Autor Thema: Warum ist es so schwer, deutsche Übersetzungen der "großen Systeme" zu bekommen?  (Gelesen 7301 mal)

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Achamanian

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Diese pauschale Übersetzunghetze war mir schon immer suspekt und stößt mir immer unangenehmer auf.

Pendragon ist tatsächlich sehr gut übersetzt, finde ich - in den 90ern lag das Niveau aber für mein Empfinden auch noch ein gutes Stück höher. Bei den Laurin-Sachen bin ich eigentlich auch nie gestolpert.
In den letzten Jahren ist mir aber tatsächlich keine deutsche Übersetzung eines Rollenspielprodukts über den Weg gelaufen, die ich auch nur halbwegs lesbar fand. In vielen Fällen haben mir die Online-Leseproben bereits genügt, um mich gegen ein Produkt zu entscheiden (so z.B. bei Rolemaster, das ich mir aus purer Nostalgie eigentlich gerne zulegen wollte ...).
Schlimmer noch finde ich, dass inzwischen auch viele deutschsprachige Produkte sich lesen wie schlechte Übersetzungen aus dem Englischen. Da merkt man, das inzwischen schon das Sprachgefühl einer breiten Leserschaft durch schlecht übersetzte Romane und schlecht synchronisierte Fernsehserien geprägt ist.

Aber ich verfalle in allgemeinen Kulturpessimismus. Wahrscheinlich waren die Übersetzungen in den 90ern auch nicht viel besser, nur meine Ansprüche halt etwas geringer ...

Jedenfalls: Ich würde mich freuen, wenn es auch im Rollenspielbereich zumindest dann und wann eine nicht nur annehmbare, sondern wirklich gute Übersetzung gäbe.

Offline JS

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Da merkt man, das inzwischen schon das Sprachgefühl einer breiten Leserschaft durch schlecht übersetzte Romane und schlecht synchronisierte Fernsehserien geprägt ist.

... und durch allgegenwärtiges Denglisch, Kartoffeldeutsch, Schimpansisch und sonstige Sprachbarbarei in jeder erdenklichen (und überraschenderweise auch unerdenklichen) Form.

Ich stimme dir jedenfalls voll und ganz zu. Seit Jahren ist es eher ungewöhnlich, im Rollenspielbereich auf rundherum gute Übersetzungen zu stoßen. Das gilt leider vor allem für die vielen Kleinverlage und ihre selbsternannten Lektoren, Korrektoren und was sie noch so alles zu sein vorgeben.
« Letzte Änderung: 21.06.2013 | 15:23 von JS »
Wer gern sagt, was er denkt, sollte vorher etwas gedacht haben.

Offline Arldwulf

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Persönlich sehe ich es btw. durchaus so dass ich trotz täglichem Englischgebrauch oft an eine Stelle im Regelwerk stoße die ich mißverstehe oder bei der ich überlegen muss was gemeint ist. Deutsche Regelwerke haben für mich dort deutliche Vorteile. Wie gesagt - selbst aus der Perspektive von jemandem der sogar englische Rollenspielrunden über Skype betreibt und beruflich ständig in Kontakt mit der Sprache ist.

Und dies verstärkt sich natürlich noch wenn wir über geringere Englischkenntnisse sprechen.

Offline Kearin

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Da sich mit Rollenspielen allerdings auch kein Geld verdienen lässt, sollte man vielleicht froh sein, dass es überhaupt eine Übersetzung gibt.

Abgesehen davon: Ja, Rollenspiele erheben sich sprachlich nicht über Trashliteratur. Warum? Weil sie letztlich derselbe Trash sind.

Offline Quendan

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und ihre selbsternannten Lektoren, Korrektoren und was sie noch so alles zu sein vorgeben.

