz göttlicher Wesen de facto "beweisen" kann, was innerspielweltlichen Religionsdebatten einen ganz anderen Aspekt verleiht.
Es geht mir garnicht um die Religion und religiöse Inhalte im speziellen. Es geht darum, dass DSA eben ein Spiel ist, dass auf die Perspektive und die Normen der dominanten Mehrheit in Deutschland verengt ist und in dem sich Menschen die dominanten Gruppe angehören oft nur als exotisiertes Fremdbild wiederfinden. Ich hätte neben dem "christlich" und "weiss" auch "hetereosexuell" und  "männlich" hinzufügen können. Dass Menschen die Auseinandersetzung mit diesem Fremdbild vielleicht nicht als unterhaltsam empfinden dürften, da sie eben in ihrem Alltag damit konfrontiert werden und diese möglicherweise auch mit Diskriminierungserfahrungen verbunden sind, scheint mir naheliegend.

Zitat
a) Hauptsetting von DSA ist (und das wird auch durch die Dichte der Publikationen belegt) das Mittelreich und das Horasreich, also Ritter-Renaissance Setting in Mittel-/Südeuropa. Das dann die meisten anderen Kulturen nur Exoten sein können, lässt sich da wohl leider nicht verhindern.
Lenkt vom Thema ab. Dass das Setting so ist, wie es ist, ist klar. Meine These ist, dass das Setting, weil es so ist, und weil es das populärste Rollenspiel in Deutschland ist, wahrscheinlich dazu beiträgt bestimmte Menschen vom Hobby fernzuhalten.

Zitat
Kommt immer drauf an, wie sich die Deutschen mit Migrationshintergrund selber sehen. Wenn ich meine türkischstämmigen Schüler frage, dann antworten sie erstmal "Türke" oder "Kurde" und ich muss nachfragen: "Du hast doch einen Deutschen Pass, dann bist du doch Deutscher?" ehe ich eine eindeutige Aussage bekomme. Also bitte den Schuh nicht nur den Deutschen anziehen!
1. Lenkt das auch vom Thema ab, 2. ist es falsch hier sowas wie eine Gleichgewichtigkeit zu unterstellen: Die letztendliche Definitionsmacht über Zugehörigkeit und Nicht-Zugehörigkeit zum "wir" liegt bei den "Mehrheitsdeutschen".

Zitat
Wobei auch türkischstämmig noch falsch wäre, wie man sieht sind wir ja schon bei den Libanesen und Halbiranern gelandet. Orientalischer Abstammung also?
Ich habe mich an der Eingangsfrage orientiert. Warum wir von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund zu Libanesen und Iranern gekommen sind, kann ich mir nur in der gefährlichen Vorstellung erklären, man könne von diesen ganzen "orientalischen" Ländern wie von einem homogenen Ort sprechen. Von Menschen von "Orientalischer Abstammung" zu Reden geht wohl nur, indem man die Perspektive des Orientalismus einnimmt.

Offline Minne

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #60 am: 5.07.2011 | 15:02 »
Die kulturelle Integrität meines ausgedachten Volkskörpers wird durch Überfremdung zum Einheitsbrei.  :'(
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Online Ludovico

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #61 am: 5.07.2011 | 15:14 »
Meiner Erfahrung nach haben Personen aufgrund ihrer Herkunft bestimmte Menthalitäten. Die Deutschen, die ich im Ausland erlebt habe, erfüllten die über uns gängigen Klischees ebenso wie andere Völker, die ich traf. Selber merkte ich dann auch, wie deutsch ich bin.


Offline Sir Markfest

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #62 am: 5.07.2011 | 15:16 »
Es geht darum, dass DSA eben ein Spiel ist, dass auf die Perspektive und die Normen der dominanten Mehrheit in Deutschland verengt ist und in dem sich Menschen die dominanten Gruppe angehören oft nur als exotisiertes Fremdbild wiederfinden. Ich hätte neben dem "christlich" und "weiss" auch "hetereosexuell" und  "männlich" hinzufügen können.

Kurzer OT Einspruch:
"Christlich" und "weiss" von mir aus, aber "hetero" und "männlich" passen nun aber gar nicht zu dem DSA seit den späten 1990er Jahren. In den Romanen war die Gleichgeschlechtlichen-Szene lange fast obligat, und im Metaplot steigt die Zahl der weiblichen Herrscherpersonen kontinuierlich an.

