Autor Thema: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?  (Gelesen 32655 mal)

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Offline Slayn

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #125 am: 3.06.2014 | 17:29 »
@eldaen:

Einfach mal Augen aufmachen und genauer hinsehen. Egal ob mit oder ohne Stufensystem, deine Inhalte, also die Dinge die man machen kann, darf und soll und die interne Gewichtung dieser Dinge kommen zusammen mit einem vordefinierten System zu dir und zwingen dir so oder so die Funktionen und Klassen auf.

Was du dabei einfach nicht zu sehen scheinst: Eine "Stufe" ist nichts anderes als die ganzen Steigerungen die möglich sind zusammengefasst und mit einem Preisschield versehen. Du kannst D&D 3E genau so schnell und leicht in seine Einzelkomponenten zerlegen und Teilchen-weise kaufen und steigern wie du eine DSA Profession nebst Progression kodifizieren und in ein Stufen-Konstrukt umwandeln kannst.
Das macht keinen Unterschied.

Der genaue Detailgrad der Sachen kann so stark avriieren, da würde ich nie eine Aussage zu abgeben. Nur als Beispiel: Die original oD&D Klassen sind wohl mit das simpelste was es gibt und die Regeln dazu passen auf einen Post-It Zettel. Das geht wohl hundert mal schneller als alleine schon DSA1, würde ich sagen.

Zurück zum Thema: Wenn deine Inhalte vordefiniert sind und du nur die Wahl hast dich darauf einzulassen, dann hast du Klassen vor dir, nebst Funktionen und all dem anderen Zeugs.
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Offline Oberkampf

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #126 am: 3.06.2014 | 17:43 »
Mal ein kurzer Zwischenstand von mir:

1) Klasse und Rolle:
Anscheinend ist es ein wichtiger Punkt, das zu unterscheiden. Ein Rollenspiel kann verschiedene Rollen haben, z.B. "Heiler" oder "Decker", die an bestimmte Klassen gebunden sein können, von mehreren Klassen ausgefüllt werden können oder in klassenlosen Systemen durch bestimmte Fertigkeitenauswahl abgedeckt werden.

Mal am Beispiel Späher/Schleicher: In einem Klassensystem, das nur Fighter, Cleric, Wizard, Thief kennt, übernimmt der Thief diese Rolle. Ein System, das auch noch Waldläufer, Assassinnen und Barbaren kennt, bietet eventuell mehr Auswahl. Selbst in vielen klassenlosen Systemen besetzt ein Spieler die Rolle, indem er Schleichen, Tarnen und Wahrnehmung steigert sowie ein paar Talente mitnimmt, die darauf Boni geben. Und nicht selten übernimmt er nach meiner bisherigen erfahrung auch das Fallensuchen & Schlösser öffnen.

2) Einschränkung und Klassenkombination:
Dazu nochmal zur Erinnerung, ich habe unterschiedliche Grade an Starrheit eines Klassensystems genannt. Einschränkungen bestehen wohl dann, wenn jeweils nur eine einzige Klasse eine unverzichtbare Rolle ausfüllen kann und gleichzeitig kaum Möglichkeiten bestehen, weitere Rollen hinzuzunehmen. Beispielsweise Systeme, in denen nur Kleriker heilen können, und die aber auch so gut wie nichts anderes als die Rolle Heiler/Buffer ausfüllen. (Wenn man alleine auf den Kampf schaut, ist das in Grenzen bei D&D4 der Fall, wo aber das Fertigkeitensystem dem Charakter ermöglicht, sein Rollenrepertoire zu erweitern - mal abgesehen davon, dass es in 4E ganz unterschiedliche Klassen gibt, um eine der zentralen Kampfrollen auszufüllen.)

3) Klasse und Story:
Dazu mal als Gehirnfutter:
Ich nenne mal drei Spiele, die ich intuitiv als "storyorientierte" Spiele bezeichnen würde, aus dem Geisterjäger/Urban Fantasy-Bereich: new World of Darkness (ohne Splats), Dresden Files (FATE) und Monster of the Week (World Engine).

Das nWoD GRW (ohne Godmachine zu berücksichtigen) kennt überhaupt keine Klassen. Man baut irgendwie aus einem Konzept und ein paar Spielwerten einen Charakter, der in einer Urban Fantasy Welt mit Horror konfrontiert wird. Die einzelnen Linien führen dann wieder sowas wie ein schwach ausgeprägtes Klassensystem ein, aber im Grundbuch gibt es nur Sterbliche ohne Klassen - und damit kann man zufriedenstellend spielen. Das Spiel hat zwar in vielem taktisch-simulationistische Komponenten, aber es steht das Erzählen/Erspielen einer Geschichte im Mittelpunkt (Storytelling, ohne das näher ausführen zu wollen).

Fate Core hat kein Klassensystem, aber Dresden Files ist schon wieder eine leicht andere Geschichte. Dresden Files ermöglicht es es zwar auch, beliebige Charaktere zu erschaffen, aber für bestimmte Fertigkeiten muss man Klassenpakete kaufen - die nicht notwendigerweise mit Rollen einhergehen müssen. Beispielsweise muss ich, um zaubern zu können, mit meinen Grundpunkten bestimmte Sachen kaufen, aber ob ich meinen Wizard als klassische Glaskanone oder als magischen Dieb anlege, bleibt mir überlassen. Dass FATE starke Storygaming-Elemente hat, ist wohl unumstritten.

Monster of the Week hat im Vergleich ein äußerst starres Klassensystem. Einzelne Klassen erfüllen bestimmte Rollen nicht nur im taktischen bereich, sondern auch als Archetypen in den zu erzählenden Storys. Zweifelsohne ein storyorientiertes Erzählspiel (ich würde es modernes Storytelling nennen), aber mit Klassen, die ausdrücklich festlegen, welche Züge der jeweiligen Klasse - und nur ihr - erlaubt sind. Man kann zwar ein bisschen Multiclassing betreiben, und mehrere Klassen können verschiedene Rollen ausfüllen, aber die ganze Charaktererschaffung - ja die ganze Storyentwicklung - ist extrem klassengetrieben.
 