Das finde ich gegenüber all den Leuten, die sich im Rollenspielbereich engagieren, um ihnen am Herzen liegende Produkte auf den Markt zu bringen, aber arg respektlos. Die Leute machen das zu 95% aus Spaß an der Sache und Liebe zum Spiel. Geld spielt da keine ernsthafte Rolle (sonst würden die Leute sich eher andere Beschäftigungen suchen). Aber was soll man jetzt als ehrenamtlicher Hobby-Korrektor ins Impressum schreiben. "Hobby-Korrektor"? "Nicht so wirklich-Korrektor"? Das ist doch quatsch.

Das man in einer Branche, in der die Umsätze generell sehr niedrig liegen, keine Profis engagieren kann ist doch klar. Rollenspiel sind keine Heyne-Romane. Gilt ja neben den Lektoren und Korrektoren auch für Autoren und praktisch alle anderen, niemand ist hier Profi. Jetzt aber den Leuten, die sich wirklich engagieren auch noch vorzuwerfen, sie würden da irgendwas vorgeben, empfinde ich als arg unfreundlich. Und solche Einstellungen kann einem manchmal auch die Freude, sich überhaupt zu engagieren, nehmen.

Niemand sagt, dass man gegenüber diesen Leuten dankbar auf die Knie fallen soll. Und Kritikpunkte kann (und soll!) man bitte auch äußern. Aber solche Äußerungen sind doch wirklich nicht nötig. :(

Achamanian

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Abgesehen davon: Ja, Rollenspiele erheben sich sprachlich nicht über Trashliteratur. Warum? Weil sie letztlich derselbe Trash sind.

Ich mag meine "Trashliteratur" (Fantasy, SF, Horror und derlei mehr) lieber, wenn sie sich auf einem soliden bis hohen sprachlichen Niveau bewegt. Und wenn ein im englischen Original stilistisch solides Regelwerk sich in der deutschen Übersetzung liest wie von einem ambitionierten Viertklässler verfasst, ist das schon ein Problem.

Offline korknadel

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Pendragon ist tatsächlich sehr gut übersetzt, finde ich - in den 90ern lag das Niveau aber für mein Empfinden auch noch ein gutes Stück höher. Bei den Laurin-Sachen bin ich eigentlich auch nie gestolpert.
In den letzten Jahren ist mir aber tatsächlich keine deutsche Übersetzung eines Rollenspielprodukts über den Weg gelaufen, die ich auch nur halbwegs lesbar fand. In vielen Fällen haben mir die Online-Leseproben bereits genügt, um mich gegen ein Produkt zu entscheiden (so z.B. bei Rolemaster, das ich mir aus purer Nostalgie eigentlich gerne zulegen wollte ...).
Schlimmer noch finde ich, dass inzwischen auch viele deutschsprachige Produkte sich lesen wie schlechte Übersetzungen aus dem Englischen. Da merkt man, das inzwischen schon das Sprachgefühl einer breiten Leserschaft durch schlecht übersetzte Romane und schlecht synchronisierte Fernsehserien geprägt ist.

Aber ich verfalle in allgemeinen Kulturpessimismus. Wahrscheinlich waren die Übersetzungen in den 90ern auch nicht viel besser, nur meine Ansprüche halt etwas geringer ...

Jedenfalls: Ich würde mich freuen, wenn es auch im Rollenspielbereich zumindest dann und wann eine nicht nur annehmbare, sondern wirklich gute Übersetzung gäbe.

Stimme Dir da weitgehend zu. Ich bin auch zuweilen fassungslos, was da so hingenommen wird. Allerdings bin ich tatsächlich bei Übersetzungen von Rollenspielen nicht so irre pingelig (auch wenn andere meine Ansprüche schon als pingelig bezeichnen würden). Ich fand zum Beispiel das Spielerhandbuch von WFRP3rd auf Deutsch stilistisch nicht erhebend, aber doch sehr solide und brauchbar übersetzt. In der Caera-Box für Dungeonslayers, die ich trotz allem natürlich extrem sympathisch finde, waren da schon viel heftigere Schnitzer drin, obwohl es keine Übersetzung ist.
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Achamanian

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Das finde ich gegenüber all den Leuten, die sich im Rollenspielbereich engagieren, um ihnen am Herzen liegende Produkte auf den Markt zu bringen, aber arg respektlos. Die Leute machen das zu 95% aus Spaß an der Sache und Liebe zum Spiel. Geld spielt da keine ernsthafte Rolle (sonst würden die Leute sich eher andere Beschäftigungen suchen).

