Autor Thema: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat  (Gelesen 1615 mal)

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Offline Grey

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Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« am: 26.04.2013 | 14:26 »
Hallo allerseits,

stellt euch bitte einmal folgende Szene vor: euer Passagierraumschiff hat gerade an einem riesigen Weltraumhabitat angedockt. Ihr durchlauft die Kontrollen, verlaßt den Dockbereich und steht in einer prachtvollen Straße. Um euch her wimmelt eine Menschenmenge, ihr seid umgeben von Ladenlokalen, surrenden Fahrzeugen, Gesprächen, Musik und Lichtern. Große Fenster geben den Blick auf das langsam rotierende Panorama der Sterne frei.

Ich bitte euch nun, euch zwei alternative Settings und Vorgeschichten zu dieser Szene vorzustellen:

Setting A:
Das Habitat befindet sich in einem fremden Sonnensystem irgendwo in den Weiten der Galaxis. Euer Passagierschiff war ein interstellares Schiff mit Hyperraum-Antrieb. Die Reise von eurer Heimatwelt hierher hat etwa eine Woche in Anspruch genommen.

Setting B:
Das Habitat befindet sich in einer Umlaufbahn um den Saturn. Ihr selbst kommt von der Erde. Euer Passagierschiff hat mit seinem Ionenantrieb für die Strecke quer durchs Sonnensystem etwa drei Monate gebraucht.

Frage: Fühlt sich die Szene bei unterschiedlicher Vorgeschichte unterschiedlich an? Wenn ja: worin besteht der Unterschied?
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Offline Waldviech

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #1 am: 26.04.2013 | 14:42 »
Ich würde sagen, es fühlt sich definitiv anders an - wenn man es genauer betrachtet.
Im ersten Beispiel dürfte Raumfahrt ne ziemlich häufige Angelegenheit sein. Das Habitat schaut vermutlich aus, wie mehrere Dutzend anderer Habitate, die im ganzen Kosmos verteilt herumschweben und ist eine Drehscheibe für die verschiedensten Handelsrouten. Praktisch die ganze Galaxis trifft sich auf solcherart Habitaten - aber nur auf der Durchreise. Die Außerirdischen, die man so herumlaufen sieht, sind andernorts vermutlich auch ein ziemlich alltäglicher Anblick. Für die Charaktere wirkt das Ganze wahrscheinlich ziemlich normal.

Im zweiten Beispiel hingegen ist Raumfahrt sehr wahrscheinlich nicht sonderlich alltäglich. Die Reisezeiten dauern ewig, Raumflüge sind vermutlich auch sehr teuer und Weltraumhabitate vermutlich seeehr autark. Zudem kann man nicht mal eben so zurück nach Hause fliegen. Obgleich die Entfernungen geringer sind, ist das zweite Habitat praktisch "weiter entfernt". Vermutens werden die SC eine Weile auf dem Habitat bleiben müssen, um auf ihr Startfenster zu weiter entfernten Orten zu warten oder haben die Raumkolonie als Endstation. Da das Habitat mehr oder weniger eine Welt für sich ist und kein "Durchgangsterminal", ist man hier eher in den "Saturn-Kolonien" als auf "Raumstation XY". Gegebenenfalls stellen die Saturnkolonien auch einen eigenen Staat für sich dar - mit eigenen Gesetzen und Gepflogenheiten. Ein Staat, der für Erdlinge in etwa so weit entfernt ist wie Indien für einen Europäer des 16. Jahrhunderts.
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Offline Feuersänger

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #2 am: 26.04.2013 | 15:02 »
Das fühlt sich durchaus unterschiedlich an.

Habitat A liegt _näher_ an der Heimat als Hab B. Auch wenn das eine 90 Lichtjahre und das andere nur 9AU entfernt liegt. Es kommt auf die Reisedauer an. Kurze Reisezeiten deuten darauf hin, dass die Reise selbst relativ trivial ist. Je weiter zwei Orte in punkto Reisezeit voneinander entfernt sind, desto "exotischer" empfindet man sie.

