Autor Thema: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"  (Gelesen 33790 mal)

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Offline 1of3

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Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« am: 7.07.2011 | 11:00 »
Guten Morgen und willkommen zu einer kleinen Philosophiestunde.

Ich schaute mir gerade eben einen Beitrag Friedensbringers auf seinem Blog an:
http://friedensbringer.wordpress.com/2011/07/07/railroading-was-bist-du-denn/

Darin gibt er - der Titel lässts vermuten - eine Definition von Railroading. Railroading sei demnach "die Entwertung von Spielerentscheidungen". Und das sei ganz einfach. Naturgemäß höre ich für meinen Teil immer etwas genauer hin, wenn Dinge, wo viele Leute drüber streiten angeblich ganz einfach seien. Ich habe also gerade einmal darüber nachgedacht, was das denn wohl bedeutet: "Entwertung von Spielerentscheidungen". Diese Untersuchung scheint mir auch nicht unnütz, denn auch unabhängig vom Wort Railroading wird das gerne mal benutzt.

Wir fangen dazu mal mit etwas einfachem an: Was ist eine Bewertung? Das ist jedenfalls hinzukriegen. Ich bewerte etwas, wenn ich der Sache einen Wert zuweise, etwa "Das ist hübsch.", "Das ist nützlich.", "Dafür bin ich bereit 10€ zu zahlen."

Entwertungen sind schon deutlich schwieriger. Wir sprechen von Entwertung des Geldes beispielsweise, wenn es um Inflation geht. Schauen wir uns das einmal an. Ich habe also meinetwegen 10€ und versuche diese zu bewerten. Ich stelle fest, dass ich damit etwa einen hübschen Blumenstrauß für meine Freundin kaufen kann. Da freut sie sich.

Ich kann diesen Strauß kaufen, weil der Florist der Ansicht ist, dass meine 10€ gut genug sind für seinen Strauß. Der Florist hat also auch eine Bewertung für diese 10€ getroffen. Nun komme ich einige Zeit wieder in den Blumenladen und stelle fest, dass der gleiche Strauß 12€ kostet. Wie kommt es dazu? Offenbar ist der Florist nun nicht mehr der Meinung, dass 10€ gut genug für seine Sträuße sind. Möglicher Weise bin ich darüber ungehalten.

Wir sagen aber das Geld wurde zu einem gewissen Teil entwertet. Es scheint also, dass für eine Entwertung immer schon mindestens zwei Leute am Bewerten sein müssen. Dabei tritt dann die Situation ein, dass Bewerter A seine eigene Bewertung auf Grund der Bewertung von Bewerter B nach unten korrigieren muss.

Nun werden also Spielerentscheidungen entwertet. Damit das geht, brauchen wir mindestens zwei Bewerter. Es scheint mir sinnvoll, dass jene, die diese sprachliche Wendung anführen, davon ausgehen, dass der Spielleiter und ein Spieler beteiligt sind. Wer ist es nun, der seine Bewertung nach unten korrigieren muss?

Das ist wohl der Spieler. Er hat irgendeine Entscheidung getroffen und die stellte sich im Nachhinein als weniger wichtig, toll, bedeutsam heraus als der Spieler ursprünglich gedacht hatte. Ursächlich für diese Abwertung ist die Bewertung des Spielleiters. Soweit so gut.


Nun muss man Folgendes bedenken: Damit man, wie hier dargelegt wurde, muss der Spieler die Entscheidung zunächst einmal bewertet haben und er muss sie so gut bewertet haben, dass sie er seine Bewertung daraufhin nach unten korrigieren muss. Wenn der Spieler der Sache also keinen Wert zugemessen hat, kann nichts entwertet werden. Womöglich wird sogar noch aufgewertet.

Nun haben wir das Problem, dass wir als Unbeteiligte nicht in den Kopf des Spielers gucken können. Wir können also nicht sagen: "Da wurde entwertet." Das können wir nur, wenn wir selbst beteiligt sind, wie ich mit meinem Blumenladen. Allerhöchstens können wir den Spieler fragen, ob er eine Entwertung empfunden hat.