So sehr du damit recht haben magst, macht es mich trotzdem ganz ehrlich manchmal regelrecht wütend, festzustellen, dass bei einem Produkt, das maßgeblich aus Text besteht, von den Herstellern oft mehr Wert darauf gelegt wird, Vierfarb-Hardcover in einheitlichem Reihendesign vorzulegen, als darauf, einen guten Text vorzulegen. Wenn ich 40 Euro für ein Regelbuch bezahle, bezahle ich die nicht, weil ich gerne bunte Seiten umblättere, sondern weil ich den enthaltenen Text lesen und verwenden möchte.

Kurz: Ich fände es gut, wenn die Rollenspielverlage sich da höhere Ansprüche setzen. Andere Kleinverlage schaffen es schließlich auch, gut geschriebene, übersetzte und lektorierte Titel zu präsentieren (klar, längst nicht alle ...). Es ist ja nicht so, dass man sich nicht auch mal Hilfe von Leuten holen könnte, die sich mit so was auskennen. Ich habe das Gefühl, dass sich da dann aber doch wieder viele zu fein für sind ...

Offline Rhylthar

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Zitat
Wenn ich 40 Euro für ein Regelbuch bezahle, bezahle ich die nicht, weil ich gerne bunte Seiten umblättere, sondern weil ich den enthaltenen Text lesen und verwenden möchte.
Kannst Du mal aus Interesse ein Beispiel für ein Regelbuch in ca. der Preisklasse sagen, bei dem Du dies konkret so siehst?
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

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Offline Weltengeist

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In der Caera-Box für Dungeonslayers, die ich trotz allem natürlich extrem sympathisch finde, waren da schon viel heftigere Schnitzer drin, obwohl es keine Übersetzung ist.

Den Gedanken hatte ich vorhin schon, hab's dann aber doch nicht geschrieben: Wer sagt denn, dass die deutschen Original-Texte jetzt so sagenhaft viel besser wären als die Übersetzungen?

Ich kann Quendan da nur zustimmen: Wir reden hier nicht von professionellen Schriftstellern / Übersetzern / Lektoren, sondern von Hobby-Produkten von Enthusiasten für Fans. Natürlich können wir allen, die keinen supertollen Stil schreiben, verbieten, weiter an Rollenspielprodukten zu arbeiten. Macht die Zahl derer, die sich engagieren, halt nochmal erheblich kleiner (und glaubt mir - ich sehe täglich, welche Deutsch-Fertigkeiten heute selbst aus dem Gymnasium mitgebracht werden, da wird die Schnittmenge aus "Rollenspieler", "fehlerfreies und elegantes Deutsch" und "bereit, nahezu für lau zu arbeiten" übersichtlich ausfallen).

Übrigens kriegen es ja selbst die meisten Zeitungen (ja, auch die mit den richtig großen Auflagen) nicht mehr hin, halbwegs fehlerfreies und sprachlich ansprechendes Deutsch zu verfassen. Warum das jetzt bei Rollenspielprodukten auf einmal viel besser sein sollte, erschließt sich mir nicht.

Natürlich kann man sich alles mögliche wünschen. Tolle Story, auf jede Gruppe anpassbar, frei spielbar und doch voller fantastischer Ideen. Fehlerfreie Umsetzung auch der Experten-Regeln. Widerspruchsfrei zu allen bisherigen Publikationen. Anspruchsvolle Sprache. Fehlerfreies Lektorat. Vierfarbdruck. Hardcover. Bilder von Berufskünstlern, extra für's Abenteuer geschrieben und von tiefer Kenntnis der Spielwelt geprägt. Und das alles bei einer Auflage von 500 Stück und einem Preis möglichst im einstelligen Bereich.