Hab A würde ich vielleicht als "luxuriösen Urlaubsort" empfinden, etwa so als ob ich eine Kreuzfahrt nach Miami unternehme oder meinetwegen einen Flug nach Australien. So oder so, es liegt quasi um die Ecke; ich bin einer Woche hingekommen und kann in einer weiteren Woche wieder daheim sein. Es wäre aber alles relativ normal. Einzig, dass man nicht nach Hause telefonieren kann und jede Email auch mindestens eine Woche benötigen würde (weil mit Kurierschiffen zu transportieren), würde einen Eindruck von räumlicher Ferne vermitteln.

Hab B ist dagegen viel abenteuerlicher. Da hat man nach mehreren Monaten vermutlich stark eingeschränkter Bewegungsfreiheit endlich wieder etwas Luft. Ich würde mich vielleicht wundern, dass es so weit ab vom Schuss eine so prachtvolle Insel der Zivilisation gibt. Erwartet hätte ich hier draußen, weit im äußeren Sonnensystem, wohl eher etwas Spartanisches, rein funktionale Zweckarchitektur. Ein so schönes Habitat wie von dir beschrieben würde ich verstehen als "Wir haben hier etwas ganz Eigenes. Wir brauchen euch von der Erde nicht, aber ihr dürft gerne kommen und staunen."
Andererseits steht man hier vielleicht noch in engerem Kontakt zur Erde, weil der Informationsaustausch hier "nur" eine Stunde braucht. Das suggeriert wieder eine größere Nähe, ist aber nur eine Randnotiz.

Wie dem auch sei, ich habe dabei auch den Aufwand im Hinterkopf, ein solches Habitat zu bauen: muss das ganze Material von der Erde rangeschafft werden, ist diese Aufgabe bei einer 12mal längeren Reisezeit auch entsprechend 12mal so aufwendig. Somit suggeriert das Saturn-Habitat relativ gesehen eine imposantere Leistung. Und wenn die Saturnianer das Habitat aus selbst fabrizierten Materialien in Eigenregie aufgebaut haben, zeigt das dafür noch stärker, wie unabhängig sie von der Erde sind.
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Offline Waldviech

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #3 am: 26.04.2013 | 15:11 »
Zitat
Andererseits steht man hier vielleicht noch in engerem Kontakt zur Erde, weil der Informationsaustausch hier "nur" eine Stunde braucht. Das suggeriert wieder eine größere Nähe, ist aber nur eine Randnotiz.
Wäre aber, je nach Fall, auch wieder nur mäßig "näher bringend". Sicher liest man in Nachrichtenblogs auf der Erde das eine oder andere über die Saturnkolonien. Aber weiß man dadurch wirklich schon, was dort abgeht? Im Grunde wäre es immer noch einen Zacken schärfer als bei weit entfernten Ländern auf der Erde. Klar liest man heutzutage in der Zeitung so einiges über China. Aber wie viele Leute hierzulande sehen z.b. chinesisches Fernsehen und kennen sich in China aus wie Chinesen selbst? Und zwischen Deutschland und China beträgt die Reisezeit nur wenige Stunden und es herrscht reger Verkehr in Beide Seiten! Man stelle sich das Ganze aber nun drei Monate entfernt und mit sporadischem Schiffsverkehr vor. Klar kommt beim Deutschland-China-Vergleich noch der kulturelle Unterschied dazu, der zum Entfremden beiträgt. Aber den Effekt kann man bei einer Saturnkolonie auch haben. Je nachdem, wie alt das Habitat ist, werden sich dort mit Sicherheit kulturelle Gepflogenheiten entwickelt haben, die auf der Erde völlig unbekannt sind.
Nun baue man noch eine etwas opressivere Regierung des Habitates ein, die Nachrichten nach außen fein säuberlich "abgleicht", und es verschlägt die Reisenden dort wirklich in eine andere Welt.
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Offline Kearin

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #4 am: 26.04.2013 | 16:57 »
(a) ist das Standard Science Fiction Setting.
(b) klingt wie Jovian Chronicles.

Das Feeling ist definitiv unterschiedlich. Waldviech hat das schon gut zusammengefasst.

Offline Grey

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #5 am: 27.04.2013 | 10:58 »
Sehr schöne Antworten bisher. :) Ich fühle mich in meinem eigenen Bauchgefühl bestätigt.

@Feuersänger: Wie kommt's, daß du bei Saturn den Aufwand im Hinterkopf hast, das Habitat zu bauen, bei einem interstellaren Setting dagegen nicht?
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Offline Waldviech

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #6 am: 27.04.2013 | 11:31 »
Vermutlich wegen des Transportaufwands. Habe ich ein Setting, in dem es hoch entwickelte, interstellare Raumfahrt erlaubt, gigantische Lasten selbst über riesigtste Entfernungen schnell zu transportieren, ergibt das weniger Probleme, als wenn ein Schiff Monate braucht, sauteuer ist und schwer zu konstruieren ist. Im Prinzip ist das eine "Fortsetzung" der allgemeinen Entfernungsgeschichte (Saturn-Kolonie im Prinzip "weiter" weg als die interstellare Raumbasis)
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Offline Turning Wheel

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #7 am: 27.04.2013 | 11:41 »
Setting B klingt nach einem (vielleicht) wissenschaftlich nachvollziehbaren Setting.
Setting A klingt nach einem beliebigen SF-Märchen, bzw. nach Fantasy.
« Letzte Änderung: 27.04.2013 | 11:54 von Black »

Offline Feuersänger

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #8 am: 27.04.2013 | 15:07 »
Bei dem interstellaren Setting (mit 1 Woche Reisezeit, wohlgemerkt) ist zwangsläufig die Technologie so weit fortgeschritten, dass dadurch Aufgaben wie die Konstruktion eines Habitats schlicht trivial werden, zumindest würde ich das erwarten.

Bei einem 3-Monate-bis-Saturn-Setting ist dagegen der Techlevel sehr genau definier- und abschätzbar. Man kann erkennen, dass der Bau eines Habitats immer noch eine große Aufgabe ist.
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Offline Waldviech

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #9 am: 27.04.2013 | 15:29 »
Zitat
Man kann erkennen, dass der Bau eines Habitats immer noch eine große Aufgabe ist.
Ich vermute ja, das kann sich auch in der Lebenseinstellung der Kolonisten niederschlagen. Anders als andere Kolonisten vor ihnen sind sie nicht einfach in den Wald gewandert, sondern sie mussten ihre Welt mehr oder weniger erschaffen. Lustig wäre es, wenn sich das in ihrem Ego niederschlägt. ;D

Zusätzliche Überlegungen: Wenn die Saturnkolonie schon lange genug existiert, dann könnte sie der Erde mittlerweile ebenbürtig geworden sein. Wenn man die Sache mal genau betrachtet, bietet das Saturnsystem mit seinen Monden ja doch Platz für ein veritables Imperium! Also käme beim zweiten Habitat vielleicht noch die Variante: "Tor zum fremden Großreich" hinzu. (Ich bin ja ohnehin ein großer Freund des Prinzips "Das Sonnensystem ist größer als man denkt".
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Offline Curtis Newton

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #10 am: 27.04.2013 | 15:47 »
Hallo allerseits,

stellt euch bitte einmal folgende Szene vor: euer Passagierraumschiff hat gerade an einem riesigen Weltraumhabitat angedockt. Ihr durchlauft die Kontrollen, verlaßt den Dockbereich und steht in einer prachtvollen Straße. Um euch her wimmelt eine Menschenmenge, ihr seid umgeben von Ladenlokalen, surrenden Fahrzeugen, Gesprächen, Musik und Lichtern. Große Fenster geben den Blick auf das langsam rotierende Panorama der Sterne frei.

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Setting A:
Das Habitat befindet sich in einem fremden Sonnensystem irgendwo in den Weiten der Galaxis. Euer Passagierschiff war ein interstellares Schiff mit Hyperraum-Antrieb. Die Reise von eurer Heimatwelt hierher hat etwa eine Woche in Anspruch genommen.

Setting B:
Das Habitat befindet sich in einer Umlaufbahn um den Saturn. Ihr selbst kommt von der Erde. Euer Passagierschiff hat mit seinem Ionenantrieb für die Strecke quer durchs Sonnensystem etwa drei Monate gebraucht.

Frage: Fühlt sich die Szene bei unterschiedlicher Vorgeschichte unterschiedlich an? Wenn ja: worin besteht der Unterschied?

Ich würde sagen, dass kommt ganz erheblich darauf an, wie "besonders" 'mein' Raumflug ausfallen dürfte. Angenommen, es wäre mein erster FTL Flug überhaupt oder mein erster besuch auf einem Weltraumhabitat, dann werden die Ersteindrücke sehr lebhaft sein und ganz viel positive  Aufregung mit sich bringen. Anders, wenn die strapaziöse und langwierige Reise im sub-FTL-Bereich und der besuch von Weltraumhabitaten über Planeten für mich quasi zum Tagesgeschäft gehört. Dann werde ich - außer vielleicht der kleinen Aufregung, endlich mal die Füße vertreten zu können - dem Besuch auf dem Habitat über Saturn gewiss nicht viel besonderes abgewinnen können.

Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass der Zweck oder ein Nebenaspekt der Reise (Besuch eines alten Freundes, besonderes Sportereignis, spannungsgeladene raumpolitische Gesamtsituation ...) ebenfalls ganz erheblich dazu beiträgt, wie sich das anfühlen mag, wenn ich das Schiff verlasse und das Habitat besuche. Dieser Zweck oder Nebenaspekt gehört imho zu der Vorgeschichte der Reise dazu.

Wenn ich alle diese "Annahmen", die ich hier darstelle, nicht ins Gespräch bringen soll, weil sie Dein Gedankenexperiment verändert, dann antworte ich: Ja, gewiss fühlt es sich anders an. Nicht so sehr der Aspekt, dass FTL oder sub-FTL als Antrieb gewählt wurde, als mehr die Dauer der Reise in einem eng umschlossenen Raum mit den ewig gleichen Gesichtern um mich wird dazu führen, dass ich nach längerer Reise die "Freiheit" im Saturn-Habitat ganz anders erleben würde. Was möglicherweise auch sehr entscheidend sein könnte, ist das Panorama: Ein Habitat über Saturn, einem der wohl beeindruckendsten Planeten überhaupt in unserem Sonnensystem, würde auch mich ungleich 'cooler' und atemberaubender wirken, als ein Habitat irgendwo in einem fernen Sternensystem ohne besonderes Panorama ... Das relativiert sich selbstredend, wenn das Habitat eine besondere Architektur hat ... Viele wenns! Sorry, dass ich da nicht konkreter werden kann. Das Fazit ist daher: Es kommt ganz darauf an ...

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Offline YY

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #11 am: 27.04.2013 | 22:39 »
Dann gebe ich hier mal die Gegenseite - mir geht es genau umgekehrt wie den meisten Vorpostern.

Erst mal ein Exkurs:
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Für mein erstes (und zweites) Bauchgefühl ist Szenario A das deutlich Fremdartigere/Exotischere, aus folgenden Gründen:

- Wie im Exkurs erläutert: Saturn ist trotzdem noch irgendwie daheim. Ja, Saturn ist richtig weit weg. Aber ich kann mit ein bisschen Geduld auf einer maßstabsgetreuen Darstellung unseres Sonnensystems so weit rauszoomen und rüberscrollen, bis ich ihn finde.
So irgendwie kann mein räumliches Vorstellungsvermögen da noch mithalten.

