Autor Thema: Was ist für euch Railroading und wie vermeidet ihr es als SL in eurer Vorbereitung?  (Gelesen 24811 mal)

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Luxferre

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;) Sprich, viel Rauch um Nichts?

'türlich. War doch schon auf Seite 1 klar, oder?  :d

Offline GustavGuns

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naja das vielleicht nicht - wir haben alle mal angefangen zu spielen/leiten, und da waren solche Kampfbegriffe eben nützlich, damit man sich einige grundlegende Schrauben des Erzählhandwerks bewußt macht. Aber ab einer gewissen Erfahrung mit dem Spielleiten muss man sich mE wieder von diesen grundlegenden Kampfbegriffen emanzipieren können, um zu einem eigenen, nuancierten Stil zu kommen.
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Achamanian

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naja das vielleicht nicht - wir haben alle mal angefangen zu spielen/leiten, und da waren solche Kampfbegriffe eben nützlich, damit man sich einige grundlegende Schrauben des Erzählhandwerks bewußt macht. Aber ab einer gewissen Erfahrung mit dem Spielleiten muss man sich mE wieder von diesen grundlegenden Kampfbegriffen emanzipieren können, um zu einem eigenen, nuancierten Stil zu kommen.

Also, als ich angefangen habe, zu leiten, gab es solche Begriffe noch gar nicht ... da mussten wir mit "gutes Rollenspiel" und "schlechtes Rollenspiel" auskommen.
Ich finde solche Begriffe jedenfalls auch nach einem Vierteljahrhundert Rollenspiel noch nützlich, um mich mit Mitspielern und mit mir selbst darüber zu verständigen, was wir wollen und ggf. herauszufinden, was gerade schiefläuft.

Für mich ist das auch nicht viel Rauch um nichts - wenn mich nicht irgendwann mal wer drauf gebracht hätte, dass man bei Rollenspiel nicht zwangsläufig Charakterslots in einem vorgefertigten Abenteuer ausfüllen muss, würde ich heute sicher keins mehr spielen ... an miesen RR-Erfahrungen gehen m.E. mit Sicherheit regelmäßig Runden zugrunde, und zwar eher nicht deshalb, weil irgendwelche Leute RR als Kampfbegriff aufgeschnappt haben und den jetzt aus purer Boshaftigkeit ständig als Vorwurf gegen ihre SL im Mund führen (obwohl es das sicher auch gibt), sondern deshalb, weil die Leute überhaupt keinen Begriff davon haben, was ihnen den Spaß am Spiel verleidet.

Von daher: Voll für solche Diskussionen in regelmäßigen Abständen. Ist immer wieder ein Gewinn, man kann die eigenen Begriffe schärfen, andere Standpunkte und neue Perspektiven kennenlernen und erhält einen Anlass, sich mal wieder damit auseinanderzusetzen, wie man eigentlich die eigenen Runden gestaltet und ob es da Luft nach oben gibt.

Das Einzige, was wahrscheinlich wirklich bescheuert ist, ist eine funktionierende Partizipationismus-Runde, in der alle Spaß haben, umzukrempeln, weil einem irgendwer erzählt habe, dass RR schlecht sei und man das alles anders machen müsse.

Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Was ist für euch Railroading und
« Antwort #203 am: 20.01.2015 | 17:12 »
Hmm ,gut dann reden wir halt von Paritizipationismus, wenns nicht anders geht. Ich glaub was anderes gibt es nicht, weil egal wie gut der SL das verschleiert, wenns immer wieder vorkommt dann begreifts irgendwann ein jeder.
das ist es wenn dem alle zustimmen und damit fällt auch das wirkliche Problem mit RR weg, das Belügen und sich über sie stellen eines Spielers über die anderen.
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“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
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Offline FlawlessFlo

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Belügen? Sich über andere Spieler stellen? Das kann ein Faktor bei RR sein, aber dann reden wir doch von einem sehr extremen Fall. Bzw. würde ich sagen, dass dann das RR eherein Symptom oder eine Konsequenz des lügenden Herren-SLs ist.
« Letzte Änderung: 20.01.2015 | 17:19 von Flawless »
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eldaen

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Ja, ich denke auch, dass RRing meist keine boshafte Absicht zugrunde liegt, sondern eher ein auf Miskommunikation basierender Abwehrreflex.

