Autor Thema: Was ist für euch Railroading und wie vermeidet ihr es als SL in eurer Vorbereitung?  (Gelesen 24612 mal)

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Offline Crimson King

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Klar, der Herr von Moltke hat da natürlich völlig recht. Die Erfahrung macht ja denke ich jeder. Aber nichtsdestotrotz schadet es ja nicht, wenn man ein Script/Plot etc hat?

Ich habe für mich die Erfahrung gemacht, dass ich dazu neige, mein Skript durch zu bringen, sobald ich eines habe. Also lasse ich es weg. Ein paar Kicker, der Rest ist Improvisation und Aufgreifen von Spielerinput.

Ansonsten, ggf. hilft Vermis Erklärung des Begriffs des Bass Playing.
« Letzte Änderung: 19.01.2015 | 11:51 von Crimson King »
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J.W. von Goethe

eldaen

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Aber kriegt ihr es denn hin, tatsächlich die vielen verschiedenen Aspekte, die eine spannende, abwechslungsreiche Geschichte ausmachen, am Spieltisch in guter Anordnung zu improvisieren? Oder ist euch und euren Spielern die Spieler-Freiheit den eventuellen Trade-Off an Dramaturgie wert?

Wenn Spieler ihre "Flags" setzen und man als SL dann darauf eingeht, dann ist das zwar eine geplante Handlung, aber eine die ultimativ vom Spieler initiiert wurde.

Das bringt meine diffuse Haltung dem gegenüber sehr gut auf den Punkt. Dankeschön! :)

Dementsprechend kann man doch durchaus auch eine gewisse "Verlässlichkeit" der Spieler voraussetzen, oder? Darf man diese als SL dann auch während des Spiels einfordern oder lasst ihr euren Spielern da willkürliche Freiheit je nach Laune und Tagesform? Darf man Spielern in die Charaktere reinreden, wenn sie sie anders spielen, als vorher mit der Gruppe besprochen?
« Letzte Änderung: 19.01.2015 | 11:57 von HEXer »

Offline Crimson King

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Ich will Drama, keine Dramaturgie. Und Drama kriege ich nur, wenn ich nicht weiß, was passiert.

Und ja, wenn du einen richtig guten Erzählonkel hast, und die Spieler sich auf dessen Story einlassen, kannst du herausragende Spielerlebnisse hin bekommen. In der Mehrzahl wird da aber etwas raus kommen, das vor allem der Spielleitung gefällt.

Darüber hinaus kriegt man mit den passenden Spielern auch eine Dramaturgie hin, wenn man improvisiert. Um genau zu sein, ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine gute Geschichte entsteht, wesentlich größer, wenn mehr Leute konstruktiven Input liefern, als wenn sich einer die Story im stillen Kämmerlein ausdenkt. Ich meine, wir sind nicht alle begnadete Autoren, die bis zur nächsten Spielsitzung zuverlässig eine geile Story liefern können.
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J.W. von Goethe

Offline First Orko

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Dramaturgie wird überschätzt. Meiner bisherigen Erfahrung nach wiegt der Spass-Zugewinn durch eine vermeintlich perfekte Dramaturgie (die ich noch bei keinem fertigen/vorbereiteten Abenteuer erleben konnte) nicht den Spass auf, den Spieler üblicherweise haben wenn sie ihren unmittelbaren Einfluss auf das Spielgeschehen miterleben.

Anders gesagt: _Kein_ Spielleiter der Welt hat alleine so gute Ideen, wie alle am Tisch zusammen.
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Aber kriegt ihr es denn hin, tatsächlich die vielen verschiedenen Aspekte, die eine spannende, abwechslungsreiche Geschichte ausmachen, am Spieltisch in guter Anordnung zu improvisieren? Oder ist euch und euren Spielern die Spieler-Freiheit den eventuellen Trade-Off an Dramaturgie wert?

Also prinzipiell tendiere ich zu letzterem - aber nicht ganz, denn die auf Feedback und eigenen wirren Einfällen basierenden Improvisationen kann man schon dramaturgisch steigern, so daß die letztendlichen Impros dann viel mehr Over-the-Top sind, und ein richtiger Klimax entsteht.

