Wer steuert den Zug? Zeit-und Ressourcenmanagement.
Bei diesem Ansatz ist die grobe Richtung schon klar. Aber wann genau die Spieler dort ankommen, wie viele Ressourcen sie bis dahin benutzen und welche Zwischenhalte sie einlegen ist am Ende ihre Sache.
Wie kann man hierbei nun Railroading vermeiden? Ein wichtiger Punkt hierbei ist Zeit und Ressourcenmanagement. Railroading ist eine Erscheinungsform von zu wenig Einflussmöglichkeiten für die Spieler, doch diese kann man ihnen auch geben ohne deshalb gleich eine Sandbox zu spielen und alles gleich detailliert auszuarbeiten. Indem die Strecke quasi klar ist, aber die Spieler die Kontrolle darüber haben wie sie befahren wird. Dazu bietet die 4E eine ganze Menge, was vor allem an ein paar Regeländerungen gegenüber den vorhergehenden Editionen liegt. Zum einem wurde die Problematik des 15 Minuten Tags reduziert. 4E Charaktere können eine kurze Rast einlegen. Es hilft nicht so gut wie eine lange - doch es ist eine gute Motivation dennoch weiter zu machen, und sich nicht an einen sicheren Ort zurückzuziehen. Gleichzeitig gibt es noch ein anderes Mittel welches hier zum Tragen kommt. Rituale. Dabei handelt es sich letztlich um Zauber mit erhöhter Zauberdauer und zusätzlichen Kosten, welche gerade auf niedrigen Stufen spürbar teuer werden können. Hier kommt beides zusammen, Zeit und Ressourcenmanagement. Auf Seiten der Spieler könnte ein Ritual entweder Zeit sparen oder kosten - es wird sie in jedem Fall aber einen Teil ihrer Ressourcen kosten.
Dies ermöglicht wesentlich leichter zeitkritischere Abenteuer einzubauen, da die Spieler viel mehr Entscheidungen treffen müssen. Rasten wir ganz? Nur kurz? Investieren wir 10 Minuten Zaubern um anschließend vielleicht genau zu wissen in welche Richtung wir gehen müssen? Und was macht die Gegenseite? Wenn wir länger als eine viertel Stunde benötigen um in den Thronsaal zu kommen - wird der Bösewicht dann sich mit einem Ritual wegteleportieren? Oder ein paar Freunde zu sich?
Ein guter Begriff dafür ist "verdichtetes Zeitmanagement" - zum einem wird die (IG-) Zeit welche für ein Szenario benötigt wird kürzer und die genutzte Zeit je Tag länger. Zum anderem werden Unterstützende Zauber in einen Bereich gebracht in der der Aufwand für sie spürbar ist. Beide Maßnahmen bewegen sich also quasi aufeinander zu - verdichten das Zeitmanagement.
Gleichzeitig geht es auch nicht nur um die Zeit, sondern auch um andere Ressourcen. Denn Rituale benötigen diese, sei es in Form von arkanen Reagenzien, einem Fokus oder sonstetwas ähnlichem. Verglichen mit früheren Editionen sind auch hier die Kosten wesentlich höher. Auch hier hat man wieder ein Beispiel für Entscheidungen welche die Spieler treffen müssen.
Das schöne bei der 4E ist dabei, dass sie auch Belohnungsmechanismen für genau diese Entscheidungen kennt.
Hier mal ein Beispiel für solche Entscheidungen:
Kitty die Tochter eines Händlers wurde ganz in eurer Nähe entführt, verzweifelt schildert euch ein Zeuge die Tat. Steckt vielleicht der Schlitzer dahinter, welcher die Stadt seit Wochen terrorisiert und junge Mädchen raubt? Ihr könntet nun in der Stadt nachforschen, versuchen herauszufinden wer etwas über das ganze weiß, doch es würde vielleicht mehrere Stunden, ja eher Tage oder Wochen dauern. Oder doch lieber 800GM in Zauberzutaten investieren um das Mädchen mit einem Zauber zu finden? Das dauert einige Minuten und ist mehr als euch der Händler wohl als Belohnung geben würde, vielleicht wärs besser doch einfach so schnell wie möglich hinterherzuhetzen? Idealerweise macht die Gruppe sogar all diese Dinge - so dass sehr verschiedene Charaktere alle eine Möglichkeit haben beizutragen.
Das Belohnungssystem der 4E trägt diesem dann auch Rechnung - so könnte die Rettung des Mädchens ein Quest sein, sich in der Stadt umzuhören oder eine Verfolgungsjagd mit dem Entführer eine Skillchallenge, und die Befreiung selbst ein Kampf gegen den Schlitzer. Welche alle jeweils auch einzeln die Charaktere weiter bringen. Auf diese Weise lassen sich auch Teilerfolge leichter einbauen.