Offline GustavGuns

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Wenn jemand sich in einer echten Tisch-Situation über Railroading beklagt, meint er meiner Erfahrung nach vor allem: "Ich bin unzufrieden damit, wie wenig Einfluss ich auf die Handlung habe.". Genau darum sage ich für gewöhnlich auch: "Ich bin unzufrieden damit, wie wenig Einfluss ich auf die Handlung habe." anstatt über Railroading zu reden. Da muss dann weniger Zeit damit verbracht werden, einen gemeinsamen Vorstellungsraum für die Definition von Railroading zu erreichen, sondern man kann gleich das Problem angehen.
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Eulenspiegel

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Ich glaube es ist für einige Leute schwer zu verstehen, dass es Substantive gibt, die eine Wertung beinhalten.
Wenn jemand von Railroading spricht, dann ist das seine negative Wertung der Entmündigung der Spieler.
Das hat aber 1of3 schon auf der ersten Seite in anderen Worten gesagt.

Wenn das gleiche passiert, aber die Spieler es mögen, ist es Partizipationismus
und wenn das gleiche passiert und die Spieler gar nichts merken (weil sie eigene Aktionen
durchführen aber der SL erfolgreich das Festgelegtsein des Scheiterns verschleiert), dann ist es Illusionismus.
OK, auch an dich die Frage: Was ist mit DSA-Abenteuer oder Paizos Adventure-Paths? Sind diese nun railroadig oder partizipationistisch?

Ansonsten glaube ich nicht, dass wenn jemand fragt: "Wie vermeide ich Railroading?", das damit gemeint ist: "Wie bringe ich die Spieler dazu, meinen Spielstil nicht negativ sondern positiv zu sehen?"

Denn die einfachste Möglichkeit, Railroading nach deiner Definition zu vermeiden, ist es, nur Spieler auszuwählen, die partizipationistisch spielen.

Und ebenfalls: Was ist, wenn in einer Gruppe 3 Spieler sind, von denen einer den Spielstil toll findet, der zweite den Spielstil schlecht findet und der dritte den Spielstil überhaupt nicht bemerkt?
Betreibt der SL nun Partizipationismus, Railroading oder Illusionismus?

Wenn jemand sich in einer echten Tisch-Situation über Railroading beklagt, meint er meiner Erfahrung nach vor allem: "Ich bin unzufrieden damit, wie wenig Einfluss ich auf die Handlung habe.". Genau darum sage ich für gewöhnlich auch: "Ich bin unzufrieden damit, wie wenig Einfluss ich auf die Handlung habe." anstatt über Railroading zu reden. Da muss dann weniger Zeit damit verbracht werden, einen gemeinsamen Vorstellungsraum für die Definition von Railroading zu erreichen, sondern man kann gleich das Problem angehen.
+1  :d
« Letzte Änderung: 20.01.2015 | 17:34 von Eulenspiegel »

Achamanian

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Wenn jemand sich in einer echten Tisch-Situation über Railroading beklagt, meint er meiner Erfahrung nach vor allem: "Ich bin unzufrieden damit, wie wenig Einfluss ich auf die Handlung habe.". Genau darum sage ich für gewöhnlich auch: "Ich bin unzufrieden damit, wie wenig Einfluss ich auf die Handlung habe." anstatt über Railroading zu reden. Da muss dann weniger Zeit damit verbracht werden, einen gemeinsamen Vorstellungsraum für die Definition von Railroading zu erreichen, sondern man kann gleich das Problem angehen.

Ist doch Jacke wie Hose ... wobei ich dir insofern Recht gebe, dass man mit dem RR-Begriff Gefahr läuft, eine ideologisch aufgeladene Diskussion loszutreten, während die andere Version etwas unverfänglicher ist.
Aber hier im Forum will ich doch nicht immer einen Wurmsatz über "Spielsituationen, in denen Spieler unzufrieden sind, weil sie wenig Einfluss auf die Handlung haben", wenn die beiden Buchstaben RR es auch tun.

