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Was ist bei 4E falsch gelaufen...

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D. M_Athair:
Dass die 4E nicht so gelaufen ist, wie der Verlag sich das vorgestellt hat, steht glaube ich außer Frage.
(Man schaue sich nur die Icv2-Verkaufslisten an und den Erfolg der deutschen Version ...)

Ein anderer Eindruck ist, dass in letzten Jahre (so ab 2010/2011 und später) auch anfängliche Gegner der 4E zumindest gewisse Qualitäten des Spiel anerkannt haben.

Was also ist schief gelaufen, dass D&D mit dieser Version einerseits die Position des Marktführers verloren hat und andererseits
so dermaßen die Fan-Base gespalten hat?

sangeet:
Ich war anfänglich total begeistert von der 4E, das klang alles so sinnvoll, und was das System leistet ist eine unglaublich gute Balance, jeder Spieler und die meisten Encounter waren wirklich "fair", leider führte das zu grosser Langeweile, und auf hohem Levl zu einem zähen Spielfluss.

Monster mit 1000 HP niederknüppeln, wenn jeder 3W8+10 Schaden macht, da konnte man sich schon ausrechnen, das das wieder 10+ Runden dauern würde. Das nahm den Spass raus.

Lasercleric:
Schönes Thema, meine zwei ersten Gedanken: Fehlender Fokus auf die angestammte Zielgruppe insbesondere durch ungeeignete Präsentation des Inhalts:

Man schuf ein Spiel, dass sich zu weit von den vorangegangenen Versionen entfernte. Es wurde viel zu wenig klar gemacht, dass 4E ein vollkommen anderes Table-Top ist als 3.x. Es war und ist keine weitere Iteration desselben Spiels sondern ein anderes Spiel. Wo waren nur die bekannten Zauber hingeraten? Was zur Hölle sind Rituale? Warum muss ich (vermeintlich) nicht memorieren? Warum haben die Götter (teilweise) neue Namen? Was soll der Dragonborn? Was zur Hölle ist ein Warlord? Wo sind die ganzen bekannten Subsyteme hin? Das führte von Anfang an zu einer gewissen Entfremdung. Da hätte eine klare Ansage (Leute es ist ein anderes Spiel) oder eine klare Übersetzung (Leute, wir haben uns gedacht, wir machen es anders, weil...das hat folgende Auswirkungen auf Eure bisherige Denke).

Viele Stammspieler konnten mit Begriffen wie "Powers", "Party Roles" nichts anfangen. Es wurde schlichtweg versäumt, die Stammspieler da abzuholen, wo sie herkamen - nämlich 2E, 3E. Beim Artwork gab es statt von vielen gewünschtem fantastischem Realismus gab es Comic-Dragonborn und (zweifellos übersichtliche) Excel-Tabellen. Die Regeln wurden zwar alles in allem enorm übersichtlich und mit klaren Definitionskatalogen präsentiert und helfen enorm bei der Regelinterpretation am Spieltisch, aber dem ganzen fehlte vielen alten Spielern das Herz. "Es fühlte sich halt nicht wie D&D an".

Überdies stellte WotC relativ schnell die gesamte 3.x-Ära als totalen Irrweg dar - schwierig, wenn das zu überzeugende Publikum acht Jahre lang sehr gerne Unmengen von 3.x-Splat-Books gekauft hat und damit zufrieden war. Da kommt man sich schon etwas auf den Arm genommen vor.

Übrigens: Spieler, die zuvor keine Erfahrungen mit 3.x gemacht hatten, haben mir eigentlich immer positives Feedback zur 4E gegeben. Nur alte 3.x-Hasen haben sich teilweise die ganze Zeit beschwert.

Arldwulf:
Den größten Einfluss hatte wohl das Marketing. Es gab am Anfang eine Phase in der man praktisch sagte: Schaut her das ist jetzt alles besser und wie ihr früher gespielt habt war total doof und hat überhaupt keinen Spaß gemacht.