(Anm.: Ich habe diesen Thread gestartet, weil ich mich, egal ob ich storyorientiert oder taktisch-herausforderungsorientiert spielen will, mit Klassensystemen am Wohlsten fühle, wenn ich leite und am Wenigsten ärgere, wenn ich spiele. Einzig und allein bei extrem charakterorientierten Spielen bin ich mir unschlüssig, aber selbst da finde ich Klassen mit Archetypen einen sehr guten Aufhänger. Insofern ist dieser Thread für mich in erster Linie ein Versuch, zu verstehen und zu durchleuchten, was sich die Seite mit der anderen Vorliebe von klassenlosen Systemen verspricht. Das soll auch kontrovers diskutiert werden, aber wenn möglich mit gegenseitigem Respekt und ohne zu viele Totschlagargumente. Ich geb mir selbst auch Mühe  ;) )
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Offline Holycleric5

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #127 am: 3.06.2014 | 18:38 »
Krasses Beispiel: Als ich ein (einziges!) Mal D&D gespielt habe, hat sich der SL vorher mit mir hingesetzt und meinen Char bis Stufe 20 durchgeplant (...) Argumentation des SL: "Wenn du das jetzt nicht richtig planst, dann kannst du gewisse Dinge nachher ja gar nicht mehr erreichen..."
Das ist einfach nicht meins...

Da bin ich froh, dass meine Spielleiterin damals nur Tipps zur Charaktererstellung an sich gegeben hat (allerdings war da auch schon klar, dass wir hier nur eher einen Oneshot als Einführung in D&D / Rollenspiele spielen werden.)

Zum Thema:

Ich bevorzuge es generell, ein Klassensystem zu haben.

Ich habe es auch mit Klassenlosen Systemen versucht (z.B. Elyrion, Nornis, World of Darkness / Vampire the Requiem, Malmsturm)
Dort fiel es mir allerdings immer schwer meinen Charakter kurz und prägnant zu beschreiben (Beispiel Elyrion: "Mein Charakter ist in der Schattenmagie bewandert, Heimlichkeit und der Einsatz von Klingenwaffen sind seine Stärken, in diesen und jenen Gebieten verfügt er über viel Wissen...")

Dies soll allerdings nicht bedeuten, dass ich im Gegenzug ein Freund von sehr rigiden Klassensystemen bin. Pathfinder ist hier mein Paradebeispiel.
Möchte ich in diesem System z.B. einen Charakter darstellen, der sich an der Priesterin Melisandre aus Game of Thrones orientiert, kommt folgendes dabei heraus:

Grundklasse: Klerikerin
Bei diesem Charakterkonzept kann ich jedoch gut auf schwere Rüstungen verzichten. Auch Schilde sind mir hier nicht wichtig, deshalb hietet sich der Archetyp der Evangelistin an. Dadurch erhalte ich weitere Zauber und Fertigkeiten, um andere zu beeinflussen.
Ein Problem sind jedoch die bei Pathfinder / DnD allgemein bei vielen Klassen eine geringe Zahl an Fertigkeitspunkten. Diese reichen (oft) kaum aus um alle gewünschten Kernkompetenzen abzudecken (beispielsweise fehlen meiner Evangelistin auf der ersten Stufe immer noch Wissen [Religion], Heilkunde oder Motiv erkennen)

Dies ist ein Punkt, warum mir auch zu enge Charakterkonzepte nicht zusagen (bei Pathfinder darauf bezogen, dass einige Klassen nur sehr wenige Fertigkeiten erlernen können und dadurch sogar viele "erwünschte" Kompetenzen auf der Strecke bleiben.)

Systeme, die gleichzeitig eine bestimmte Klasse vorgeben, aber auch viel Spielraum bei der Ausgestaltung des SC geben, sind in meinen Augen zur Zeit "Rolemaster" (deutsche Version vom 13Mann Verlag) und "Splittermond" (Uhrwerk-Verlag)

Bei Rolemaster sagen die Charakterklassen (Dort "Berufe") lediglich aus, wie teuer es ist, eine Fertigkeit zu erlernen / zu verbessern.
Während ein Krieger beispielweise gerade mal 2 Punkte bezahlen muss, um seine Waffenfertigkeit um einen Rang zu steigern, muss er hingegen 6 Punkte für einen Rang in der Fertigkeit wie "Untotenkunde" oder 25 Punkte für einen Rang in einer Spruchliste wie z.B. "Abwehr von Angriffen" im Magiebereich des Mentalismus bezahlen.

Ein Mentalist (Reiner Zauberkundiger des oben erwähnten Magiebereichs ) muss für solch eine Liste hingegen nur 4 (in höheren Stufen vielleicht 6) Punkte zahlen. Ein einzelner Rang in "Untotenkunde" kostet ihn gerade mal 2 Punkte.
Dafür muss er hingegen für seine Waffenfertigkeit (abhängig von der von ihm gesetzten Priorität) 6, 8, 15 oder sogar 20 Punkte bezahlen, um einen einzelnen Rang in dieser Fertigkeit zu erhalten.

Dennoch empfinde ich dieses System als durchaus freier, da man mit jeder neuen Stufe einen spürbaren Zuwachs an Fertigkeiten erhält.

Denn während meine  Pathfinder-Klerikerin/Evangelistin nur 3 Fertigkeiten hat, Hat meine Rolemaster-klerikerin bereits fast 25 Fertigkeiten, obwohl sie beide auf der ersten Stufe stehen und noch keine weiteren Steigerungen erhalten haben.

In Splittermond werden zu Beginn Fertigkeiten durch die Auswahl von Paketen oder wahlweise freier Charaktergenerierung erworben.
Auch in Splittermond wird es "Klassen" (dort Ausbildungen genannt) geben, allerdings besteht durch die Freie Generierung auch die möglichkeit Klassenlos zu spielen.

Aber warum sehne ich mich auf der einen Seite nach einer festen Klasse, wenn ich doch auf der anderen Seite den Wunsch habe, meine Fertigkeiten selbst [und das möglichst "breitgefächert"] verteilen zu können?

