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Blue Rose (war: Green Ronin und Bioware: Dragon Age)
D. M_Athair:
... ich muss das mal weiterlesen.
Was mir bisher nicht gefallen hat:
Die autoritative Spielweltbeschreibung. Ich hätte mir gerade bei einem Setting, das auf Diversität Wert legt eine glorantha'sche Mehrdeutigkeit gewünscht. Aber gut, darin war Green Ronin - anders als in der Darstellung von Schattierungen - noch nie besonders gut.
--- Zitat von: Rumpel am 24.09.2018 | 09:44 ---Aber das Setting ist einfach ungeheuer gut auf klassische Rollenspielabenteuer ausgelegt.
--- Ende Zitat ---
Ich find es eher schade, dass das Spiel da v.a. 0/8/15 mit anderem Anstrich bietet. Ja, das soll schon drin sein, aber so ...
Für mich ist das auch eng verknüpft mit Weltengeists Kritikpunkt "... es fehlt, dass Element Y konkrete Auswirkungen auf die Spielwelt hat."
--- Zitat von: Weltengeist am 6.11.2018 | 11:19 ---Ich habe nichts gegen ein Setting, in dem man auch mal einen schwulen Charakter spielen kann, ohne gleich von allen Seiten gemobbt zu werden. Ganz im Gegenteil. Aber damit gibt sich Blue Rose ja nicht zufrieden - es will auf Biegen und Brechen eine LGBT-Utopie entwerfen. So stellen die "reinen Heteros" in Aldis die Minderheit (!!!) der Bevölkerung, und unter den Zauberern sind Laevvel (Transgender) überproportional stark vertreten.
--- Ende Zitat ---
Das ist auch so ein Punkt, den ich bisher (kann sein, dass da in Folgepublikationen nachgebessert wird) nicht so gelungen finde. Mir ist das zu sehr "utopisch-fantastisch zusammengestrickt". Anknüpfungspunkte zu unserer Welt sind nicht gut herausgearbeitet. Bei den "Gods of Light" geht es noch. Da sind die Bezüge und Darstellungen mit Alltagswissen, mythologischem Allgemeinwissen und Erfahrungen von Rollenspielern noch ganz gut synchronisierbar.
An anderen Stellen fehlen vermittelnde Texte ( psoitive Beispiele sh. Urban Shadows oder Dream Askew).
Exempel: Dass Laevvel überproportional Zauberer sind, passt für mich, weil ich ich weiß, dass Seher (Teiresias), Schamanen, Propheten (Daniel im AT), Medizin-Leute (v.a. indianische Two-Spirits) überproportional (und aus heutiger, westlicher Sicht) als transgender oder anderweitig als "queer" gelten müssen. Das Spiel macht da keine Anstalten solche Kontexte zu erläutern oder Brücken des Verständnisses zu bauen.
Kann aber auch sein, dass das ne persönliche Nummer ist und mit zunehmender kultureller Differenz zu tun hat.
GR agiert - nach meinem Empfinden - nach der kulturellen WASP-Logik der Welterklärung, welche die Gesellschaften der USA und von Canada geprägt haben, von der ich jedoch zunehmen Abstand nehme. Mich stört jedenfalls das "So-Isses und nicht anders!"
[Sorry für den kleinen Ausflug in Gesellschaft, Kultur und Politik. Weiter ggf. per PM.]
Insgesamt scheint mir Blue Rose trotzdem ein schönes Spiel, das - in dem, was es will - bisher ziemlich für sich und allein steht.
Das ist schön und irgendwie erfrischend anders.
Achamanian:
Die Gründe, Blue Rose doch eher nicht zu spielen, kann ich insbesondere, wenn es um die Psychic Aracana geht, gut nachvollziehen, die machen mir auch ein bisschen zu schaffen. Andererseits denke ich wie schon gesagt, dass BR sogar deutlich weiter im Durchdenken von Implikationen geht als man das von vielen anderen Settings gewohnt ist (das größte Schaudern befällt mich ja immer noch bei D&D mit seinen Wiederbelebungen für Geld, wo sich anscheinend keiner Fragt, warum die ganzen D&D-Welten gesellschaftlich nicht deutlich mehr wie die von Altered Carbon oder so was aussehen - Reiche kaufen sich Extra-Leben ...). Aber ich gebe zu, natürlich greift es etwas kurz, einen Haufen der implizierten Probleme mit Gedankenlesen mit "Regeln der Höflichkeit" wegzuwischen.
Was ich tatsächlich nach wie vor nicht nachvollziehen kann, ist die Kritik an der Darstellung der sexuellen Normen von Aldis, die ich wirklich sehr plausibel finde - es wird ja nicht gesagt, dass hetersexuelle Praktiken selten sind, sondern dass ein ausschließlich heterosexuelles Begehren eher selten ist - was in meinen Augen eben die plausibelste Folge ist, wenn eine Gesellschaft über lange Zeit hinweg nicht-heterosexuelle Handlungen in keiner Weise tabuisiert oder diskriminiert. Auf jeden Fall kann man den Autoren hier m.E. nicht vorwerfen, das nicht zu Ende gedacht zu haben - wahrscheinlich gehen sie nur einfach von anderen Annahmen aus, die für mich zumindest absolut plausibel sind. Ich finde das jedenfalls allemal besser und einleuchtender als die übliche "in unserer Spielwelt wird keiner für seine Sexualität diskriminiert, aber Hetero ist trotzdem Norm, und die anderen Geschlechteridentitäten sind auch alle im Großen und Ganzen wie man das so kennt"-Tour.