Überspitzt gesagt natürlich, so kam es damals herüber. Die 4E hat viele der Probleme die Spieler früherer Editionen regelmäßig ansprechen gelöst. Teils mit genau den Maßnahmen die in derlei 3.5 Diskussionen angesprochen werden. Was auch heute noch lustig ist, weil man oft in 3.5 "Problemthreads" Lösungen posten kann die aus der 4E stammen. Und dann durchaus positive Kritik bekommen. ;)

Doch statt dies in Details zu schildern gab es nur kurze oberflächliche Sprüche die mehr Leute verletzten als dass sie neugierig machten. Aber durch die Art und Weise wie man das sagte hatte man den Effekt dass sich auch jede Menge Spieler mit dem System beschäftigten (oder besser gesagt mit den Diskussionen) die eigentlich gar nicht unbedingt wechseln oder das ganze ausprobieren wollten. Sondern sich nur von derlei Aussagen angegriffen fühlten und glaubten "ihren" Spielstil nicht mehr machen zu können. Und die dann natürlich auch genau in dieser angegriffenen Weise reagierten. Es gab eine Phase so gegen 2008, da war die Quote 4E Spieler zu 4E Diskutanten etwa 1 zu 10.

Wenn man da etwas sagt wie "ach übrigens, die Jungs von WotC haben auch jede Menge tolle neue Möglichkeiten für Sachen außerhalb des Kampfes geschaffen" und auf Leute trifft die ihr System davon angegriffen fühlen endet das ziemlich aggressiv und polemisch.

Die (schon damals vorhandenen) detaillierten und sachlicheren Kritiken gingen dann eben in den lauteren und oberflächeren etwas unter.

Und dann gingen halt Diskussionen los ala: "4E ist XYZ" die dann der nächstbeste mit "aber schau mal auf Seite ABC, da steht das ganz anders, das stimmt doch gar nicht" konterte. Wenn man sich die Regeldiskussionen anschaut sind diese eben sehr häufig davon geprägt dass es überhaupt nicht um konkrete Regeln geht sondern um (vermutete) Ausrichtungen des Systems, irgendwelche Designerkommentare und "ich hab gehört..."

Da gabs dann sogar Kommentare wie: Ja klar steht das da im Buch, aber so wird das ja nicht gespielt! Inklusive natürlich der Aussage das genaue Gegenteil des Buchinhalts wäre der Fall.  ;)

Das klingt sicher alles als ob es nun die bösen, bösen Kritiker gewesen wären die alle Schuld tragen. Aber ganz so ist es natürlich nicht. Ich glaube es hatte sich insgesamt einfach zu einem Flamewar entwickelt und irgendwann waren alle Diskussionen sehr grundsätzlich, sehr verhärtet und für außenstehende kaum verfolgbar. Ich habe mir vor einiger Zeit mal eine alte Diskussion durchgelesen, und im Prinzip erschreck ich mich da halt nicht nur vor teilweise abstrusen Argumenten der "Gegenseite"  -  ich erschreck mich auch wie oft ich eigentlich anhand dessen die leisere, ernst gemeinte Kritik selbst übersehen habe oder die Möglichkeit ungenutzt lies dort einzusteigen bloß weil mal wieder irgendwer anderes etwas besonders angreifendes schrieb. Flamewars sind von beiden Seiten befeuert, natürlich nicht nur von dem der versucht eine provozierende Aussage zu machen sondern auch von dem der darauf einsteigt. Ich war es ja selbst oft genug.

Wie stark diese Onlineforendiskussionen dann das Bild prägen sieht man wenn man versucht eine neue Runde aufzumachen. Selbst von Leuten die sich nicht in Foren wie dem hier herumtreiben gab es dann Aussagen wie: "Aber ich hab gehört das ganze ist nur WoW" oder "das ist mir viel zu sehr Brettspiel!".

Wohlgemerkt ohne das Spiel selbst zu kennen gab es dort schon von vornherein sehr große Vorbehalte die dann auch dafür sorgten dass neue Spieler sehr vorsichtig und teils wirklich verzerrt das Spiel angingen. Ich hatte dort jemandem dem ich gerade erzählte dass ich sehr viel auch mit improvisierten Aktionen spiele und wie er sie nutzen könnte der dann (vor seiner ersten Spielrunde) meinte das wäre sicher eine coole Hausregel aber auch doof dass ich sowas einbauen und "selbst ausdenken muss" weil ja das System sowas "verbietet". Und selbst hier hab ich vor noch gar nicht langer Zeit eine Diskussion gehabt die ungefähr so ging:

"Wenn einer seine Fertigkeit nutzt und die anderen daneben sitzen und warten ist das doof, darum gibt es das so selten."
"Deshalb ist es besser wenn man Fertigkeitsherausforderungen als Gruppe macht"
"Ja, wäre cool wenn es sowas gäbe, aber das gibt's ja in D&D nicht!"
"ähm doch..."
"Wirklich? Cool, muss ich mir mal ansehen."