El God

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #63 am: 5.07.2011 | 15:17 »
Mal anders und bitte ohne Klischees: Wie müsste denn eurer Meinung nach ein Rollenspiel gestrickt sein, um überhaupt (um mal in Deutschland zu bleiben) türkischstämmige Spieler anzusprechen? Ich habe da nämlich gerade überhaupt keine Vorstellungen... Phantastik und Heldenklischees kennen die Türken auch, SF stelle ich mir schwierig vor - aber ich lasse mich da gern belehren.

Offline Yehodan ben Dracon

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #64 am: 5.07.2011 | 15:23 »
Da gabs doch diesen türkischen Actionfilm, der so berühmt wurde...irgendwas mit Wölfen...
Mein Hellfrost Diary

Robin Law´s Game Style: Storyteller 75%, Method Actor 58%, Specialist 58%, Casual Gamer 42%, Tactician 42%, Power Gamer 33%, Butt-Kicker 17%

MadMalik

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #65 am: 5.07.2011 | 15:24 »
40K Deathwatch spielen; der Imperator kommt aus Anatolien, alle Primarchen sind aus seinem Genmaterial, alle Spacemarines sind mit ihren Genmaterial gespliced, daher alle zumindest teilweise Türken.  

Das große gothisch-ottomanische Imperium des 40sten Jahrtausends :gasmaskerly:

Offline Jiriki

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #66 am: 5.07.2011 | 15:24 »
Ich halte diese Betrachtungsweise prinzipiell für logisch und schlüssig. Vor allem aber geht das imho von einem stark analytisch, ins wissenschaftliche übergreifendem Blickwinkel aus.
Die Auseinandersetzung mit normierten Verhältnissen, die dem "typisch deutschen" vertraut erscheinen, setzt ja voraus, dass die soziale Ebene auch eine Bedeutung hat. Das gilt wohl nicht für alle Spielstile.
Oder anders ausgedrückt: Zahlreiche Computerspiele bewegen sich ja auf einem ähnlichem Settingboden, nur das der kaum bis wenig Bedeutung bekommt. Und die erfreuen sich wohl einer größeren Verbreitung, auch bei bspw. Türken. (Ich entziehe mich mal der Debatte hinsichtlich eines politischen korrekten verallgemeinernden Namen derer, die im OT gemeint sind. Verallgemeinerung sind selten PC.)

Und um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Es lassen sich sicherlich patriarchale, eurozentrierte, ..., Strukturen finden und aufdecken - aber ich kann mir nur schwer vorstellen, das das eine allzu repräsentative Erklärung darstellt dafür, das man kein Interesse an Rollenspielen hegt.

Offline Minne

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #67 am: 5.07.2011 | 15:29 »
Zitat
Kurzer OT Einspruch:
"Christlich" und "weiss" von mir aus, aber "hetero" und "männlich" passen nun aber gar nicht zu dem DSA seit den späten 1990er Jahren. In den Romanen war die Gleichgeschlechtlichen-Szene lange fast obligat, und im Metaplot steigt die Zahl der weiblichen Herrscherpersonen kontinuierlich an.
Kann gut sein, ich bin kein DSA Spezialist, spiele es seit Jahren nicht mehr und habe auch noch nie einen DSA Roman gelesen. Ich habe was das Thema Sexualität betrifft da nur Illustrationen aus altem DSA Material in Erinnerung.

Edit: Ich habe noch nie ein Volk getroffen.

Offline 8t88

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #68 am: 5.07.2011 | 15:33 »
OT:
Zitat
In den Romanen war die Gleichgeschlechtlichen-Szene lange fast obligat, und im Metaplot steigt die Zahl der weiblichen Herrscherpersonen kontinuierlich an.
An ersterem ist Lena Falkenhagen schuld... sonst gabs das irgendwie nirgends.
Letzteres hat auch mit einigen Frauen in der Redaktion zu tun.
Bei unseren aktuelleren DSA-Runden begann jedenfalls das große Frauensterben, als wir Aventurien für unsere Spielrunden vorbereitet haben.
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Offline Sashael

