Autor Thema: Aufmerksamkeit und RPG  (Gelesen 7203 mal)

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ErikErikson

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Aufmerksamkeit und RPG
« am: 25.12.2011 | 13:35 »
Es gibt ja psychologische Theorien, die von einem optimalen Niveau an Reizinput ausgehen, welches für jede Person verschieden ist. Anders gesagt, jeder ist mit einem gewissen Maß an Action zufrieden, mehr ist Hektik, weniger ist langweilig. Bzw. jeder wird ein bestimmtes Maß an Aufmerksamkeit aufbringen und dies muss übereinstimmen mit dem was am Tisch geboten wird, sonst herscht Unzufriedenheit.

Wenn man davon ausgeht, das das Verfolgen von Meta-Zielen im Spiel Aufmerksamkeit fordert, dann erklärt das IMHO drei Phänome:

1. Die Überfoderung des SL. Der muss häufig Metaziele verfolgen wie: Es sol für alle spannend sein, jeder soll eingebunden sein usw. gleichzeitig muss er auch noch die NSC verwalten und so.
2. Die Lust am komplexen regelwerk: Ein solches erhöht automatisch das Niveau an Aufmerksamkeit, das ich am Tisch halten muss. Ohne das Regelwerk wäre manchem die Sache eventuell zu dröge.
3.Die Schwierigkeit, die Aufmerksamkeit bei Indie-Spielen zu halten, die viel Kreativität usw. erfordern. Da muss ich mich immer konzentrieren, und bin sogar froh, wenn ich mal ne Szene nur zuhöre. Bei  normalem Spiel bin ich immer nörgelig, wenn ich mal nur zuhören kann.
 
 
 

LöwenHerz

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #1 am: 25.12.2011 | 13:55 »
Ja.

ErikErikson

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #2 am: 25.12.2011 | 13:58 »
Ich denke gerade bei einem komplexen Regelwerk ist die Sache interessant.

Sehen wir so ein Regelwerk doch als Sicherheitsnetz. Viele Gruppen verwenden ja nicht alle Regeln. Wenn es jetzt jemandem zu langweilig wird (bzw. das Reizniveau zu niedrig), kann er quasi jederzeit eine Regel einbringen, die dann oft hinreichend komplex ist, um das Reizniveau zu erhöhen und erstmal ordentlich Aufmerksamkeit zu fordern.

Offline Blutschrei

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #3 am: 25.12.2011 | 14:25 »
Zitat
kann er quasi jederzeit eine Regel einbringen

Damit stößt du in den meisten Regelwerken an die Grenzen, sobald man in DSA mit Distanzklassen anfängt, muss sich _jeder_ damit beschäftigen, womit das Reizniveau für einige wohl wieder zu hoch wäre. Es müssten also für solch ein "Vorbild-System" unabhängige Sonderregeln eingeschränkt für Charaktere oder Szene etc vorliegen. Savage Worlds z.B. macht im großen und ganzen genau das, oder?
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Taschenschieber

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #4 am: 25.12.2011 | 14:57 »
"Mehr Regeln = Mehr Aufmerksamkeit ist nötig" mag stimmen. "Mehr Regeln = Mehr Aufmerksamkeit wird erzielt" ist ziemlich sicher falsch. Eher wird ein komplexes Regelwerk dazu führen, dass Casual Gamer den Spaß verlieren und nur noch Hardcore-Gamer dabei bleiben.

Offline Aeron

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #5 am: 25.12.2011 | 16:14 »
Sehr interessant.

In dem Zusammenhang fällt mir eine Situation ein, die ich zu Beginn meiner SoIaF-Runde hatte:
Für die SoIaF-Runde habe ich zahlreiche einflußreiche NSCs, deren Beziehungen untereinandern auch unabhängig von den Spielern laufen. Sodass oft die Situation ist, dass zahlreiche Ereignisse parallel auftreten und die Spieler sich frei entscheiden können, welches dieser Problem sie sich annehmen wollen. Das "Quest-Tagebuch" ist damit quasi immer prall gefüllt.
Einer der Spieler spielte damals das Oberhaupt des Spieler-Adelshauses und war damit IT verantwortlich für die Entscheidungen und welche Probleme zuerst angegangen wurden.