Offline Rhylthar

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@ Rumpel:
Dann werden wir nie über die gleiche Sache reden...
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Eulenspiegel

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@ Rumspielstilziel
Das Problem ist, dass man bei RR nicht weiß, was gemeint ist.

Was ist zum Beispiel mit "Spielsituationen, in denen die Spieler wenig Einfluss auf die Situation haben, egal ob es den Spielern gefällt oder nicht."

Ich würde das als RR bezeichnen. Andere Leute würden das jedoch als RR- und Partizipa...-Situationen zusammen beschreiben.

Ansonsten ist es auch ziemlich unelegant, dass die Gegner den lockeren, eingängigen Begriff "Railroading" für sich beanspruchen und von den Befürwortern verlangen, dass sie so einen unhandlichen Begriff wie "Partizipationismus" verwenden sollen.

Offline GustavGuns

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Einerseits sind Definitionen natürlich ne gute Sache - andererseits sind sie, grade in Internetforen, ein Super-Anlass um 500 Posts lang aneinander vorbei zu reden, und selbst wenn es als Problem erkannt wird, wird dann gerne die Definitionshoheit politisiert. Ich will das auch garnicht abschaffen - das macht Spaß, ist qualitativ hochwertiges Trollen und dafür sind wir schließlich alle im Internet! Ich würde das bloß am Spieltisch vermeiden - da habe ich's ja mit echten Personen mit echten Gefühlen zu tun!
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eldaen

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Seid ihr böse, wenn ich den Thread zu mache? So richtig was neues kommt nich mehr und es wird ja fast ausschließlich noch im Kreis über die Definition von RRing diskutiert...

User6097

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Ist doch egal.  Die Definitonsfrage dreht sich darum, ob RR auch dann RR ist, wenn alle zufrieden sind. Am Spieltisch wird ja nur dann über RR geredet, wenn wem was nicht passt. Es kommt ja gar nicht vor, das am Spietisch jemand sagt: "hmm, ich hab zwar keinen Einfluss auf die handlung, bin damit aber sehr zufrieden. Nur eines stört mich: Soll ich diesen Sachverhalt jetzt als Partizipationismus oder Railroading bezeichnen?"

Offline Oberkampf

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Ist für Dich der SL einer der Spieler oder müssen sie grundsätzlich unterschieden werden? Je nach dem, wie man das beantwortet, produziert Dein Nicht Wollen unterschiedliche Ergebnisse.
Oder anders gefragt: "entrailroadet" eigentlich der Spieler, der versucht, mit seinem Chara den Fluss zu überqueren, obwohl das Spiel an diesem Ufer stattfindet?
(Jetzt im übertragenem Sinne.)

Puh, das streift enorm viele Bereiche, wenn ich die Punkte richtig verstehe.

Wenn du nach dem Grundsätzlichen fragst, ist natürlich ein Spielleiter auch nur ein Spieler mit einem besonderen Job am Tisch. In dem konkreten Fall bin ich aber durchaus von einem Unterschied zwischen SL und Spieler ausgegangen. Railroaden kann man meinem Verständnis nach nur in der Spielleiterrolle (oder besser, wenn man vom SL zum Meister wird  ;) )

Dass heißt natürlich nicht, dass ein Spieler, der grad nicht das SL-Amt bekleidet, nicht auch jede Menge Mist machen kann, um seinen Mitspielern das Spiel zu versauen. Stundenlange Einzelgänge gehören dazu, und vorsätzliches Verlassen der Spielwelt auch. Besonders ätzend ist das, wenn Leute lange Fahrzeiten in Kauf genommen haben, um zu spielen, oder ohnehin selten zum Spielen kommen.

Bloß soll man so einen Spieler mit spielweltimmanenten Zwangsmaßnahmen/Railroading wieder ins Abenteuer integrieren? Dann doch lieber offen ansprechen, dass bestimmte Spielzüge sich nicht mit gemeinsamen Gruppenspiel vertragen.