Daraus lernen wir zwei Dinge: Erstens gebietet es sich sehr vorsichtig zu sein, wenn man anderen erzählen will, dass in ihrer Runde eine "Entwertung von Entscheidungen" stattgefunden hat. Zweitens können wir, wenn nun dieses Entwerten das gleiche ist wie Railroading, auch von außen nicht feststellen, ob Railroading vorlag. Wir können nur fragen, ob der betreffende Spieler sich gerailroadet fühlte.


Offline Jiriki

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #1 am: 7.07.2011 | 11:14 »
Problematisch ist vielleicht auch, dass nicht jede Entscheidung der Spieler positiv verlaufen muss.

Nehmen wir mal HdR, die Entscheidung der Gefährten über die Berge zu reisen, um Moria zu entgehen. Wenn wir das als Rollenspielsituation annehmen, führt die Gleichsetzung mit "Entwertung" ja letztlich dazu, dass ein Scheitern der Spieler (sei es aufgrund weiterer Entscheidungen, Schwierigkeiten die sie nicht überwinden können) eventuell dazu führt, doch die andere Wahl zu treffen.
Soll das Szenario in Moria also als Railroading oder gar Entwertung angenommen werden?

Gefühlt würde ich ja sagen, wenn der SL geplant hat, die Entscheidung ohnehin zu entwerten kann man das als Railroading verstehen.
Hat er dies nicht, und den Spieler gelingt ein Vorhaben nicht, würde ich das nicht als RR verstehen.

Die Definition lässt imho zu viele Lücken, die man nicht "objektiv" bestimmen kann.

Ähnlich also der oben genannten Frage, ob sich denn tatsächlich jemand in seinen Entscheidungen entwertet gefühlt hat.
Imho bietet die Definition zu viel Spiel- und Auslegungsraum (und folglich unmengen Diskussionspotenzial).

Edit: Wenn ich drüber nachdenke, was das nun nicht sehr nützlich, weil es abstrakt aufs gleiche hinausläuft.
Die beiden entscheidenden Fragen sind, "Fühlt sich jemand entwertet" und "Wollte jemand gezielt entwerten".
« Letzte Änderung: 7.07.2011 | 11:15 von Jiriki »

Offline ArneBab

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #2 am: 7.07.2011 | 11:19 »
Lässt sich noch einfacher darstellen: Entscheidungen, bei denen die Spieler dachten, sie wären wichtig, haben plötzlich keine Bedeutung.

Worst case: „Die ganze Geschichte dreht sich nur um euch (aber ich habe die nächsten 20 Spielabende schon geplant)“
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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #3 am: 7.07.2011 | 11:20 »
Hihi, das Moria-Beispiel ist in der Tat lustig. Ich habe im Film auch "Railroading" gerufen  ;D

Der Begriff "Entwerten" ist einfach völlig fehl am Platze, schon weil Railroading subjektiv ist. Ich würde auch sagen, dass oft Spielerentscheidungen "entwertet" werden, d.h. einfach nicht für den Verlauf der Geschichte als relevant angesehen werden, ohne dass gleich jemand Railroading schreit. Und die Ansicht, ob eine Handlung für den Verlauf der Geschichte relevant ist, kann ja krass unterschiedlich sein (Schmetterlingseffekt...) - das bedeutet, auch wenn der SL eine Handlung nicht mutwillig negiert bzw. nicht als relevant betrachtet, kann der Spieler sehr wohl denken, er laufe auf Schienen, weil die Aktion nicht die erhoffte Folge hatte.

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Offline Grey

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #4 am: 7.07.2011 | 11:30 »
Definition: Als Spieler empfinde ich meine Entscheidung als entwertet, wenn von vornherein feststeht, daß sie keinerlei Konsequenzen haben wird - weder auf den Spielverlauf im Allgemeinen, noch auf meinen Charakter im Besonderen; weder positiv noch negativ.

Im Einzelfall ist schwer abzuschätzen, ob es sich um eine "Entwertung" handelt oder einfach um eine überraschende Wendung. Wenn es _einmal_ passiert, daß ich z.B. beschließe, allein die Brücke zu verteidigen und meinen Kameraden mit meinem Opfer Zeit zu erkaufen, und wundersamerweise stürzt die Brücke ein, bevor die Verfolger mich erreichen, dann kann das am verborgenen Wissen des SLTM über die Geschehnisse "im Hintergrund" liegen, von denen ich nichts weiß (und als bekennender Immersionist auch nichts wissen will).