Für mich bietet ein Klassensystem einfach einen wunderbaren Haltepunkt, der meine Fantasie anregt.
Häufig, wenn ich mir einen neuen Charakter generiere, denke ich mir Dinge wie: "Ich möchte einen Gladiator spielen", "Ich möchte eine Heilerin", "Dieses mal bastele ich mir einen Schläger... oder einen Assassinen".

Bei Klassensystemen kann ich dann einfach schauen, ob es Klassen gibt, die dieser Rolle ungefähr gerecht werden.

Möchte ich z.B. einen Gladiator erstellen, müsste ich mir zunächst die Frage stellen: "Welche der Klassen können gut kämpfen?"
In Splittermond kämen u.a. der Waffenmeister, der Glaubenskrieger, der Arkane Krieger oder der Wildnisläufer.

In Rolemaster gibt es z.B. den Krieger, den Barbaren, Teilmagiekundige wie den Waldläufer, den Paladin und den Kampfmagier [letztgenannter erscheint irgendwann in der Erweiterung Essenz].

Jede dieser Klassen bringt verschiedene Boni auf Fertigkeiten mit (In Rolemaster sind die Fertigkeiten wie oben erwähnt unterschiedlich teuer zu erlernen/ zu verbessern) so wird klar gezeigt: Hier sind deine Stärken, hier deine Schwächen.

Mit diesen Charakterklassen habe ich, wie oben erwähnt, ein klares Bild vor Augen, bei dem es mir leichter fällt, Verbindungen zu knüpfen (z.B. "Ich spiele eine Hexenmeisterin, die sich im Alltagsleben als Händlerin durchschlägt")

Zudem fällt es mir auch ein bisschen leichter, eventuelle Werdegänge zu beschreiben ("zuerst war ich ein gewöhnlicher Dieb, bis mich ein Assassinenorden aufnahm. Vom Dieb wurde ich zum Assassinen und erhielt zum Schluss sogar die Weihe als Priester unserer Gottheit.")

Auch in Sachen Kommunikation mit anderen Mitspielern fällt es mir leichter mich eher auf "konkrete" Klassen als auf "Vage Beschreibungen" zu beziehen.

"Deine Paladina hat den Kartographen echt in Kreuzverhör genommen" klingt besser als Dinge wie "Dein sehr Charismatischer Mensch mit den 2 Dolchen wird von einer der Hofdamen angesprochen"

Auch als Spielleiter sind mir Sätze wie "Die Gelehrtenpriesterin Vangaras blickt konzentriert in die Flammen" lieber.

Insgesamt ist somit zu sagen:
Klassensysteme sind meine bevorzugte Wahl, unter der Voraussetzung, dass sie mir dennoch die Möglichkeit lassen, bei Bedarf den zu Beginn eingeschlagenen Pfad in gewissen Maßen zu verlassen.
Leitet (als SL): -
Spielt (als Spieler): GURPS 3
Bereitet vor (als SL): Splittermond

Offline Slayn

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #128 am: 3.06.2014 | 18:53 »
Witzig. Ich bevorzuge auch Klassen, besonders solche die auf Archetypen basieren unter denen man sich etwas vorstellen kann.
Zum einem weil ich dann ein besseres Bild davon habe was meine Mitspieler so spielen und es leichter ist die Charakter-zu-Charakter Kommunikation zu gestalten, zum anderen weil ich mir nicht den Mund fusselig reden muss um meinen Charakter vorzustellen wenn jeder sofort anhand des Archetypen eine Ahnung hat was er zu erwarten hat.

Aus genau diesem Grund finde ich es mehr als ärgerlich wenn jemand unbedingt seine Klasse bzw. seinen Archetypen "gegen den Strich" spielen muss und darauf einen Kick bekommt.
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Offline Bad Horse

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #129 am: 3.06.2014 | 19:37 »
Klassen haben den Vorteil, dass sie einen klaren Rahmen vorgeben, was es überhaupt für Charaktere geben kann und welche Rollen die denn so ausfüllen sollten. Das ist fein, wenn man in diesem Rahmen spielen will (und das ist - zugegeben - ein relativ weiter Rahmen).

Aber wenn man dem Rahmen nicht folgen will, dann engen Klassen den Charakter ein.

Klassische herumreisende Abenteurergruppen sind kein Problem. Ein paar Studenten auf dem Horrortrip ihres Lebens kann ich mir mit Charakterklassen schon wesentlich weniger vorstellen (wir hatten so eine Unknown-Armies-Gruppe).
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

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Offline D. Athair

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #130 am: 3.06.2014 | 21:59 »
Lustig, DSA4 wollte ich vorher schon als Beispiel für ein denkbar absurdes und einengendes Klassensystem "gone wrong" anbringen, das offenbar auf diesem Irrsinnsglauben gewachsen ist, man müsse selbst noch die Viehzuchtfähigkeiten eines Charakters verregeln. Ein Spiel, bei dem man einen Magier nur dann spielen kann, wenn man sich für rund 40 Punkte Nachteile zusammenkauft (und dann wird wieder die Liste durchgeklaubt - eitel? Fett? Goldgierig? Kurzsichtig? Einbeinig? Blind?). Ich habe kein System erlebt, dass mir bei dem Versuch, den Charakter, den ich mir vorstelle, zu erschaffen, größere Hürden in den Weg gelegt hat als DSA4 und einen stärker auf die Klischees festlegt, wie sie im Regelbuch vorgeschrieben werden. (und da ich das Spiel immerhin rund 10 Jahre lang gespielt habe, weiß ich, wovon ich rede ...)
Danke für den Beitrag! Das ist einer der DEALBREAKER, der mir DSA4 verleidet hat. (Für's Protokoll die andere Hälfte: Die undurchsichtige 3W20-Probe in Kombination mit dem Attacke-Parade-Sonderfertigkeiten-System).



@ Topic: Ich mag beides. Aber es gibt Spiele, die das Ihre - klassenlos oder mit Klassen - für mich falsch machen.