In einem Thread über die 4E ^^

Mit den Jahren hat sich dies natürlich gewandelt. Es gibt immer noch 4E Diskussionen, immer noch "Gegner" und "Befürworter", aber inzwischen ist es einfach viel seltener dass jemand das System nicht oder nur vom drüberblättern kennt. Und das verbessert natürlich zum einem die Qualität der Kritik, welche nun viel mehr auf tatsächliche Buchinhalte gerichtet ist, als auch die Möglichkeit sich Regeländerungen anzuschauen und neutral zu bewerten.

Ich kenne eigentlich nur sehr wenige Leute mit denen ich eine tatsächliche konkrete 4E Regeländerung diskutiert habe die dann sagten: Hey, das macht ja gar keinen Sinn!

Sowas hat man halt eher wenn man die Regeln sein lässt und nur über schwammige Dinge wie "das Spiel ist gemacht für XYZ" oder ähnliches redet. Du kannst das auch heute noch sehen. In jedem Thread in dem jemand eine Intention der Designer diskutiert wird es immer noch schwammig und geht teils hoch her. Und in jedem in dem die Regeln diskutiert werden gibt es zustimmende ( und wenn nicht zustimmend dann zumindest konstruktive und sachliche) Kommentare.

Wenn wir das alle irgendwie schon früher hinbekommen hätten - und natürlich nicht nur wir - wäre das System sicher deutlich erfolgreicher gewesen. Die Regeländerungen für sich genommen sprechen durchaus viele Leute an.

La Cipolla:
Jo, Marketing, gerade in Verbindung mit der Produktpolitik. Ich weiß bspw. noch, wie enttäuscht ich davon war, mit den drei Grundregelwerken nicht allzu viele Charakterkonzepte gut umsetzen zu können (ohne Hausregeln/Uminterpretation), obwohl es DREI FUCKING BÜCHER waren, mehr als ich für fast jedes Rollenspiel besitze. Das war a) eine falsche Erwartung aus der 3e, die mir niemand von WotC erklärt oder widerlegt hat, und b) eine zweifelhafte Produktpolitik. Hätten sie bspw. wie später (ach ja, später!) erstmal ein kleines Buch mit den Essentials-Klassen genommen, oder eine "richtige" Grundbox, wäre ich besser drauf angesprungen.

Nicht ganz sicher bin ich mir bei Optik und Design. Dass sie einen Schritt zu weit in Richtung WoW gegangen sind, hat man am Anfang ja oft gehört (später - später! - hat der Mittelweg aus alt und neu dann besser geklappt), aber ich habe bis heute mehr Probleme mit dem nützlichen, aber eklatant hässlichen Layout der Bücher. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sie dadurch so "billig" wirken, als hätte man viel weniger Kram für sein Geld. Und das ist natürlich schlecht, gerade in Verbindung mit dem Punkt oben, dass man auch wirklich weniger Charakterkonzepte umsetzen kann (was mir, wiederum, niemand von WotC erklärt hat). Mir ist aber klar, dass der Punkt Ansichtssache ist. Mir waren es auch allgemein zu viele Bilder und zu wenige Illustrationen; also Bilder, die wirklich etwas erklären, beschreiben, illustrieren und die nicht einfach nur gut aussehen.

Ein weiterer Schritt, der imho besser angekommen wäre, wäre ein simpleres Grundregelsystem gewesen, etwa wie bei Gamma World 4e. Das hätte weiteren Platz für Content freigemacht, und die weggelassenen Regeln hätten dann Platz in irgendeinem Expertenbuch gefunden. Das ist natürlich nicht per se ein Fehler, aber wenn man den Leuten was ganz Neues schmackhaft machen will, hätte es wohl geholfen. Ich behaupte mal, die meisten Skeptiker sind nicht mal über ein Drüberlesen des Spielerhandbuchs hinausgekommen, und D&D4 ist ein Spiel, das man ganz genau lesen muss, wenn man den Reiz checken will.

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