Was den unüberwindbaren Fluss angeht:
Nach meiner Vorstellung kann es immer unüberwindbare "Hindernisse" geben, das heißt - zumindest für mich - noch nicht, dass RR vorliegt. RR zeigt sich nicht an Hindernissen, sondern in gespielten Szenen.

Wenn es einen unüberwindbaren Fluss gibt, dann ist das erstmal ein Spielweltfakt. Die Sache wird dann zum RR, wenn die Spieler glauben bzw. vorgetäuscht bekommen, dass eine offene Szene gespielt wird, in der es darum geht, ob sie den Fluss überqueren oder nicht, und deren Endergebnis vom Spielleiter vorher festgelegt und mit Gewalt oder Tricks durchgesetzt wird.

Dass dieser Fluss (als Beispiel für unüberwindbare Hindernisse) aufgeführt wird, liegt mMn an einer Vermischung zwischen der Railroading- und der Sandbox-Diskussion. Ein unüberwindliches Hindernis in einer Sandbox, die als solche gespielt wird, kann nicht funktionieren. Wenn die Spieler/Charaktere einen Weg finden, ein "Problem" zu lösen, dann wird im Rahmen der Spielregeln (und ggf. anhand Plausibilitätskriterien) ermittelt, ob der Weg Erfolg hat, und dann mit dieser Konsequenz weiter gespielt. Wenn jemand versehentlich dadurch aus der Sandbox heraustappt, kann man das offen thematisieren, wie Pyromancer gezeigt hat.

Zu deutsch: Eine Sandbox hat extrem wenig Wände. Aber nicht jedes Abenteuer mit Wänden ist deswegen ein Railroad-Abenteuer.

Das Problem an Abenteuern, die als railroadig empfunden werden, liegt mMn daran, dass zu viele Atmosphäreszenen hintereinander präsentiert werden, wozu erschwerend hinzu kommt, dass diese nicht als Atmosphäreszenen ausgewiesen werden. Spielweltereignisse, auf welche die Charaktere und die Spieler aus welchem (plausiblen?) Grund auch immer keinen Einfluss haben, vermitteln Atmosphäre und vielleicht nützliche Spielweltinformation - aber sie sind keine Handlungsszenen, in welchen die Aktionen und Reaktionen der Charaktere Einfluss auf den Verlauf eines Abenteuers haben.

Darin liegt meiner Meinung nach auch das Problem des Illusionismus: Den Spielern wird versucht, zu vermitteln, dass sie in einer Handlungsszene sind, deren Ausgang von den Aktionen ihrer Charaktere entschieden wird und je nach Ergebnis unterschiedliche Konsequenzen für das Abenteuer/die Spielwelt haben kann, während sie in Wirklichkeit eine Atmosphäreszene aufnehmen. Man kann in einer Atmosphäreszene durchaus bestimmte rollenspielerische Dinge tun, wie schauspielern, die Gefühlswelt seines Charakters beschreiben etc., aber es ist keine für die Weiterentwicklung der Spielwelt durch die Aktionen der Spieler/Charaktere relevante Szene.

Darum, um zum Thema des Threads - Railroading vermeiden - zurück zu kommen: Die Anzahl der Atmosphäreszenen möglichst begrenzen, und wenn eine gespielt wird, dann sie klar als solche anzeigen.
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Ucalegon

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wenn mich nicht irgendwann mal wer drauf gebracht hätte, dass man bei Rollenspiel nicht zwangsläufig Charakterslots in einem vorgefertigten Abenteuer ausfüllen muss, würde ich heute sicher keins mehr spielen

Im eigentlichen Wortsinn vorgefertigte Abenteuer - das ist fast schon ein Oxymoron, oder? - also Szenarios,in denen der Autor/die Autorin mittels RR einen Plot konstruiert, der dann nachgespielt werden soll, sind natürlich einfacher zu schreiben. Man hat den jeweiligen Ausgang der wichtigsten Szenen im Kopf und bastelt außenrum ein Gerüst, das dafür sorgen soll, dass der bei möglichst vielen Gruppen auch so eintritt. Ich würde mich aber mal aus dem Fenster lehnen und vermuten, dass die meisten Autor(inn)en mittlerweile kapiert haben, dass man so keine guten Szenarios schreibt.