Bei klassenlosen Systemen ist das: "Du musst dir alles kleinteilig zusammenkaufen!" Im Ergebnis spielt man da ganz schnell eine "einzigartige Schneeflocke". Die Gedanken, die sich der Spieler dazu gemacht hat, kommen häufig am Spieltisch gar nicht mehr zur Geltung. Einfach, weil dafür im gemeinsamen Spiel nicht genug Raum bleibt. (Eine [teil-]zufällige Charaktergenerierung oder ein Lifepath-System kann das Problem lindern.) BRP/Runequest, Rolemaster und besonders DSA finde ich in der Hinsicht schwierig. Und ohne größere Vorarbeiten HERO und GURPS.
 
Bei Klassensystemen: Wenn die spielmechanische Funktion der Klasse ganz eng ist. Bei den Wahloptionen sich etliche "no brainer" finden. D&D 3.X geht in die Richtung. Oder: Wenn Fluff und Mechanik einen Charakter tendenziell in ein (austauschbares) Abziehbild verwandeln. V:tM ist da recht nahe an meiner Schmerzgrenze.


Klassenlos in gut heißt für mich, dass das Spiel aus sich heraus Inspiration für einen interessanten Charakter liefert. Dass man mit ein paar Basis-Konzepten ganz weit kommt. (Das kann z.B. wie in Everway über Karten geschehen, über ein starkes Setting wie in Prince Valiant, über charakterdefinierende Traits/Klischees/Details/Beziehungen wie in RISUS oder Fiasko, ...).

Gute Klassen müssen mMn so breit angelegt sein, dass ich einerseits die Eigenheiten in Können, Wissen und Tugenden noch relativ frei festlegen kann. (So kann der Krieger der Bastardsohn des örtlichen Adeligen sein, der als herrschsüchtiger Söldnerführer die Lande unsicher macht. Oder auch der fromme Tempelgardist, der in unsicheren Zeiten für die Sicherheit von Gläubigen und Priestern sorgt.)
Sprich: Gute Klassensysteme - wie sie in Spielen der o/cD&D-Familie oder der "World"-Familie vorhanden sind - haben Leerstellen.


... kurzum: Ein RSP sollte es irgendwie schaffen bei der Generierung Rahmen und Freiheit so einander zuzuordnen, dass die Möglichkeiten der Charakterentwicklung transparent sind, dass Ideen sprudeln und, dass gruppentaugliche SC entstehen.
 
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Offline 1of3

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #131 am: 4.06.2014 | 00:31 »
Ich stimme Swain unumwunden zu. Klassen sind die vom Spiel implizierten Antworten auf die Frage: Was spielst du für einen Charakter. Und damit hat Shadowrun Klassen, Gurps aber nicht.

Das hat nun aber zunächst hat nichts mit Nischenschutz zu tun. Klassen können sich auch auf einer eher narrativen Ebene bewegen. Man denke nur an Vampire-Clans oder Playbooks in Spielen für die Apocalypse Engine.

Nischenschutz kann man in allen Spielen mit Abenteuern, die es als Party zu lösen gilt, praktizieren. Man muss dafür in der Gruppe ein Modus finden, so  dass für bestimmte Problemfelder je ein Partymitglied vornehmlich zuständig ist.

Als vorgegebene Antworten können Klassen bei dieser Aushandlung nützlich sein. Sie können allerdings auch den Blick verstellen.

Supersöldner

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #132 am: 4.06.2014 | 09:15 »
zälen verschidende superkräfte wie Feuer Kampfanzug superstärke usw als klassen?

Offline 1of3

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #133 am: 4.06.2014 | 10:20 »
Ich kenne zweifelsfrei Spiele, wo ich dies so betrachten würde. Capes, z.B., um einen meiner Favoriten zu nennen.

Wir können leider den Begriff der Klasse weder über die Regeln, noch über die Fiktion fassen. Es geht um den Eindruck, der sich beim Lesen des Spiels einstellt. D.h. um die Präsentation des Spiels.

Andere Versuche enden in Widersprüchen.
« Letzte Änderung: 4.06.2014 | 10:32 von 1of3 »

Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #134 am: 4.06.2014 | 13:35 »
Ich glaub du hast nicht ganz verstanden was ich damit meine. In einem sehr speziellen Kontext mag so ein Dialog vielleicht angemessen sein, aber in meiner Sichtweise verleitet ein einfaches System mit Klassen dazu, diese Klasse als einziges Persönlichkeitsmerkmal zu betrachten.

"Wer bist du?"
"Der Krieger."
"Ich hab gefragt wer du bist, nicht was deine Profession ist."
But I´m not a Military man, i´m a man of war!

Und btw es gibt bei DSA keine Krieger

Das passt gut zu dem, was ich oben sagte. Ich persönlich würde zwar keinen Spieler zu so etwas zwingen, aber ich wäre einer der Spielleiter, die eine gute ingame Begründung für eine andere als die vorgeschlagene Steigerung haben wollen würden.
Ich will keinen Barbaren spielen, er passt mir nicht ins Konzept...

hast du btw irgendweine "Begründung" für die Aufforderung hätte ich da gerne von dir gehabt
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

Online Maarzan

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #135 am: 4.06.2014 | 15:58 »
Zur Beantwortung der Frage des Reizes muss man erst einmal die Frage nach der Sichtrichtung des Betreffenden stellen.
Klassen sind mit das urwüchsigste Element der formellen Rollenspielregeln und damit auch mit zahllosen Varianten und auch Instanzen gesegnet, welche einfach der Tradition geschuldet sind (und unterschiedlichste Qualität oder auch Zielgenauigkeit haben können).
Letztlich kann man auf Klassen natürlich rein theoretisch verzichten, aber dies gilt für nahezu alle formellen Regeln und trotzdem tragen sie ihre Funktion zum Spiel bei.
Ebenso kann man damit auch viel falsch machen, insbesondere wenn man sich von "coolen Ideen" und eintönigen Archetypen leiten lässt, statt sich auf die notwendigen Strukturen zu beschränken bzw. diversen Interpretationen offen gegenüber zu stehen.