Klar, so interessant wie die vielfältigen Geschlechtersysteme Gloranthas ist bei Blue Rose eigentlich nichts. Glorantha ist da letztendlich m.E. auch deutlich subversiver und streckenweise ironischer in der Darstellung von Geschlechtersystemen; aber mal ehrlich, welche Spielwelt stinkt nicht in so ziemlich jeder beliebigen Hinsicht (ausgenommen Zugänglichkeit) gegen Glorantha ab?
Ansonsten ist die Welt zugegebenermaßen vor allem eine für's Rollenspiel aufbereitete Version naiv-freundlicher Massenfantasyromane aus der ersten Hälfte der 90er. Tatsächlich finde ich aber, dass es durchaus einen Mangel an so was gibt - in D&D finde ich das nicht, das ist irgendwie viel zu sehr in seinen eigenen Tropes gefangen. Und sonst auch nicht. Was dem für mich neben BR am nächsten kommt, ist DSA so zwischen zweiter und dritter Edition.
D. M_Athair:
--- Zitat von: Rumpel am 6.11.2018 | 15:03 ---Was ich tatsächlich nach wie vor nicht nachvollziehen kann, ist die Kritik an der Darstellung der sexuellen Normen von Aldis, die ich wirklich sehr plausibel finde - es wird ja nicht gesagt, dass hetersexuelle Praktiken selten sind, sondern dass ein ausschließlich heterosexuelles Begehren eher selten ist - was in meinen Augen eben die plausibelste Folge ist, wenn eine Gesellschaft über lange Zeit hinweg nicht-heterosexuelle Handlungen in keiner Weise tabuisiert oder diskriminiert.
--- Ende Zitat ---
An den diesbezüglichen Spielweltsetzungen habe ich nichts auszusetzen. An der Vermittlung umso mehr. Eine Erklärung, wie die von dir oben, gehört mMn in das Spiel selbst rein. Zwischen der dortigen Realität und unseren Lebenswirklichkeiten braucht es mehr Brücken. Nicht jede.r weiß um Kinsey, der anno dazumal die Normalität völlig ausschließliche Heterosexualität als illusionär entlarvte ... Nicht jede.r kann das in Zusammenhang mit Blue Rose abrufen. Ein "das ist hier so" reicht für BR mMn nicht.
Ansonsten finde ich nicht, dass Blue Rose ein soziales Utopia ist. Trans- und v.a. Asexuelle können auch in Aldis leicht Schwierigkeiten bekommen. Liberale Jharzoni, die ihr Heimatland verlassen haben, aber trotzdem aus religiösen und persönlichen Überzeugungen ein zölibatäres Leben führen (wollen), dürften in Aldis auf noch mehr Unverständnis stoßen als in unserer Welt.
@ glorantha-esk: Clockwork & Chivarly 2nd bekommt es wunderbar hin Spielweltfakten zu beschreiben ohne soziale Realitäten und Überzeugungen zu bewerten - kurz: eine Mehrdeutigkeit zuzulassen. (Mythras: Mythic Britain dagegen fällt da weit hinter Marion Zimmer Bradleys Avalon-Trilogie zurück.)
Kann auch sein, dass literarische Vorlagen oder der US-Rollenspielmarkt einem solchen Vorgehen entgegenstehen. Oder es ist halt tatsächlich ne kulturelle Nummer (bei Chaosium war da ja einiges anders).
Wisdom-of-Wombats:
--- Zitat von: Rumpel am 6.11.2018 | 15:03 --- (das größte Schaudern befällt mich ja immer noch bei D&D mit seinen Wiederbelebungen für Geld, wo sich anscheinend keiner Fragt, warum die ganzen D&D-Welten gesellschaftlich nicht deutlich mehr wie die von Altered Carbon oder so was aussehen - Reiche kaufen sich Extra-Leben ...).
--- Ende Zitat ---
Wenn das mit den Wiederbelebungszaubern mal so einfach wäre...Du musst ziemlich hochstufig sein, um die hinzubekommen, und damit bist Du eigentlich ein reicher Abenteurer, der auf Wiederbelebungen gegen Geld nicht angewiesen ist. Außerdem waren in früheren Regeln durchaus Grenzen für die Wiederbelebung eingebaut. Dazu noch, dass im eigentlich D&D-Kontext nie vorgesehen war, dass jeder Priester auch Mitglied der Cleric-Klasse ist. Bei D&D sind viele "gespielte" Fehlsetzungen des Settings drin.
Rhylthar:
--- Zitat von: Wisdom-of-Wombats am 7.11.2018 | 00:15 ---Wenn das mit den Wiederbelebungszaubern mal so einfach wäre...Du musst ziemlich hochstufig sein, um die hinzubekommen, und damit bist Du eigentlich ein reicher Abenteurer, der auf Wiederbelebungen gegen Geld nicht angewiesen ist. Außerdem waren in früheren Regeln durchaus Grenzen für die Wiederbelebung eingebaut. Dazu noch, dass im eigentlich D&D-Kontext nie vorgesehen war, dass jeder Priester auch Mitglied der Cleric-Klasse ist. Bei D&D sind viele "gespielte" Fehlsetzungen des Settings drin.
--- Ende Zitat ---
Nicht nur in früheren Regeln, auch in der letzten Fassung.
Raise Dead regeneriert z. B. keine Körperteile, also einfach mal den Kopf oder das Herz des Toten mitnehmen/entfernen und der Zauber schlägt fehl. Und falls der Tote/die Seele des Toten nicht will, wird es auch nichts. Reincarnate braucht auch die Einwilligung des Toten und kostet 1.000 gp (und ändert im Zweifel die Race des Wiedererweckten). Resurrection ist auch mit 1.000 gp dabei.
Und auch in den Forgotten Realms stehen nicht an jeder Ecke Level 13+ Clerics rum. Von anderen Welten ganz zu schweigen.
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