Grundsätzlich finde ich "fertige" Szenarios aber super, wenn man merkt, dass der Autor/die Autorin auch ein solches schreiben wollte und keine Kurzgeschichte mit den SCs als unfreiwilligen Protagonisten. Es gibt kaum eine bessere Art seine coolen Ideen fokussiert rüberzubringen als in einem furiosen/atmosphärischen/herausfordenden one-shot.

Zur Praxis:
Beim Umwandeln einzelner grenzwertiger Szenen in gekauften Szenarios (v.a. Cthulhu, Eclipse Phase, TOR) für ein ergebnisoffenes Spiel hatte ich den Eindruck, dass die Autoren da schlicht zu faul waren, die ergebnisoffene Lösung zu präsentieren. Vielleicht spielt auch Angst davor, zu offen zu schreiben eine Rolle. Oder vorgebliche Einsteigerfreundlichkeit. Allerdings war die RR-Stelle in "Of Leaves and Stewed Hobbit" für TOR z.B. bereits markiert, d.h. Problembewusstsein war offenbar da  ;). Wie es mit RR in den aktuellen Szenarios anderer Systeme aussieht und wie ihr damit umgeht, würde mich allerdings interessieren.

Achamanian

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Zur Praxis:
Beim Umwandeln einzelner grenzwertiger Szenen in gekauften Szenarios (v.a. Cthulhu, Eclipse Phase, TOR) für ein ergebnisoffenes Spiel hatte ich den Eindruck, dass die Autoren da schlicht zu faul waren, die ergebnisoffene Lösung zu präsentieren. Vielleicht spielt auch Angst davor, zu offen zu schreiben eine Rolle. Oder vorgebliche Einsteigerfreundlichkeit. Allerdings war die RR-Stelle in "Of Leaves and Stewed Hobbit" für TOR z.B. bereits markiert, d.h. Problembewusstsein war offenbar da  ;). Wie es mit RR in den aktuellen Szenarios anderer Systeme aussieht und wie ihr damit umgeht, würde mich allerdings interessieren.

Klingt doch nach nem interessanten Thread-Thema.

Offline gunware

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wenn mich nicht irgendwann mal wer drauf gebracht hätte, dass man bei Rollenspiel nicht zwangsläufig Charakterslots in einem vorgefertigten Abenteuer ausfüllen muss, würde ich heute sicher keins mehr spielen
Du meinst z.B. solche Abenteuer wie Dragonlance - wo man die Gruppe mit Tolpan aus den Büchern nachspielen sollte?
Das Einzige, was wahrscheinlich wirklich bescheuert ist, ist eine funktionierende Partizipationismus-Runde, in der alle Spaß haben, umzukrempeln, weil einem irgendwer erzählt habe, dass RR schlecht sei und man das alles anders machen müsse.
:d Da gebe ich Dir vollkommen recht.

Puh, das streift enorm viele Bereiche, wenn ich die Punkte richtig verstehe.
Genau. Du hast es gut erfasst und ich danke für die Erklärung.
Es kommt (wie meistens) an die richtige Dosierung. Salz in der Suppe ist gut - wenn es nicht zu viel ist. Und wenn es zu wenig ist, fehlt etwas. Die Mischung machsts. Und das ist das Problem, weil jeder unter der richtigen Dosis eine andere Menge versteht.
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Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Was ist für euch Railroading und
« Antwort #218 am: 20.01.2015 | 18:50 »
Belügen? Sich über andere Spieler stellen? Das kann ein Faktor bei RR sein, aber dann reden wir doch von einem sehr extremen Fall.
das ist für mich der klassische RR Fall, den Stil den Ulrich Kiesow propagiert hat und den ich oft genug erlebt habe, genauer es gab nur eine Ausnahme
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User6097

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Re: Was ist für euch Railroading und
« Antwort #219 am: 20.01.2015 | 19:01 »
das ist für mich der klassische RR Fall, den Stil den Ulrich Kiesow propagiert hat und den ich oft genug erlebt habe, genauer es gab nur eine Ausnahme

Willst du von der mal erzählen?