Ich fürchte, beim Wünschen wird's dann auch bleiben.
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Achamanian

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Kannst Du mal aus Interesse ein Beispiel für ein Regelbuch in ca. der Preisklasse sagen, bei dem Du dies konkret so siehst?

Ehrlich gesagt nicht so viel, vielleicht verallgemeinere ich da auch zu sehr ...
Fast schon ein schlechtes Gewissen habe ich, wenn ich nun zum 1000sten Mal auf "Der Eine Ring" rumhacke, aber das ist eben einfach das Extrembeispiel. Ansonsten fallen mir noch die Rolemaster-Leseproben von 13Mann ein, die mich wie gesagt vom Kauf abgehalten haben.
Und um auch auf den 90ern rumzuhacken: Ich erinnere mich, dass in AD&D 2nd damals penetrant von Kriegern die Rede war, die "Schilder" trugen. Mit welcher Aufschrift wurde leider nicht verraten ...

Tatsächlich fällt mir aber auch ein Positivbeispiel ein: Die Cthulhu-Übersetzungen von Pegasus lassen sich schmerzfrei genießen, zumindest bis zur Lovecraft-Country-Reihe (danach bin ich ausgestiegen).

Und wie Pathfinder übersetzt ist, weiß ich beispielsweise schlicht und einfach nicht.

Offline Rhylthar

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Interessant.
Ich habe letztens den Cormyr-Quellenband (AD&D 2nd) auf Ebay ersteigert...und war auch erstaunt, wie holprig es für mich Laien wirkte.
Ich lese zwar 90 % auf englisch, aber irgendeine Ausbildung im sprachlichem Raum habe ich nun auch nicht.
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Achamanian

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Natürlich kann man sich alles mögliche wünschen. Tolle Story, auf jede Gruppe anpassbar, frei spielbar und doch voller fantastischer Ideen. Fehlerfreie Umsetzung auch der Experten-Regeln. Widerspruchsfrei zu allen bisherigen Publikationen. Anspruchsvolle Sprache. Fehlerfreies Lektorat. Vierfarbdruck. Hardcover. Bilder von Berufskünstlern, extra für's Abenteuer geschrieben und von tiefer Kenntnis der Spielwelt geprägt. Und das alles bei einer Auflage von 500 Stück und einem Preis möglichst im einstelligen Bereich.

Es gibt aber schon einen Unterschied zwischen den Kernaspekten und dem Drumherum. Klar habe ich lieber ein schönes Layout, aber wenn es mal nicht so toll aussieht, ist das für mich kein Dealbreaker. Auch häufige Rechtschreibfehler kann ich gut verschmerzen. Aber wenn sprachlich ein gewisses Niveau unterschritten wird, macht das in meinen Augen das Produkt unbrauchbar.

Offline Kearin

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Kurz: Ich fände es gut, wenn die Rollenspielverlage sich da höhere Ansprüche setzen. Andere Kleinverlage schaffen es schließlich auch, gut geschriebene, übersetzte und lektorierte Titel zu präsentieren (klar, längst nicht alle ...). Es ist ja nicht so, dass man sich nicht auch mal Hilfe von Leuten holen könnte, die sich mit so was auskennen. Ich habe das Gefühl, dass sich da dann aber doch wieder viele zu fein für sind ...
Klar, kann man diese Ansprüche an Verlage stellen, allerdings muss man dann auch bereit sein, entsprechend mehr zu zahlen. Sofern beim Layout nicht gespart wird, sollten man schon das Drei- bis Vierfache bezahlen.
« Letzte Änderung: 21.06.2013 | 16:28 von EensZweeDrü »

Offline JS

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Das finde ich gegenüber all den Leuten, die sich im Rollenspielbereich engagieren, um ihnen am Herzen liegende Produkte auf den Markt zu bringen, aber arg respektlos. Die Leute machen das zu 95% aus Spaß an der Sache und Liebe zum Spiel. Geld spielt da keine ernsthafte Rolle (sonst würden die Leute sich eher andere Beschäftigungen suchen).