Hab erst am Samstag eine gegen Ende ihre Aufregung wieder ausschnaufende Gruppe gehabt, weil es immer mehr Rabatz gab, bis sie dann mit brennendem geklauten Raumschiff ins Orbit geflüchtet sind  :)
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Offline First Orko

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Achamanian

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Re: Was ist für euch Railroading?
« Antwort #31 am: 19.01.2015 | 12:05 »
Um auch hier eine 23-seitige Diskussion zu provozieren, antworte ich mal kurz auf Scimi:

- Redundante Teile werden übersprungen. Das Railroading hat dann die Rolle von einem Zwischenschnitt oder einer Montage, um eine Lücke zwischen zwei interessanteren Szenen zu überbrücken.
- Neue Situationen, Komplikationen und Konflikte werden der Handlung hinzugefügt. Gegenüber spontan erfundenen oder im Spiel generierten Handlungselementen besteht der Vorteil darin, dass sie besser geplant und auf verschiedene Aspekte des Spiels abgestimmt sein können.
- Unabwendbare Ereignisse (teilweise mit allgemein bekanntem Ausgang) sind das Thema der Handlung. Wenn z.B. ein Abenteuer auf der Titanic während ihrer Junfernfahrt spielt, soll vielleicht die Schiffskatastrophe der Hintergrund für die eigentliche Handlung sein.

m.E. hat nichts davon mit RR zu tun. Szenenwechsel sind (solange man sie, wie von 1of3 bemerkt, transparent durchführt, d.h. den Spielern die Möglichkeit gibt, einzugreifen) ein Mittel, das man im Rollenspiel eigentlich immer verwendet; und man kann in einer Sandbox, solange man das transparent handhabt, genauso oft oder sogar öfter zum nächsten potenziell interessanten Settingelement springen, das die SC ansteuern, wie man in einem gescripteten Abenteuer sagen kann: "die nächsten drei Tage passiert nix Wichtiges".

Das Hinzufügen vorher vorbereiteter neuer Komplikationen, Situationen und Konflikte hat erst mal auch nichts mit RR zu tun; der SL übernimmt dabei erst mal nur seine klassische Rolle, den Rest der Welt zu verkörpern und damit Anstöße zu liefern. RR haben wir erst, wenn der SL die Entscheidungen der Spieler entwertet, um dann auch plangemäß zu seinem nächsten vorbereiteten Abenteuerelement zu gelangen. Wer seine Abenteuerelemente aber so vorbereitet, dass sie flexibel einsetzbar sind, kann sie auch regelmäßig schnell ins Spiel werfen, ohne auf RR zurückgreifen zu müssen.

Die (für die SC) unabwendbare Ereignisse sind tatsächlich ein Knackpunkt: Wenn die SC keine Möglichkeit finden, den Untergang der Titanic zu verhindern, dann müssen sie halt in dem durch den Untergang gesetzten Rahmen agieren, das hat für mich nichts mit RR zu tun. RR wird's, wenn die SC gegen alle Wahrscheinlichkeit doch eine Möglichkeit finden und diese Handlung dann durch den SL entwertet wird, damit die Titanic eben doch wie geplant untergeht.

Offline Crimson King

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Ich möchte nebenbei anmerken, dass es auch in so genannten Bass Playing-Runden immer wieder Situationen gibt, in denen die SL "Hier geht's zum Abenteuer"-Schilder aufstellt. Eine wesentliche Frage ist dann, wie die Spieler damit umgehen, und wie die SL damit umgeht, wenn die Spieler eine andere Richtung wählen.
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J.W. von Goethe

Offline Vasant

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Aber kriegt ihr es denn hin, tatsächlich die vielen verschiedenen Aspekte, die eine spannende, abwechslungsreiche Geschichte ausmachen, am Spieltisch in guter Anordnung zu improvisieren? Oder ist euch und euren Spielern die Spieler-Freiheit den eventuellen Trade-Off an Dramaturgie wert?
Kurze Antwort: Ja! Alles andere haben Crimson King und Orko schon gesagt.
Nebeneffekt für mich als Spielleiter ist da, dass ich eben auch überrascht werde und Leute nicht nur mein Skript nachspielen - und dann wahrscheinlich auch noch nie so gut, wie ich's geplant habe. Amateure!  ~;D