Die erste generelle Funktion ist die der erleichterten Kommunikation über die gespielte Funktion, auch insbesondere für Anfänger und damit eine Hilfe über die Einstiegshürde.

Darüber hinaus kann diese Funktion aber sehr unterschiedlich und auch gegensätzlich sein.
Wird ein Wettbewerbsspiel gewünscht, so ist ein geordnetes faires Spielfeld notwendig, wozu Klassen beitragen können.
Sie können aber auch ein Teil der Herausforderung und/oder Limit für Minmaxing darstellen, so dass nicht die optimalsten Einzelfähigkeiten auf Kosten allen anderen zusammengestellt und gepuscht werden können.
Dazu können sie das Zusammenspiel durch ein Erzwingen von Kompetenzlücken und Nischenschutz erleichtern.
Aus der Weltensimulationssicht wiederum sind gut gemachte Klassen Spiegel der spielweltlichen Ausbildungs- und Prägungseffekte und als solche ein Kompromiss gegenüber noch komplizierteren Lernregeln in Lebenslaufbetrachtungen und lenken Charaktere in als stimmig angesehene Bahnen.
Vermutlich gibt es für Storyspieler auch etwas nach Archetypen oder was auch immer.

Die große Freiheit der Klassenlosigkeit währt übrigens auch meist nicht lange, bis irgend ein anderes Limit der Begierde ein Ende setzt, z.B. das Punktekonto oder auch das Veto der Mitspieler. Regeln und damit Limitierungen gehören zu einem Spiel als soziales Ereignis dazu.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Galatea

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #136 am: 9.06.2014 | 02:31 »
Zitat
Häufig, wenn ich mir einen neuen Charakter generiere, denke ich mir Dinge wie: "Ich möchte einen Gladiator spielen", "Ich möchte eine Heilerin", "Dieses mal bastele ich mir einen Schläger... oder einen Assassinen".

Bei Klassensystemen kann ich dann einfach schauen, ob es Klassen gibt, die dieser Rolle ungefähr gerecht werden.

Möchte ich z.B. einen Gladiator erstellen, müsste ich mir zunächst die Frage stellen: "Welche der Klassen können gut kämpfen?"
In Splittermond kämen u.a. der Waffenmeister, der Glaubenskrieger, der Arkane Krieger oder der Wildnisläufer.

[...]

Zudem fällt es mir auch ein bisschen leichter, eventuelle Werdegänge zu beschreiben ("zuerst war ich ein gewöhnlicher Dieb, bis mich ein Assassinenorden aufnahm. Vom Dieb wurde ich zum Assassinen und erhielt zum Schluss sogar die Weihe als Priester unserer Gottheit.")
Das kann man aber auch ohne Klassen haben. Immerhin sollte jedem halbwegs klar sein, was ein Krieger oder ein Assassine so an Fertigkeiten und Fähigkeiten braucht.
Ich gehe btw genau andersherum ran - ich denke mir erst die Geschichte des Charakters aus und wähle anhand dessen die Fertigkeiten aus.

Zitat
Auch als Spielleiter sind mir Sätze wie "Die Gelehrtenpriesterin Vangaras blickt konzentriert in die Flammen" lieber.
Gelehrter oder Priester (bzw. die Kombination aus beidem) ist jetzt aber eine Ingame-Bezeichnung, ich glaube kaum dass sich die Personen in dem Setting selbst mit ihren Klassenbezeichnungen betiteln, sofern diese nicht zufällig mit ihrem Titel/ihrem Beruf übereinstimmen.

Zitat
Ich glaub du hast nicht ganz verstanden was ich damit meine. In einem sehr speziellen Kontext mag so ein Dialog vielleicht angemessen sein, aber in meiner Sichtweise verleitet ein einfaches System mit Klassen dazu, diese Klasse als einziges Persönlichkeitsmerkmal zu betrachten.

"Wer bist du?"
"Der Krieger."
"Ich hab gefragt wer du bist, nicht was deine Profession ist."
Das ist ja noch eher unproblematisch, richtig übel wird das wenn man nicht die typischen "von allem etwas"-Abenteurergruppen hat, sondern spezialisierte Gruppen. Während das bei einem Zirkel aus Magiern (dank der meist enormen Auswahl an Zaubersprüchen) im Regelfall noch ganz gut funktioniert riecht das bei einer Gruppe nur aus Kämpfern schnell sehr nach Monokultur.
Mal abgesehen davon, dass man dann oft bestimmte Fähigkeiten auch kaum mehr haben kann, weil diese eben an eine bestimmte Klasse gebunden sind (z.B. Heilung, Überleben in der Natur, Heimlichkeit etc.).
« Letzte Änderung: 9.06.2014 | 02:33 von Galatea »
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Eulenspiegel

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #137 am: 9.06.2014 | 03:22 »
Warum ich gerne klassenlose Systeme spiele:
1) Ich muss mir nicht zig verschiedene Klassen durchlesen, um einen für mich optimalen Build zu erhalten. Ich muss nur die Regeln kennen und kann darauf ausbauend dann meinen optimalen Char basteln. Das ist imho wesentlich zeitschonender und erspart mir viel Lesarbeit.

2) Ich kann auch mal Chars spielen, die so von den RPG-Autoren nicht geplant waren, ohne großartige Verrenkungen durchführen zu müssen.

3) Klassenlose Chars neigen weniger zu Klischees als klassenbasierte Chars.

Optimal finde ich Gurps gelöst:
Du kannst mit Templates spielen, dann hast du deine Klassen. Oder du kannst auf die Templates verzichten, dann hast du ein klassenloses System. - Gurps ist eines der wenigen Systeme, bei dem Klassenfans und Klassenhasser zusammenspielen können.

Offline Sirrefitz

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #138 am: 9.06.2014 | 04:40 »
booooah. ganzen strang gelesen. eigentlich gutes thema, aber da sind soviele grundannahmen auf allen seiten dabei, die einfach, naja...

Dass FATE starke Storygaming-Elemente hat, ist wohl unumstritten.

nö isses nich. eigentlich sogar das gegenteil.