Wenn so etwas gehäuft auftritt, betrachte ich es als Entwertung meiner Entscheidungen: der Plot verläuft exakt gleich, egal was ich mache. Ich erleide exakt das vom SL vorgesehene Maß an Schaden, egal was ich mache. Meine Handlungen legen dann bestenfalls fest, wie etwas geschieht, nicht aber, was.

Disclaimer: Die obige Aussage enthält ausdrücklich keine Wertung darüber, ob ich solches Spiel als gut oder schlecht betrachte.
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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #5 am: 7.07.2011 | 11:35 »
Der Grundsatz, dass eine Entwertung nur subjektiv ist, weil auf mehreren Seiten (mind. zwei) subjektive Bewertungen vorliegen erscheint mir korrekt.

Recht (!) allgemeingültig dürfte sein, dass es von Spieler und eSeL Seite irgendwie wert geschätzt wird, dass sich Spieler hinsichtlich des Vorgehens ihrer Charaktere entscheiden dürfen und dies Einfluss auf das Spiel, die Welt, den Plot haben wird.

Tritt also massives Railraoding auf, teilt der eSeL die Wertschätzung freier Entscheidungen der Spieler nicht mehr im gleichen Maße. Er entwertet damit aus Sicht des Spielers, aber nicht aus seiner. Denn er bewertet die Entscheidungsfreiheit vielleicht geringer als den tollen Plot, den er durchziehen will.

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Offline Sir Markfest

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #6 am: 7.07.2011 | 11:36 »
Definition: Als Spieler empfinde ich meine Entscheidung als entwertet, wenn von vornherein feststeht, daß sie keinerlei Konsequenzen haben wird - weder auf den Spielverlauf im Allgemeinen, noch auf meinen Charakter im Besonderen; weder positiv noch negativ.

Aber das Kreuz an der Sache ist ja, dass man das als Spieler eben im Vornherein nicht weiss.

Offline Lord Verminaard

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #7 am: 7.07.2011 | 11:38 »
Schön gesagt! Und deswegen ist Kommunikation so wichtig. Wobei ich denke, ob ein Spieler eine bestimmte Entscheidung als wichtig oder nicht so wichtig bewertet, lässt sich recht gut daran ablesen, wie viel der Spieler in diese Entscheidung investiert (Hirnschmalz, Recherche, Emotion, Diskussion, Spiel-Ressourcen, etc.)

Ferner: Die Währung, in der der Wert von Entscheidungen bewertet werden, sind Konsequenzen. Aber Konsequenzen im Hinblick auf was? Im Hinblick auf das, was den Spielern am Spiel und der Fiktion wichtig ist. Auch das muss man also erstmal wissen.

Dessen ungeachtet gibt es schon recht eindeutige Beispiele. ;)
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Offline Jiriki

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #8 am: 7.07.2011 | 11:39 »
Die Frage der Entwertung insbesondere in Zusammenhang mit dem Schenkenbeispiel weist imho noch auf einen interessanten Aspekt hin.

Angenommen die SC entscheiden sich dagegen Schenke X zu besuchen, der SL dreht das ganze aber so das sie letztlich doch in dieser Schenke landen, bzw. setzt die Schenke an einen anderen Ort, wechselt den Namen zu Y, behält aber die Planung für das Innenleben bei.

Praktisch gesehen hat hier ja eine Entwertung der Entscheidung stattgefunden, die Spieler hatten keinen eigentlichen Einfluss auf den Fortlauf der Ereignisse.

Unter der Voraussetzung das die Spieler X von innen allerdings gar nicht von innen kannten, d.h. sie haben sich gegen die oberflächliche Präsentation entschieden, würde ich den Besuch von Y, welches im wesentlichen X ist, trotzdem nicht als RR verstehen.
Die SC haben sich ja nicht gegen X als solches entschieden, sondern nur gegen die Situation. Folglich wurde die Entscheidung nicht nichtig, sondern hatte aktiven Einfluss auf die Umstände, in dem X zu Y wurde und unter Umständen an die neue Situation angepasst wurde.
(Das setzt natürlich vorraus, das X unbekannt war.)