Man kann die Regelunterschiede hierbei relativ leicht sehen, wenn man z.B. bei dem Zauber der Kitty finden soll die hohen Kosten und den Zeitaufwand weglässt, oder die Verfügbarkeit/Nutzung dessen einschränkt. An dieser Stelle würde die Auflösung der Szene rein über die Frage der Verfügbarkeit und die Frage ob der Zauber klappt entschieden. Dadurch gibt es keine echte Entscheidungsmöglichkeit in der Situation - es geht nur darum ob der SL für dieses Szenario vorbereitet war, und ob der Spieler sich darauf vorbereitet hat. Sich gut umzuhören ist kein Erfolg für sich, nur ein Mittel um "zum Kampf gegen den Boss" zu kommen. Das bedeutet am Ende aber auch, dass die Spieler wenig Einfluss haben, ihre tatsächlichen Aktionen weniger Einfluss haben.
Hier mal noch ein anderes Beispiel:
Dunkeldark der Oberbösewicht hat sich mit der Gruppe schon länger angelegt - jetzt wollen sie ihm endlich in seiner Burg das Handwerk legen. Es gibt eine Burg, es gibt einen Bösewicht - und viele Lakaien von ihm. Ein klassisches Szenario, in welchem die Spieler oft so vorgingen: "Wir räumen erstmal langsam die Lakaien des Kerls weg, rasten zwischendurch - und wenn wir bereit sind und wissen wo er ist gehen wir ihn an.
Die Alternative dazu wäre "wir umgehen die Lakaien, teleportieren direkt zu ihm". Beide Szenarien haben aber ein oft zitiertes Manko. Der Bösewicht wartet mehr oder weniger auf sie. Dies hat nicht nur den Grund, dass die Spieler ihn natürlich bekämpfen sollen. Sondern auch den Punkt, dass es wenig Möglichkeiten gibt Zeitmanagement einzubringen. Wenn der Bösewicht die Möglichkeit hat sich wegzuteleportieren, so dauert dies eben nur eine Aktion. Es ist zu kurz um für die Spieler Entscheidungsmöglichkeiten zu bieten, und gleichzeitig sind ihre Rastzyklen zu lange um realistische Aktionen des Bösewichts durchzuführen ohne dabei die Spieler einfach umzulegen. Ich kann eigentlich gar nicht sagen "so und so viel Zeit habt ihr".
Hier mal ein Szenario aus einem offiziellem Abenteuer: 2 Räume vor dem Bossgegner flieht einer seiner Lakaien um diesen zu warnen, und andere Wachen dazu zu bringen diesen zu schützen. Zu diesem Zeitpunkt sind die Charaktere bei mir schon recht angeschlagen gewesen, und am Ende gab es Dinge die man sich überlegen musste. Verschnaufen wir 5 Minuten? Dann kriegen wir den nicht mehr, der Boss ist gewarnt und macht was auch immer (was leicht zum TPK führen könnte) ihm einfällt. Aber wenn wir hinterher rennen, direkt ohne zu verschnaufen so könnten schon die nächsten Gegner ungemein schwierig werden.
Gutes Zeit und Ressourcenmanagement, und ein System welches hierbei den Spielern Entscheidungen ermöglicht sorgt also dafür, dass die Spieler Einfluss haben. Am Ende werden sie sehr wahrscheinlich zu dem Boss hinkommen, ihm das böse Handwerk legen. Das Ziel und die Richtung des Zugs sind klar. Aber ob sie nochmal extra Kohle in den Ofen schippen, den Hügel runter rasen oder doch lieber im Bahnhof Wasser für den heißkochenden Druckbehälter auftanken oder einfach nur darauf hoffen die Schrauben anzuziehen reicht aus ist ihre Entscheidung.
Auf Kampagnenebene bedeutet dies, man sollte den Spielern nicht nur ein Endziel geben welches sie erreichen können - sondern viele kleine Zwischenziele deren Erreichen abhängig davon ist welche Entscheidungen sie treffen.
Auf Abenteuerebene bedeutet dies, das die Spielerentscheidungen tatsächliche Auswirkungen auf Folgeszenen haben sollten. Monster sind nicht voneinander getrennt sondern beeinflussen einander, und damit auch den Schwierigkeitsgrad einer Situation. Was die Charaktere einsetzen um dies zu beeinflussen - Zeit oder Ressourcen