Offline Holycleric5

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #139 am: 9.06.2014 | 08:54 »
Gelehrter oder Priester (bzw. die Kombination aus beidem) ist jetzt aber eine Ingame-Bezeichnung, ich glaube kaum dass sich die Personen in dem Setting selbst mit ihren Klassenbezeichnungen betiteln, sofern diese nicht zufällig mit ihrem Titel/ihrem Beruf übereinstimmen.

Laut dem Newsbeitrag "Generierung in Splittermond: Die Module (Teil 2)" ist der Gelehrtenpriester eine offizielle Ausbildung / Klasse:

Zitat
Gelehrtenpriester (Götterdiener mit Fokus auf Wissensfertigkeiten und Verständigungsmagie)

In vielen Online-Spielrunden, in denen ich mitspiele oder mitlese, fallen häufig auch in Ingame-Texten Klassenbezeichnungen:
Zitat
Dem Angriff der Ninja konnte er wieder ausweichen

Zitat
Als es dann soweit ist, fokussiert das junge Orakel seinen Willen und stellt die erste Frage an die Geister

Zitat
Noch bevor der Adept reagieren konnte, war die Evangelistin bereits an ihm vorbei gestürmt

Ich möchte damit ja auch nicht sagen, dass ich immer nur Klassenbezeichnungen in solchen Ingame-Texten verwende. Ich möchte damit nur eventuelle Wiederholungen von einem einzelnen Namen oder ein ständiges Er/sie vermeiden.

Beispiel [fiktive Splittermond-Runde]:
Otana nickte bei Alerans Worten. "Einige meine Brüder und Schwestern beherrschen die Kunst, die Zukunft zu lesen. Mich jedoch hat Vangara noch nicht mit dieser Gabe gesegnet." Kurzzeitig schien ein sehnsüchtiger Ausdruck in ihre Augen zu treten.
"Ihr müsst nicht mit dieser Gabe gesegnet sein, Otana, denn mein Herr hat mit diese Gabe bereits verliehen.", erklang eine Stimme aus der Richtung der Tür. Die Priesterin der Vangara wandte den Blick zur Tür und erblickte Lyedra.
"Ich kann die Zukunft aus vielen Dingen lesen", sprach die Gunwar-Kampfpriesterin, wärend sie würdevoll zur brennenden Feuerschale schritt. "Feuer, Wasserbecken, Seen, Träume, Kristallkugeln..."
"Dann lasset Euren Worten doch einfach Taten folgen", erwiederte Otana kühl. Lyedra drehte sich, ohne eine Miene zu verziehen zu den Flammen und begann unter den neugierigen Blicken der Vangara-Priesterin und des Waffenmeisters ihre Trance...
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Spielt (als Spieler): GURPS 3
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Eulenspiegel

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #140 am: 9.06.2014 | 13:07 »
Laut dem Newsbeitrag "Generierung in Splittermond: Die Module (Teil 2)" ist der Gelehrtenpriester eine offizielle Ausbildung / Klasse:
Hatte Galatea doch gesagt: Wenn die Klasse auch eine ingame Berufsbezeichnung ist, dann wird es verwendet.

Zu deiner fiktiven Splittermond-Runde:
Genau der gleiche Text könnte 1:1 auch in einem klassenlosen System auftauchen.

Online Sashael

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #141 am: 9.06.2014 | 13:58 »
Optimal finde ich Gurps gelöst:
Du kannst mit Templates spielen, dann hast du deine Klassen. Oder du kannst auf die Templates verzichten, dann hast du ein klassenloses System. - Gurps ist eines der wenigen Systeme, bei dem Klassenfans und Klassenhasser zusammenspielen können.
Angesichts der Tatsache, wie scheiße ich dieses System finde, eine in meinen Augen eher traurige Aussage.  ;)
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Offline Oberkampf

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #142 am: 9.06.2014 | 14:15 »
Angesichts der Tatsache, wie scheiße ich dieses System finde, eine in meinen Augen eher traurige Aussage.  ;)

Geht ja nicht um die Qualität von Systemen, obwohl das sicher auch eine Rolle spielt. Bestimmt kennt jeder ein, zwei Klassensysteme oder klassenlose Systeme, die er fürchtet wie der Teufel das Weihwasser - aber orientieren wir uns lieber an den Systemen, die einem gefallen.  ;)

Wie setzt man sich eigentlich bei klassenlosen Systemen mit der Gruppendynamik und den unterschiedlichen Charakterrollen in einer Geschichte auseinander?
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Offline korknadel

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #143 am: 9.06.2014 | 14:44 »
Ich kann die Frage im Threadtitel nicht beantworten, da ich in klassenlosen Systemen keinen besonderen Reiz erkennen kann.
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Offline Praion

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #144 am: 9.06.2014 | 14:50 »
Wie setzt man sich eigentlich bei klassenlosen Systemen mit der Gruppendynamik und den unterschiedlichen Charakterrollen in einer Geschichte auseinander?

Genau wie Systemen mit Klassen. Man redet vorher drüber...  :btt:
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Eulenspiegel

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #145 am: 9.06.2014 | 15:06 »
Wie setzt man sich eigentlich bei klassenlosen Systemen mit der Gruppendynamik und den unterschiedlichen Charakterrollen in einer Geschichte auseinander?
Bei klassenlosen Systemen muss man sich überlegen, ob man alles ein bisschen aber nichts richtig kann. Oder ob man sich auf 1-2 Sachen spezialisiert.

Und meistens ist es so, dass man sich dann lieber auf 1-2 Sachen spezialisiert. In diesen Sachen kannst du dann glänzen und dein Spotlight erhalten.

Und auch, wenn es nicht mehr die Klasse "Priester" gibt, so kannst du natürlich ingame trotzdem ein Priester sein. - Oder ein Pfarrer oder ein Rabbi oder ein Sektenführer oder ein Verrückter mit (angeblich) göttlichen Visionen.

Offline 1of3

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #146 am: 9.06.2014 | 15:11 »
Bei klassenlosen Systemen muss man sich überlegen, ob man alles ein bisschen aber nichts richtig kann. Oder ob man sich auf 1-2 Sachen spezialisiert.