Dementsprechend kann man doch durchaus auch eine gewisse "Verlässlichkeit" der Spieler voraussetzen, oder? Darf man diese als SL dann auch während des Spiels einfordern oder lasst ihr euren Spielern da willkürliche Freiheit je nach Laune und Tagesform? Darf man Spielern in die Charaktere reinreden, wenn sie sie anders spielen, als vorher mit der Gruppe besprochen?
Verlässlichkeit wozu? Zur Kreativität und dass sie sich einbringen? Auf jeden Fall, vom SL wird ja auch erwartet, dass er jeden Abend wieder mit ner Grundlage für einen tollen Abend vorbeikommt. In die Charaktere reinreden (nein, das machst du jetzt nicht so!) würde ich nicht, schon aber hinterfragen, falls der ehrbare Krieger plötzlich kleinen Jungs die Lutscher klaut. Aber: wenn der Spieler das will, das für seinen Charakter irgendwie begründen kann und mit den Konsequenzen klarkommt, dann soll er doch!

Offline JS

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Ich halte dieses "Railroading" in einem gewissen Rahmen für ein alltäglichen Spielleitungsinstrument, genau wie z.B. die Improvisation. Meiner Erfahrung nach ist es für den SL sinnvoll, dieses Mittel je nach Situation, Gruppendynamik und Abenteuerhintergrund einzusetzen. Nicht mehr, nicht weniger.
Wer gern sagt, was er denkt, sollte vorher etwas gedacht haben.

eldaen

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In die Charaktere reinreden (nein, das machst du jetzt nicht so!) würde ich nicht, schon aber hinterfragen, falls der ehrbare Krieger plötzlich kleinen Jungs die Lutscher klaut. Aber: wenn der Spieler das will, das für seinen Charakter irgendwie begründen kann und mit den Konsequenzen klarkommt, dann soll er doch!

Achtung - überspitzt und etwas ketzerisch formuliert: Aber wenn ein Spielleiter das macht, isses Railroading oder Spielleiterwillkür?

Offline Crimson King

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Achtung - überspitzt und etwas ketzerisch formuliert: Aber wenn ein Spielleiter das macht, isses Railroading oder Spielleiterwillkür?

Wenn die SL dem Spieler eine Handlung verbietet und dieser sich dadurch gestört fühlt, ist es RR. Wenn sie lediglich erläutert, dass und warum die Handlung unangemessen ist, der Spieler aber trotzdem frei entscheiden kann, nicht.
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eldaen

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Nein, was ich meinte war, wenn ein Spielleiter die Welt/seine NSCs entsprechend seiner Tagesform, quasi "willkürlich" spielt (evtl um den Plot aufrechtzuerhalten)...

Offline Slayn

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Nein, was ich meinte war, wenn ein Spielleiter die Welt/seine NSCs entsprechend seiner Tagesform, quasi "willkürlich" spielt (evtl um den Plot aufrechtzuerhalten)...

Naja, du hast doch vorhin selbst schon mal Genre und Genre-Konventionen genannt. So etwas kann man z.B. auch als "Harte Regel" für eine Runde sehen und im Social Contract als bindend deklarieren. Das gilt dann für beide Seiten und alle beteiligten sind untereinander verpflichtet dafür zu sorgen das diese Regeln eingehalten wird, und das nicht nur im Verhältnis Spieler zu SL.

[Nachtrag] An der Stelle erst mal nicht vergessen: Rollenspiel ist allen voran erst mal ein Spiel und ein Spiel hat Spielregeln die Erklären und Steuern was alle Beteiligten machen können und sollen. Alles was damit zu tun hat das diese regeln eingehalten werden oder direkter Teil dieser Regeln ist, sollte nicht als Railroading bewertet werden.
« Letzte Änderung: 19.01.2015 | 12:49 von Slayn »
Wenn wir einander in der Dunkelheit festhalten .. dann geht die Dunkelheit dadurch nicht vorbei
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Offline Crimson King

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Nein, was ich meinte war, wenn ein Spielleiter die Welt/seine NSCs entsprechend seiner Tagesform, quasi "willkürlich" spielt (evtl um den Plot aufrechtzuerhalten)...