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #69 am: 5.07.2011 | 18:09 »
Und um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Es lassen sich sicherlich patriarchale, eurozentrierte, ..., Strukturen finden und aufdecken - aber ich kann mir nur schwer vorstellen, das das eine allzu repräsentative Erklärung darstellt dafür, das man kein Interesse an Rollenspielen hegt.
Ein Deutsch-Türke, den ich im Urlaub in der Türkei kennengelernt habe, hat mir mal erklärt, warum umfangreiche und komplexe Computerspiele nix für Türken sind.
"Wir Türken, wir wollen sofort irgendwo draufballern. Ran, einschalten und ab geht die Post. Wenn wir da erst mal hundert Seiten Text lesen müssen oder Armeen aufbauen oder sowas, dann vergeht uns halt schnell die Lust. Wir brauchen die Action!"
Der Mann war ansonsten sehr intelligent, offen und gebildet. Er entsprach dem "Klischee-Türken" höchstens in seiner Begeisterung fürs Fitness-Studio. (;))
Also abschreckende Sozialstrukturen waren bei ihm (und anscheinend auch seinem Bekanntenkreis) nicht der auslösende Faktor für das fehlende Interesse an Rollenspielen.

Das mit den hundert Seiten Text ist aber auch für Deutsche oft ein Hindernis. Dass man für den Spass am Tisch theoretisch nicht eine einzige Seite Regelwerk gelesen haben muss, wird schon nicht mehr wahrgenommen. Die meisten sehen nur eine "Spielanleitung", die dicker ist als die von Siedler von Catan und treten mental sofort den Rückzug an.
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


Leitet Itras By mit Battlemap. ;D

Malachit

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #70 am: 5.07.2011 | 18:48 »
Kleiner Exkurs:

Personen allein aufgrund ihrer Herkunft bestimmte Mentalitäten zuzuordnen ist alles andere als unproblematisch, ich wäre dabei sehr zurückhaltend. In der Regel werden dabei nur rassistische und völkische Bilder reproduziert, auch wenn man dabei von "Kulturen" anstatt von "Rassen" redet. Das Konstrukt von diskreten und sich gegenüberstehenden Kulturen, die im Prinzip unveränderliche Wesenskerne haben, ist nämlich im Prinzip die Weiterführung eines rassistischen Diskurses, der den Biologismus durch den Kulturalismus ersetzt. Die Grenzen die dadurch gezogen werden in der Regel schlicht willkürlich und haben oft die Funktion Ausschluss oder Herrschaft zu legitimieren. Erklärungsmodelle wie "Kulturkreise" gehören deshalb in mein Bullshit-Bingo, und werden übrigens auch von der modernen Ethnologie nicht mehr verwendet.

Und wie benenne ich jetzt bestimmte Phänomene, die ich nur in bestimmten Kulturen sehe und in anderen nicht? Was ist die Alternative?

Offline Auribiel

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #71 am: 5.07.2011 | 20:54 »
@Auribiel
Sicher, dass du schon mal auf den FR gespielt hast?

Jupp, habe ich, ist aber schon lange her und konnte mich leider nicht sonderlich begeistern.

Zitat
Da man bei D&D aber vor allem damit das zu tun, womit bei DSA vor allem NSC beschäftigt sind, bleibt natürlich wenig Zeit daneben zu stehen und aus Langeweile seine Lokalkolorität (lustige Minderheitensprachen und bunte Trachten) zu betonen

Nein, dafür betont man lieber den Umfang und Länge der Waffen und die Angriffskraft oder noch interessanter das Xte Monsterhandbuch. Daher nicht mein Lieblingsrollenspiel, ebenso wie DSA wohl nicht dein Lieblingsrollenspiel ist. Weil, man stelle sich vor, wir wohl unterschiedliche Vorlieben haben. ;)


Ach, typische DSA Fanboys. Neulich hat jemand versucht mir zu erzählen DSA hat das Point Buy erfunden.