Das muss man sich im Allgemeinen auch bei einem Klassensystem überlegen.

Offline Holycleric5

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #147 am: 9.06.2014 | 15:21 »
Zu deiner fiktiven Splittermond-Runde:
Genau der gleiche Text könnte 1:1 auch in einem klassenlosen System auftauchen.

Wie ich in meinem ersten Beitrag zu diesem Thema geschrieben habe, halte ich solche Bezeichnungen einfach für schwieriger, wenn man in einem eigentlich klassenlosen System spielt.

Ich hatte zum Beispiel einmal versucht einen Spielbericht zu Elyrion zu verfassen. Auch in diesem System gibt es keine Klassen. Dort hatten wir zum Beispiel einen Charakter, der ein bisschen schleichen konnte, dazu u.a. noch ein wenig in der Schattenmagie, der Heilkunde und dem Kampf mit kurzen Klingen bewandert war.
In einem Klassensystem kann man in solchen Spielberichten zum Beispiel einfach schreiben: Schurke [oder eine diesen Fertigkeiten eher entsprechende Bezeichnung] mit einer gewissen Begabung in der Schattenmagie.
Beim klassenlosen System müsste man einige Zeit herumraten: "Ist das jetzt eher ein Schurke, Assassine oder Einbrecher?"

Natürlich kann man auch bei klassenlosen Systemen gewisse Konzepte auf dem Charakterbogen notieren (so ging eine Nosferatu, die ich in einem Oneshot für Vampire: Die Maskerade gespielt hatte, als Ermittlerin durchs Abenteuer [Sie hatte bereits als Ermittlerin gearbeitet, bevor sie den Kuss empfangen hatte].)

Allerdings sehe ich es immer wieder (basierend auf den klassenlosen Systemen, die ich bisher gespielt habe), dass man seine Fertigkeiten nur selten fokussiert sondern eher in die Breite geht und verschiedene Gebiete abdeckt. Damit geht für mich immer eine klare Linie verloren. [In einem anderen beitrag hatte ich ja auf der anderen Seite dennoch erwähnt, dass ich auch keine zu engen Fertigkeitskorsetts wie in DnD/ Pathfinder mag]
 Und besonders am Anfang des Spiels fragt man sich häufiger: "Was ist denn mein Charakter jetzt eigentlich?" sogar das ursprüngliche Konzept schimmerte dann nur noch schwach durch die vielen verschiedenen Fertigkeiten.

Natürlich kann es auch in Splittermond passieren, dass die Charaktere mit der Zeit von den Fertigkeiten her in die Breite gehen, sodass die Vangara-Gelehrtenpriesterin seherische Fähigkeiten erlernt oder die Gunwar-Kampfpriesterin den Kampf mit dem Morgenstern meistert, aber wie in meinem vorigen Beitrag geschrieben, habe ich einfach einen klareren Ausgangspunkt (Gelehrten- oder Kampfpriesterin) statt einem
"was kann ich nochmal alles?" *Fertigkeitsliste überflieg* "Ja, ich bin so ein höfischer mit Klingen
kämpfender Charakter mit Schattenmagie, dazu kenne ich mich noch ein kleines bisschen mit Kräutern aus..."

Bei Klassenlosen Systemen, wo man sich alles zusammensucht [mir ist bewusst, dass Splittermond auch eine freie Generierung hat, aber unsere Gruppe wird sie voraussichtlich nicht nutzen] lief es meiner Erfahrung nach häufig auf "Ich nehme Schwertkampf, dazu ein bisschen Heilkunde, ein kleines bisschen Straßenkunde[...] oh da habe ich ja noch 2 Punkte übrig, da nehme ich noch Magiekunde, die Sachen die besser passen würden, kann ich nicht (mehr) steigern", sodass man wie erwähnt häufig eher Allrounder als Spezialisten spielte, da es sich beim klassenlosen eher anbietet.
[Mir ist bewusst, dass diese Vorgehensweise auch bei Splittermond wahlweise bei der Charaktererschaffung {Freie Generierung} oder im Spiel durch das Ausgeben von EP funktioniert. Dennoch ist für mich das Fundament, welches man zu Beginn durch solch ein Klassensystem hat, attraktiver.]

Ein anderes klassenloses System, welches ich ausprobiert habe, war GURPS. Auch hier galt es, sich den Charakter mithilfe eines einzelnen Punktekontos für alle Schritte der Charaktererschaffung zusammenzustellen (Attribute, Fertigkeiten, Geld/Ausrüstung, Vorteile, Nachteile [Die Schwächen bei Splittermond finde ich schicker -auch wenn ich sie noch nicht direkt in der Praxis gesehen habe ganz zu schweigen von selbst eingesetzt - da die dortigen Schwächen keine "Punkte" bei der Charaktererschaffung liefern, stattdessen erhält man, wenn man die Schwächen ausspielt, einen Splitterpunkt])

Für meinen Geschmack hatte die Charaktererschaffung zu lange gedauert (selbst für einen magieunkundigen), da man sich wie gesagt alles zusammensuchen musste. Und sollte man NSC selbst generieren wollen (womöglich dann noch ein Schwarzmagier?!) - Dafür ist mir meine Zeit persönlich zu schade. (Dies ist allerdings nicht nur alleine GURPS anzurechnen sondern auch DSA 4, welches zwar feste "Klassen" (dort "Professionen" genannt), gab, man aber durch die Punktbasierte Erschaffung für Attribute, die Vor- und Nachteile etc. zu lange an der Charaktererschaffung saß)

Ich habe nichts gegen Systeme wo man sich seinen Charakter aus Paketen selbst zusammenbaut (Zum Beispiel Rolemaster [Volk, Beruf, Magieberich, Jugendfertigkeiten, Ausbildungsfertigkeiten, Ausrüstung]) da im Vergleich zu paketlosen Systemen später in der Generierung kein "Wie, ich brauche Magiekunde x und den Vorteil y, um Magie zu wirken? Ich habe schon alle Punkte für Schleichen, Überreden, Meucheln (*Weitere Fertigkeiten und Vorteile hier selbst ergänzen*) ausgegeben."-Effekt auftritt. Soetwas ist  uns z.B. bei Elyrion und GURPS passiert.