Respektlos?
Ganz ehrlich: Ein solch hanebüchenes Argument habe ich schon seit geraumer Zeit nicht mehr gelesen. Geld spielt IMMER für irgendwen eine ernsthafte Rolle, z.B. mein Geld für mich. Und wenn ich für 20, 30, 40 oder 50 EUR ein Buch voller Kartoffeldeutsch bekomme, dann ist das für mich ein relevanter Faktor. Das Herzblut irgendwelcher Leute interessiert mich nicht, wenn ich dann viel Geld für Mumpitz berappen soll. Das ist übrigens Geld, welches mir nicht jeden Tag die lieben Vögelchen vorbeibringen, sondern das ich mir für gewöhnlich wenig erbaulich erarbeiten muß.

Wer etwas aus Spaß an der Freude oder aufgrund irgendeiner höheren Mission macht, soll das dann bitte kostenlos oder extrem kostengünstig machen, und nicht - wie auch (zurecht) der kleinste Verlag - mit einer gewissen Hoffnung auf Profit oder zumindest Kostenneutralität.

Kompromiß: Sobald ich als Kunde ein Rollenspielbuch seiner Folie entkleide und feststelle, daß mir der Verlag wieder mal viel Herzblut mit dürften Übersetzungs- und Deutschkenntnissen bietet (gehört das nicht übrigens auch zum Herzblut?), darf ich das Buch gegen Erstattung des vollen Kaufpreises zurückgeben.

Kannst Du mal aus Interesse ein Beispiel für ein Regelbuch in ca. der Preisklasse sagen, bei dem Du dies konkret so siehst?

Die Übersetzung bzw. der deutsche Text der Spinwärts-Marken (MG Traveller, 13Mann) ist so erschreckend, daß ich die Lektüre nach der Hälfte des Buches abbrach. Meine Vermutung ist, daß diesen "deutschen" Text kein Muttersprachler angefertigt, lektoriert und/oder korrigiert hat. (An diese Überlegung klammere ich mich fest, denn mich schaudert es, wenn ich "Muttersprache" im Text- und Druckbereich mittlerweile auf diesem Niveau ansiedeln soll.)

PS: O tempora, o mores... den Unterschied zwischen "das Schild" und "der Schild" scheint heute in der Tat niemand mehr zu kennen. Das führt regelmäßig dazu, daß ich Aussagen nicht mehr verstehe, weil sie unlogisch werden.
« Letzte Änderung: 21.06.2013 | 16:39 von JS »
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Offline Quendan

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@JS:
Ich fürchte wir diskutieren hier auf unterschiedlichen Ebenen. Du hast oben prinzipiell und durch die Bank den Lektoren, Korrektoren und anderen unterstellt, sie würden sich "mit falschen Federn" schmücken, da sie sich doch eigentlich nicht so nennen dürften. Da hast du es nicht auf mangelhafte Produkte oder solche mit schlechtem Stil beschränkt. Nein, es liest sich vielmehr so, als würde das für alle Kleinverlage und ihre freiwilligen Mitarbeiter gelten. Und das finde ich gegenüber diesen Leuten auch weiterhin respektlos.

Du hingegen argumentierst auf der Ebene deiner Investition in ein konkretes Produkt. Hier kann ich Ärger sehr gut verstehen, wenn es im konkreten Fall deines Erachtens mangelhaft ist. Seine Qualitätsansprüche an etwas legt man schließlich immer selbst fest und dich muss prinzipiell nicht interessieren, ob und wie die Leute bezahlt werden, die an dem Buch beteiligt waren, das du dann in Händen hälst. Oder was für Umsatzzahlen und Budgets hinter der Branche stehen. Als Kunde geht es einem schließlich vor allem um das Produkt an sich.

Darum ging es mir aber in meinem ersten Post gar nicht. Entsprechend denke ich auch nicht, dass ich ein "hanebüchenes Argument" für etwas geliefert habe, denn ich wollte dir nicht Ärger über Produkte (von denen du im neuen Post ja vor allem sprichst) absprechen. Und ich wollte auch nicht sagen, dass das ein Grund ist Qualitätsmängel in konkreten Werken zu ignorieren. Das wollte ich nicht sagen und habe es nicht gesagt (ich habe aber den Eindruck es kam bei dir so an, daher die Klarstellung).