Entwertet er Spielerentscheidungen (wenn er den Plot aufrecht erhalten will, trifft das mit hoher Wahrscheinlichkeit zu). Ansonsten gilt: die SL kann auch scheiße sein, ohne zu railroaden...
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J.W. von Goethe

eldaen

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Also Spielerfreiheit > Spielleiterfreiheit?

Interessant zu dem Thema fand ich folgende Links:

richtig.spielleiten.de
Neue Abenteuer - J wie ja

User6097

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Ich muss gestehen, inzwischen finde ich Railroading gar nicht mehr so übel. Ich hab gar nicht mehr die Energie, mich jetzt als Spieler groß auszutoben, und bin eigentlich ganz froh, wenn mir der Spielleiter ein "fertiges Rollenspielmahl" serviert. Da bin ich dann auch gern bereit, jeden Gang wie geplant zu verspeisen, wenn das Essen denn nur gut ist. Ich finde es oft sogar oft anstrengend, wenn von mir als Spieler groß Aktivität gefordert wird, die über etwas Smalltalkgeplänkel hinausgeht. Ich glaube die liebste Rollenspielgruppe wär mir im Moment eine, wo der SL eine schöne geschichte erzählt, und ich mich mit etwas Charakterspiel dann einbringen kann, wenn ich will ,aber nicht muss. Ein Grauss sind mir aber langweilige Einkaufsorgien oder Gelaber ohne jeglichen Unterhaltungswert. Es muss schon Stil haben und schön erzählt sein, egal ob vom Sl und den Spielern. Das versuche ich dann auch selber, wenn ich mich einbringe, etwas zu produzieren, das die anderen unterhält.

Supersöldner

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Tarin: Sandboxing ist also die Lösung. Schön und gut aber das erfordert einen sehr erfahrenden SL.

Offline Tarin

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Aber kriegt ihr es denn hin, tatsächlich die vielen verschiedenen Aspekte, die eine spannende, abwechslungsreiche Geschichte ausmachen, am Spieltisch in guter Anordnung zu improvisieren? Oder ist euch und euren Spielern die Spieler-Freiheit den eventuellen Trade-Off an Dramaturgie wert?

Nein, kriege ich nicht hin. Ist glaube ich einfach eine Sache der Erwartungshaltung. Wenn man erwartet, dass die Story sowas wie einen klassischen Spannungsbogen hat (Einstieg, Investigation, Hürden, Überwinden der Hürden, Bossfight am Ende des Abends) fällt die Improvisation schwerer und man ist geneigter, die Spieler ein bisschen zu schubsen. Man kann aber auch andersherum herangehen und das als die Geschichte des Abends betrachten, was am Ende dabei raus kam. Das hat zwar nicht unbedingt diese Dramaturgie eines Kurzthrillers, aber dafür waren alle beteiligt und haben zusammen entschieden, was am Abend halt so passiert. Da ich mich irgendwann davon verabschiedet habe, einem ominös filmhaften Erlebnis nachzurennen, fahre ich mit Variante 2 erstaunlich gut.

@Supersöldner
Mitnichten. Es erfordert nur eine gewisse Vorarbeit oder eine gut gemachte Sandkiste, die dem SL genug Hilfen zur Improvisation an die Hand gibt. Als Beispiel sei hier mal die Dreiental Trilogie für Dungeonslayers genannt. Da kann man ewig Spaß mit haben, ohne die Spieler zu schubsen.
Es verstößt gegen die Hausordnung, aus dem Necronomicon zu zitieren.

eldaen

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Das hat zwar nicht unbedingt diese Dramaturgie eines Kurzthrillers, aber dafür waren alle beteiligt und haben zusammen entschieden, was am Abend halt so passiert.

Aber wenn man seine Szenen entsprechend plant, ist doch auch an einem Abend jeder involviert? Sogar noch wahrscheinlicher als wenn man es "dem Zufall" überlässt, oder?