[Besonders genau angeschaut habe ich mir diese Pakete in GURPS auch nie, aber vom überfliegen her hatten sie mich nicht gereizt. Jedoch hatte uns das System bereits zu diesem Zeitunkt nicht besonders zugesagt.]

Besonders als Neueinsteiger fährt man die Charaktererschaffung in solchen Systemen gerne mal an die Wand.
Natürlich kann soetwas auch einem [wie mir zum Beispiel] bei einem Paketsystem wie "Rolemaster" passieren, dort habe ich meinen ersten Krieger "an die Wand gefahren", aber dennoch habe ich mich dort bei der Erschaffung weitaus weniger verloren gefühlt als bei den oben genannten Systemen.

Und noch eine Anmerkung: Ja, ich äußere mich stets positiv zu Splittermond, ziehe es zur Zeit gerne zum Vergleich heran. Allerdings bin ich kein Mitarbeiter des Uhrwerk-Verlags, noch werde ich von irgendjemandem dafür bezahlt oder in irgend einer anderen Form dazu beauftragt. Sämtliche Beiträge zu Splittermond bilden meine persönliche Meinung ab.

Das muss man sich im Allgemeinen auch bei einem Klassensystem überlegen.

Dort hat man im Vergleich zu klassenlosen Systemen klarer dargelegt, worauf man sich mit der jeweiligen Klasse spezialisiert.

Und auch, wenn es nicht mehr die Klasse "Priester" gibt, so kannst du natürlich ingame trotzdem ein Priester sein. - Oder ein Pfarrer oder ein Rabbi oder ein Sektenführer oder ein Verrückter mit (angeblich) göttlichen Visionen.

Und was sollte mich bei der Klasse eines Priesters davon abhalten, einen Sektenführer zu spielen? Besonders dadurch, dass es z.B. in Splittermond kein richtiges schwarz und weiß gibt oder ein "Mordor" fehlt, kann man wunderbar solche Sektenführer in fast ganz Lorakis einbinden.
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Offline Arkam

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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #148 am: 9.06.2014 | 15:25 »
Hallo zusammen,

jetzt habe ich mir das ganze Mal durchgelesen und würde das ganze folgendermaßen zusammenfassen:
Je mehr mich eine Klasse einschränkt des so offener soll sie gestaltet sein.

Ich wähle Mal DSA 1 als Beispiel. Wenn ich hier einen Krieger spiele so heißt das ich habe keine Magie und kann zweihändige Waffen führen.
Sobald aber noch Fertigkeiten hinzu kommen, also ab DSA 1 mit Ausbauset, beschränkt mich die Klasse Krieger. Denn jetzt bekomme ich Punkte Kosten die sich von anderen Klassen unterscheiden. Wenn ich meinen Krieger also bisher als Templer oder Barbar mit Wildnisfertigkeiten gespielt habe schränkt mich jetzt die Klasse ein.
Je mehr Punkte das System mechanisch abbildet umso eher werde ich einen Kompromiss bei einer Klasse machen müssen oder aber das Klassen Konzept aufweichen.

Irgendwann lande ich dann bei, wie ich sie nennen möchte Pseudoklassen. Nein wenn man keine Einschränkungen macht gibt es bei Shadowrun 5 keine Klassen. Wenn ich aber davon ausgehe das ich einen mechanisch fähigen Decker spielen möchte bin ich eben schnell eingeschränkt was die Verteilung meiner Prioritäten, bestimmen wie viel Punkte oder anderer Ressourcen ich im Bereich bekomme, der Verteilung der so generierten Punkte und Ressourcen und auch ein wenig bei der Wahl der Rasse eingeschränkt.

So ist es richtig das es nur sehr wenige, ich würde sogar soweit gehen und keins sagen, wirklich klassenloses System gibt.
Wenn ich natürlich mechanisch nicht optimiere gewinne ich natürlich einen großen Grad an Freiheit zurück wenn dann nicht auch Ressourcen eingeschränkt werden. Nehmen wir wieder Shadowrun 5 und beschauen uns eine Gruppe die nicht als professionelle Runner, Söldner für Spezialoperationen, sondern als Gangmitglieder starten wollen. Da kann der Spielleiter jetzt entweder die zur Verfügung stehenden Ressourcen kürzen, ist so im Regelwerk beschrieben. Dann muss man mechanisch gesehen überlegen wie man seinen Charakter noch als Fähig in der Rolle, also Decker, Cybersamurai oder Straßenmagier gestaltet oder man geht einen anderen Weg. Man belässt die Ressourcen und begrenzt die maximalen mechanischen Werte im Spiel. So bekommt man dann weiter aufgestellte Charaktere die in ihrer speziellen Rolle trotzdem gut, eben am Maximum, sind.

Natürlich kann man jetzt die mechanische Entscheidung entwerten indem man eben das System als erzählerisches System umgestaltet. Dann aber ist man vollständig aus dem mechanischen Rahmen raus. Das kann wunderbar klappen wenn sich alle Spieler darüber einig sind wo Mechanik gilt und wo nicht. In die Katastrophe kann es führen wenn der Spielleiter wenn der Spielleiter eigentlich nicht bereit ist die Mechanik zu lernen.

Gruß Jochen
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Re: Was ist so reizvoll an klassenlosen Systemen?
« Antwort #149 am: 9.06.2014 | 15:47 »
Und je nach Geschmack und Umsetzung der Klassenausgestaltung sind solche Einschränkungen dann eben gewünscht (= Reiz) oder eben nicht.

Ich für meine Person sehe das vom simulationistischen Blickwinkel und finde diejenigen Einschränkungen gut, welche eben die Einschränkungen einer bestimmten Sozialisierung und Berufsauswahl umsetzen, aber auch nicht mehr als das.
Natürlich ist das immer ein Kompromiss, aber die Frage ist dann: ein Kompromiss mit mehr Nachteilen und Nebenwirkungen als sie eine völlig freie Umsetzung üblicherweise mit sich bringt oder nicht? .
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