Ich wollte da auch gar kein großes Fass aufmachen. Aber weil hier öfter erwähnt wurde, dass Cyberpunk eben so "lebendig" wäre und man nicht verstehen kann, warum man das Spiel nicht so hart abfeiert, wollte ich einfach mal nachhaken um zu verstehen, von wo alle Beteiligten kommen.
Demnach stimme ich zu, dass wir da vermutlich nicht auf einen grünen Zweig kommen werden. Ich danke trotzdem für die Klarstellung.
Siehste, das meinte ich mit subjektiv vs. objektiv. Aber ich versuche es trotzdem mal.
Klar ist es nett, wenn man dem Holzfäller-NPC stundenlang folgen kann und er erst aufsteht, dann ein paar Bäume umhaut und dann im Saloon sitzt. Vielleicht passt das auch bei RDR2 und macht das Spiel so richtig fein in dieser Hinsicht (da es ein Western-Setting ist und Western für mich so ziemlich das langweiligste Thema überhaupt ist, habe ich es nie gespielt und kann nicht mehr dazu sagen). Könnte mir vorstellen, dass das gut funktioniert, weil Rockstar bei GTA5 ja auch gezeigt hat, dass sie lebendige Welten bauen können.
Aber was an CP einfach der Knaller ist: Es ist soooooooo viel. Die gesichtslosen Massen (thematisch unglaublich passend, wie Suro schon sagte). Sehr hohe Varianz, was NPC-Aussehen angeht. Verschiedenste Dinge, die da passieren. Straßen voll mit Autos. Spontane Gang-Gewalt. Alles wird übertönt von lauten Werbung-Jingles.
Wenn man es auf das Setting legt, ist das genau das, was man in einer Cyberpunk-Welt erwartet. Deshalb ist das für mich so lebendig.
Gothic 1 hat das im Übrigen auch sehr geil gemacht. Da war ebenfalls einiges los, was aber dem Setting in einer angemessenen Weise präsentiert wurde, weil in den Lagern halt immer nur eine handvoll Leute gelebt hat. Khorinis in Teil 2 fand ich schon deutlich weniger lebendig (wenn auch immer noch gut).
Vampire Bloodlines hat mir damals auch sehr gefallen, hatte aber das Problem, dass es einfach zu wenig NPCs und zu wenig Fläche waren. Klar, das war den technischen Gegebenheiten geschuldet, wie bei den Gothics auch.
Vielleicht ist es auch einfach die Erwartungshaltung, die uns hier unterscheidet. Ich für meinen Teil finde es sehr un-immersiv, wenn ein Spiel so tut, als wäre es super emergent (danke für das Wort, Suro) und hat NPCs, die wer weiß was machen und auch ein paar Reaktionsmöglichkeiten haben, es aber dafür eben auch nur dreieinhalb NPCs insgesamt sind: "Wir sind hier in der Hauptstadt des Königreichs und man kann dem Schmied beim Hufeisenschlagen zusehen und den Nachtwächter auf seinem Rundgang begleiten, während das Dienstmädchen seine Botengänge macht und der König ab und zu aus dem Fenster winkt. Achja, mach dir nichts daraus, dass die Hauptstadt nur 20 Bewohner hat, das Königreich ist klein."
Das wirkt, aber es wirkt nicht sooooo wahnsinnig lebendig.
Im Gegensatz dazu CP2077: "Hey jo, unsere NPCs machen nicht viel verschiedene Dinge, außer herumlaufen und herumstehen. Aber dafür sind es halt nicht 20, sondern 20.000. Die Stadt ist halt groß."
Wie gesagt, kommt darauf an, was man erreichen will. Und in einem Cyberpunk-Setting wirkt halt eine große Stadt mit lauter NPCs lebendiger als eine winzige Stadt, die dafür drei NPCs mit extrem ausgearbeitetem Tagesablauf hat.
Abschluss: Emergentes Verhalten in Open-World-Spielen ist noch soooooooo weit weg von dem, was ich persönlich als notwendig erachte, um es mir schmackhaft zu machen und in den Fokus zu setzen. Dann lieber Quantität statt Qualität.