Bei einer Feedback-Runde äußerte er damals Kritik, dass es ihn überforderte, dass es soviele Aufgaben/Plots gab. Dies überraschte mich in dem Moment, da ich es eigentlich als positiv empfand, wenn die Spieler große Entscheidungsfreiheit haben, und machen können, was sie wollen.

Insofern kann man den Aspekt der Überforderung/Aufmerksamkeit auch bei Spielern sehen (auch wenn es sicher eher seltener ist, als bei SLs).

Online Maarzan

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #6 am: 25.12.2011 | 16:22 »
Sehr interessant.

In dem Zusammenhang fällt mir eine Situation ein, die ich zu Beginn meiner SoIaF-Runde hatte:
Für die SoIaF-Runde habe ich zahlreiche einflußreiche NSCs, deren Beziehungen untereinandern auch unabhängig von den Spielern laufen. Sodass oft die Situation ist, dass zahlreiche Ereignisse parallel auftreten und die Spieler sich frei entscheiden können, welches dieser Problem sie sich annehmen wollen. Das "Quest-Tagebuch" ist damit quasi immer prall gefüllt.
Einer der Spieler spielte damals das Oberhaupt des Spieler-Adelshauses und war damit IT verantwortlich für die Entscheidungen und welche Probleme zuerst angegangen wurden.

Bei einer Feedback-Runde äußerte er damals Kritik, dass es ihn überforderte, dass es soviele Aufgaben/Plots gab. Dies überraschte mich in dem Moment, da ich es eigentlich als positiv empfand, wenn die Spieler große Entscheidungsfreiheit haben, und machen können, was sie wollen.

Insofern kann man den Aspekt der Überforderung/Aufmerksamkeit auch bei Spielern sehen (auch wenn es sicher eher seltener ist, als bei SLs).

Zu Entscheidungen gehören Informationen. Der Stress beginnt, wenn man unter Zeitdruck steht oder eben die Bedeutung und Erfolgschance von Alternativen nicht einmal annähernd abschätzen kann. Und was ausreichend ist sieht aus der Sicht des alle Fakten kennenden und keinen Char riskierenden SL natürlich weitaus lockerer aus als beim unwissenden Spieler.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Aeron

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #7 am: 25.12.2011 | 17:05 »
Sicherlich, aber die anderen Spieler hatten damit kein Problem, zwei haben es auch sehr befürwortet.
Was ich nur damit sagen will ist, dass es dahingehend bei Spielern auch ziemliche Unterschiede gibt und man ausloten sollte, ob jeder damit klar kommt - also ein gewisses Maß "Aufmerksamkeit" für das Spielen aufzuwenden bereit ist.

Offline Auribiel

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #8 am: 25.12.2011 | 17:41 »
Ich denke gerade bei einem komplexen Regelwerk ist die Sache interessant.

Sehen wir so ein Regelwerk doch als Sicherheitsnetz. Viele Gruppen verwenden ja nicht alle Regeln. Wenn es jetzt jemandem zu langweilig wird (bzw. das Reizniveau zu niedrig), kann er quasi jederzeit eine Regel einbringen, die dann oft hinreichend komplex ist, um das Reizniveau zu erhöhen und erstmal ordentlich Aufmerksamkeit zu fordern.

Vielleicht habe ich dich falsch verstanden, aber: Wird durch neue (und besonders komplexe) Regeln nicht die Aufmerksamkeit vom eigentlichen (meist spannenden) Spielgeschehen abgelenkt und die Aufmerksamkeit so verstärkt auf Regelnutzung und -diskussion gelenkt?
Wäre es nicht sinnvoller die Aufmerksamkeit durch Spannung im Spielgeschehen zu aktivieren?

z.B. in dem man Spieler, die in der Situation eigentlich nichts/wenig zu tun haben kurzfristig NSCs überträgt, sprich dafür Rechnung trägt, dass möglichst alle Spieler ins Spielgeschehen eingebunden sind?

Mangelnde Aufmerksamkeit rührt meiner Erfahrung nach nicht durch zu einfache/zu wenige Regeln her, sondern durch

a) zu langweiligen Plot
b) zu langweilig führenden SL
c) Übermüdung der Spieler
d) Spieler sind von Anfang an an diesem Abend/grundsätzlich an der Runde zu wenig motiviert/ambitioniert
e) zu wenige Erfolgserlebnisse und daraus resultierendem Frust

Da würde ich Mini-Games eher eine Chance einräumen, als komplexen Regeln, um die Aufmerksamkeit zu aktivieren...