Offline Grey

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #9 am: 7.07.2011 | 11:45 »
Aber das Kreuz an der Sache ist ja, dass man das als Spieler eben im Vornherein nicht weiss.
Stimmt. Darum halte ich mich mit Urteilen wie "Railroader" während der ersten paar(!) Spielsitzungen auch immer sehr zurück. Erst, sobald es ein Erfahrungswert geworden ist, wie der SL im allgemeinen mit meinen Entscheidungen umgeht, kann ich ihn einordnen.

Und auch einen "verdeckten Railroader" aka Illusionisten lasse ich mir durchaus gefallen, wenn er so gut darin ist, daß mir erst nach drei Jahren gemeinsamen Spielens langsam aufgeht, daß ich einen solchen vor mir habe. ;)
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Offline 1of3

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #10 am: 7.07.2011 | 11:47 »
"Wollte jemand entwerten?" ist in diesem Zusammenhang keine sinnvolle Frage. Der Blumenhändler will nicht entwerten, d.h. er will nicht, dass ich meine Bewertung von 10€ korrigiere und damit womöglich ein schlechtes Gefühl erhalte. Wir können sagen: Niemand will entwerten. Dieser Satz ist nachgerade sinnlos.

Auch der Spielleiter will nicht entwerten. Geht mal hin fragt, ihn wenn ihr beim nächsten Mal das Gefühl hat, gerailroadet worden zu sein: "Lieber Spielleiter, wolltest du meine Entscheidung entwerten?" Wenn er der Frage irgendeinen Sinn entlocken kann (ich halte das nicht für wahrscheinlich), wird er das verneinen. Er wollte die Regeln korrekt anwenden, eine interessante Wendung in der Geschichte herbeiführen, nicht von seinem vorher zurecht gelegten Plan abweichen oder irgendetwas Anderes. Er wollte garantiert keine Entscheidungen entwerten.

Wenn man dem Spielleiter irgendeinen Vorwurf machen kann, dann kann der folglich nicht in Vorsatz bestehen. Er war vielleicht achtlos oder nachlässig gegenüber den Bewertungen seiner Mitspieler. Von einem Wollen aber können wir nicht ausgehen.
« Letzte Änderung: 7.07.2011 | 11:49 von 1of3 »

Offline Yehodan ben Dracon

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #11 am: 7.07.2011 | 11:52 »
Er wollte nicht entwerten, nur seine Bewertungskriterien sind andere als die der Spieler. Ich denke, das Anpassen der Bewertungskriterien gehört auch in den Gruppenvertrag.
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Offline asri

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #12 am: 7.07.2011 | 11:54 »
Ich hätte jetzt mit den Begriffen jongliert und dann gesagt: Railroading ist, wenn ein SL die Entscheidungen der Spieler geringer wertet als seine eigenen Vorstellungen vom Handlungsverlauf, und daher immer seinen eigenen Ideen den Vorzug gibt.

Im ursprunglichen Beispiel: Dem Blumenhändler ist sein Strauß in seinem Schaufenster soviel wert, dass - egal was 1of3 ihm bietet (100 Euro, lebenslange Grillfleischflatrate...) - er ihn nie dort wegnehmen wird.

Dafür braucht es keine Wertungen von zwei Seiten, sondern einen Vergleich zwischen zwei Werten. Die Ausgangsformulierung ("Entwertung") ist dann natürlich irreführend, bzw. sie beruht vermutlich auf dem Kontrast zwischen der SL-Wertung und der eigenen Wertung des "Schreibers", hier mutmaßlich Friedensbringers Wertschätzung von Spielerentscheidungen.
« Letzte Änderung: 7.07.2011 | 11:56 von asri »

Offline Grey

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #13 am: 7.07.2011 | 11:56 »
Auch der Spielleiter will nicht entwerten.
Korrekt. Es verfolgt sicher kein SL die Zielsetzung: "Hähä, ich entwerte alle Entscheidungen meiner Spieler!" Trotzdem können seine anderen Vorgaben ("Plot durchziehen", "nie einen SC sterben lassen" usw.) zu exakt diesem Verhalten führen, das festlegt, welche meiner Entscheidungen von vornherein keine Konsequenzen haben werden. Es mag dann kein Vorsatz sein, aber eine zwangsläufige Nebenwirkung.
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Offline Skele-Surtur

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #14 am: 7.07.2011 | 11:56 »
Ich sehe das ganz, ganz anders.

