Allen kulturpessimistischen Befürchtungen zum Trotz, hat das Medium Buch bei den Ju-
gendlichen in den vergangenen zehn Jahren keinen Bedeutungsverlust hinnehmen müs-
sen. Der Anteil der regelmäßigen Buchleser ist mit 38 Prozent auf dem identischen Wert
wie 1998, zu Beginn der Studienreihe JIM. Betrachtet man die vergangenen sieben Jahre
in denen die Nutzung des Internets sich rasant entwickelte und zum Alltagsmedium wurde,
so blieb die generelle Zuwendung zum Buch über diesen Zeitraum stabil. Dies gilt auch für
die Lesemedien Zeitschrift und Tageszeitung. Die Nutzung von Printmedien hat also auch
im Zeitalter digitaler Medien noch Relevanz für Jugendliche.
Darüber hinaus zeigt sich, dass bereits 15 Prozent der 12- bis 19-Jährigen regelmäßig das
Onlineangebot von Tageszeitungen lesen, zehn Prozent nutzen die Onlineausgaben von
Zeitschriften. Mit zunehmendem Alter der Jugendlichen gewinnt die Möglichkeit, die Inhalte
von Zeitungen und Zeitschriften auch online zu nutzen, an Bedeutung hinzu. So steigt der
Anteil regelmäßiger Besucher von Onlineangeboten der Tageszeitungen bei den älteren
Jugendlichen auf etwa ein Fünftel an (12-13 Jahre: 6 %, 14-15 Jahre: 10 %, 16-17 Jahre:
22 %, 18-19 Jahre: 21 %). Seite 24 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest / JIM-Studie 2010
Betrachtet man die Buchnutzung genauer, zeigt sich erneut das große Missverhältnis zwi-
schen Jungen und Mädchen beim Interesse an Büchern. Knapp die Hälfte der Mädchen
greift mehrmals pro Woche zu einem Buch, jedoch nur 28 Prozent der Jungen. Diese Ten-
denz zeigt sich auch bei den totalen Leseverweigerern: jeder vierte Junge aber nur jedes
zehnte Mädchen liest nie ein Buch. Während sich die Lesehäufigkeit im Altersverlauf nur
wenig ändert – bei älteren Jugendlichen nimmt die Häufigkeit etwas ab – zeigen sich gra-
vierende Unterschiede bei der Betrachtung nach dem Bildungsniveau. Nur etwa jeder fünf-
te Jugendliche an der Hauptschule bzw. mit Hauptschulabschluss liest regelmäßig, der
Anteil an Nichtlesern liegt bei über einem Drittel. Mit höherer formaler Bildung steigt die
Lesehäufigkeit deutlich an. Knapp die Hälfte der Gymnasiasten bzw. der Jugendlichen mit
Abitur lesen regelmäßig Bücher und nur noch jeder Zehnte hat keinerlei Interesse an Bü-
chern.
Auf die Frage nach der Anzahl der gelesenen Bücher im ersten Halbjahr 2010 gaben die
12- bis 19-Jährigen im Durchschnitt 8,5 Bücher an. Entsprechend der Lesehäufigkeit liegt
der Schnitt bei den Mädchen mit 10 Büchern höher als bei den Jungen mit sieben gelese-
nen Büchern. Mit zunehmenden Alter lesen die Jugendlichen etwas weniger (12-13 Jahre:
9,4 Bücher, 14-15 Jahre: 8,4 Bücher, 16-17 Jahre: 8,8 Bücher, 18-19 Jahre: 7,7 Bücher).
Zum Zeitpunkt der Befragung lasen 62 Prozent der jugendlichen Leser (lese zumindest
selten) aktuell in einem Buch. Bei den Mädchen lag der Anteil (71 %) deutlich höher als bei
den Jungen (53 %).
http://www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf10/JIM2010.pdfVERGLEICH 1954http://www.zeit.de/1954/08/was-die-jugend-liestFür Bücher zeigte sich etwas mehr als die Hälfte der Jugendlichen interessiert. Bevorzugt werden Familienromane; erst an zweiter Stelle fanden Abenteuer- und Indianergeschichten und Reisebeschreibungen das Interesse der Jugendlichen; dann folgt leichte Unterhaltungsliteratur. Moderne anspruchsvollere Literatur lesen nur 4 v. H. Hier ergeben sich verständlicherweise größere Unterschiede nach der Schulbildung. Von den Oberschülern interessierten sich 12 v. H. für anspruchsvollere Literatur. Groß ist überall das Interesse für Lebensbeschreibungen und biographische Romane. Wenig Anklang finden bei der Jugend Kriegsbücher und Kriminalromane (2 v. H.).
Unter den Romanen, die es den Jugendlichen angetan haben, findet man berühmte Titel: „Vom Winde verweht“, „Ostwind – Westwind“. Unter den Meistern des klassischen Romans wurden Tolstoj, Maupassant, Balzac, Dickens, Storm vor allen anderen genannt. Von den neueren Autoren geisteswissenschaftlich-philosophischer Bücher standen die Namen von Ortega y Gasset und Friedell obenan.