Offline Boba Fett

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Railroading ist deine 3-Akt-Struktur, sofern deine Spieler da nicht draus ausbrechen können. Halt auf der Schiene im geschlossenen Zug sitzen und sich die Landschaft ansehen.
Kann ich nicht bestätigen und ich bin in HEXers SW Runde Mitspieler...
Denn die 3 Akt Struktur ist ja nur die "geplante" und ich hatte niemals das Gefühl, dass wir zu irgendeinem Zeitpunkt nicht hätten aussteigen und die Handlung in eine beliebige Richtung hätten treiben können.
Und genau das ist mein Verständnis von RR: Wenn das eben nicht geht.
Dass ich als Spieler dann nach den vor die Nase gehaltenen Würstchen schnappe und der gelegten Fährte folge, ist dann meine (!) Entscheidung und kein Railroading.

Um mal ein Beispiel für das SW Abenteuer zu nennen:
Intro: Ankunft, SCs stossen auf Droiden, der fast Schrott in einer dunklen Ecke liegt, erfahren dass sein Kumpel (Astrodroide) entführt wurde, und der besitzt wichtige Daten (Kesselrun...)
Begegnung mit den Antagonisten in der Cantina.
Verfolgung, Gefecht, Droide befreit...
Das war Episode I oder Akt 1...
Über die Cantinabegegnung haben wir eine Tussi kennengelernt, die uns Auftrag 2 gibt: Bruder befreien.
Dank den Daten aus dem Astrodroiden wissen wir wo.
Hinfliegen, Raumkampf, Personenkampf, Befreiung.
Stellt sich raus: Bruder arbeitet in Wirklichkeit für die Gegenseite.
Oberbösewicht auch gefangen, auf den gibts Kopfgeld,
da er pampig wird, erschiessen wir ihn fast...
Das war Akt 2

Kurz gesagt: wir hätten wohl auch versagen können, den Auftrag ablehnen,
den Bruder töten, der Erzfeind hätte entkommen oder wir schlicht den Raumkampf verlieren können.
Wir hätten wohl auch jederzeit was anderes machen oder einfach wegfliegen können.
Nur weil Handlungsgeflechte chronologisch hintereinander liegen, müssen die nicht RR mäßig ablaufen.

Zur Frage: Wie vermeide ich RR?
Schwere Frage... Vielleicht schnelle Antwort: In dem ich selten Kaufabenteuer spielleitere (und wenn, dann nur gute) und meine Abenteuer nicht wie Kaufabenteuer aufbaue.
Ich leite derzeit Earthdawn und der Haupthandlungsort war eine Stadt.
Ich erzeuge pro Abenteuer immer mehrere (mindestens 3) "Situationen" (Abenteuerangebote [Beispiel: T'Skrang blockieren Handelswege zu Wasser, zwergischer Diplomat entführt, Sklavenhändler überfallen Dorf in der Nähe]), und wo die Charaktere sich dann entscheiden mussten, mit was sie sich beschäftigen. Die anderen Handlungsstränge entwickeln sich weiter.
Jedes Abenteuer hat seine Anfangssituation, seine Beteiligten NSCs (Antagonisten, Statisten und wichtige Nebenrollen) und eine unbeeinflusste Handlungsabfolge (was passiert, wenn die Charaktere nicht interagieren).
Alles andere improvisiere ich.
Die meisten Abenteuer spielen wir in 2 Sitzungen. In der ersten kommt es halt zum Abenteuerintro und das Kennenlernen der Situation. Ich höre dann meistens mit, was die Spieler/Charaktere beabsichtigen und bereite dann ein paar Dinge vor, bzw. mache mir Gedanken zwischen den Sitzungen. In der nächsten Sitzung kommt es dann zum "Abwickeln" der Situationen.

Wirklich megazufrieden bin ich nicht, denn ich weiss, dass die erste Sitzung manchmal etwas planlos wirkt. Die zweite rockt dann aber meistens.
Und vor allem: Ich habe vor dem Abenteuer absolut keine Ahnung, wie sich das entwickelt. Aber das macht auch richtig Spaß.