Absoluter Quatsch, der gute ist wohl erst mit DSA4 eingestiegen?
Und das man mich (?) als DSA-Fanboy bezeichnet muss ich mir rot im Kalender anstreichen, im DSA-Chan beschimpft man mich immer als böse Lästerkritikerin und empfiehlt mir, kein DSA mehr zu spielen. So können sich die Empfindungen unterscheiden. ;)


Und wieder eine meiner Lieblingsempfehlungen: Spiel(t alle mehr) Warhammer  :d
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Wenn ich über jemanden mal die Bücher ausleihen kann, dann schau ich es mir gerne an. Soweit ich mich erinnere wird bei 7te See auch ein recht klischeehaftes Bild über das historische zerstrittene Mitteleuropa (bzw. Deutschland) gezeichnet. Fand ich sehr interessant. ^^
Noch besser bei Asterix und Obelix und die... Goten? Hab mich sehr amüsiert! :)
Mir sind Leute unsympathisch, die nicht über die eigene klischeehafte Darstellung lachen können. So sind es gerade meine italienischen/österreichischen Verwandten die mir in Witzen immer wieder das klischeehafte Bild von Italienern/Österreichern vor Augen führen:

Was steht hinter der Fahrerkabine italienischer Busse? -
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Was ist der Unterschied zwischen einem Österreicher und einem Terroristen in Deutschland? -
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Lenkt vom Thema ab. Dass das Setting so ist, wie es ist, ist klar. Meine These ist, dass das Setting, weil es so ist, und weil es das populärste Rollenspiel in Deutschland ist, wahrscheinlich dazu beiträgt bestimmte Menschen vom Hobby fernzuhalten.

Das auch die Mitteleuropäer nur klischeehaft (und nicht unbedingt im positiven Sinne) dargestellt werden ist also unerheblich...

Zitat
1. Lenkt das auch vom Thema ab, 2. ist es falsch hier sowas wie eine Gleichgewichtigkeit zu unterstellen: Die letztendliche Definitionsmacht über Zugehörigkeit und Nicht-Zugehörigkeit zum "wir" liegt bei den "Mehrheitsdeutschen".

Sehe ich einfach anders als du, aber unterschiedliche Sichtweisen sind ja wohl hoffentlich kein Problem.


Zitat
Ich habe mich an der Eingangsfrage orientiert. Warum wir von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund zu Libanesen und Iranern gekommen sind, kann ich mir nur in der gefährlichen Vorstellung erklären, man könne von diesen ganzen "orientalischen" Ländern wie von einem homogenen Ort sprechen. Von Menschen von "Orientalischer Abstammung" zu Reden geht wohl nur, indem man die Perspektive des Orientalismus einnimmt.

Nette Unterstellung. Aber so einfach kannst du es dir auch nicht machen. Es gibt in gewissem Rahmen eine politische und religiöse Übereinstimmung der meisten orientalischen (als Ort) Völker. Ob man das nun Mentalität nennen will, keine Ahnung, aber es unterscheidet sich doch z.T. erheblich von den religiösen und politischen Einstellungen der Westeuropäer. Das mag nicht für einzelne Individuen oder Teilgruppen der Bevölkerung gelten, aber es lassen sich doch gewisse Tendenzen erkennen.
Jedenfalls haben die Kurden, Türken und Libanesen die ich kennen lernen durfte eine deutlich andere politische, religiöse und tw. auch einfache Lebens-Einstellung gehabt, als selbst sehr orthodoxe Serben, Spanier oder Italiener.
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Offline Bad Horse

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #72 am: 5.07.2011 | 21:19 »
Leute, es wäre nett, wenn ihr ein bißchen disziplinierter beim Thema bleiben könntet. Ich kann in diesem Thread die OT-Debatten nicht auslagern, weil das bei einigen Posts, die dann doch wieder zum Thema passen, sinnentstellend werden würde - ganz zu schweigen von den Neu-Threads.

Ich kenne auch keine türkischstämmigen Rollenspieler. Wir haben in meinem weiteren Bekanntenkreis einen Kroaten, einen Halbfinnen, eine Halbitalienerin, einen Halbösterreicher und etliche Schwaben, aber das war´s auch schon.

@Minne: Es gibt nun mal Leute, die sich selbst als "Türken" sehen, auch wenn sie in Deutschland wohnen oder hier geboren sind, und sich (vielleicht nicht nur, aber auch) über dieses Türkischsein definieren. Das ist nun mal eine signifikante Minderheit von Personen in unserem Land (ich glaube sogar, die größte), und die Frage, warum es da so wenige Rollenspieler drunter gibt, ist mindestens legitim - ich muss sagen, ich habe mich auch schon darüber gewundert.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Deltacow

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #73 am: 5.07.2011 | 21:22 »
Als eher linkspolitisch denkender Mensch der Zeit seines Lebens zu etwa gleichen Teilen in einem klassischen Gemeindebau (eine Wohnung die von der Stadt Wien zur Verfügung gestellt wird), einem Genossenschaftsappartement (das einer recht hohen Anzahlung bedurfte um danach geminderte Miete zu zahlen) und einem Einfamilienhaus in einer Großstadt wohnt/e habe ich jedwede Nachbarschaften von klassisch "arm" bis übelst "reich" bereits neben und um mich wohnen gehabt und gerade in meinen jüngeren Jahren natürlich auch Umgang mit dem jeweiligen Nachwuchs gepflegt.