Offline Blizzard

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Offener, fairer und erfolgversprechender ist es, so einen Konflikt OutGame anzusprechen, wo Spieler und SL gleichberechtigte Diskussionspartner sind, und ganz klar nach Intentionen zu fragen: "Dir ist aber klar, dass wir kein gemeinsames Abenteuer spielen können, wenn du das jetzt machst, oder? Und ehrlich gesagt verstehe ich auch gar nicht, wie dein SC auf so eine Idee kommt, erklär mir doch mal."
Ja,das kann man sicherlich so machen. Für mich ist aber der Wechsel auf die Outgame-Ebene eigentlich ultima ratio, als das letzte Mittel, um etwas zu erklären bzw. zu erreichen. Ich versuche das lieber erst ingame, oftmals oder mehrere Male auch gerne mit dem berühmt-berüchtigten "Wink mit dem Zaunpfahl". Funktioniert oft, aber eben nicht immer. Dennoch: Sobald ich auf die Outgame-Ebene wechsle, und dem Spieler klar mache (wie in dem genannten Beispiel), dass das so nicht läuft bzw. so keinen Sinn macht hat das für mich meistens einen faden,negativen Beigeschmack. Es hat so etwas Endgültiges an sich(nach dem Motto: "So Nicht!", das denSpieler bzw. dem Charakter Ingame möglicher Optionen beraubt.Ingame lasse ich dem Charakter mehrere Wege/Möglichkeiten offen, zu erkennen, dass (wie im genannten Beispiel) sein Handeln unplausibel ist. Beim Wechsel auf die Outgame-Ebene gibt es eigentlich(hart formuliert) nur zwei Möglichkeiten: Spiel anders oder lass es bleiben. Ist genau genommen nur eine (aus)wählbare Möglichkeit für den Spieler. Daher sehe ich den Wechsel auf die Outgame-Ebene eigentlich viel mehr als RR in negativer Form an, als es ingame je der Fall sein könnte.

Ich bin, wenn überhaupt, auf eine historische Diskussion um den Begriff eingestiegen, den ein anderer Poster mit einer Falschaussage begonnen hat, um seine Behauptung zu stützen.
Interessant. Nur dass mein Posting keine Falschaussage enthalten hat, um meine Ansicht(en) zum Thema RR zu stützen.

Zitat
Eine Machtdemonstration.


Zitat
Ansonsten schließe ich mich da Rumspielstilziel vollständig an.
Du spielst nicht zufällig mit Rumpel in einer Runde?
« Letzte Änderung: 20.01.2015 | 20:00 von Blizzard »
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"Wer nicht den Mut hat zu werfen, der wird beim Würfeln niemals eine Sechs erzielen."

Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Was ist für euch Railroading und
« Antwort #221 am: 20.01.2015 | 20:07 »
Ingame lasse ich dem Charakter mehrere Wege/Möglichkeiten offen, zu erkennen, dass (wie im genannten Beispiel) sein Handeln unplausibel ist.
Was war an  der Charaktion unplausibel?

Zitat
Beim Wechsel auf die Outgame-Ebene gibt es eigentlich(hart formuliert) nur zwei Möglichkeiten:
Nein, die ZWEI Möglichkeiten gibt es nur weil du nur diese ZWEI Möglichkeiten zulassen willst und So Nicht hast du schon exerziert.
Präziser wäre es wohl zu sagen du RRst mit Force