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ErikErikson

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #9 am: 25.12.2011 | 19:14 »
Ich sehe das so: Die komplexen Regeln sind eine beliebige zuschaltbare Option für den fall, das es doch mal langweilig wird. Viele Leute sagen, sie verwenden die komplexen Regeln nur optional. Es könnte doch sein, das die Spieler die Regeln immer nur dann im Detail verwenden, wenn es ihnen sonst zu langweilig würde. Das würde erklären, warum solche Leute mit einfachen Regeln nix anfangen könnten.

Wenn das stimmt, müssten aber die gleichen Leute gerne Indies und Spiele mit komplexen Regeln spielen, da beide recht viel Aufmerksamkeit erlauben.

Taschenschieber

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #10 am: 25.12.2011 | 19:19 »
Ich halte die ganze Grundannahme, Regeln würden gegen Langeweile helfen, für leidlich absurd und praxisfern.

Offline Teylen

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #11 am: 25.12.2011 | 19:33 »
Wieso sollte der Punkt Eins zu folge eh bereits überforderte Spielleiter das Aufmerksamkeits-Level des RPG, das ihn durch Metaziele bereits überfordert, durch ein komplexes Regelwerk weiter steigern?
Wieso sollte ein Indie-Spiel das eine komplexe Wahrnehmung des Spielgeschehen fordert, in negativer anstrengender sein als ein ebenso komplexes Regelwerk?
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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #12 am: 25.12.2011 | 19:39 »
Naja, wenn einem langweilig ist, kann man sich bei komplexen Regeln eher damit beschäftigen, mal im Regelwerk herumzublättern, als bei einem einfachen.

Allerdings ist die Toleranz für Regelkomplexität ziemlich stark schwankend, würde ich annehmen. Es gibt Spieler, denen reicht "Würfel mal A+B" völlig aus und mehr wollen sie nicht wissen; es gibt Spieler, die wollen, dass Regeln den Unterschied zwischen dem Abdrücken der Blutzufuhr ins Gehirn und dem Abdrücken der Sauerstoffzufuhr abbilden.
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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #13 am: 25.12.2011 | 20:10 »
Wieso sollte der Punkt Eins zu folge eh bereits überforderte Spielleiter das Aufmerksamkeits-Level des RPG, das ihn durch Metaziele bereits überfordert, durch ein komplexes Regelwerk weiter steigern?
Nein, wenn jemand überfordert ist, sollte er sich eher einfache Regelwerke holen.

Die Sache mit den komplexen Regelwerken ging an Mitspieler, die unterfordert sind.

Zitat
Wieso sollte ein Indie-Spiel das eine komplexe Wahrnehmung des Spielgeschehen fordert, in negativer anstrengender sein als ein ebenso komplexes Regelwerk?
Hat doch niemand gesagt.
Im Gegenteil: Ein Spiel, das einfache Regeln aber eine komplexe Wahrnehmung des Spielgeschehens fordert, ist ungefähr genau so anstrengend wie ein Spiel, das komplexe Regeln aber eine einfache Wahrnehmung des Spielgeschehens fordert.

Das Wort "negativ" in deinem Post verstehe ich nicht ganz. Anstrengung ist ersteinmal neutral: Weder positiv noch negativ.
Negativ wird es erst, wenn es vom Optimum abweicht. Das kann aber in beide Richtungen passieren: Zu viel Anstrengung ist genau so negativ wie zu wenig Anstrengung.

Offline Teylen

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #14 am: 25.12.2011 | 20:58 »
Ein komplexes Regelwerk fordert jeden Mitspieler.
Man kann mit einem komplexen Regelwerk nicht nur einen Teil der Mitspieler - der der sich gegebenenfalls unterfordert fühlt - fordern.

Die Formulierung "Die Schwierigkeit [..] die Aufmerksamkeit zu halten" ist für mich durchaus Anzeichen für eine negative Verbindung. Es ist eben nicht einfach oder normal sondern eine Schwierigkeit.
Obwohl im Punkt zuvor der Vorteil eines komplexen Regelwerk hervorgehoben wurde - etwaige Schwierigkeiten aussen vor gelassen.
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ErikErikson

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #15 am: 25.12.2011 | 21:49 »
Ein komplexes Regelwerk fordert nur den, der sich damit beschäftigt. Ich konnte mich bei DSA selbst als Meister an vielerlei Regeln vorbeimogeln, und es hat lange gedauert, bis ich dafür dann gelyncht wurde. Daher meine These: ein komplexes regelwerk ist ne gute Sache, wenn man sich schnell langweilt und was sicher auf der Seite haben will, mit dem man sich immer beschäftigen kann.

Taschenschieber

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #16 am: 25.12.2011 | 21:51 »
Du meinst, wer sich langweilt, soll halt Regeln lesen? Dann geht es dir nicht um die Komplexität der Regeln, sondern um den Umfang des Regelwerks (Seitenzahl).

Offline Teylen

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #17 am: 25.12.2011 | 21:57 »
Ein komplexes Regelwerk fordert nur den, der sich damit beschäftigt. Ich konnte mich bei DSA selbst als Meister an vielerlei Regeln vorbeimogeln, und es hat lange gedauert, bis ich dafür dann gelyncht wurde. Daher meine These: ein komplexes regelwerk ist ne gute Sache, wenn man sich schnell langweilt und was sicher auf der Seite haben will, mit dem man sich immer beschäftigen kann.
Das halte ich für ziemlichen Unsinn.
Das komplexe Regelwerk fordert dann wenn es sich einer durchgelesen hat.
Wenn es sich einer durch gelesen hat, und danach spielen will, sind alle gefordert es ebenfalls zu lesen.
Schließlich schreibst du ja selbst das du "gelyncht" wurdest, als jemand anfing sich die Regeln durchzulesen.

Zudem gibt es, denke ich, bessere / konstruktivere Beschäftigungsmethoden, als während des Rollenspiels ein Buch zu lesen.
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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #18 am: 25.12.2011 | 22:09 »
Also wenn ich mich mit einem Komplexen Regelwerk befasse dann lege ich vor Spielbeginn fest ob Optionale Regeln gelten. Und wenn man so ein Werk anfasst dann gelten auch alle Regeln. Da aber zumindest ich meine Aufmerksamkeit nicht beliebig hoch stellen kann befasse ich mich lieber mit einfachen Systemen und lass das freie Potential in die anderen Bereiche des Spiels fließen.

ErikErikson

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #19 am: 25.12.2011 | 22:09 »
Man liest nicht. Man wendet die Regeln am Tisch an.

Und natürlich muss nicht jeder das ganze Regelwerk kennen. Ich denke, das wird dir jeder GURPS oder Rolemaster Spieler sofort bestätigen. Ich denke, in diesen Spielen reicht es für einen Teil der Spieler völlig aus, nur die Grundregeln zu kennen.

Aber wer die zusätzlichen regeln will, um das Niveau an kognitiver Inanspruchnahme so zu erhöhen, das er sich damit wohlfühlt, der hat sie.

Natürlich kann man auch durch andere Methoden dieses Niveau erhöhen, aber die komplexen Regeln sind zuverlässig, immer vorhanden, im gegensatz zu anderen Methoden, die auf eine spezielle Mitarbeit der anderen Spieler oder des SL angewiesen sind.
« Letzte Änderung: 25.12.2011 | 22:12 von Sauron »

Offline Teylen

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #20 am: 25.12.2011 | 22:24 »
Imho kann man ein Spiel ohne entsprechende Regelkenntnis, respektive die umfassende Abstimmung innerhalb der Gruppe eben dieser, nicht Konflikt frei spielen.

Geschweige den das man Regeln auf unterschiedlichen Niveau / Komplexitätsgrad innerhalb einer Spiel-Session harmonisch anwenden kann.
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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #21 am: 25.12.2011 | 22:36 »
Klar kann man so spielen, wenn man sich darauf einigt, wer im Konfliktfall entscheidet: Regelwerk, SL, Gruppenkonsens. Ich habe selbst schon Sachen geleitet, bei denen ich die Regeln kaum kannte, und einen anderen Spieler zum Regelguru erklärt.

Und wenn ich mal am Tisch nix zu tun hatte (als SL eher ungewöhnlich, aber okay), dann hab ich halt in den Regeln geblättert. :)

Auch bei unserer Rom-Runde hat sich die Existenz von 3-4 Rom-Quellenbüchern auf 5 Spieler ganz gut bewährt, weil die Spieler, die einfach grad nicht so gefordert sind, in diesen Quellenbüchern herumlesen können. Klar, sie könnten auch andere Bücher lesen, aber so verlieren sie den Bezug zu der Runde nicht so sehr.
(Wobei das hier wirklich Quellenbücher sind, d.h. gut recherchertierte Bücher über Rom; mit den Spielregeln haben die nichts zu tun - nur mit dem Setting).

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #22 am: 25.12.2011 | 23:45 »
Ein komplexes Regelwerk fordert nur den, der sich damit beschäftigt. Ich konnte mich bei DSA selbst als Meister an vielerlei Regeln vorbeimogeln, und es hat lange gedauert, bis ich dafür dann gelyncht wurde. Daher meine These: ein komplexes regelwerk ist ne gute Sache, wenn man sich schnell langweilt und was sicher auf der Seite haben will, mit dem man sich immer beschäftigen kann.

Ich will ma den, nennen wir ihn mal Xemides-Effeckt einwerfen: Es gibt anscheindend Leute bei denen Immersion nür über dei regelebene stattfinden kann.
Also ja, bei Spielern bei denen dies zutrifft, führen komplexe regeln zu mehr Immersion und somit mehr Aufmerksamkeit.

Als allgemeingültig würde ich das aber absolut nicht hinstellen.
Inhalltsstoffe dieses Beitrags: 50% reine Polemik, 40% subjektive Meinung, 10% ungenau recherchierte Fakten.
Kind Dublins.

Eulenspiegel

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #23 am: 26.12.2011 | 00:27 »
Also ich denke, dass Aufmerksamkeit und Immersion zwei verschiedene Sachen sind.

Natürlich gibt es Leute, bei denen komplexe Regeln Aufmerksamkeit auf sich ziehen und Immersion erhöhen. Aber ich denke mal, dass komplexe Regeln auch bei den anderen Aufmerksamkeit auf sich ziehen, ohne die Immersion zu erhöhen.

Mal eine Gegenfrage: Warum glaubst du, haben einige Leute etwas gegen ein komplexes Regelwerk? Meine Meinung lautet: Das komplexe Regelwerk bindet bei diesen Leuten zu viel Aufmerksamkeit. Diese Leute haben keine Lust, dass so viel Aufmerksamkeit vom Regelwerk gebunden wird und wünschen sich ein einfacheres Regelwerk, das weniger Aufmerksamkeit bindet.

Wie schon im ersten Post geschrieben: Das Aufmerksamkeits-Optimum kann man in zwei Richtungen verlassen: Zum einen, wenn etwas zu viel Aufmerksamkeit kostet, zum anderen, wenn etwas zu wenig Aufmerksamkeit kostet.

Offline Deep One

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Re: Aufmerksamkeit und RPG
« Antwort #24 am: 26.12.2011 | 00:38 »
Wenn man davon ausgeht, das das Verfolgen von Meta-Zielen im Spiel Aufmerksamkeit fordert, dann erklärt das IMHO drei Phänome:

1. Die Überfoderung des SL. Der muss häufig Metaziele verfolgen wie: Es sol für alle spannend sein, jeder soll eingebunden sein usw. gleichzeitig muss er auch noch die NSC verwalten und so.
2. Die Lust am komplexen regelwerk: Ein solches erhöht automatisch das Niveau an Aufmerksamkeit, das ich am Tisch halten muss. Ohne das Regelwerk wäre manchem die Sache eventuell zu dröge.
3.Die Schwierigkeit, die Aufmerksamkeit bei Indie-Spielen zu halten, die viel Kreativität usw. erfordern. Da muss ich mich immer konzentrieren, und bin sogar froh, wenn ich mal ne Szene nur zuhöre. Bei  normalem Spiel bin ich immer nörgelig, wenn ich mal nur zuhören kann.

Ein SL muß den größten Teil der Zeit aufmerksam sein, während ein Spieler schon mal abschalten kann, das sehe ich genau so. Dass ein komplexes Regelwerk beständig höhere Aufmerksamkeit verlangt als ein einfaches, denke ich tendenziell eher nicht. Mir fällt zumindestens keines ein, dass aufgrund seiner Komplexität permanente Aufmerksamkeit verlangt (kein DSA4-Spieler!).