Denn gemeint ist mit RR, soweit ich das verstehe, dass ein Ziel festgelegt ist und eine Entscheidung, die an diesem Zielpunkt vorbeiführt, dadurch entwertet wird, dass ihre Wirkung mit allen Mitteln vereitelt werden soll.

Es geht also eben nicht um eine unterschiedliche Bewertung der Handlung. Das wäre, wenn der S meint, seine Aktion würde X bewirken, der SL aber der Ansicht ist, dass die Aktion X plausibler Weise nicht bewirkt. Es geht bei einer Spielerentscheidungsentwertung (langes Wort) IMHO darum, dass die Aktion aktiv genullt wird.

D.h., dass der SL unter Umständen die Aktion aus neutraler Position vielleitcht sogar so bewerten Würde, dass sie X bewirkt, aber da er nicht will, dass X bewirkt wird, dies unterbindet. Daher will der Spielleiter eben doch entwerten. Genau das ist imho das Kernelement von negativem RR. Es wäre dem SL vielleicht lieber, wenn der S gleich die "richtige", nämlich auf das vom SL geplante Ereignis hinführende Entscheidung treffen würde, aber er WILL jede Aktion (und damit Entscheidung), die das nicht tut, nicht zum Erfolg kommen lassen und damit entwerten.
D.h., und genau das ist ja das Problem, dass die Entwertung sehr wohl vorsätzlich geschieht.
« Letzte Änderung: 7.07.2011 | 11:59 von Surtur »
Doomstone ist die Einheit in der schlechte Rollenspiele gemessen werden.

Korrigiert meine Rechtschreibfehler!

Offline 1of3

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #15 am: 7.07.2011 | 12:11 »
Ich hätte jetzt mit den Begriffen jongliert und dann gesagt: Railroading ist, wenn ein SL die Entscheidungen der Spieler geringer wertet als seine eigenen Vorstellungen vom Handlungsverlauf, und daher immer seinen eigenen Ideen den Vorzug gibt.

(...) Dafür braucht es keine Wertungen von zwei Seiten, sondern einen Vergleich zwischen zwei Werten. Die Ausgangsformulierung ("Entwertung") ist dann natürlich irreführend, bzw. sie beruht vermutlich auf dem Kontrast zwischen der SL-Wertung und der eigenen Wertung des "Schreibers", hier mutmaßlich Friedensbringers Wertschätzung von Spielerentscheidungen.

Du meinst das gleiche.

Jeder Wert ist ja Ergebnis einer Bewertung. Deshalb müssen mal zwei Bewerter da gewesen sein. Diese beiden Bewertungen, also Werte, kollidieren dann, woraufhin ein Beteiligter gezwungen ist, seine Bewertung zu korrigieren.


Korrekt. Es verfolgt sicher kein SL die Zielsetzung: "Hähä, ich entwerte alle Entscheidungen meiner Spieler!" Trotzdem können seine anderen Vorgaben ("Plot durchziehen", "nie einen SC sterben lassen" usw.) zu exakt diesem Verhalten führen, das festlegt, welche meiner Entscheidungen von vornherein keine Konsequenzen haben werden. Es mag dann kein Vorsatz sein, aber eine zwangsläufige Nebenwirkung.

Zwangsläufig ist das nicht. Das kann es nicht sein, weil man nicht in anderer Leute Köpfe gucken kann. Möglicher Weise hat die Erfahrung gelehrt, dass gewisse Spielzüge eine hohe Wahrscheinlickeit mitbringen, dass sich ein Mitspieler beschnitten fühlt. Aber es ist eben streng genommen nur eine Wahrscheinlichkeit.