@User6097

Da gibt es nicht viel zu erzählen, ausser das die Chars jede Motivation der Story zu folgen. Der Unterschied lag eher im Verhalten der SL, die sich eben darum bemühte jedem eine gute Zeit zu geben.
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Ja,das kann man sicherlich so machen. Für mich ist aber der Wechsel auf die Outgame-Ebene eigentlich ultima ratio, als das letzte Mittel, um etwas zu erklären bzw. zu erreichen. Ich versuche das lieber erst ingame, oftmals oder mehrere Male auch gerne mit dem berühmt-berüchtigten "Wink mit dem Zaunpfahl". Funktioniert oft, aber eben nicht immer. Dennoch: Sobald ich auf die Outgame-Ebene wechsle, und dem Spieler klar mache (wie in dem genannten Beispiel), dass das so nicht läuft bzw. so keinen Sinn macht hat das für mich meistens einen faden,negativen Beigeschmack. Es hat so etwas Endgültiges an sich(nach dem Motto: "So Nicht!", das denSpieler bzw. dem Charakter Ingame möglicher Optionen beraubt.Ingame lasse ich dem Charakter mehrere Wege/Möglichkeiten offen, zu erkennen, dass (wie im genannten Beispiel) sein Handeln unplausibel ist. Beim Wechsel auf die Outgame-Ebene gibt es eigentlich(hart formuliert) nur zwei Möglichkeiten: Spiel anders oder lass es bleiben. Ist genau genommen nur eine (aus)wählbare Möglichkeit für den Spieler. Daher sehe ich den Wechsel auf die Outgame-Ebene eigentlich viel mehr als RR in negativer Form an, als es ingame je der Fall sein könnte.

Für mich ist eben der entscheidende Unterschied, dass ich als SL, sobald ich mich outgame begebe, auch meine Machtposition aufgebe und gleichberechtigt mit dem Spieler darüber rede, was wir uns jeweils vom Spiel erwarten und wie wir da zusammenkommen. Das ist für mich auch überhaupt kein "So nicht", sondern ein: "Hallo, so kommen wir nicht weiter, lass uns das mal klären." Entsprechend wäre die Frage: "Warum willst du das machen?" für mich auch keine rhetorische, sondern eine ernsthafte. Und wiederum dementsprechend ginge es mir auch grundsätzlich nicht darum, den Spieler "erkennen" zu lassen, dass sein Handeln unplausibel ist, sondern zu erfahren, ob und warum er selbst sein Handeln als plausibel und - wichtiger - dem gemeinsame Spielspaß förderlich erachtet.
Wenn ich den Spieler dagegen subtil über die InGame-Schiene auf den "richtigen Weg" zu schubsen versuche, dann finde ich dagegen wahrscheinlich schlicht nicht heraus, was er sich bei seiner Aktion gedacht hat. Gleichzeitig werte ich ihn als Gegenüber ab, indem ich davon ausgehe, schon zu wissen, dass ich recht habe, bevor ich auch nur seine Argumente oder Beweggründe gehört habe. Und ich werte ihn noch mal ab, indem ich ihn zu manipulieren versuche, anstatt offen mit ihm zu reden.

Ich will dir gar nicht sagen, dass du es anders machen musst - wenn das in deiner Gruppe so geht und niemand sich gekränkt oder verarscht vorkommt, dann werdet ihr da schon den richtigen Modus haben. Ich wäre gekränkt, wenn ich erfahren würde, dass ein SL so über mich denkt und mich insgeheim so von oben herab behandelt. Da werden für mich ganz grundsätzliche Regeln des freundschaftlichen Miteinanders verletzt.

Offline Bad Horse

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Auf der Outgame-Ebene verhandelt man mit einem gleichberechtigten Mitspieler und kann Mißverständnisse viel besser aufklären.

Auf der Ingame-Ebene kann man eigentlich nur seine eigene Position, wie die Spielwelt funktioniert, stärken.

Ich persönlich fände ein OG-Gespräch wesentlich angenehmer als IG-Reaktionen, die ich so gar nicht erwartet habe.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Crimson King

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Spielererziehung mit Ingame-Reaktionen seitens der Spielwelt haben wir auch mal versucht, als wir noch klein waren. Irgendwann sind wir dann erwachsen geworden.

Kurzum: die Vorstellung, durch eine Machtdemonstration seitens des SL langfristig mehr zu erreichen, als durch einen Dialog zwischen Gleichberechtigten, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das war aber mal anders.
« Letzte Änderung: 20.01.2015 | 20:37 von Crimson King »
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe