Zu dieser Kampfsache und zur Dysternis:
Dysternis:
Auf der einen Seite beobachte ich auch, dass RSP-Welten immer wieder mit einem finsteren Eindruck beweisen wollen, dass sie erwachsen sind. Aber das sehe ich auch schon seit den 90ern so, als das mit Shadowrun, Vampire und ähnlichen dystopischen Settings anfing. Mein erstes explizit fynsteres Setting war Die Alte Welt von Warhammer, wo das ganze noch durch eine gehörige Portion schwarzen Humor gebrochen wird, aber später wurde Dysternis ja fast zum Standardmerkmal.
In der Spielpraxis habe ich das Dystere dagegen äußerst selten im Sinne des Erfinders funktionierend erlebt. Shadowrun waren irgendwie lustige Elfen, die mit MPs bewaffnet durch die Wälder und Slums hüpfen, Vampire war peinlich, und selbst wirklich dunkle Settings wie Evernight spielen sich oft nicht anders als Midgard. Man kann mal eine Runde in dyster-depressiver Stimmung mit einer Prise German Angst genießen, aber auf lange Sicht hin habe ich das noch nie als gelungen erlebt. Mal abgesehen davon, dass ich mich frage, ob es überhaupt ein erstrebenswerter Zustand ist, den man mit einem Spiel erzeugen will.
Kämpfe:
Vielleicht bin ich eine Ausnahme, aber mein Eindruck ist, dass Kämpfe als "Lösungsmittel von Problemen" im Rollenspiel seit den 80ern merklich zurückgegangen sind. Klar war schon früher Kampfvermeidung in einigen Stufen oder Systemen eine sinnvolle Strategie oder von wohlmeinenden Rollenspielpädagogen als wünschenswertes Ziel propagiert worden, aber mein Eindruck ist, dass sich mit zunehmendem Alter der RSP-Gemeinschaft die Abneigung gegen Kämpfe insgesamt breit durchgesetzt hat. Einige veröffentlichte Abenteuer enthalten noch in Verbeugung vor der Tradition Kampfszenen, darunter speziell solche, die nach dem Vorbild von von Fantasygeschichten geschrieben wurden und eine solche erzählen wollen. Dann gehören eben storytechnisch zwingend Kämpfe, insbesondere gegen Endbosse, dazu.
Trotzdem habe ich das Gefühl, das Kämpfe insgesamt zurückgehen. Meine gegenwärtig kampflastigste Gruppe spielt Pathfinder, wo wir an einem 6 - 8 h Spielwochenende im Schnitt zwei Kämpfe bestreiten, die im unteren/mittleren Level recht schnell abgehandelt werden. Ich spiele aber auch in Gruppen mit, in denen nur an jedem zweiten langen Spielabend mal ein Kampf ausgefochten wird. Manchmal ballen sich Kämpfe natürlich, aber selbst in meiner (endlich abgeschlossenen) Evernight-Serie mit dem sehr schnellen Kampfsystem von Savage Worlds fanden selten mehr als drei Kämpfe pro Abend statt. Von, sagen wir, 6 h Spielzeit wird meiner Erfahrung nach im Schnitt höchstens 1 h für Kämpfe verwendet. (Ich hoffe, mit meiner beginnenden Hellfrost-Serie den Schnitt etwas zu verbessern.)
Ich frage mich eher, welche Rolle Kämpfercharaktere in Abenteuern haben und wofür Systeme eigentlich so viele komplizierte Kampfregeln entwickeln.
Ehrlich gesagt sehe ich in dieser Abneigung gegen Kämpfe eher ein abschreckendes Merkmal an Rollenspielen. Gerade Leute, die vom Brettspiel kommen, oder eher abenteuer- und actionlastige Geschichten mögen, finden hier wenig Anschlusspunkte. Kampf- und Gewaltvermeidung in RL ist eine gute Sache, aber tritt das auch auf ein Spiel zu, gerade wenn es sich an actionreiche Genres anlehnt?