Ein anderes Sternensystem ist dagegen scheiße weit weg (, Alder  ;D) tm)).
Da kapituliert mein Affenhirn endgültig und das Ganze wird zu einer total abstrakten Information.
Hierher kann mir meine Seele gar nicht mehr nachkommen, deswegen kann ich nur so tun, als wäre ich gar nicht so weit gereist - was es nur noch fremdartiger macht.


- Ich bin nicht der Einzige, der sich da rumtreibt. Die anderen, die da rum rennen, sind ja zumindest zum Teil auch von sehr weit her gekommen - aus einer anderen Richtung!
Wo ich hergekommen bin, erfasse ich schon nicht mehr. Was soll ich mir denn erst bei denen vorstellen? Mal ganz davon abgesehen, dass die in meiner Vorstellung zwingend fremdartiger sind als die Saturnler - ja, inklusive Transhumanismus etc. pp..
"Mal ein Mensch gewesen" ist mir immer noch vertrauter als Ammoniak atmende Tentakelviecher.

Aus dieser Überlegung heraus fühle ich mich in Szenario A viel kleiner, viel verlorener als "daheim" im Sol-System. Da hilft auch der Gedanke nichts, dass die Galaxis dank Hyperraumantrieb mittlerweile ein Dorf ist.
Es ist immer noch ein wie großes Dorf mit wie vielen Einwohnern? Ich habe intuitiv noch nicht einmal eine Vorstellung von der Größenordnung der Einwohnerzahl (ja, ich weiß: "ingame" könnte ich ja im Netz gucken  :P ;D).

- Mir will auch nicht so recht in den Kopf, dass man mal eben durch die Galaxis eiert.
Ich habe Verwandtschaft und Bekannte, die keine drei Stunden weg wohnen und die ich nur alle paar Jahre sehe - meist noch zufällig.

Wenn ich in ein anderes Sonnensystem (, Alder!  ;)) geschossen werde, dann bin ich entweder selbst wichtig oder mir ist da was verdammt wichtig.

Der technische Aufwand ist vielleicht relativ klein, objektiv und im historischen Kontext gesehen kann er aber nie trivial sein.

Um in diesem Kontext noch mal auf die Reisezeiten zu kommen:
Der technische Aufwand, um mit einem Flugzeug schneller zu reisen als mit einem Auto oder noch besser einem Fahrrad, ist um wie viele Größenordnungen höher?

Ich empfinde das genau umgekehrt wie von Feuersänger angemerkt:
Je schneller das Ding sein soll oder je exotischere Umgebungen es durchqueren (können) soll, um so enormer wird der technische und logistische Aufwand.

Und das greift nicht alles ineinander: Nur weil wir mit entsprechenden Flugzeugen in einigen Stunden jeden beliebigen Punkt der Erde zwar nicht "richtig" erreichen, aber wenigstens überfliegen können, reduzieren sich die Reisezeiten auf kürzeren Distanzen nicht. Natürlich deswegen nicht, weil da andere Reisemittel verwendet werden können oder müssen.

Für 60 km Landstraße brauch ich halt Zeit, weil ich da immer noch das Auto nehmen muss und keinen Sänger II mit Abwurfkapsel jederzeit startklar habe...