Nachtrag:
"Fakten Schaffen" durch die Spieler (also kreatives Mitgestaltungsrecht der Szenerie) gibts bei mir natürlich auch und oft dreht das bereits am Handlungsverlauf.
« Letzte Änderung: 20.01.2015 | 07:22 von Boba Fett (away bis Do) »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline Vasant

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Ich muss gestehen, inzwischen finde ich Railroading gar nicht mehr so übel. Ich hab gar nicht mehr die Energie, mich jetzt als Spieler groß auszutoben, und bin eigentlich ganz froh, wenn mir der Spielleiter ein "fertiges Rollenspielmahl" serviert. Da bin ich dann auch gern bereit, jeden Gang wie geplant zu verspeisen, wenn das Essen denn nur gut ist. Ich finde es oft sogar oft anstrengend, wenn von mir als Spieler groß Aktivität gefordert wird, die über etwas Smalltalkgeplänkel hinausgeht. Ich glaube die liebste Rollenspielgruppe wär mir im Moment eine, wo der SL eine schöne geschichte erzählt, und ich mich mit etwas Charakterspiel dann einbringen kann, wenn ich will ,aber nicht muss. Ein Grauss sind mir aber langweilige Einkaufsorgien oder Gelaber ohne jeglichen Unterhaltungswert. Es muss schon Stil haben und schön erzählt sein, egal ob vom Sl und den Spielern. Das versuche ich dann auch selber, wenn ich mich einbringe, etwas zu produzieren, das die anderen unterhält.
Und warum legst du dann Wert darauf, mitzuspielen, statt einfach nur zuzuhören, wenn du gar nichts beiträgst und dich nur vom SL und den anderen Spielern bedienen zu lassen ? (provokant gefragt, nicht böse gemeint.  :))

Also Spielerfreiheit > Spielleiterfreiheit?

Interessant zu dem Thema fand ich folgende Links:

richtig.spielleiten.de
Neue Abenteuer - J wie ja


Deine Ungleichung würd ich so nicht unterschreiben. Bei einer klassischen Machtverteilung ("Der Spielleiter hat das letzte Wort") hat der Spielleiter die Macht, die Spielerentscheidungen zu entwerten, der Spieler kann aber keine Spielleiterentscheidungen entwerten. Der Spielleiter kann darauf verzichten, der Spieler hat die Entscheidung gar nicht.

Auf Neue Abenteuer wird ja noch einmal darauf eingegangen, dass ein "Nein" kommen soll, um die Kohärenz der Spielwelt zu schützen und damit der Spielleiter auch (!) Spaß hat. Beides schützt die Interessen der gesamten Gruppe: Sowohl die Spielwelt, auf die sich alle geeinigt haben, als auch den Spaßfaktor der ganzen Gruppe.

Nachklapp zu Boba Fett:
In der Erklärung von HEXer klang es so, als wären Erfolge und Fehlschläge eingeplant. Boba Fetts Zusammenfassung liest sich aber so, als wären gar keine Fehlschläge dabei. Spielt ihr besser, als die Polizei Aktstruktur erlaubt? Dass man sich zu einem Höhepunkt hinarbeitet und es immer "heißer" wird, ist ja auch bei einem nicht gescripteten Ablauf üblich.
« Letzte Änderung: 19.01.2015 | 13:09 von Vasant »

User6097

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Und warum legst du dann Wert darauf, mitzuspielen, statt einfach nur zuzuhören, wenn du gar nichts beiträgst und dich nur vom SL und den anderen Spielern bedienen zu lassen ? (provokant gefragt, nicht böse gemeint.  :))

Naja, provokant geantwortet: Ich höre nur zu. Und versuche ein gutes Publikum zu sein.

Offline Skele-Surtur

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Re: Was ist für euch Railroading?
« Antwort #48 am: 19.01.2015 | 13:11 »
Joah, schon klar. Mich interessiert vor allem, wie andere denn ihre Spiele vorbereiten, und dabei Railroading vermeiden. Man lernt ja schließlich nie aus... :)

Hab das Topic mal entpsrechend umbenannt...
Es gibt eine Ausgangslage. Es gibt Ereignisse und Handlungen von NSCs mit einer Agenda, die handeln und auf die Aktionen der Spieler reagieren können.
Hat man seine NSCs gut ausgearbeitet, dann ist es auch kein Problem, deren Handlen zu improvisieren. Es gibt keine vorher abgefasste Story mit definiertem Anfang und Ende. Wichtig ist, dass ein Abenteuer nie dadurch in eine Sackgasse geraten darf, dass die Spieler nicht mehr weiter kommen. D.h. wenn die Spieler etwas nicht tun, wird deswegen trotzdem etwas passieren. Man darf keine Angst haben, dass die Spieler es nicht schaffen.
Doomstone ist die Einheit in der schlechte Rollenspiele gemessen werden.