Es mag wohl Spieler geben, die es für akzeptabel halten, dass "der SL seinen Plot durchzieht" oder dass "nie ein SC stirbt". Es gibt sogar Spiele, wo SCs schon nach dem Regelwerk nicht sterben können. Damit also das besagte Gefühl besteht, muss eine andere Initialbewertung seitens des Spielers vorliegen.
« Letzte Änderung: 7.07.2011 | 12:17 von 1of3 »

ErikErikson

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #16 am: 7.07.2011 | 12:17 »
Ich unterstelle dem Spieler, das es mit seiner Handlung irgendetwas bezwecken möchte. Wenn die Handlung dann keinerlei Effekt zeigt, ist sie entwertet. Ob vom SL oder den Mitspielern.

Natürlich kann es sein, das der Spieler nur rumblödelt um des rumblödels willen, oder das er einfach gerne redet, ohne irgendwelche Reaktionen zu erwarten. Dan wird natürlich auch nichts entwertet.

Offline asri

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #17 am: 7.07.2011 | 12:23 »
Du meinst das gleiche.

Jeder Wert ist ja Ergebnis einer Bewertung. Deshalb müssen mal zwei Bewerter da gewesen sein. Diese beiden Bewertungen, also Werte, kollidieren dann, woraufhin ein Beteiligter gezwungen ist, seine Bewertung zu korrigieren.

Mit "Vergleich zwischen zwei Werten" meinte ich einen Vergleich zwischen zwei Wert"sachen" (Strauß bleibt im Laden vs. Strauß landet in fremden Händen). Dafür braucht es keine zwei Bewerter und auch keine Korrektur irgendwelcher Bewertungen, sondern einfach unterschiedliche hohe Wertungen unterschiedlicher Sachen. RR wird dann nicht mehr an irgendeiner Umwertung festgemacht, sondern an einem (statischen) Wertgefälle, wenn ich es so abstrakt sagen darf.

Meines Erachtens ist das nicht das gleiche wie in Deinem Modell.

@Erik Erikson:
Eine entwertete Handlung (Entscheidung/Handlung ohne Effekt) ist noch kein Railroading. Railroading ist IMHO eine prinzipielle Effektlosigkeit von Spielerentscheidungen, sofern sie vom festgelegten Handlungsverlauf abweichen.

Offline 1of3

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #18 am: 7.07.2011 | 12:26 »
Ich unterstelle dem Spieler, das es mit seiner Handlung irgendetwas bezwecken möchte. Wenn die Handlung dann keinerlei Effekt zeigt, ist sie entwertet. Ob vom SL oder den Mitspielern.

Genau. Du unterstellst eine Absicht. Womöglich liegst du falsch und der Spieler beabsichtigte etwas ganz Anderes.

Beispiel: Ein Magier kommt in eine Gilde. Der Spieler beschreibt den Magier: "... und er hat einen umwickelten Stab in der Hand." Die Runde spielt nun ganz normal weiter und der Spieler guckt zunehmend komisch. Irgendwann fragt der Spieler, wieso alle seinen Heroldsstab ignorieren. Der wurde nur eben für ein Gimmick gehalten.
« Letzte Änderung: 7.07.2011 | 12:33 von 1of3 »

ErikErikson

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #19 am: 7.07.2011 | 12:32 »
Da kann man nix machen. Muss der Spieler halt sagen, was er will.Das sollte man vielleicht mal thematisieren, wie und wan ner sowas sagen sollte.

Offline Oberkampf

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #20 am: 7.07.2011 | 12:57 »
Daraus lernen wir zwei Dinge: Erstens gebietet es sich sehr vorsichtig zu sein, wenn man anderen erzählen will, dass in ihrer Runde eine "Entwertung von Entscheidungen" stattgefunden hat. Zweitens können wir, wenn nun dieses Entwerten das gleiche ist wie Railroading, auch von außen nicht feststellen, ob Railroading vorlag. Wir können nur fragen, ob der betreffende Spieler sich gerailroadet fühlte.

Stimme ich vollkommen zu.

Zum Begriff des Railroading gehört für mich ohnehin ein subjektiver Bestandteil, sprich: der Spieler muss merken und missbilligen (=es als "breaking the social contract" empfinden) dass seine Entscheidungen an bedeutenden Stellen des Spielverlaufs (in Abgrenzung zum Traiblazing) entwertet werden (= Force angewendet wird).

