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Realismus von GURPS

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Zarkov:
Ganz kurz noch zu den zwei weiteren genannten Kandidaten in Sachen realistische Regeln für Computernetze – (Klicke zum Anzeigen/Verstecken)also, realistisch für damalige Verhältnisse … das waren die Zeiten, als Akustikkoppler noch Hightech waren. Bei Millennium’s End gibt es immerhin schon so was wie das World Wide Web. Schockwellenreiter! 8)
Ich hab grade noch mal nachgeschaut – die Computerregeln in Millennium’s End umfassen 4 Seiten im Grundregelwerk (recht solide und unspektakulär) und mehrere Seiten Diagramme für Systeme im SL-Handbuch (schon eher Spielkram). Alles nicht unvernünftig, aber nicht wirklich wert, sich die Bände deswegen zuzulegen. (Wer einen taktischen MP5-Fetisch hat, sollte vielleicht einen Blick riskieren.)

Hardwired kann ich hingegen sehr empfehlen. Das war ein Zusatzband für CP2013, der auf dem Roman Hardwired von Walter Jon Williams aufsetzt – einer von drei Cyberpunk-Romanen oder so, die man heute noch lesen kann, und zufällig war der Autor auch Spieledesigner … also, das hat sich alles gut getroffen. Jedenfalls, lange vergriffen, aber immerhin wieder als PDF zu haben. Lohnt sich für Genrefreunde meiner Meinung nach schon wegen der Computerregeln, bei Ebay und Antiquariaten rumzufischen.

Kowalski:
Umm.
GURPS ist ein Spiel von Nerds für Nerds.
Und, und das ist mein damaliges, und jetziges Gefühl immer noch, für Nicht-RSP-Anfänger.

Nicht weil es so kompliziert wäre, was es nicht ist, sondern weil es davon ausgeht das sowohl Spielleiter als auch Spieler eine gewisse Befähigung zur Kommunikation, zur Improvisation, zum Anpassen der Szenarien und zu fundierten Entscheidungen erwartet.

Sozusagen das Gentoo Linux der Rollenspiele.

YY:

--- Zitat von: WeepingElf am  9.04.2015 | 17:50 ---3. Der Autor von GURPS Martial Arts hielt sich ein Jahr lang in Japan auf, um über Kampfkünste zu recherchieren.

--- Ende Zitat ---

Dazu und auch zu High-Tech und Tactical Shooting:

Die Leute hinter GURPS verstehen es nicht nur, Fachleute zu finden, sondern die richtigen Fachleute zu finden, also jene, die nicht nur Ahnung von der Materie haben, sondern das auch noch in die Spielmechanik übertragen können.


Einfach irgendwen nach Japan zu schicken hilft da erst mal nicht, genau so wenig wie es sinnvoll ist, irgendeinen Hansel mit fünf schwarzen Gürteln antanzen zu lassen, der zwar seit 40 Jahren Kampfkunst betreibt, aber trotzdem nur Unfug erzählt - und Kampfkunst heißt ja auch nicht ausschließlich Japan oder andere Länder mit kleinen Menschen in irgendwelchen Schlafanzügen :P ;D


Gerade bei High-Tech und Tactical Shooting merkt man an allen Ecken, dass der Autor sich nicht nur für diese Bücher mal an die Recherche gemacht hat, sondern dass er sich damit seit Jahren aus ehrlichem Interesse beschäftigt und vor Allem nicht nur X getrennte Fakten zu Papier bringen kann, sondern alles in einen sinnvollen und verständlichen Gesamtkontext einordnen kann.

Bei Martial Arts ist es ähnlich: Das deckt die ganze Spanne von Wire-Fu und mystischem Drumherum bis zu bierernstem "Ich breche mir vielleicht die Hand am Schädel des Gegners"-Realismus ab und vor Allem wird das über das ganze Buch hinweg klar getrennt und sehr gut vermittelt, was wo hin gehört und was man mit welchem Ansatz anfangen kann.

Das ist für mich die eigentlich bemerkenswerte Leistung an den Quellenbüchern.

Kowalski:
jo, die Man-Pages sind sehr gut gepflegt!

alexandro:
Auf Bitte von YY die folgene Aussage zu erklären:

--- Zitat von: Horace Worblehat am 16.04.2015 | 01:30 ---Und was GURPS als "Kompetenzwerte" von (in einem beliebigen Bereich) ausgebildeten Leuten abliefert ist, gelinde gesagt, lächerlich (Stichprobe =! Einzelperformanz).
--- Ende Zitat ---

Damit meine ich, dass bei der GURPS-Beurteilung ob eine bestimmte Aktion "realistisch" ist oder nicht, zunächst geschaut wird, was Leute in diesem Tätigkeitsfeld so leisten. Da findet man schnell Material, z.B. die durchschnittlichen Trefferquoten von Scharfschützen auf dem Schießstand. Daraus leitet man dann Wahrscheinlichkeiten ab un sagt "Schau mal, von allen (ausgebildeten) Scharfschützen haben nur sounsoviel Prozent das Ziel in soundsoviel Metern Entfernung getroffen. Da waren keine Umgebungsfaktoren (Wind, Sicht etc.) am Werk, also nehmen wir an, dass ein ausgebildeter Scharfschütze ein Ziel in soundsoviel Metern Entfernung mit einer Wahrscheinlichkeit von soundsoviel Prozent treffen muss."

Ich nenne das die "GURPS-fallacy". Aus einer Gruppe von Ergebnissen (von denen die Mehrzahl recht konsistent ist) wird eine statistische Kurvenverteilung für eine Einzelperson abgeleitet und diese als absolute Baseline, also ohne Modifikatoren, angesehen. Ebensogut könnte man sagen "Schau mal, von allen Tigerarten auf der Welt haben sounsoviele Prozent weißes Fell. Daher hat dieser Tiger eine genauso große Prozentchance sein Fell spontan weiß zu färben."

Es ist natürlich klar, warum man jetzt diese (eigentlich unzusammenhängenden) Wertegruppierungen nimmt, da die Performanzwerte von Einzelpersonen in den seltensten Fällen genug Werte liefern, um daraus statistisch relevante Ergebnisse abzuleiten (und wenn doch, dann verwischt der zeitliche Abstand die Aussagekraft derselben). Trotzdem sollte man sich des Unterschieds bewusst sein und nicht "75% der kompetenten Scharfschützen treffen ein 500m entferntes Ziel" verwechseln mit "Ein kompetenter Scharfschütze hat eine 3/4 Schance ein 500m entferntes Ziel zu treffen."

Die meißten Rollenspiele machen dieses Fass gar nicht erst auf (und vermeiden es daher zumindest, sich lächerlich zu machen), aber manchmal gibt es auch Designer, welche aus bestimmten Ergebnissen eine GURPSige Ursache auspendeln. Mike Pondsmith hat solche Schoten auf Lager: nach seiner Ansicht liegt der hohe Prozentsatz von tödlichen Schusswunden auf kurze Distanz nicht etwa an naheliegenden Ursachen (urbanes Umfeld mit vielen Hindernissen; häufige Verwendung in Überfallkontext oder als Teil einer Übersprungshandlung etc.pp.), sondern daran, dass Pistolen auf lange Reichweiten einfach ein Witz sind, die niemand der bei Verstand ist verwendet.  ~;P Und das schreibt er dann in sein Rollenspiel rein. Und dann ist das so. In SEINER Welt. Aber nicht in der (wie immer gearteten) "Realität".

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