Korrigiert meine Rechtschreibfehler!

Achamanian

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Ein Grauss sind mir aber langweilige Einkaufsorgien oder Gelaber ohne jeglichen Unterhaltungswert. Es muss schon Stil haben und schön erzählt sein, egal ob vom Sl und den Spielern.

Langweilige Einkaufsorgien und ähnliches habe ich komischerweise bisher vor allem in stark gerailroadeten Runden erlebt - da darf und soll man dann an den unwichtigen Punkten Entscheidungen treffen (welche Farbe hat das Schwert?) und seinen Charakter ausspielen, wenn es drauf ankommt dann aber bitte ans Szenario halten ...

Oben wurde ja schon das Problem des "drunkard walks" angesprochen, also dass Gruppen bei "zu wenig RR" ziellos durch die Handlung stolpern, die dann aus einer Aneinanderreihung von derlei folgenlosen und uninteressanten Ereignissen wie Einkaufstouren besteht ... mir wird gerade klar, dass ich den Zusammenhang dieses Problems mit "mangelndem RR" ehrlich gesagt für einen Mythos halte. So was wie der "drunkard walk" entsteht meiner Erfahrung dann, wenn entweder:

1. Die Spieler nichts Interessantes mit ihrer Umgebung anzufangen wissen,
oder
2. Der Spielleiter nicht in der Lage ist, interessant auf die Entscheidungen der Spieler zu reagieren
oder
3. Wenn der SL ein RR-Abenteuer vorbereitet hat, dann sagt, "ich probiere es mal damit, ihnen alle Freiheiten zu lassen", dann aber erwartet, dass die SC das erwartete Abenteuer erspielen und alle anderen Handlungsweisen ins leere Laufen lässt, weil er nur die vorgeplanten Entwicklungen als für das Abenteuer relevant erachtet (eigentlich ein Spezialfall von 2).

Das sind alles 3 Probleme, die RR-geprägte Gruppen mit hoher Wahrscheinlichkeit erleben, wenn sie es die ersten Male ohne RR versuchen, und sie taugen natürlich dazu, sich das Vorurteil zu bestätigen, dass es ohne das "richtige Maß" an RR eben nicht geht. Aber die Ursache keines dieser Probleme liegt in zu wenig Einengung durch den SL, sondern in der mangelnden Bereitschaft von SL und oder Spielern, spontan wichtige Entscheidungen zu treffen.

Der "Drunkards Walk" ist in meinen Augen eher eine Schwundstufe von RR.


Von daher würde ich als Gegenmaßnahme gegen RR seitens der Spielleitung nicht empfehlen, weniger einzugreifen, sondern mehr und spontaner einzugreifen - möglichst viele Flags der Spieler anspielen, um die dazu zu provozieren, Entscheidungen mit Konsequenzen zu treffen, aus denen sich dann Handlung und Dramatik entwickeln kann.
Der schon genannte Vorschlag, die Ohren für irgendwelche Theorien der SC über die Abenteuer-Backstory offenzuhalten und sie evtl. aufzugreifen (also das Abenteuer spontan abzuwandeln) finde ich auch sehr gut. Denn da die Spieler ihre SC wahrscheinlich auf Grundlage ihrer Theorien auch handeln lassen werden, sorgt das dafür, dass die Handlungen nicht ins leere greifen, sondern tatsächlich einen Einfluss auf's Geschehen haben. Wenn die SC sagen: "Der Graf hat mit dem Mord zu tun" und ihn magisch ausspähen, dann sollte man sich als SL überlegen, ob der Graf vielleicht wirklich (wenn auch nur am Rande) mit dem Mord zu tun hat, sodass die SC durch ihr Ausspähen auch was rausfinden können.

Das ist übrigens nicht kompatibel mit Sandboxing, wo man die Settingelemente vorher festlegt und sich dran hält. Mit Sandboxing habe ich aber auch kaum gute Erfahrungen gemacht, ist irgendwie nix für mich, deshalb halte ich mich aus Diskussionen darüber raus ...