Zu deutsch: Railroading und Entwertung sind niemals ein rein objektive Begriffe, sie hängen immer auch von der Wahrnehmung des Spielers und der bestehenden Gruppenabsprache ab.
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Offline Merlin Emrys

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #21 am: 7.07.2011 | 13:31 »
Deshalb müssen mal zwei Bewerter da gewesen sein. Diese beiden Bewertungen, also Werte, kollidieren dann, woraufhin ein Beteiligter gezwungen ist, seine Bewertung zu korrigieren.
Meines Erachtens reicht das Vorhandensein von zwei unterschiedlichen Bewertungen - aber dafür kann auch derselbe Bewerter zweimal in zeitlichem Abstand überlegen, was eine Sache ihm wert ist. Z.B. kann ein Mensch durchaus der Ansicht sein, er müsste unbedingt ein Set Sammelkarten haben, weil das in seiner sozialen Gruppe gerade verlangt wird. Verläßt er die soziale Gruppe zugunsten von einer, in der Sammelkarten kein Thema sind, ändert sich für ihn deren Wert: Der Wechsel der sozialen Gruppe "entwertet" die Sammelkarten. Dafür braucht es aber im Grunde keinen zweiten "Bewerter".

Zum Ausgangsthema: Ich würde "Railroading" wohl eher als Sammelphänomen betrachten und jede Einzelne "Entwertung einer Spielerentscheidung" als einen konkreten Beitrag dazu.

Offline Oberkampf

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #22 am: 7.07.2011 | 13:37 »
Wenn man dem Spielleiter irgendeinen Vorwurf machen kann, dann kann der folglich nicht in Vorsatz bestehen. Er war vielleicht achtlos oder nachlässig gegenüber den Bewertungen seiner Mitspieler. Von einem Wollen aber können wir nicht ausgehen.

Vorsatz besteht auch, wenn man etwas billigend in Kauf nimmt, von dessen wahrscheinlichem Eintreten man weiß. Auch wenn der Spielleiter zuerst einmal beim Entwerten an andere Dinge denkt (Atmosphäre schaffen, spannende Story erzeugen usw.), sobald er weiß, dass er um das zu erreichen eine Spielerentscheidung entwerten muss, ist es vorsätzlich.
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Offline Sir Markfest

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #23 am: 7.07.2011 | 14:29 »
Vorsatz besteht auch, wenn man etwas billigend in Kauf nimmt, von dessen wahrscheinlichem Eintreten man weiß. Auch wenn der Spielleiter zuerst einmal beim Entwerten an andere Dinge denkt (Atmosphäre schaffen, spannende Story erzeugen usw.), sobald er weiß, dass er um das zu erreichen eine Spielerentscheidung entwerten muss, ist es vorsätzlich.

So einfach ist es nicht.
Auch des Spielers Entscheidungen sind nun mal nicht das "Mass der Dinge" oder der "Lauf der Welt".
Und da auch die "Verwaltung der Welt seitens des Spielleiters" nicht immer den logischsten oder spielererwartungsvollsten Entscheidungen folgt, daraus kann dann einer der Konfliktpunkte entstehen.

Offline MSch

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Re: Sog. "Entwertung von Spieler-Entscheidungen"
« Antwort #24 am: 7.07.2011 | 14:34 »
Guten Morgen und willkommen zu einer kleinen Philosophiestunde.
....

Ach was wäre eine Philosophiestunde schön gewesen!

Das Ausgangsposting ist übelste Sophisterei und es ist völlig müßig mit diesem daherkonstruierten Begriff von "Entwerten" weiterzuargumentieren, wenn doch "Abwerten" gemeint ist und nicht "Entwerten" wie in der U-Bahn oder beim Eintritt ins Kino, Konzert oder Stadion oder halt beim Railroading. Der Unterschied ist enorm und so wird absichtlich das zitierte Posting diskreditiert.

Haben Worte denn keinen Wert und Sinn mehr? Aus so lustigem Wischiwaschi wie "1+1=1" kann ich auch konstruiren, daß ich der Papst bin.


Ciao,

Martin