Fazit:
Ja, allein die Tatsache, dass ich per FTL in ein anderes Sonnensystem gereist bin, macht Szenario A für mich deutlich fremdartiger, größer, erschreckender - weil da für mich einige "große" Implikationen mehr oder weniger zwingend dran hängen, wenn ich mal nicht völlig ins Exotische/"Technomagische" denken soll.
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Offline benni

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #12 am: 27.04.2013 | 23:30 »
Ein weiterer wichtiger Aspekt neben der Reisedauer ist vielleicht auch die Gefährlichkeit der Reise. Vielleicht ist Überlichtreisen ja schnell aber nicht ungefährlich? Dann kann es auch schon wieder ganz anders aussehen. In Aleppo können zur Zeit selbst fußläufige Entfernungen gefühlt seeehr weit weg sein.
Die Spielleiter haben die Regeln nur unterschiedlich interpretiert, es kommt aber darauf an sie zu verändern.

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #13 am: 28.04.2013 | 09:57 »
Anders als andere Kolonisten vor ihnen sind sie nicht einfach in den Wald gewandert, sondern sie mussten ihre Welt mehr oder weniger erschaffen. Lustig wäre es, wenn sich das in ihrem Ego niederschlägt. ;D
Charmante Idee. :D Das werd' ich im Auge behalten, danke für die Anregung!

@YY: Besonders herzhaften Dank für deinen äußerst interessanten Anti-Mainstream-Beitrag! Sehr erhellend in Bezug auf Mentalitätsunterschiede. :)

@Alle: Tolle Beiträge bisher, da geht mir echt das Herz auf. :d Weitermachen!
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Offline Waldviech

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #14 am: 28.04.2013 | 11:19 »
Zitat
@YY: Besonders herzhaften Dank für deinen äußerst interessanten Anti-Mainstream-Beitrag! Sehr erhellend in Bezug auf Mentalitätsunterschiede.
"Outgame" sehe ich das vergleichsweise ähnlich (wobei schon das Saturnhabitat IMHO "mindblowing" wäre - vor allem, wenn es so aussieht, wie beschrieben). Die Frage wäre jetzt allerdings, wie die Sache für die Charaktere ingame aussieht. Und das käme IMHO auf die genaue Ausgestaltung der Spielwelt an.
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Offline SeelenJägerTee

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #15 am: 28.04.2013 | 16:30 »
Ich sehe das ähnlich wie YY, aber aus einem etwas anderen Grund.
Bei A ist mir als Spieler klar, dass es SpaceOpera sein MUSS. Deswegen setzt sich mein Gehirn unwillkürlich die Spaceopera Brille auf.
Egal wie normal das für meinen SC sein mag (und wenn er Handelsreisender ist der alle 2 Wochen auf einer anderen Station einer großen Rundtour mit 15 Stationen halt macht) mein Gehirn sagt sich selbst: "versuch mal bitte Sense of Wonder zu aktivieren das wird per Settingkonvention erwartet". Ich als Spieler erwarte hier viele antropomorphe Aliens und ein paar äußerst fremdartige Aliens (als Couleur um zu verschleiern, dass Aliens eigentlich nur Menschen im Kostüm sind) zu sehen. Ich erwarte hier pipsende Droiden, futuristisches TM Design usw. usf.

Bei B ist mir klar, dass es Bodenständiger sein muss. Daher gehe ich eher in Hard-SF Erwartungshaltung und auch wenn es für meinen SC das Erlebnis seines Lebens ist, so erwarte ich als Spieler hier etwas normaleres nicht so abgefahrenes zu erleben es wirkt bodenständiger.

Offline thestor

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Re: Gedankenexperiment: Weltraumhabitat
« Antwort #16 am: 29.04.2013 | 19:12 »
Eine Woche ist (zumindest aus meiner Sicht) eine lange Zeit. Drei Monate sind eine verdammt lange Zeit, finde ich jetzt. Ich stimme den vorherigen Postern zu, wobei ich finde das Ziel (unmittelbar) nicht so unterschiedlich ist wie die Reise. Wenn auf der einwächigen Reise was schiefgeht oder ein lebenswichtiges System ausfällt ist die Lage ernst aber nicht hoffnungslos. Bei der dreimonatigen Reise wahrscheinlich hoffnungslos.