Aber du bist in deinem Post, auf den ich reagiert habe, eben nicht bei der Produktbetrachtung geblieben. Du hast nicht gesagt "ich finde das Lektorat und Korrektorat in Rollenspielprodukten oft mangelhaft". Du hast gesagt "ihre selbsternannten Lektoren, Korrektoren und was sie noch so alles zu sein vorgeben.". Hier verallgemeinerst du zum einen, denn du schränkst es nicht wirklich ein. Zum anderen (und das ist es, was mich am meisten gestört hat) gehst du aber auf eine persönliche Ebene, indem du den ganzen Lektoren, Korrektoren und anderen Aktiven in der Branche unterstellst, sie würden aktiv irgendwas vorgeben, was sie sich ja nicht verdient hätten. Das empfinde ich persönlich als eine pauschalisierende und respektlose Herabwürdigung all dieser Leute, die natürlich keine vollwertigen Profi-Lektoren etc. sind. Die aber auch nie so getan haben.

Insofern lag es mir fern dir da ein Argument für irgendwas (hanebüchen oder nicht) entgegen zu halten, es ging mir einzig umd die auf die persönliche Ebene herabgezogene Bewertung der Arbeit der Leute, die sich im Rollenspielbereich beteiligen. Und das völlig losgelöst von Mängeln an konkreten Produkten. Ich wollte und habe nicht gesagt, dass man diese nicht kritisieren soll. Aber einen freundlicheren Umgang mit den Aktiven an sich würde ich mir wünschen. Denn auch Kritik kann man anders verpacken als das im von mir zitierten Teil geschehen ist.

Jetzt etwas klarer geworden, was ich meine?

Offline JS

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Das kann ich kurz beantworten: Sobald ich von einem Amateur-Kleinverlag eine rundum gute Übersetzung und einen deutschen Text auf einem stilistisch und orthographisch guten Niveau in der Hand halte - also eine durch und durch professionelle Arbeit -, relativiere ich meine Aussage ein wenig.*
Bis dahin bleibe ich dabei; und das mit gutem Grunde, wenn ich bedenke, daß selbst in den mißlungensten deutschen Produktionen i.d.R. drei bis fünf Personen angegeben werden, die direkt mit dem Text zu tun hatten.

Selbst im Profibereich gab es oft genug Schrecknisse unerwarteter Art, z.B. die Entscheidung von Feder & Schwert, sich im deutschen Eberron Kampagnenbuch nicht zu sehr mit den deutschen Interpunktionsregeln zu belasten.

*: Ich weiß freilich, daß es auch in diesem Sektor einige Könner gibt, aber sie gehen im Wust der Möchtegerns unter.
« Letzte Änderung: 21.06.2013 | 17:11 von JS »
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Offline Weltengeist

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Dass man zwischen Kernaspekten und Drumherum unterscheiden sollte, sehe ich auch so.

Dass allerdings "Kernaspekt" für dich das sprachliche Niveau (und nicht etwa Ideenreichtum, Stimmigkeit, Spielspaß, Regelfunktionalität, Spielwelt, Atmosphäre etc.) ist, gibt mir zu denken...

Ich bilde mir ein, ein weitgehend fehlerfreies Deutsch auf halbwegs ordentlichem Niveau zu sprechen. Und ich bemerke die Fehler in den Publikationen auch durchaus. Aber dabei von "Kernaspekt" zu reden, würde mir nicht einfallen, denn mir geht es darum, die Sachen zu spielen. Und nicht darum, sie abends im Ohrensessel mit einem guten Glas Rotwein daneben als Literaturersatz zu goutieren.
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Achamanian

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Ich bilde mir ein, ein weitgehend fehlerfreies Deutsch auf halbwegs ordentlichem Niveau zu sprechen. Und ich bemerke die Fehler in den Publikationen auch durchaus. Aber dabei von "Kernaspekt" zu reden, würde mir nicht einfallen, denn mir geht es darum, die Sachen zu spielen. Und nicht darum, sie abends im Ohrensessel mit einem guten Glas Rotwein daneben als Literaturersatz zu goutieren.

Das Spielen wird aber ab dem Punkt beeinträchtigt, an dem die Verständlichkeit leidet.
Dazu kommt, dass ich ein Spiel nicht als Spiel nutzen kann, wenn bereits die Lektüre mir körperliches Unbehagen bereitet.

Offline Bad Horse

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Das Spielen wird aber ab dem Punkt beeinträchtigt, an dem die Verständlichkeit leidet.
Dazu kommt, dass ich ein Spiel nicht als Spiel nutzen kann, wenn bereits die Lektüre mir körperliches Unbehagen bereitet.

Geht mir genauso. Ich brauche keine hochwertige Prosa im Spiel, aber es sollte nicht vor Fehlern wimmeln und nicht allzu schlecht zu lesen sein - der Mechanismus mag ja ganz dolle sein, aber das nützt mir nichts, wenn ich das Ding nach zwei Seiten vor lauter Gruseln wieder weg lege.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Grubentroll

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Hab auch keine lust Regeln zu lesen, die mir bei der Lektüre körperliches Unbehagen bereiten.
Da verzichte ich lieber ganz auf die Übersetzung und greife zum Original.

Die Sachen von Laurin sind übrigens wirklich ein gutes Gegenbeispiel, die alte Sturmbringer-Box und Cthulhu sind wirklich sehr gut übersetzt und man merkt den Produkten die Liebe an, die  beim Erstellen des Gesamtprodukts reingesteckt wurde.

Offline Weltengeist

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Dazu kommt, dass ich ein Spiel nicht als Spiel nutzen kann, wenn bereits die Lektüre mir körperliches Unbehagen bereitet.

Hast du da konkrete Beispiele? Gerne mit zitierten Textstellen?

Denn ich kann mir natürlich auch Texte vorstellen, bei denen es so krass ist - gesehen habe ich allerdings bewusst noch keine...
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Offline Rhylthar

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Selbst im Profibereich gab es oft genug Schrecknisse unerwarteter Art, z.B. die Entscheidung von Feder & Schwert, sich im deutschen Eberron Kampagnenbuch nicht zu sehr mit den deutschen Interpunktionsregeln zu belasten.
Echt? Das hätte ich nicht erwartet.

Bei mir war es sogar noch so, dass ich mit einem Duden von 1955 hantiert habe bzgl. der Rechtschreibung, da F&S, was ich sehr gut fand, auf alte Rechtschreibung Wert gelegt hat.  ;D
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Offline JS

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Witzig, ich habe auch das Regal voller alter Dudenschinken, denn die neuen kommen mir nicht ins Haus. Aber ich muß leider immer öfter hineinschauen, weil ich allerorten von unterschiedlichen Deutschformen verwirrt werde; der klare Blick kann dadurch schnell trüb werden.
:)

F&S ist sehr schwer zu bewerten, denn einiges von ihnen ist erstklassig, anderes wiederum grottig. Ich finde, man merkt ihnen deutlich an, ob sie genug Zeit, Ressourcen und/oder Lust hatten oder nicht.
« Letzte Änderung: 21.06.2013 | 20:35 von JS »
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Offline Scorpio

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Was Ulisses betrifft, wäre es wirklich schön, mal was von denen zu hören - aber ich denke, einem No-Name-Pimpf wie mir wird da eh keine Antwort gegeben. Da hoffe ich eher hier auf das Board, da ja einige Leute doch recht gut vernetzt sind.

Warum fragt ihr nicht einfach via feedback@ulisses-spiele.de anstatt zu hoffen, dass ein Mitarbeiter zufällig diesen Thread liest? ;)
DORP - Wir kochen mit Äther!

Ulisses Spiele Universalredakteur