Und da Wien einen sehr großen Ausländer-Anteil hat, wobei ich da eben der Großteil neben Türken aus dem früheren Jugoslawien stammt, ist mir über die Jahre nur eines aufgefallen: Es gab kaum ein kulturelles Zusammentreffen das sich schwieriger gestaltete, als das mit Mitbürgern türkischen Migrationshintergrunds.

Und obwohl ich zumeist annehme ein sehr toleranter Mensch, darf man mir meine Worte nun nicht zuwider legen, wenn ich zumindest was mein Erfahrungsumfeld betrifft feststelle: Mir ist auf Wien bezogen vollkommen klar warum es keine türkischen Rollenspieler gibt.

"Die" (bitte nicht wertend verstehen) haben eine - auch wenn hier geboren - vollkommen andere Kultur und brachialst andere Entwicklung. Viele klassische Dinge wie Matchbox-Autos oder Star Wars geht an so manchem vollkommen vorbei. Außerdem herrscht in Wien eine starke Rudelmentalität. Kommst Du aus einem Kulturkreis und in Verbindung damit vielleicht noch aus einem davon besiedelten Gebiet in Wien - hast Du meiner Meinung nach schon gar nicht die Chance anders zu entwickeln als der "Generic-Standard-Türke" (insert jedwede andere Kultur, Herkunft, whatever - bitte nicht an den Termini aufhängen).

Abschließend frage ich mich allerdings bis heute wie's der klischeehaft "krantige" Wiener es eigentl. geschafft hat eine RP-Community zu etablieren ;-)

lG

Offline mattenwilly

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Re: Wieso gibt es eigentlich keine türkischen Rollenspieler?
« Antwort #74 am: 5.07.2011 | 21:58 »
Okay also ich mach jetzt mal die Ausnahme:

+ Ich kenne mindestens ZWEI Türkische Rollenspieler

Einen in meinem Heimatort, der Spielt sogar dieses komische deutsche Ding das ich nie anfassen werde (Er sagt immer Das Spielen Alle) und einen an meinem jetzigen Wohnort der eigentlich nur vernünftige Sachen spielt (StarWars o.ä)

Und auch noch ein paar mehr Spieler mit (teilweise) nicht-Deutschem Hintergrund

+ 1.5 Holländer
+ Zwei aus der DDR
+ Einen aus Brasilien
+ Zwei Kroaten
+ Und zwei BAOR Soldaten aus ner Twilight:2000 Runde während eines Reforger
+ Einen Russland-Deutschen

Und das sind jetzt die, die ich zuordnen kann. Diverse "Ausländer" erkennt man ja nicht da voll integriert und z.T. auch mit deutschem Vornamen (Einer meiner türkischen Mitschüler heisst z.B. Jan)

Das könnte auch das "Problem" sein - die Ausländer die in einer typischen Runde mitspielen sind idR. so integriert, das man es gar nicht mehr mitbekommt. Wie einer meiner Arbeitskollegen mit Name "Koslowski". Hab mir nie was gedacht, ihn für einen der Kohle-Polen aus dem 18./19. Jahrhundert gehalten. Falsch - der Mann IST Pole und arbeitet in D als Ingenieur. Spricht perfekt deutsch (Besser als unser seit 20 Jahren in D lebender Nörgel-Iwan), den erkennst du nicht mehr als "Ausländer"
Manchmal kommt bei Foren der Punkt wo man einem "Diskussionsteilnehmer" mental mit einem freundliches "Ja, Ja" den Kopf tätscheln und ihn dann ganz leise auf die Ignore-Liste setzen sollte. Die gewonnene Zeit kann man dan mit interessanten Sachen verschwenden. Etwa Staubmäusen beim wachsen zu sehen